Sozialrecht

Verspätete Meldung von Dienstunfallfolgen

Aktenzeichen  B 5 K 16.655

Datum:
21.11.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BeamtVG BeamtVG § 45 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Die zweijährige Ausschlussfrist des § 45 Abs. 1 BeamtVG zur Meldung von Dienstunfällen wird nur für den gemeldeten Schaden einschließlich erkennbar damit zusammenhängender Folgeschäden gewahrt. Nicht umfasst sind hingegen weitere Erkrankungen, die später auftreten und sich als eigenständiger Körperschaden darstellen. (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)
2 Sofern Folgen eines Dienstunfalls nach Ablauf der zweijährigen Meldefrist innerhalb von drei Monaten zu melden sind, nachdem mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge gerechnet werden konnte (§ 45 Abs. 2 S. 2 BeamtVG), ist es nicht erforderlich, dass der Verletzte sich die Überzeugung von einem Kausalzusammenhang verschaffen konnte. Ausreichend ist, dass Beschwerden einem Dienstunfall mit einiger Wahrscheinlichkeit zugeordnet werden können. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
2 Wurde bereits im behördlichen Verfahren ein Sachverständigengutachten eingeholt, liegt die Einholung eines weiteren Gutachtens im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts. Veranlassung hierzu ist grundsätzlich nur gegeben, wenn das bereits vorliegende Gutachten erkennbare Mängel oder Widersprüche aufweist. (Rn. 51) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid der Unfallkasse Post und Telekom vom 4. Dezember 2015 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids der BG Verkehr vom 24. August 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 5 Satz 1, Abs. 1 Satz 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)). Der Kläger hat keinen Anspruch auf Anerkennung weiterer Gesundheitsschäden als Dienstunfallfolgen. Zur Begründung nimmt das Gericht auf die zutreffenden Gründe des Widerspruchsbescheids Bezug und macht sie zum Gegenstand seiner Entscheidung (§ 117 Abs. 5 VwGO). Ergänzend sei auf Folgendes hingewiesen:
Maßgebender Zeitpunkt für die Beurteilung, ob der Kläger einen Anspruch auf Anerkennung der in seinem Klageantrag aufgeführten Gesundheitsstörungen als Folge des Vorfalls vom 18. November 2006 hat, ist, weil es sich bei der Klage um eine Verpflichtungsklage handelt, der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung. Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers sind die Vorschriften über die Unfallfürsorge, d.h. §§ 30 ff. des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG).
1. Der Beamte hat Unfälle, aus denen Unfallfürsorgeansprüche entstehen können, nach § 45 Abs. 1 BeamtVG innerhalb einer Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Eintritt des Unfalles bei seinem Dienstvorgesetzten zu melden. Hier wurde der Unfall zwar innerhalb der zwei Jahresfrist gemeldet (Dienstunfallanzeige vom 25. Januar 2007). Die geltend gemachten Beschwerden sind aber erst später entstanden. In diesem Fall deckt die damalige Meldung des Dienstunfalls (25. Januar 2007) die später eingetretenen Unfallfolgen nicht ab (VG Augsburg, U.v. 11.02.2016 – Au 2 K 15.1646 – juris Rn. 59 unter Berufung auf BVerwG, U.v. 28.2.2002 – 2 C 5.01 – DÖV 2002, 254; U.v. 21.9.2000 – 2 C 22.99 – NVwZ 2001, 328). Es hätte somit einer erneuten Meldung der Unfallfolgen bedurft. Diese Meldung erfolgte außerhalb der Frist des § 45 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG.
a) Da ein Dienstunfall nach der Begriffsdefinition des § 31 Abs. 1 BeamtVG einen Körperschaden voraussetzt, muss der Dienstunfallmeldung entnommen werden können, welche Art von Körperschaden ein bestimmtes dienstliches Ereignis verursacht hat. Die Ausschlussfrist des § 45 Abs. 1 BeamtVG wird daher stets nur für den gemeldeten Schaden einschließlich erkennbar damit zusammenhängender Folgeschäden gewahrt (VG Augsburg, U.v. 27.11.2003 – Au 2 K 02.341 – juris; VG Neustadt, U.v. 25.10.2011 – 1 K 432/11.NW – juris). Nicht umfasst sind hingegen weitere Erkrankungen, die später auftreten und sich als eigenständiger Körperschaden im Sinne von § 31 Abs. 1 BeamtVG darstellen (BayVGH, U.v. 16.07.2008 – 14 B 05.2548 – juris; VG München, U.v. 19.07.2005 – M 12 K 04.1140 – juris). Dies folgt zum einen aus § 45 Abs. 2 BeamtVG, der die Meldefrist auf zehn Jahre nicht nur für die Fälle erhöht, in denen der Beamte das Dienstunfallgeschehen erstmals nach mehr als zwei Jahren meldet, sondern auch, soweit rechtzeitig eine Dienstunfallmeldung erstattet wurde, aber ein weiterer Körperschaden erst nach Ablauf der in Abs. 1 normierten Frist angezeigt wird, wenn mit seinem Auftreten ursprünglich nicht gerechnet werden konnte (BVerwG, U.v. 28.02.2002 – 2 C 5/01 – DÖD 2002, 254).
