Sozialrecht

Leistungen, Bedarfsgemeinschaft, Beschwerde, Prozesskostenhilfe, Krankenversicherung, Grundsicherung, Erkrankung, Bewilligung, Einkommen, Beiordnung, Erwerbsminderung, Bescheid, Lebensunterhalt, Sozialhilfe, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts, Kosten der Unterkunft, Leistungen der Grundsicherung

Aktenzeichen  L 18 SO 180/18 B ER

Datum:
11.10.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 31403
Gerichtsart:
LSG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Sozialgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

S 4 SO 81/18 ER 2018-07-20 Bes SGBAYREUTH SG Bayreuth

Tenor

I. Die Antragsgegnerin wird im Wege der Zwischenregelung verpflichtet, der Antragstellerin für den Zeitraum vom 01.10.2018 bis 31.12.2018, längstens jedoch bis zur erneuten Eilentscheidung des Sozialgerichts Bayreuth, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von monatlich 350,88 EUR zu gewähren.
II. Auf die Beschwerde der Antragstellerin werden Punkt I und III des Beschlusses des Sozialgerichts Bayreuth vom 20. Juli 2018 (Ablehnung des Antrags auf Erlass einer einstweiligen Anordnung und Entscheidung über außergerichtliche Kosten) aufgehoben.
III. Die Sache wird zur erneuten Eilentscheidung an das Sozialgericht Bayreuth zurückverwiesen.
IV. Die Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten bleibt der Eilentscheidung des Sozialgerichts Bayreuth vorbehalten.
V. Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren und Beiordnung von Rechtsanwalt B., A-Stadt, wird abgelehnt.

Gründe

I.
Im vorliegenden Eilverfahren – Beschwerdeverfahren – geht es um die Frage, ob die Antragsgegnerin – Ag – im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten ist, der Beschwerdeführerin und Antragstellerin – Ast – vorläufig Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) zu gewähren (Punkt I des Beschlusses des Sozialgerichts Bayreuth vom 20. Juli 2018; vgl. zu Punkt II des Beschlusses des SG – Ablehnung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe – Senatsbeschluss vom 08.10.2018, L18 SO 196/18 B PKH).
Die 1944 geborene, verheiratete Ast bewohnt eine 63 m² große Wohnung im Gebiet der Ag. Der Ehemann (E) der Ast ist seit 10.12.2015 bei der M. A. GmbH, L-Stadt, (M) untergebracht.
Mit Bescheid vom 12.10.2017 lehnte der Bezirk Oberfranken (B) den Antrag des E auf Übernahme der ungedeckten Heimkosten ab. E verfüge derzeit über Vermögenswerte in Höhe von ca. 165.000 EUR und ein laufendes monatliches Gesamteinkommen in Höhe von 1755,10 EUR (Werte jeweils bis 30.06.2017). E und die Ast hätten sich im Falle einer Hilfegewährung in Höhe eines so genannten Kostenbeitrags aus dem gemeinsamen Einkommen an den entstehenden Kosten zu beteiligen. Aufgrund der derzeit vorliegenden Unterlagen errechne sich ein voraussichtlicher Kostenbeitrag aus dem gemeinsamen Einkommen in Höhe von monatlich ca. 750,00 EUR. Die genaue Berechnung könne erst nach Vorlage der vollständigen Unterlagen erfolgen. Die Ast und E seien verpflichtet, das die Freigrenze von 10.000 EUR übersteigende Barvermögen / Sparguthaben zur Kostendeckung einzusetzen. Dagegen legten E und die Ast Widerspruch ein.
Mit Schreiben vom 08.01.2018 beantragte die Ast bei der Ag Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung. Im Formblattantrag vom 15.01.2018 gab die Ast an, verheiratet zu sein.
Mit Schreiben vom 31.01.2018 wies die Ag die Ast darauf hin, dass nach Abschluss des Widerspruchsverfahrens, das gegen den Bescheid des B vom 12.10.2017 laufe, eine abschließende Entscheidung getroffen werden könne. Mit Schreiben vom 12.02.2018 zeigten die Bevollmächtigten der Ast ihre Vertretung an. Der Ast sei fernmündlich mitgeteilt worden, dass eine Leistungsgewährung ausscheide. Die telefonische Ablehnung der Leistungsgewährung stelle einen Verwaltungsakt dar. Dagegen werde Widerspruch erhoben.
Mit an E und die Ast adressiertem Schreiben vom 13.02.2018 stellte B die darlehensweise Gewährung von Sozialhilfe in Höhe der ungedeckten Pflegeheimkosten in Aussicht. Mit Schreiben vom selben Tage an die Bevollmächtigten der Ast empfahl B, die offenbar (gegenüber M) erteilte Lastschrifteinzugsermächtigung auszusetzen bzw. auf den bereits mitgeteilten abschlägig berechneten Kostenbeitrag aus Einkommen von monatlich ca. 750 EUR zu reduzieren. Sofern die Ast keinen Zugriff mehr auf die Renteneinkünfte habe, werde empfohlen, die Einrichtung eines Pfändungsschutzkontos zu prüfen. Zum Antrag auf Leistungen durch die Ast sei anzumerken, dass es sich hierbei im Grunde um die gleichen Leistungen handele, die auch Gegenstand des Widerspruchsverfahrens (betreffend den Bescheid vom 12.10.2017) seien, da E und die Ast als Ehepaar eine Bedarfsgemeinschaft im Sinne des § 19 SGB XII darstellen würden. Für die Entscheidungen über Leistungen nach dem SGB XII sei die Ag im vorliegenden Fall aufgrund der Bedarfsgemeinschaft nicht zuständig. Die Grundsicherungsleistungen würden bei einer vorgesehenen darlehensweisen Hilfe voraussichtlich aus den gemeinsamen Renteneinkünften gedeckt werden können.
