Sozialrecht

Kein Anspruch auf Erstattung teilweiser Erwerbsminderungsrente

Aktenzeichen  S 10 R 4190/15

Datum:
12.4.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
SG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB X SGB X § 48, § 50

 

Leitsatz

Tenor

I.
Der Bescheid der Beklagten vom 22.05.2015 wird hinsichtlich der Anlage 10 in der Fassung des Bescheides vom 23.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.09.2015 aufgehoben.
II.
Die Beklagte erstattet dem Kläger die Kosten.

Gründe

Die zulässige Klage ist begründet.
Der Bescheid der Beklagten vom 22.05.2015 in der Fassung des Bescheides vom 23.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.09.2015 war rechtswidrig und daher aufzuheben.
Als Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist die Anlage 10 zu dem Bescheid vom 22.05.2015 in der Gestalt des Bescheides vom 23.06.2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.09.2015 anzusehen, da diese Verfügungen eine nicht trennbare Einheit bilden (vgl. zu einem ähnlichen Fall auch Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 28.02.2017 – L 5 Kn 305/16, zitiert nach juris, dort Rn 18 und 19).
Insoweit kann die von der Beklagten vertretene Auffassung, wonach der Bescheid vom 22.05.2015 – insbesondere hinsichtlich der Anlage 10 – bestandskräftig geworden sei, nicht gefolgt werden.
Die streitgegenständliche Forderung in Höhe von 1.900,81 Euro wurde ohne Rechtsgrundlage und damit rechtswidrig erhoben. Insbesondere ergibt sich die Rechtsgrundlage nicht aus § 50 SGB X, da die Tatbestandsvoraussetzungen dieser Vorschrift nicht erfüllt sind.
Nach § 50 Abs. 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, „soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist“. Eine solche Aufhebung eines Verwaltungsaktes ist vorliegend nicht erfolgt.
Insbesondere ist die Auffassung der Beklagten unzutreffend, wonach sie mit den in der Anlage 10 zu dem Bescheid vom 02.05.2015 gemachten Ausführungen den Bescheid vom 11.11.2014 gemäß § 48 SGB X aufheben habe können. Denn der Bescheid vom 11.11.2014 wurde damals nach § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens und letztlich durch den Bescheid vom 22.05.2015 im laufenden Rechtsbehelfsverfahren abgeändert.
Daher besteht kein Raum für eine Anwendung von § 48 SGB X.
Auch die Voraussetzungen des § 50 Abs. 2 SGB X für eine Erstattungsforderung wegen Leistungserbringung ohne Verwaltungsakt liegen nicht vor. Denn die teilweise Erwerbsminderungsrente wurde auf der Rechtsgrundlage des wirksamen Bescheides vom 11.11.2014 in der Gestalt des Bescheides vom 22.05.2015 erbracht. Eine Leistungserbringung ohne Verwaltungsakt i.S. des § 50 Abs. 2 SGB X lag nicht vor.
Bei dem hier gegebenen Sachverhalt sind die in ähnlichen Fallgestaltungen diskutierten Rechtsfragen, ob der nachträglich zuerkannte Bezug der vollen Erwerbsminderungsrente eine „Einkommenserzielung“ i.S. des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr.3 SGB X darstellen kann (vgl. hierzu ablehnend mit einleuchtender Begründung: Landessozialgericht Schleswig Holstein, Urteil vom 20.12.2016 – L 7 R 92/15, derzeit noch anhängig im Revisionsverfahren unter Az. B 13 R 3/17 R.) sowie, ob in den so gelagerten Fällen der nachträglichen Zuerkennung einer vollen Erwerbsminderungsrente eine die Ausübung von Verwaltungsermessen erfordernde A-Typik im Rahmen des § 48 Abs. 1 Satz 2 (Sollvorschrift) gegeben ist (s. hierzu Sächsisches Landessozialgericht, Urteil vom 28.02.2017 – L 5 Kn 305/16; Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 17.09.2016 – L 2 R 298/15; Landessozialgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 23.02.2016 – L 7 R 133/15) nicht entscheidungserheblich.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.


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