Zur Abgrenzung neuer Körperschäden mit eigenständiger Meldefrist von Fortwirkungen der ursprünglich gemeldeten Folgen wird u. a. darauf abgestellt, ob die ursprünglichen und die später geltend gemachten Folgen eines Unfalls einer unterschiedlichen Behandlung bedürfen (VG Berlin, U.v. 13.10.2009 – 28 A 333.05 – juris) oder ob zwischen der Ausgangserkrankung und dem späteren Körperschaden ein langer behandlungsfreier Zeitraum lag, in dem andere Ereignisse den betreffenden Köperschaden ausgelöst haben können (VG München, U.v. 5.06.2009 – M 21 K 07.4500 – juris). Weitere geeignete Abgrenzungskriterien sind die Gleichartigkeit oder Unterschiedlichkeit der Symptome, Dauer und Umfang der Behandlungsbedürftigkeit sowie die Wahrscheinlichkeit des Auftretens bestimmter späterer Folgen. Dabei ist eine natürliche Betrachtungsweise geboten (VG Trier, U.v. 31. 07.2012 – 1 K 124/12.TR – juris Rn. 32).
aa) Hinsichtlich der geklagten Beschwerden der weiteren Gesundheitsstörung an der linken Schulter, der Sensibilisierungsstörungen der linken Hand, der Gefühlsstörungen und Schwäche des linken Arms ist festzustellen, dass der Kläger im Juli 2007 angegeben hatte, noch unter leichten Schmerzen nachts beim Liegen auf der Schulter zu leiden, er aber tagsüber beschwerdefrei sei. Die Beweglichkeit wurde als frei aktiv festgestellt und die periphere Sensibilität als intakt beschrieben (Schreiben der Orthopädisch-Unfallchirurgischen Praxisklinik vom 2. Juli 2007 – Blatt 36, Unfallakte I). Dieses Ergebnis wurde durch eine weitere Untersuchung am 13. September 2007 verifiziert (Schreiben vom 13. September 2007 – Blatt 47, Unfallakte I). Das Unfallgeschehen wurde auf Grund des Gutachtens des Dr.  … vom 18. Juli 2008 als SLAP-Läsion der linken Schulter*gesehen. Weitere Gesundheitsschäden bezüglich der linken Schulter waren zu diesem Zeitpunkt nicht feststellbar. Es ist daher davon auszugehen, dass weitere nach der Begutachtung aufgetretene Gesundheitsstörungen der linken Schulter einer unterschiedlichen Betrachtung bedürfen und als eigener Körperschaden zu bewerten sind, weshalb sie durch eine neue Meldung anzuzeigen waren. Dies ergibt sich zudem daraus, dass schon Dr. … im Gutachten vom 18. Juli 2008 festgestellt hatte, dass unfallunabhängig bereits Gesundheitsstörungen an der linken Schulter vorgelegen haben (wie Verschleißerscheinungen des Schultergelenks, Knorpelschäden im unteren Anteil der Gelenkpfanne und ein fehlendes Labrum). Es kann deshalb nicht davon ausgegangen werden, dass Körperschäden in Zusammenhang mit der linken Schulter automatisch als ein Körperschaden aufzufassen sind, da durch die in der Person des Klägers vorhandene Veranlagung (ohne Zusammenhang zum Unfallgeschehen) bereits 2008 weitere Gesundheitsschäden an der linken Schulter in Zukunft zu erwarten waren.
bb) Hinsichtlich der geklagten psychischen Folgen ergibt sich schon nach natürlicher Betrachtungsweise im Hinblick auf die Unterschiedlichkeit der Symptome, dass diese einer gesonderten Meldung bedurft hätten.