Mit an E und die Ast adressiertem Bescheid vom 15.02.2018 half B dem Widerspruch ab und übernahm für die Zeit vom 01.02.2017 bis 31.01.2019 die bei M nach dem SGB XII erforderlich gewordenen Leistungen als Darlehen und, sobald das Darlehen aufgebraucht sei, als Zuschuss in der jeweiligen Höhe und nach den für die Sozialhilfe maßgebenden Sätzen (Grundsicherung; sonstige Hilfe zum Lebensunterhalt als Barbetrag zur persönlichen Verfügung; Hilfe zur Pflege) mit der Maßgabe, dass dem E und der Ast zur teilweisen Deckung der anfallenden Kosten eine Eigenbeteiligung aus ihren gemeinsamen Einkünften in Höhe von 733,89 EUR für die Zeit ab 01.01.2018 zuzumuten sei. Die darlehensweise Hilfegewährung sei geboten gewesen, weil es sich bei dem (im Bescheid näher mit 6 Flur-Nummern bezeichneten) Grundbesitz um einzusetzendes Vermögen handele. Die Bewilligung des Darlehens erfolge mit der Maßgabe, dass bis 15.03.2018 der Darlehensvertrag unterzeichnet zurückgesandt und die grundbuchmäßige Absicherung des Darlehens vorgenommen werde. Zur Begründung führte B unter anderem aus, nach § 19 Abs. 3 SGB XII könne einem Leistungsberechtigten und seinem nicht getrennt lebenden Ehegatten zugemutet werden, Einkommen und Vermögen in entsprechendem Umfang zur Bestreitung der Heimkosten einzusetzen. Eine Ermessensprüfung nach §§ 87, 88 SGB XII habe ergeben, dass ihnen eine Eigenbeteiligung aus den (im Bescheid näher bezeichneten) gemeinsamen Einkünften zugemutet werden könne, da sich B auf nicht absehbare Zeit zur Pflege in einer Einrichtung aufhalten werde. Die darlehensweise Hilfegewährung sei nach pflichtgemäßem Ermessen des § 91 SGB XII geboten, weil es sich bei dem (im Bescheid näher bezeichneten) Grundbesitz um einzusetzendes Vermögen handele, welches im Hinblick auf den Bedarfszeitpunkt (Fälligkeit der Heimkosten) nicht rechtzeitig bzw. nicht wertgetreu verwertet werden könne. Der Bescheid enthält Übersichten über die Ermittlung des Kostenbeitrags für die Zeiträume ab 01.02.2017 und 01.08.2017. Die Ast reichte den unterschriebenen Darlehensvertrag vom 15.02.2018 am 15.03.2018 bei B ein.
Mit Schreiben vom 21.02.2018 wies die Ag erneut auf die Zuständigkeit des B hin. Diese sei gegeben, da die Ast und E eine Bedarfsgemeinschaft bilden und nicht auf Dauer getrennt leben würden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 03.04.2018 wies die Regierung von Oberfranken den Widerspruch der Ast vom 22.02.2018 zurück. Die beantragten Leistungen nach dem SGB XII würden bereits von B für die Zeit ab 01.02.2017 gewährt. Eine Doppelleistung sei sozialhilferechtlich nicht vorgesehen. Im Übrigen wäre der Widerspruch auch unbegründet. Gemäß § 97 Abs. 2 SGB XII in Verbindung mit Art. 82 Nr. 5 AGSG sei im vorliegenden Fall der überörtliche Träger der Sozialhilfe, hier B, für die Gewährung der Leistungen nach dem SGB XII sachlich zuständig. Da E und die Ast eine Einsatzgemeinschaft bilden würden, ergebe sich für die Ag keine sachliche Zuständigkeit für die von der Ast beantragten Leistungen nach dem SGB XII. Eine vorläufige Gewährung der Leistungen käme vorliegend nicht in Betracht, da B den Anspruch aus materiell-rechtlichen Gründen verneint habe. Dies sei kein Fall des § 43 SGB I, der das Vorliegen eines negativen Kompetenzkonfliktes fordern würde.
Dagegen erhob die Ast Klage zum Sozialgericht Bayreuth (SG), über die noch nicht entschieden ist (Az: S 4 SO 59/18).
Am 25.06.2018 hat die Ast den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Die Ast wisse aktuell nicht, wie sie ihren Lebensunterhalt bestreiten solle. Sie müsse 166,00 EUR Heizkosten, 27,00 EUR Grundsteuer, 63,00 EUR Strom sowie 40,00 EUR für Wasser bezahlen. Sie beziehe eine monatliche Rente, bei der ab 01.07.2018 monatlich 214,92 EUR ausbezahlt würden. Die Ast habe bei der Ag bereits in der Vergangenheit mehrfach vorgesprochen, um Leistungen zu erhalten. Diese Vorsprachen seien vergeblich geblieben, sodass nunmehr der Eilantrag geboten sei. Mit Beschluss vom 20.07.2018 hat das SG den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund seien nicht glaubhaft. Die Ast habe sich an die unzutreffende Behörde gewandt. Nach § 97 Abs. 2 Satz 1 SGB XII werde die Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers nach Landesrecht bestimmt. Diese Bestimmung sei durch Art. 82 AGSG getroffen wurde. Nach Art. 82 Nr. 5 bestehe die Zuständigkeit des überörtlichen Trägers der Sozialhilfe auch für die Leistungen des 3. (Hilfe zum Lebensunterhalt) und 4. Kapitels SGB XII (Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung), sofern sie zugleich mit laufenden oder stationären Leistungen nach Art. 82, Nrn. 1 – 4 und die laufenden Leistungen nach Nrn. 1 – 4 nicht ausschließlich in teilstationären Einrichtungen bezogen würden. E beziehe hauptsächlich Leistungen nach Art. 82 Nr. 1 (6. Kapitel SGB XII) als Hilfe zur Pflege. Die Leistungen würden ausschließlich in einer stationären Einrichtung erbracht. Die Ast sei von der Zuständigkeitsbestimmung des Art. 82 AGSG mit umfasst. Dies ergebe sich aus der Systematik der § 19 Abs. 1 Nr. 3, § 85 Abs. 1, § 97 Abs. 4 SGB XII. § 97 Abs. 4 SGB XII ordne zugunsten einer zwischen den Sozialhilfeträgern konfliktfreien Bedarfsbeurteilung das Gesamtfallprinzip an. Es solle die Hilfeleistung aus einer Hand gewährleistet werden. § 19 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII statuiere die Einstandsgemeinschaft und halte für die Leistungen nach dem 5. – 9. Kapitel dieses Buches (und damit einschließlich der Hilfe zur Pflege) fest, dass die Hilfen geleistet würden, soweit den Leistungsberechtigten und ihren Ehegatten die Aufbringung der Mittel aus dem Einkommen und Vermögen nach den Vorschriften des 11. Kapitels dieses Buches nicht zuzumuten sei. § 85 SGB XII (Vorschrift des 11. Kapitels) regele die – privilegierte – Einkommensanrechnung der nachfragenden Person und ihres nicht getrennt lebenden Ehegatten. Getrenntleben liege vor, wenn die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft nach den tatsächlichen Verhältnissen nicht nur vorübergehend aufgehoben sei. Da es auf die tatsächlichen Verhältnisse ankomme, sei nicht entscheidend, ob nach den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften ein Recht zum Getrenntleben bestehe. Die räumliche Trennung vom Ehepartner stelle ebenfalls kein ausschließliches Indiz für ein Getrenntleben dar. Hinzukommen müsse die nicht nur vorübergehende Beendigung der Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft. Eine derartige sozialhilferechtliche Trennung sei nicht geltend gemacht und nicht ersichtlich. Vielmehr habe die Ast im Formblattantrag vom 15.01.2018 „verheiratet“ angekreuzt und damit ein (als Ankreuzalternative angebotenes) Getrenntleben verneint. Eine Beiladung des B sei nicht angezeigt, da der Abhilfebescheid des Bezirks Oberfranken vom 15.02.2018 bereits mit Einverständnis der Ast (Unterschrift des Darlehensvertrages) in Vollzug gesetzt worden sei. Ein Anordnungsgrund sei nicht glaubhaft, da eine Notlage nicht ersichtlich sei.
