Sozialrecht

Keine Auswirkung einer histologisch gesicherten Diagnose auf Funktionseinschränkung

Aktenzeichen  L 19 R 789/15

Datum:
30.3.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 111748
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:
SGB VI § 43 Abs. 2 S. 1 Nr. 2, S. 2, Abs. 3, Abs. 4 S. 1 Nr. 2, § 50 Abs. 1, § 197 Abs. 2, § 198, § 240, § 241 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Zur Bedeutung histologischer Untersuchungen für die sozialmedizinische Feststellung der Leistungsfähigkeit (hier: Erwerbsminderung). (Rn. 42)
2. Einem Gutachten, das die volle Erwerbsminderung bestätigt, aber im Widerspruch zu den anderen Gutachten und ärztlichen Befundberichten steht, ist nicht zu folgen. Gerade bei einer angenommenen psychischen Erkrankung wäre der Nachweis einer entsprechenden erfolglosen ärztlichen Behandlung erforderlich (Anschluss an BSG BeckRS 2006, 42233). (Rn. 40) (redaktioneller Leitsatz)
3. Die sich aus dem histologischen Untersuchungsergebnis bestätigende Diagnose einer Borreliose ergibt nicht automatisch eine Veränderung der relevanten Funktionseinschränkung. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

S 12 R 284/12 2015-08-20 Urt SGNUERNBERG SG Nürnberg

Tenor

I.
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.08.2015 wird zurückgewiesen.
II.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III.
Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung (§§ 143, 144, 151 SGG) ist zulässig, aber im Ergebnis nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen Erwerbsminderung. Die Berufung ist dabei im Hauptpunkt wirksam beschränkt worden auf eine Rentengewährung in der Zeit von April 2013 bis November 2014.
Der Senat konnte auch in der Sache entscheiden. Zwar hat das Sozialgericht seine Ablehnung des Hilfsantrags des Klägers auf Einholung einer ergänzenden Stellungnahme beim Gutachter Prof. Dr. C. zu Unrecht damit begründet, dass eine Befragung zum genauen Zeitpunkt eines möglichen Leistungsfalls schon deshalb nicht erforderlich sei, weil ein Leistungsfall im strittigen Zeitraum nicht vorgelegen habe. Darin liegt eine Vorwegnahme und Vorwegbeurteilung des Beweisergebnisses: Genaue Angaben zum festgestellten Leistungsfall sind für die Einordnung eines Gutachtensergebnisses im Vergleich mit anderen Gutachtenergebnissen regelmäßig von Bedeutung, weil sie das Ausmaß der Übereinstimmung und Abweichung erkennen lassen und damit Grundlage für die richterliche Überzeugungsgewinnung werden. Da das Berufungsverfahren aber volle Tatsacheninstanz ist und die vom Kläger beantragte Einholung einer ergänzenden Stellungnahme bei Prof. Dr. C. in dieser Instanz nachgeholt worden ist, geht von der Vorgehensweise des Sozialgerichts keine Beschwer für den Kläger mehr aus, so dass die nach den Feststellungen des Senats im Ergebnis zutreffende Entscheidung des Sozialgerichts nicht aufgehoben werden muss.
Gemäß § 43 Abs. 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie
1.voll erwerbsgemindert sind,
2.in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Tätigkeit oder Beschäftigung haben und
3.vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die in gleicher Weise für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung gelten, hat der Kläger für alle in Frage kommenden Leistungszeitpunkte im hier noch streitigen Zeitraum einer möglichen Rentengewährung erfüllt. Zwar sind im Versicherungsverlauf des Klägers nach Januar 2012 keine rentenrechtlich relevanten Zeiten mehr ausgewiesen, so dass die Voraussetzung des § 43 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB VI selbst unter Berücksichtigung von § 43 Abs. 4 SGB VI für eventuelle Leistungsfälle in der Zeit ab März 2014 nicht mehr erfüllt wäre. Da der Kläger aber bereits vor 1984 die allgemeine Wartezeit (§ 50 Abs. 1 SGB VI) erfüllt gehabt hatte und seitdem bis zur Rentenantragstellung lückenlos rentenrechtlich relevante Zeiten vorgelegen haben, ist nach § 241 Abs. 2 iVm § 197 Abs. 2, 198 SGB VI die Erfüllung dieser speziellen Bedingung entbehrlich.
Im strittigen Zeitraum lag eine volle Erwerbsminderung im Sinne von § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI bei dem Kläger zur Überzeugung des Senats nach dem Ergebnis der Ermittlungen nicht vor.