b) Da die Ausschlussfrist von zwei Jahren nach dem Eintritt des Dienstunfalls für diese Gesundheitsschäden abgelaufen ist (§ 45 Abs. 1 BeamtVG), hätte die Meldung innerhalb von drei Monaten, nachdem mit der Möglichkeit einer den Anspruch auf Unfallfürsorge begründenden Folge des Unfalls gerechnet werden konnte, erfolgen müssen (§ 45 Abs. 2 Satz 2 BeamtVG). Nach dem Wortlaut der Vorschrift kommt es darauf an, ab wann Verletzungen oder Symptome feststellbar sind, die eine Entwicklung als möglich erscheinen lassen, dass Unfallfürsorgeansprüche bestehen. Das kausale Ereignis muss bemerkbar gewesen sein. Davon ist bei einem Unfall regelmäßig auszugehen, wenn Beschwerden auftreten, die einem dienstlich veranlassten Ereignis zugeordnet werden können, oder wenn nach allgemeiner Lebenserfahrung mit einiger Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass ein dienstlich veranlasstes Ereignis zu einem Körperschaden führt. Es ist nicht erforderlich, dass sich der Verletzte die Überzeugung von der Wahrscheinlichkeit eines Kausalzusammenhangs verschafft hat oder verschaffen konnte (BayVGH, B.v.12.01.2009 – 3 ZB 08.776 – juris Rn. 5).
Vorliegend hatte der Kläger mit der Möglichkeit weiterer Gesundheitsschäden hinsichtlich der Schulter zumindest ab seiner Vorstellung bei Dr. med … am 17. Januar 2011 rechnen können, eventuell könnte man hierfür sogar auf einen früheren Zeitpunkt abstellen, da der Kläger sich wegen zunehmender Beschwerden bereits im März 2010 bei Dr. med. …vorgestellt hatte (vgl. dessen Schreiben vom 18. März 2010 – Blatt 132-4 der Unfallakte I). Stellt man aber zugunsten des Klägers erst auf den 17. Januar 2011 ab, so wäre die drei-Monatsfrist mit Ablauf des 18. April 2011 (da der 17. April 2011 ein Sonntag war) abgelaufen. Eine erneute Unfallmeldung ging bei der Unfallkasse Post und Telekom aber erst am 3. Juni 2011 ein (ärztliche Unfallmeldung vom 31. Mai 2011 des praktischen Arztes …, Blatt 209 Unfallakte I) und somit nach Ablauf der drei-Monatsfrist.
Hinsichtlich der geklagten psychischen Beschwerden gab der Kläger in der mündlichen Verhandlung am 11. November 2014 (B 5 K 12.974) an, diesbezüglich noch keinen Antrag bei seinem Dienstherrn eingereicht zu haben. Selbst wenn man in dem telefonisch gestellten Antrag vom 1. Dezember 2014 (Bearbeitervermerk Blatt 194, Unfallakte II) zu Gunsten des Klägers einen solchen Antrag sehen wollte, wäre auch dieser außerhalb der Drei-Monatsfrist gestellt. Mit der Möglichkeit etwaiger psychischer Folgen konnte der Kläger jedenfalls ab deren ausdrücklicher erster Benennung in der Widerspruchsbegründung vom 29. November 2011 (Blatt 128-1- Unfallakte I) rechnen. Die Meldung erfolgte drei Jahre später und somit eindeutig außerhalb der Drei-Monatsfrist.
Bei den in § 45 Abs. 2 BeamtVG vorgegebenen Fristen handelt es sich um Ausschlussfristen, für die die Möglichkeit einer Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nicht besteht (vgl. OVG NW, U.v. 24.5.2002 – 1 A 6168.96 – juris Rn. 20 ff.). Darüber hinaus muss sich der Kläger eine etwaige Unkenntnis der rechtlichen Vorschriften zurechnen lassen (vgl. BayVGH, U.v. 4.12.2009 – 3 ZB 09.657 – juris Rn 10).