Dagegen hat die Ast Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt und ausgeführt, die Ast habe sowohl mit der Ag als auch mit B Kontakt aufgenommen. Es wäre bei einer Unzuständigkeit die vom Gesetz übertragene Aufgabe der Ag, übermittelte Unterlagen an die zuständige Behörde weiterzuleiten. Eine Einstehensgemeinschaft liege nicht vor. Dies würde voraussetzen, dass man sich einander widmen könne und ein gemeinsames Wirtschaften möglich sei. Diese Voraussetzungen lägen nicht vor. Im Ergebnis sei somit nicht B, sondern die Ag für die Leistungsgewährung an die Ast zuständig. Wäre B davon ausgegangen, dass auch die Bedürfnisse der Ast Berücksichtigung finden müssten, wären Leistungen an sie gewährt worden. Ausweislich des Bescheides des B handele es sich ausdrücklich um Leistungen für E und nicht für die Ast. Die Ast sei aufgrund ihrer persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nicht in der Lage, für die Kosten des Verfahrens selbst aufzukommen. Soweit die Rechtsschutzversicherung der Ast für das Beschwerdeverfahren kostendeckenden Rechtsschutz gewähre, werde der PKH-Antrag insoweit beschränkt. Es werde darauf hingewiesen, dass von Rechtsschutzversicherungen Fahrtkosten nur insoweit übernommen würden, als die Entfernung zum Gerichtsort mehr als 100 km betrage.
Die Antragstellerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Bayreuth vom 20.07.018 aufzuheben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ab Antragseingang bei Gericht Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts gemäß SGB XII in Höhe von 80% der gesetzlichen Leistungen zuzüglich Kosten der Unterkunft und Heizung in tatsächlicher Höhe zu gewähren und ihr Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt B., A-Stadt, zu bewilligen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Die Ag nimmt Bezug auf das Vorbringen im Klageverfahren S 4 SO 59/18. Es dürfe nochmals klargestellt werden, dass aufgrund der vorliegenden Einstandsgemeinschaft ein eventueller Leistungsanspruch der Ast bei B geltend gemacht werden könne.
B hat auf Nachfrage des Senats am 11.10.2018 mitgeteilt, dass durch ihn ein Bescheid über Hilfe zum Lebensunterhalt gegenüber der Ast nicht erlassen worden sei. Der Abhilfebescheid vom 15.02,2018 sei noch nicht in Vollzug gesetzt, weil die dort geforderte grundbuchmäßige Absicherung noch nicht vorliege. B gehe von einem Nichtgetrenntleben aus. Gegen die ebenfalls von der Ast beantragte und vom SG abgelehnte Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwalt B., A-Stadt, hat die Ast ebenfalls Beschwerde zum LSG eingelegt. Auf den Senatsbeschluss vom 08.10.2018, L 18 SO 196/18 B PKH wird Bezug genommen.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten beider Instanzen und auf die beigezogenen Akten der Ag verwiesen.
II.
Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie statthaft, § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG), und fristgerecht eingelegt worden, § 173 S. 1 SGG. Die Beschwerde ist im Sinne der Aufhebung des angegriffenen Beschlusses und der Zurückverweisung auch begründet. Das SG legt einen unzutreffenden Prüfungsmaßstab zugrunde, hat eine notwendige Beiladung unterlassen (§ 75 Abs. 2 SGG), den auch im Eilverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatz (§ 103 SGG) verletzt und die gebotene Güter- und Folgenabwägung nicht durchgeführt. Der Beschluss des SG war daher aufzuheben und an das SG zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen (§ 159 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGG analog).
Der zutreffende Prüfungsmaßstab stellt sich wie folgt dar: Gemäß dem hier grundsätzlich einschlägigen § 86b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind einstweilige Anordnungen auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis (= tatbestandlicher Anknüpfungspunkt für die Prüfung des Hauptsacheerfolgs) zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (= tatbestandlicher Anknüpfungspunkt für die Prüfung der Eilbedürftigkeit). Im Hinblick auf den zu fordernden Überzeugungsgrad verweist § 86b Abs. 2 S. 4 SGG unter anderem auf § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung (ZPO), wonach (Hauptsache-)Anspruch und Anordnungsgrund glaubhaft, d.h. überwiegend wahrscheinlich zu machen sind. Allerdings gilt auch im sozialgerichtlichen Eilverfahren der Amtsermittlungsgrundsatz des § 103 SGG. Aus den genannten Vorschriften stellt sich die in § 920 Abs. 2 ZPO genannte Glaubhaftmachung als Überzeugungsgrad der überwiegenden Wahrscheinlichkeit im Sinne eines objektiven Beweismaßes (ohne subjektive Beweisführungslast) dar. Der Beweismaßstab der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ist durch seine Relativität gekennzeichnet (BSG, Urteile vom 08.08.2001 – B 9 U 23/01 B, juris Rn. 4 f. und vom 14.12.2006 – B 4 R 29/06 R, juris Rn. 116). Anders als bei der hinreichenden Wahrscheinlichkeit, bei der absolut mehr für als gegen die jeweilige Tatsache, etwa in Bezug auf den ursächlichen Zusammenhang, sprechen muss (vgl. dazu BSG, Urteile vom 27.06.2006 – B 2 U 20/04 R, SozR 4-2700 § 9 Nr. 7 und vom 09.05.2006 – B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17), reicht bei der überwiegenden Wahrscheinlichkeit das Vorliegen einer guten Möglichkeit aus, wobei durchaus gewisse Zweifel bestehen bleiben können (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 11. Aufl. 2014, § 86b Rn. 41, 16b, § 128 Rn. 3d).