Voll erwerbsgemindert sind gemäß § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außer Stande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Die medizinischen Anspruchsvoraussetzungen für eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach § 43 Abs. 1 SGB VI erfordern, dass ein Versicherter nicht mindestens 6 Stunden täglich einsatzfähig ist. Ergänzend führt § 43 Abs. 3 SGB VI aus, dass nicht erwerbsgemindert ist, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann, wobei die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen ist.
Der Kläger ist in der Zeit vor Dezember 2014 jedoch noch in der Lage gewesen, wenigstens 6 Stunden täglich Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu verrichten, wobei es sich um leichte Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt überwiegend in sitzender Haltung, zeitweilig auch im Stehen und Gehen handeln musste. Die eingeschränkte Beweglichkeit des Klägers hatte zudem Tätigkeiten mit häufigem Bücken, mit Überkopfarbeiten, in andauernder Zwangshaltung, mit Absturzgefahr sowie mit erhöhter Verletzungsgefahr ausgeschlossen. Im Gefolge der allergischen Reaktionen des Klägers waren Arbeitsplätze mit Einwirkung von hautbelastenden Stoffen, Bronchialreizstoffen und anderen allergiefördernden Bedingungen wie Gase, Stäube, Rauch, Dämpfe, Duftstoffe, Nässe, Kälte, Zugluft oder Temperaturschwankungen nicht in Betracht gekommen. Ebenfalls nicht zumutbar waren Arbeiten im Akkord, unter Zeitdruck und in Nachtschicht gewesen.
Der Senat stützt sich wesentlich auf die Feststellungen der gerichtsärztlichen Sachverständigen Dr. R. und des Vorgutachters Dr. W., die zwar die Einschränkungen der Arbeitsbedingungen aus den Gesundheitsstörungen des Klägers hergeleitet haben, im Übrigen aber das Vorliegen von quantitativen Einschränkungen verneint haben.
Diese Feststellungen werden auch nicht durch das Gutachten des Dr. L. erschüttert. Zu recht hat bereits das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass die dort gezogene sozialmedizinische Schlussfolgerung, wonach aufgrund eines psychisch gefestigten, umweltbezogenen Beschwerdebildes die Möglichkeit der Ausübung einer geregelten Tätigkeit für den Kläger ausscheide, nicht nachvollziehbar mit sonstigen ärztlichen Befunden in Beziehung gesetzt worden ist. Gerade bei der Annahme einer vornehmlich psychisch bedingten Unfähigkeit zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit – trotz an sich nur mäßiger somatischer Befunde – wäre es von zentraler Bedeutung gewesen, dass durch zuvor erfolgte fachpsychiatrische Behandlung erkennbar geworden wäre, dass der Kläger diese Einschränkungen trotz ärztlicher Unterstützung nicht überwinden kann (vgl. Rechtsprechung des BSG z.B. Urteil vom 29.02.2006, Az. B 13 RJ 31/05 R – nach juris – und des Senats z.B. Urteil vom 21.03.2012, Az. L 19 R 35/08). Weiter zeigt der von Dr. L. angenommene Leistungsfall im Jahr 1998, dass er sich in keiner Weise mit der umfangreichen gegenläufigen Begutachtung in dem bis Anfang 2011 andauernden früheren Sozialgerichtsverfahren des Klägers – letzter Tatsachenstand April 2010 – auseinandergesetzt hat und diese Feststellungen ihm vermutlich sogar unbekannt gewesen sein dürften. Den Ausführungen des Dr. L. kann daher nicht gefolgt werden.
Auch das Gutachten und die ergänzende Stellungnahme des Prof. Dr. C. führen zu keinem anderen Ergebnis. Zwar beschreibt er, anders als etwa Dr. L., keine seit Jahren unverändert bestehende sozialmedizinische Situation beim Kläger, sondern nimmt eine Progredienz der gesundheitlichen Störungen an. Dabei ist aus Sicht des Senates aber der Nachweis einer gesundheitlich bedingten und rechtlich bedeutsamen Funktionseinschränkung beim Kläger – jedenfalls für die Zeit vor der eigenen Untersuchung des Prof. Dr. C. – nicht gelungen. Allenfalls ab dem Untersuchungszeitpunkt im Februar 2015 könnte eine Verschlechterung im Sinne einer zeitlichen Einschränkung der Leistungsfähigkeit des Klägers als belegt angesehen werden. Auch die Angabe des Dr. S. über einen Leistungsfallnachweis im Dezember 2014 ist für den Senat in keiner Weise nachvollziehbar und allenfalls im Sinne eines