2. Ein Anspruch auf Anerkennung weiterer Gesundheitsfolgen besteht zudem deswegen nicht, da die vom Kläger mit Klageantrag vom 23. September 2016 geklagten Gesundheitsstörungen nicht ursächlich auf den Dienstunfall vom 18. November 2006 zurückzuführen sind.
a) Maßgeblich ist insoweit die von der Rechtsprechung entwickelte Theorie der wesentlichen Verursachung bzw. der zumindest wesentlich mitwirkenden Teilursache. Dabei sind ursächlich bzw. mitursächlich für den eingetretenen Schaden nur solche kausalen Bedingungen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg bei dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Demnach ist auch der Fall der Mitursächlichkeit anerkannt, sofern die mehreren Ursachen in besonderer Beziehung zum Erfolg stehen und annähernd gleichwertig sind. Wesentlich ist die Ursache, die den Schadenseintritt maßgebend geprägt hat; andere Ursachen treten demgegenüber zurück. Sind mehrere Ursachen gegeben, ist jedoch keine dieser Ursachen den anderen gegenüber von überragender Bedeutung, sondern sind diese Ursachen einander annähernd gleichwertig, gilt die durch den Dienst gesetzte Ursache als alleinige (wesentliche) Ursache. Löst ein Unfallereignis ein bereits vorhandenes Leiden aus oder beschleunigt oder verschlimmert dieses, so ist das Unfallereignis dann nicht wesentliche Ursache für den Körperschaden, wenn das Ereignis von untergeordneter Bedeutung gewissermaßen „der letzte Tropfen“ war, der das „Fass zum Überlaufen“ brachte. Das Unfallereignis tritt dann im Verhältnis zu der schon gegebenen Bedingung (dem vorhandenen Leiden oder der Vorschädigung) derart zurück, dass die bereits gegebene Bedingung als allein maßgeblich anzusehen ist (st.Rspr. seit BVerwG, U.v. 18.1.1967 – VI C 96.65 – ZBR 1967, 219 f.; U.v. 20.4.1967 – II C 118.64 – BVerwGE 26, 332/339 f.; so auch: BayVGH, B.v. vom 31.1.2008 – 14 B 04.73 – Rn. 20 f.).
Nicht ursächlich im Sinne des Gesetzes sind demnach die sog. Gelegenheitsursachen, d.h. solche Bedingungen, bei denen zwischen dem eingetretenen Schaden und dem Dienst eine rein zufällige Beziehung besteht. Letzteres ist beispielsweise dann der Fall, wenn die krankhafte Veranlagung oder das anlagebedingte Leiden so leicht ansprechbar waren, dass es zur Auslösung akuter Erscheinungen keiner besonderen, in ihrer Eigenart unersetzlichen Einwirkungen bedurfte, sondern auch ein anderes, alltäglich vorkommendes Ereignis zum selben Erfolg geführt hätte (BVerwG, B.v. 8.3.2004 – 2 B 54/03 – Buchholz 239.1 § 31 BeamtVG Nr. 13). Dabei müssen alle Tatbestandsvoraussetzungen für eine Dienstunfallanerkennung bzw. die geltend gemachten Folgen zur Überzeugung der Behörde und des Gerichts vorliegen. Der Beamte trägt das Feststellungsrisiko, dass die behauptete Schädigungsfolge wesentlich auf den Dienstunfall und nicht etwa auf eine anlagebedingte Konstitution zurückzuführen ist (st.Rspr. vgl. nur: BayVGH, B.v. 31.1.2008 – 14 B 04.73 – Rn. 20 f.; BVerwG, U.v. 23.5.1962 – VI C 39.60 – BVerwGE 14, 181; BVerwG, U.v. 21.10.1964 – VI C 132.61 – Buchholz 232.1 § 135 BBG Nr. 22).
b) Gemessen daran liegen hier die genannten Anforderungen für die Anerkennung der im Klageantrag aufgeführten Gesundheitsstörungen als Folgen des Dienstunfalls vom 18. November 2006 nicht vor. Es fehlt nämlich die notwendige Kausalität zwischen dem Ereignis und den gesundheitlichen Beschwerden. Auch eine wesentliche Verschlimmerung möglicherweise bereits vorbestehender Leiden ist nicht kausal auf dieses Geschehnis zurückzuführen.