§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG, § 103 SGG (Untersuchungsgrundsatz) und § 86b Abs. 2 Satz 4 SGG, § 920 Abs. 2 ZPO (Glaubhaftmachung als Beweismaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit ohne subjektive Beweisführungslast) regeln mithin im Zusammenspiel, dass der Erfolg eines Eilantrags voraussetzt, dass der zu sichernde Hauptsacheanspruch dem Antragsteller mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zusteht (sogenannter Anordnungsanspruch), und dass dem Antragsteller im Interimszeitraum bis zur Hauptsacheentscheidung mit überwiegender Wahrscheinlichkeit eine über Randbereiche hinausgehende Rechtsverletzung, also ein wesentlicher Nachteil, droht (sogenannter Anordnungsgrund; vgl. zum Ganzen Krodel in Krodel/Feldbaum, Das sozialgerichtliche Eilverfahren, 4. Aufl. 2017, Rn. 356 -358, 347, 337 f., jeweils mit weiteren Nachweisen).
Dieser einfachgesetzliche und für den Richter grundsätzlich bindende (Art. 20 Abs. 3, 97 Abs. 1 GG) Prüfungsmaßstab ist nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts – BVerfG – unter Berücksichtigung des Rechtsschutzziels, d.h. zur Verhinderung entsprechend schwerer und unzumutbarer, anders nicht abwendbarer Beeinträchtigungen (vgl. etwa BVerfG vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05, juris Leitsatz 2 a und Rn. 25 – 28; vom 06.02.2007, 1 BvR 3101/06 Orientierungssatz 2 – Verhinderung von schweren und unzumutbaren Nachteilen, speziell für den Leistungsanspruch der Versicherten in der gesetzlichen Krankenversicherung), aus verfassungsrechtlicher Sicht gegebenenfalls zu modifizieren. Werden die einfachgesetzlich vorgeschriebenen überwiegenden Wahrscheinlichkeiten nicht erreicht und droht bei Ablehnung des Eilantrags eine Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, weil schwere, über den wesentlichen Nachteil hinausgehende Beeinträchtigungen möglich sind, ist eine verfassungskonforme Auslegung des § 86b Abs. 2 SGG geboten. Die Verhältnismäßigkeit im konkreten Fall ist dann durch offene (Güter- und Folgen-) Abwägung unter Berücksichtigung der festgestellten Wahrscheinlichkeits- und Beeinträchtigungsgrade zu gewährleisten. Im Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen sind aber unter Beachtung der Gesetzesbindung der Gerichte (Art. 20 Abs. 3, 97 I GG) auch dann die Regelungen des § 86b SGG zur Anwendung zu bringen. Ob der Eilantrag des Antragstellers Erfolg hat, ist daher nach Feststellung (zumindest) der Möglichkeit eines prospektiven Hauptsacheerfolgs und der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen (als aus § 86b Abs. 2 SGG abgeleitete und daher wegen der Gesetzesbindung zwingend zu beachtende Abwägungselemente) nach offener Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Falles zu entscheiden. Von der in Vornahmesachen als objektives Beweismaß gesetzlich vorgegebenen überwiegenden Wahrscheinlichkeit (Glaubhaftmachung im oben dargestellten Sinn) darf in diesen Fällen aus verfassungsrechtlichen Gründen, nämlich zur Vermeidung einer Verletzung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes, zu Gunsten des Antragstellers abgewichen werden. Die Wahrscheinlichkeit des Eintritts der Beeinträchtigung und die Wahrscheinlichkeit des Hauptsacheerfolgs werden vom Gericht ohne Bindung an das Beweismaß der überwiegenden Wahrscheinlichkeit in Relation gesetzt zur Schwere der drohenden Beeinträchtigung. Auf diese Weise kann eine über den einfachgesetzlich geforderten wesentlichen Nachteil hinaus drohende Beeinträchtigung im konkreten Fall in angemessener Weise Berücksichtigung finden. Im Rahmen des so verfassungskonform ausgelegten § 86b Abs. 2 SGG bedeutet dies zusammenfassend, dass die in die Eilentscheidung einzubeziehenden Abwägungselemente des prospektiven Hauptsacheerfolgs und der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen nach Beeinträchtigungs- und Wahrscheinlichkeitsgraden im Rahmen einer offenen Abwägung vom Richter zu gewichten sind (vgl. dazu BVerfG vom 25.07.1996 – 1 BvR 638/96: eingehende Prüfung der Sach- und Rechtslage bei entsprechendem Anlass; BVerfG vom 22.11.2002 – 1 BvR 1586/02, juris LS 4 und Rn. 9: besonders intensive und nicht nur summarische Prüfung bei mittelbarer Lebensgefahr; BVerfG vom 12.05.2005 – 1 BvR 569/05, juris Rn. 25: abschließende Prüfung bei möglicher Verletzung der Menschenwürde; BVerfG vom 06.02.2013 – 1 BvR 2366/12, juris Rn. 3 u. vom 06.08.2014 – 1 BvR 1453/12, juris Rn. 10: Pflicht, „desto intensiver (zu) prüfen, je gewichtiger die drohende Grundrechtsverletzung und je höher ihre Eintrittswahrscheinlichkeit ist“). Um dem Eilantrag stattzugeben, kann so bei entsprechender Schwere der ohne Eilrechtsschutz drohenden Beeinträchtigungen bereits die Möglichkeit des Bestehens eines Hauptsacheanspruchs ausreichen. Um den Eilantrag unter Orientierung an der Hauptsache abzulehnen, ist bei entsprechender Schwere der ohne Eilrechtsschutz möglichen Beeinträchtigung gegebenenfalls schon im Eilverfahren eine abschließende Prüfung der Hauptsache durchzuführen.