Vermittlungsvorschlags interpretierbar. Wie das Sozialgericht aber zutreffend herausgearbeitet hat, ergeben die Untersuchungsbefunde bei Prof. Dr. C. nur äußerst eingeschränkte Belege für eine aufgehobene Leistungsfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt, wobei auch hier hinzukommt, dass ein Beleg dafür, dass die psychische Überlagerung der festgestellten somatischen Befunde nicht doch einer Behandlung zugänglich wäre, nicht erbracht ist. Ob aber tatsächlich im Februar 2015 eine zeitliche Einschränkung des Leistungsvermögens des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt bestanden hat oder nicht, kann dahingestellt bleiben, weil dies auf keinen Fall zu der vom Kläger begehrten Rente führen kann.
Für den von Prof. Dr. C. angenommenen Leistungsfall im März 2013 – für die Zeit zuvor äußert der Gutachter selbst nur Vermutungen – ergeben sich für den Senat jedenfalls nicht die erforderlichen Nachweise. Die histologischen Untersuchungsergebnisse bedeuten nur, dass ab diesem Zeitpunkt eine gesicherte somatische Diagnose für die Borreliose bestanden hat und nicht nur ausschließlich psychisch bedingte Einschränkungen vorhanden waren. Eine Veränderung der Funktionseinschränkungen ergibt sich daraus nicht. Allenfalls über reaktive Folgen wie etwa eine psychische Entlastung bzgl. Diagnoseungewissheit oder eine Umstellung der Behandlung sowie selbstverständlich bei der Beurteilung der Behandlungsperspektiven könnten sich Auswirkungen ergeben. Eine bedeutsame Veränderung des Leistungsvermögens des Klägers im strittigen Zeitraum ist aus den in dieser Zeit erfolgten Befunderhebungen jedoch nicht zu ersehen gewesen. Wegen der fehlenden unmittelbaren Bedeutung der histologischen Untersuchungen für die sozialmedizinische Feststellung der momentanen Leistungsfähigkeit ist es auch unschädlich, wenn in ärztlichen Gutachten zur Feststellung dieser Leistungsfähigkeit diesen Untersuchungen keine besondere Bedeutung zugewiesen worden ist. Die Fragwürdigkeit der Ausführungen des Prof. Dr. C. zeigt sich zusätzlich auch noch dann, wenn man sie mit denen vergleicht, die im früheren Gerichtsverfahren (L 19 R 228/05) im Gutachten vom 25.06.2008 gemacht worden waren: schon seinerzeit war ein Nachweis durch vergleichbare histochemische Untersuchungsergebnisse angenommen worden, der sich im Folgenden nicht bestätigt hat.
Eine Rente wegen voller Erwerbsminderung käme nach der Rechtsprechung des BSG (Beschluss vom 11.12.1969 – Az. GS 4/69; Beschluss vom 10.12.1976 – Az. GS 2/75, GS 3/75, GS 4/75, GS 3/76 – jeweils zitiert nach juris) zusätzlich in Betracht, wenn eine teilweise Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI) vorliegen würde, eine Teilzeitbeschäftigung nicht ausgeübt würde und der Teilzeitarbeitsmarkt für den Kläger als verschlossen anzusehen wäre (s.a. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand August 2012, § 43 SGB VI Rn 30 mwN). Unabhängig von der Diskussion darüber, ob diese Rechtsprechung auch aktuell noch zur Anwendung zu bringen ist, scheitert ein derartiger Rentenanspruch daran, dass beim Kläger zur Überzeugung des Senats im streitigen Zeitraum eine teilweise Erwerbsminderung im Rechtssinne nicht vorgelegen hatte.
In bestimmten Ausnahmefällen kann eine Rentengewährung wegen voller Erwerbsminderung auch ohne quantitative Leistungsminderung erfolgen. Dazu müssten allerdings die Voraussetzungen für einen von der Rechtsprechung des BSG entwickelten sog. Katalogfall erfüllt sein, was aus Sicht des Senates nicht der Fall ist. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG (Urt. v. 09.05.2012, B 5 R 68/11 R – zitiert nach juris) ist bei der Prüfung, ob ein Ausnahmefall vorliegt, mehrschrittig vorzugehen. Zunächst ist festzustellen, ob mit dem Restleistungsvermögen Verrichtungen erfolgen können, die bei ungelernten Tätigkeiten üblicherweise gefordert werden, wie Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Maschinenbedienung, Kleben, Sortieren, Verpacken, Zusammensetzen von Teilen. Wenn sich solche abstrakten Handlungsfelder nicht oder nur unzureichend beschreiben lassen und ernste Zweifel an der tatsächlichen Einsatzfähigkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt unter dessen üblichen Bedingungen kommen, stellt sich im zweiten Schritt die Frage nach der besonderen spezifischen Leistungsbehinderung oder der Summierung ungewöhnlicher Einschränkungen und, falls eine solche Kategorie als vorliegend angesehen wird, wäre im dritten Schritt von der Beklagten eine Verweisungstätigkeit konkret zu benennen und die Einsatzfähigkeit dann hinsichtlich dieser Tätigkeit abzuklären (vgl. Gürtner a.a.O. Rn 37 mwN).