Die Fachgerichte haben mithin im Rahmen des Eilrechtsschutzes eine verfassungsrechtliche Vorprüfung durchzuführen. Ergibt sich dabei, dass ohne Eilrechtsschutz schwere Beeinträchtigungen im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung jedenfalls möglich sind, ist § 86 b SGG gegebenenfalls im oben dargestellten Sinne verfassungskonform auszulegen, um insbesondere die grundrechtlichen Belange des Antragstellers in angemessener Weise zur Geltung zu bringen. Ergibt sich dabei, dass auch ohne Eilrechtsschutz keine schweren Beeinträchtigungen im Sinne der bundesverfassungsgerichtlichen Rechtsprechung möglich sind, verbleibt es bei der einfach-gesetzlichen Regelung des § 86b SGG.
Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zielt vorliegend auf die Gewährung existenzsichernder Leistungen durch die Ag. Bei Nichtgewährung der begehrten Leistung im Wege des Eilrechtsschutzes sind schwere Beeinträchtigungen im oben dargestellten Sinne, die eine verfassungskonforme Auslegung des § 86 b SGG gebieten, möglich. Vor diesem Hintergrund kann es nicht bei den einfach-gesetzlichen Regelungen des § 86b SGG bleiben. Vielmehr ist eine Güter- und Folgenabwägung ohne Bindung an die (einfach) gesetzlichen Wahrscheinlichkeitsanforderungen durchzuführen.
Eine Abwägung durch den Senat unter Einbeziehung aller maßgeblichen Belange lässt sich derzeit auch unter Berücksichtigung des im Eilverfahren herabgesetzten Überzeugungsgrads wegen der vom SG unterlassenen Sachverhaltsaufklärung und Beiladung des B nicht sachgerecht durchführen. Das Vorgehen des SG, B nicht beizuladen und ein Nichtgetrenntleben ohne weiteres zu unterstellen, stellt einen Verstoß gegen § 75 Abs. 2 SGG und den auch im Eilverfahren geltenden Untersuchungsgrundsatz (§ 103 SGG) dar. Die Argumentation des SG ist zudem in sich widersprüchlich.
Ob die Zuständigkeit der Ag oder des B gegeben ist, hängt davon ab, ob die Ast und E getrennt leben (dazu unter 2). Ist dies nicht der Fall – wovon das SG ohne hinreichende Sachverhaltsaufklärung ausgegangen ist – wäre B zuständig; andernfalls wäre die Ag zuständig. B kommt mithin als leistungspflichtig in Betracht, so dass eine Beiladung zwingend geboten war, § 75 Abs. 2 SGG (dazu unter 1). Bei der vorliegenden Konstellation hält der Senat auch im Eilverfahren ausnahmsweise eine Zurückverweisung an das SG für sachgerecht (dazu unter 3), zumal die Ast aufgrund der vom Senat getroffenen Zwischenverfügung (dazu unter 4) hierdurch keine Nachteile hat. Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren war wegen der bestehenden Rechtsschutzversicherung dennoch nicht zu bewilligen (dazu unter 5.)
1. Für die Sozialhilfe sachlich zuständig ist der örtliche Träger der Sozialhilfe (§ 98 Abs. 1 S. 1 SGB XII), sofern nicht der überörtliche Träger zuständig ist, (§ 97 Abs. 1 SGB XII). Örtlicher Träger ist vorliegend die Ag, § 3 Abs. 2 S. 1 SGB XII; überörtlicher Träger der Sozialhilfe ist vorliegend B, Art. 80 Abs. 1 S. 1 AGSG in der Fassung vom 09.01.2018, gültig ab 17.01.2018. Gemäß Art. 82 Nr. 5 AGSG in der Fassung vom 09.01.2018 sind die überörtlichen Träger der Sozialhilfe sachlich zuständig für die Leistungen des Dritten und Vierten Kapitels SGB XII, sofern sie zugleich mit laufenden oder stationären Leistungen nach den Nrn. 1 bis 4 und die laufenden Leistungen nach den Nrn. 1 bis 4 nicht ausschließlich in teilstationären Einrichtungen bezogen werden. E sind stationäre Leistungen nach dem 7. Kapitel des SGB XII, d.h. Leistungen im Sinne des Art. 82 Nr. 2 AGSG, bewilligt worden, die aber nach Auskunft des B wegen der fehlenden Absicherung noch nicht gewährt werden. Hilfe zum Lebensunterhalt ist – als Leistung des 3. Kapitels – Personen zu leisten, die ihren notwendigen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten können. Eigene Mittel sind insbesondere das eigene Einkommen und Vermögen. Bei nicht getrennt lebenden Ehegatten sind das Einkommen und Vermögen beider Ehegatten gemeinsam zu berücksichtigen, § 27 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 und 2 SGB XII. Zugleich mit stationären Leistungen im Sinne des Art. 82 Nr. 5 AGSG würde die Ast nach alledem die begehrten Leistungen (Hilfe zum Lebensunterhalt, § 27 Abs. 1 1 SGB XII) nur beziehen, wenn E Leistungen nach dem 7. Kapitel bezieht und die Ast und E nicht getrennt leben. Gemäß § 75 Abs. 2 SGG ist ein Träger der Sozialhilfe beizuladen, wenn sich im Verfahren ergibt, dass dieser bei der Ablehnung des Anspruchs als leistungspflichtig in Betracht kommt. Bei Ablehnung des Anspruchs gegen die Ag kommt, je nachdem, ob E Leistungen nach dem 7. Kapitel bezieht und die Ast und E getrennt leben oder nicht, nach dem oben Gesagten B als leistungspflichtig in Betracht, so dass dessen Beiladung zwingend notwendig war.
2. Ob und gegebenenfalls ab wann E Leistungen nach dem 7. Kapitel bezieht, wird das SG aufzuklären haben. Ob die Ast und E getrennt leben oder nicht, lässt sich derzeit auch unter Berücksichtigung des im Eilverfahren herabgesetzten Überzeugungsgrads durch den Senat nicht beurteilen, so dass eine Abwägung unter Einbeziehung dieses Belangs nicht sachgerecht durchgeführt werden kann.