Für den Senat ergeben sich bereits keine ernsthaften Zweifel an der Einsatzfähigkeit des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt im strittigen Zeitraum. Zwar wären die Arbeitsfelder Reinigen und Kleben wohl wegen der Allergenbelastungsgefahr ausgeschieden gewesen. Sortieren, Verpacken und Zusammensetzen von Teilen wären jedoch als grundsätzlich geeignet anzuführen gewesen. Auch wenn hierbei noch Anforderungen an die Gestaltung der Arbeitsbedingungen zu beachten waren, wurde das Tätigkeitsfeld nicht als Ganzes in Frage gestellt.
Aber selbst wenn man das Vorliegen von ernstlichen Zweifeln annehmen wollte, so stellen die beim Kläger vorliegenden Gesundheitsstörungen sich im Zeitraum bis zur Altersrentengewährung nicht als schwere spezifische Behinderung wie etwa eine – ggf. funktionale – Einarmigkeit und auch nicht als Summierung von ungewöhnlichen Einschränkungen dar. Es liegen Einschränkungen der Arbeitsbedingungen vor, wie sie vielfach bei körperlich und psychisch beeinträchtigten Erwerbstätigen anzutreffen sind; es ist aber in den aus Sicht des Senats überzeugenden Gutachten ein hinreichendes körperliches Restleistungsvermögen, eine ausreichende Sinneswahrnehmung und eine nur etwas geschwächte psychische Stabilität beschrieben gewesen.
Der Kläger ist auch nicht gehindert gewesen, einen eventuellen Arbeitsplatz zu erreichen. Die Gehfähigkeit des Klägers ist zwar durch die Gesundheitsstörungen des Klägers limitiert, aber noch in dem geforderten Umfang (4 mal täglich mehr als 500 Meter in jeweils weniger als 20 Minuten) vorhanden. Auch die Zumutbarkeit der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel wird ärztlicherseits bejaht. Dies kann aber dahingestellt bleiben, da der Kläger nach den Feststellungen im Verfahren im strittigen Zeitraum jedenfalls in der Lage gewesen wäre, mit einem PKW zur Arbeit zu fahren.
Das aus Sicht des Senats aus den Gutachten zu ersehende Nichtvorliegen von teilweiser Erwerbsminderung im streitigen Zeitraum schließt auch den Anspruch auf die hilfsweise beantragte Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung (§ 43 Abs. 1 SGB VI) aus.
Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit nach § 240 SGB VI. Zwar gehört der Kläger aufgrund seines Geburtsdatums zu dem grundsätzlich von dieser Vorschrift erfassbaren Personenkreis. Auch hat er ursprünglich unstrittig eine Tätigkeit erlernt und ausgeübt, die einen qualifizierten Berufsschutz bewirkt. Er hat diese Tätigkeit jedoch schon vor Jahren aufgegeben und ist zuletzt als LKW-Fahrer einer Tätigkeit nachgegangen, die bestenfalls als Anlerntätigkeit anzusehen ist, ohne dass hierfür eine längere Anlernzeit tatsächlich belegt wäre. Damit ist der Kläger nicht dem sog. oberen Bereich der Anlerntätigkeiten zuzuordnen und uneingeschränkt auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar, die ihm gesundheitlich zumutbar sind (vgl. Gürtner in: Kasseler Kommentar, Stand August 2012, § 240 SGB VI, Rn. 114).
Eine andere Beurteilung ergibt sich auch nicht aus der Angabe des Klägers im Rentenantrag, dass der Berufswechsel gesundheitlich bedingt gewesen wäre. Der Senat folgt in vollem Umfang den Ausführungen in seinem Urteil vom 21.04.2010 (Az. L 19 R 228/05), das zu einem früheren Rentenantrag des Klägers ergangen war: Danach ist eine rechtlich bedeutsame Lösung vom erlernten Beruf als Kfz-Mechaniker gegeben, weil eine gesundheitlich bedingte Aufgabe nicht vorgelegen hatte oder zumindest nicht hinreichend belegt ist. Neue Gesichtspunkte haben sich nicht ergeben.
Nach alledem war die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Nürnberg vom 20.08.2015 im Ergebnis als unbegründet zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.


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