Für die Beurteilung des Getrenntlebens gelten folgende Grundsätze. Ob Ehepaare und Lebenspartner dauernd getrennt leben, bestimmt sich nicht nach § 1567 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), sondern im Rahmen einer funktionsdifferenten Auslegung eigenständig nach Sinn und Zweck sozialhilferechtlicher Vorschriften und Maßstäbe (vgl. z.B. Coseriu in jurisPK-SGB XII, § 27 Rn 14 m.w.N.). Diesen Grundsatz nennt auch das SG in seiner Begründung, stellt aber dennoch widersprüchlicher Weise allein auf das verheiratet Sein ab. Ein Getrenntleben im sozialhilferechtlichen Sinn liegt aber – auch bei Ehegatten – vor, wenn sich aus den die Beziehung der Ehegatten zueinander kennzeichnenden Gesamtumständen ergibt, dass mindestens einer von ihnen den Willen hat, sich vom anderen Ehegatten unter Aufgabe der bisherigen Lebensgemeinschaft auf Dauer zu trennen. Maßgebend ist, ob die Lebens- und Wirtschaftsgemeinschaft der Ehe- oder Lebenspartner nach den tatsächlichen Verhältnissen nicht nur vorübergehend aufgehoben ist und der Wille, füreinander einzustehen, nicht mehr besteht. Sowohl die familienrechtliche Rechtsprechung zu § 1567 Abs. 1 BGB (BGH vom 20.12.1951, IV ZR 24/51 juris Rn 7 f.; OLG Hamm vom 12.06.1989, 4 UF 221/88 juris Orientierungssatz 2) als auch die verwaltungsgerichtliche Rechtsprechung zur entsprechenden Regelung nach dem Bundessozialhilfegesetz (vgl. BVerwG vom 26.01.1995, 5 C 8/93 juris Rn 11) ließen es für die Annahme eines Getrenntlebens nicht genügen, dass objektiv keine häusliche Gemeinschaft (mehr) bestehe. Vielmehr ist danach insbesondere in Konstellationen, in denen diese durch äußeren Zwang aufgehoben werde, erforderlich, dass einem Partner der Wille fehle, die häusliche Gemeinschaft – wieder – herzustellen. Jedenfalls für den sozialhilferechtlichen Begriff des Getrenntlebens, der im Rahmen des § 19 SGB XII den Nachrang der Sozialhilfe gegenüber einsetzbarem Einkommen und Vermögen des Ehepartners abgrenzen solle, schließt das den Willen ein, die Lebensgemeinschaft, d.h. die Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft, mit dem Ehepartner aufzugeben; dieser Trennungswille muss nach außen erkennbar sein (LSG Hessen vom 25.11.2011, L 7 SO 194/09 juris Rn 19 m.w.N.). Daraus folgt, dass nicht bereits die (krankheitsbedingte) dauerhafte Unfähigkeit, einen Willen zur Fortführung der Gemeinschaft zu fassen und zu realisieren, sondern erst der aktive Wille, die eheliche Gemeinschaft aufzugeben, zu einem Getrenntleben führt. Daher führt auch allein die Unterbringung in einem Pflegeheim nicht zu einem Getrenntleben im Sinne der sozialhilferechtlichen Vorschriften (vgl. z.B. LSG Baden-Württemberg vom 01.10.2015, L 7 SO 118/14 juris Rn 56; vom 22.07.2010, L 7 SO 3067/10 ER-B; LSG Hessen vom 25.11.2011, L 7 SO 194/09 juris Rn 19 ff.; ferner BSG vom 18.02.2010, B 4 AS 49/09 R juris Rn 14; Coseriu in juris PK-SGB XII, § 27 Rn 16; Grube in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 19 Rn 15 und § 27 Rn 11 f.; Wahrendorf, Grube/Wahrendorf, SGB XII, 5. Aufl. 2014, § 43 Rn 10; Schoch in LPK-SGB XII, 10. Aufl. 2015 § 27 Rn 22). Die gegenteilige Annahme würde nicht nur der Konzeption der Ehe als lebenslanger Verantwortungsgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 S. 1 und S. 2 HS. 2 BGB) widersprechen, sondern auch Eheleuten, die dies gar nicht geltend machen wollen, auf Grund einer Erkrankung faktisch eine Trennung aufzwingen. Eine „automatische“ Trennung auf Grund krankheitsbedingter Unfähigkeit zur Fortführung der häuslichen Gemeinschaft und zur Willensbildung könnte in vielen Fällen sogar den finanziellen (etwa steuer- oder unterhaltsrechtlichen) Dispositionen von Eheleuten widersprechen (dazu LSG Hessen vom 25.11.2011, L 7 SO 194/09 juris Rn 20).
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass allein die Unterbringung des E im Pflegeheim M nicht zum Getrenntleben führt. Ein Getrenntleben lässt sich auch nicht aus der Erkrankung des E ableiten, auch wenn er tatsächlich nicht mehr zu einem Zusammenleben mit der Ast in der Lage sein sollte. Umgekehrt lässt sich aus der Heimunterbringung aber (gerade wegen seiner Erkrankung) auch nicht der Wille des E, die Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft aufzugeben, ableiten (vgl. dazu LSG Hessen a.a.O. juris Rn 21). Eine Trennung könnte allerdings vorliegen, wenn die Ast die Einstands- und Verantwortungsgemeinschaft mit E aufgegeben hat oder aufgeben will. Vom SG wurde diesbezüglich der Sachverhalt nicht aufgeklärt. Einen Trennungswillen deutet der Umstand an, dass die rechtskundig vertretene Ast ihren Leistungsanspruch beim örtlichen Träger geltend macht. Ferner führt der Bevollmächtigte der Ast in seinem Beschwerdeschreiben aus, ein sich einander Widmen und ein gemeinsames Wirtschaften seien nicht mehr möglich. Ansonsten ist ein Trennungswille der Ast bislang in keiner Weise nach außen dokumentiert. Das SG wird die Sachverhaltsaufklärung nachholen müssen, insbesondere in Bezug auf die Frage, ob der angedeutete Trennungswille der Ast tatsächlich besteht, und die Ast zum Beispiel dazu zu befragen haben, ob sie den E besucht und sich um seine Belange im Pflegeheim kümmert, was auf den Willen der Ast schließen lassen könnte, weiterhin partnerschaftlich verantwortlich zu sein (dazu LSG Hessen vom 29.07.2008, L 7 SO 133/07 ER juris Rn 22) und welche Bedeutung die in dem Fragebogen der Ag ohne weiteren Kommentar getroffene Angabe hat, verheiratet zu sein. Auf letzteres allein maßgeblich abzustellen, wie das SG dies tut, ist jedenfalls rechtsfehlerhaft, da sich, wie ausgeführt, das dauernd Getrenntleben nicht nach den Grundsätzen des BGB, sondern nach dem Sinn und Zweck der sozialhilferechtlichen Vorschriften bestimmt.
3. Rechtsgrundlage für die Entscheidung, das Urteil des SG aufzuheben und zurückzuverweisen, ist § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG analog. Hiernach kann das Landessozialgericht die angefochtene Entscheidung aufheben und die Sache an das Sozialgericht zurückverweisen, wenn dieses die Klage, hier den Eilantrag, abgewiesen hat, ohne in der Sache selbst zu entscheiden. Die Voraussetzungen dieser Vorschrift liegen vor. Das SG hat, wie die obigen Ausführungen zeigen, keine Sachentscheidung über den Streitgegenstand getroffen (vgl. dazu Keller, aaO, § 159 Rn 2 a). Das SG hat den Eilantrag vielmehr wegen angeblicher Unzuständigkeit der Ag abgelehnt und dabei nicht bedacht, dass diese bei einem Getrenntleben zuständig sein könnte und dass bei einem Nichtgetrenntleben und einem entsprechenden Leistungsbezug des E eine Verpflichtung der notwendig beizuladenden B in Betracht zu ziehen ist.
Bei seiner Zurückverweisung nach § 159 Abs. 1 Nr. 1 SGG hat der Senat sein Ermessen dahingehend auszuüben, ob er die Sache selbst entscheiden oder zurückverweisen will. Die Zurückverweisung soll – erst recht im Eilverfahren – zwar die Ausnahme sein (Keller a.a.O. Rn. 5a). In Abwägung zwischen den Interessen der Beteiligten an einer möglichst schnellen Sachentscheidung und dem Grundsatz der Prozessökonomie einerseits sowie dem Verlust einer Instanz andererseits hält es der Senat vorliegend dennoch für angezeigt, den Rechtsstreit an das SG zurückzuverweisen.
Dabei berücksichtigt der Senat, dass die Beschwerde erst seit kurzer Zeit in der zweiten Instanz anhängig ist und der Ast durch die Zurückverweisung kein wesentlicher zeitlicher Nachteil entsteht. Ohne Zurückverweisung würde die Ast eine Instanz verlieren. Auch ist der Rechtsstreit nicht entscheidungsreif, weil das SG ausgehend von seiner fehlerhaften Beurteilung die Grundlagen für eine rechtsfehlerfreie Abwägungsentscheidung – Sachverhaltsaufklärung und Beiladung – nicht geschaffen hat. Hinzu kommt, dass beim SG auch das Hauptsacheverfahren anhängig ist, in dessen Rahmen das SG ohnehin entsprechend vorgehen muss. Durch die vom Senat getroffene Zwischenverfügung erleidet die Ast auch keine materiellen Nachteile durch die Zurückverweisung. Der Gesichtspunkt der Eilbedürftigkeit steht der Zurückverweisung auch deshalb nicht entgegen, weil die zuständige Kammer bezüglich der von der Ast begehrten vorläufigen Leistungen auch nach der Zurückverweisung noch effektiven Rechtsschutz gewähren kann. Nach alledem fällt für den Senat der Umstand, dass der Ast durch eine Zurückverweisung an das SG eine Instanz zurückgegeben wird, wesentlich stärker ins Gewicht als die durch die Zurückverweisung eintretende zeitliche Verzögerung im gerichtlichen Verfahren. Der Senat hat daher von seinem Ermessen ganz ausnahmsweise auch im Eilverfahren im Sinne der Zurückverweisung Gebrauch gemacht, wie zuletzt im Verfahren L 18 SO 111/11 B ER, Az. des SG S 4 SO 52/11 ER.
4. Vorliegend war eine Zwischenregelung bis zum Erlass der eigentlichen Eilentscheidung (sog. Hängebeschluss; vgl. dazu Krodel, a.a.O., Rn 462 ff.) geboten. Die Befugnis hierzu folgt aus § 86 b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG. Eine eventuelle Bestandskraft des Bescheides des B vom 15.02.2018 steht einer stattgebenden Eilentscheidung nicht entgegen, weil B in diesem Bescheid nur über Hilfe zur Pflege des E und nicht über Hilfe zum Lebensunterhalt für die Ast entschieden hat. Die Begründung des Bescheides samt der Übersicht „Ermittlung des Kostenbeitrags“, in der auch Bedarfe und Einkünfte der Ast zur Sprache kommen, wird von einer eventuellen Bestandskraft nicht erfasst. Wegen der fehlenden Sachverhaltsaufklärung durch das SG und der unterlassenen Beiladung des B ist zum Zeitpunkt des Erlasses des vorliegenden Beschlusses auch die im Eilverfahren nur erforderliche überschlägige Prüfung des Hauptsacheerfolgs nicht möglich. Um dem SG die Möglichkeit zu verschaffen, die notwendigen Maßnahmen durchzuführen, ist trotz der Eilbedürftigkeit zwingend Zeitaufschub geboten. Aus diesem Grund war eine Zwischenregelung zu treffen. Die vorzunehmende Abwägung ergibt hier ein Überwiegen der Gründe, die für die obige, auf drei Monate beschränkte Anordnung im Wege der Zwischenregelung sprechen. Bei Nichtanordnung und späterem Erfolg des Eilantrags besteht wegen der möglicherweise nicht mehr sichergestellten Grundsicherung die Gefahr, dass die Ast irreversible Nachteile erleidet. Ergeht die Anordnung und wird der Eilantrag später abgelehnt, besteht die Gefahr, dass die Ast die vorläufigen Leistungen nicht zurückzahlen kann. Dieser Nachteil ist gegenüber den zuerst genannten Folgen auch mit Blick auf die Höhe der vorläufig zuerkannten Leistungen gering zu achten. Ins Gewicht fällt ferner der Umstand, dass die Ag den Antrag offenbar nicht an den nach ihrer Auffassung zuständigen Leistungsträger weitergeleitet hat (§ 16 Abs. 2 S. 1 SGB I), ferner dass B, obwohl auch er von seiner Zuständigkeit ausgeht und von der Gesamtsituation um E und die Ast wusste, gegenüber der Ast nicht tätig geworden ist, sondern es bei dem Bescheid über Hilfe zur Pflege für E belassen hat. Auch die Folgenabwägung spricht für eine Zwischenverfügung. Sollte sich herausstellen, das E und die Ast getrennt leben, besteht eine hohe Wahrscheinlichkeit für einen Leistungsanspruch der Ast. Im anderen Fall wird sich ein Rückforderungsanspruch der Ag mit hoher Wahrscheinlichkeit realisieren lassen. Hinzu kommt, dass die Regierung von Oberfranken (als Widerspruchsbehörde in Bezug auf die Ag) davon ausgegangen ist, dass eine sozialhilferechtlich nicht vorgesehene Doppelleistung vorliege und dass die beantragten Leistungen nach dem SGB XII bereits von B für die Zeit ab 01.02.2017 gewährt würden, während B mitgeteilt hat (Stand 11.10.2018), dass noch keine Leistungen erbracht würden. Auch dieser Umstand zeigt im Übrigen, dass eine Beiladung des B im vorliegenden Eilverfahren zwingend geboten ist.
Der Senat weist ausdrücklich darauf hin, dass Sozialleistungen, die die Ast per gerichtlicher Eilentscheidung – hier aufgrund einer Zwischenregelung – zugesprochen erhält, unter dem Vorbehalt der Rückforderung stehen, und dass, sollte sich in einem möglichen Hauptsacheverfahren erweisen, dass die einstweilige Anordnung von Anfang an ganz oder teilweise ungerechtfertigt war, die Ast verpflichtet ist, der Ag den Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Vollziehung dieser Anordnung entsteht, §§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG, 945 ZPO.
Der Inhalt der Zwischenverfügung steht wie der der Eilanordnung selbst im Ermessen des Gerichts, §§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG, 938 Abs. 1 ZPO. Im Hinblick auf die Rechtsschutzfunktion des § 86 b SGG und unter Berücksichtigung der grundgesetzlichen Gewährleistung des Art. 19 Abs. 4 GG ist es geboten, der Ast für einen begrenzten Zeitraum einen bestimmten Geldbetrag zuzuerkennen. Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass es um (behauptete) existenzsichernde Leistungen geht. Was die Dauer der zuerkannten Leistung betrifft, macht das Gericht von seinem Ermessen dahingehend Gebrauch, dass es die Leistungen für 3 Monate festlegt, und zwar ab 01.10.2018 (Monat der Bekanntgabe des Senatsbeschlusses). In Bezug auf das Ende des Zeitraums geht das Gericht davon aus, dass bis zum 31.12.2018 eine erstinstanzliche Eilentscheidung unter Beachtung der Maßgaben des Senats herbeigeführt sein wird. Ferner steht die Zwischenverfügung des Senats unter dem selbstverständlichen (im Entscheidungssatz mit der Wendung „längstens jedoch bis zur erneuten Eilentscheidung des SG“ zum Ausdruck kommenden) Vorbehalt des Erlasses der „eigentlichen“ Eilentscheidung, die das SG nach der Zurückverweisung zu treffen hat. Was die Höhe der vorläufigen Leistungsgewährung betrifft, war der Regelsatz im Hinblick auf die Vorläufigkeit der im Wege des Eilrechtsschutzes zu erbringenden Leistungen antragsgemäß um 20% zu kürzen, das Einkommen der Ast in Abzug zu bringen und im Übrigen die Kosten der Unterkunft und Heizung zu berücksichtigen, so dass sich der in Punkt I des Entscheidungssatzes errechnete Betrag ergab (416 EUR Regelbedarf Stufe 1 – 83,20 EUR (= 20%) – 214,92 (Einkommen; Rente) = 117,88 EUR + 296 EUR monatliche Wohnkosten nach den Angaben der Ast (166,00 EUR Heizkosten + 27,00 EUR Grundsteuer + 40,00 EUR Wasser) = 350,88 EUR).
5. Der Antrag auf Gewährung von PKH für das Beschwerdeverfahren unter Beiordnung von Rechtsanwalt B war wegen Verneinung der wirtschaftlichen Voraussetzungen abzulehnen (§ 115 ZPO). Wie sich aus den Angaben des Bevollmächtigten der Ast ergibt, besteht eine Rechtsschutzversicherung. Der Anspruch gegen die Rechtsschutzversicherung gehört zum Vermögen der Ast (vgl. dazu BSG, Beschluss vom 12.03.1996, 9 RV 24/94 juris Rn 2). Die Ast ist daher nach ihren wirtschaftlichen Verhältnissen in der Lage, die Kosten der Prozessführung aus ihrem Vermögen aufzubringen (vgl. dazu Leitherer in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 73a, Rn 4, 6 g). Zwar kann der von einer Rechtsschutzversicherung nicht gedeckte Kostenanteil, etwa bei einer vereinbarten Selbstbeteiligung, Gegenstand eines Antrages auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe sein (vgl. dazu z.B. LSG Schleswig-Holstein vom 27.01.2003, L 2 B 121/02 SB PKH juris Rn 13 f.). Der Bevollmächtigte der Ast trägt insofern aber nur pauschal vor, die Rechtsschutzversicherung würde bestimmte Fahrtkosten nicht übernehmen. Konkrete Fahrtkosten werden aber nicht benannt. Insbesondere fallen im Beschwerdeverfahren keine Kosten für Fahrten zum Gericht an, weil der Senat ohne mündliche Verhandlung entschieden hat. Für eine Entscheidung über den PKH-Antrag unter dem Gesichtspunkt eines nicht gedeckten Kostenanteils besteht daher kein Rechtsschutzbedürfnis.
6. Das SG wird bei seiner erneuten Entscheidung auch über die Kosten zu entscheiden haben.
Dieser Beschluss ist gemäß § 177 SGG unanfechtbar.


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