aa) Das steht zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund der von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten des Dr. med. … vom 19. März 2015 (Blatt 220-1, Unfallakte II) und des Dr. med. … vom 2. November 2015 (Blatt 251-1, Unfallakte II). Die Einholung eines weiteren gerichtlichen Gutachtens war darüber hinaus nicht veranlasst. Wurde bereits im behördlichen Verfahren durch die Beklagte ein Sachverständigengutachten in Auftrag gegeben, so liegt die Einholung eines weiteren Sachverständigengutachtens im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (§ 98 VwGO i.V.m. § 412 ZPO). Eine Veranlassung hierzu ist grundsätzlich nur gegeben, wenn die bereits vorliegende Begutachtung auch für den nicht Sachkundigen erkennbare grobe Mängel oder unlösbare Widersprüche aufweist, insbesondere von unzutreffenden tatsächlichen Voraussetzungen ausgeht, wenn Anlass zu Zweifeln an der Sachkunde oder Unparteilichkeit des Sachverständigen besteht, wenn ein anderer Sachverständiger über bessere Forschungsmittel verfügt oder wenn es sich um besonders schwierige (medizinische) Fragen handelt, die umstritten sind oder zu denen einander widersprechende Gutachten vorliegen (VG Ansbach, U.v. 12.03.2014 – AN 11 K 13.01618 – juris Rn. 24 unter Bezugnahme auf BVerwG, ZBR 1980, 180 ff. m.w.N.; VGH München, U.v. 7.12.1994 – 3 B 94400 – 3 B 94403 – juris).
Die vorgenannten Gutachten, welche auf einer umfassenden Würdigung ärztlicher Atteste und Befundberichte des Klägers basieren, sind in sich stimmig, überzeugend und werfen keine Zweifelsfragen auf, die durch die Einschaltung weiterer Gutachter geklärt werden müssten. Es ist auch nicht davon auszugehen, dass es sich hierbei um Gefälligkeitsgutachten der Ärzte handelt. Dies wird vom Kläger ohne weitere Substantiierung nur behauptet. Anhaltspunkte für eine Befangenheit ergeben sich nach Aktenlage nicht. Bei den Gutachtern handelt es sich zudem nicht um Ärzte, die im Bereich der Beklagten etwa als Beamte tätig sind, sondern um unabhängige Ärzte.
bb) Aus den Gutachten ergibt sich in einer Gesamtschau folgendes Bild:
Aus unfallchirurgischer Sicht liegt als Unfallfolge der Z.n. Labrumstabilisierung an der linken Schulter bei SLAP-Läsion vor. Es gibt keinen Hinweis auf eine neurogene Schädigung der linksseitigen Muskulatur. Ohne eine eindeutige primäre Schädigung der Nervenversorgung des linken Arms können Ausfallerscheinungen am linken Arm (Schwäche, Bewegungseinschränkung) nicht als Unfallfolge nachgewiesen werden. Die Verletzung des linken Schultergelenks war mit operierter SLAP-Läsion 3 Monate nach dem Unfallereignis folgenlos verheilt. Da die Beweglichkeit der Schulter frei war und Sensibilitätsstörungen am linken Arm nicht beschrieben waren und sich diese erst viel später entwickelt haben, können die Veränderungen nicht mit Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis zurückgeführt werden. Auch die Sensibilitätsstörungen der Finger der linken Hand sind nicht auf den Dienstunfall zurückzuführen.
Auf neurologischem Gebiet liegt kein pathologischer Befund vor, welcher mit dem Unfallereignis und einer dabei möglicherweise erlittenen Schädigung eines Plexus oder einer Nervenwurzel zu bringen wäre. Auf psychiatrischem Gebiet ist von der Entwicklung einer somatoformen Schmerzstörung auszugehen. Die depressive Symptomatik ist als Anpassungsstörung einzuordnen. Es handelt sich um ein unfallunabhängiges Geschehen. Verantwortlich sind in der Persönlichkeit des Klägers verankerte Faktoren in Wechselwirkung mit äußeren Belastungsfaktoren.
Die Gutachter gehen widerspruchsfrei davon aus, dass sich zwischen dem Geschehnis vom 18. November 2006 und den bei dem Kläger bestehenden Gesundheitsstörungen kein hinreichend wahrscheinlicher Kausalzusammenhang herstellen lässt. Somit war das Geschehen nicht geeignet, die vom Kläger geklagten Beschwerden allein bzw. wesentlich zu verursachen.
cc) Durchgreifende Argumente, die geeignet sein könnten, diese gutachterlichen Feststellungen zu erschüttern, sind nicht zu erkennen. Soweit in der Widerspruchsbegründung ausgeführt wird, dass das radiologische Gutachten vom 18. März 2015 des Dr. med. … zu einem anderen Ergebnis komme, ist auszuführen, dass diese Untersuchung in das Gutachten einbezogen wurde (Röntgenuntersuchung vom 4.3.2015 – Seite 10 des Gutachtens des Dr. med. …). Weshalb die Röntgenuntersuchung falsch einbezogen worden sein soll, wurde nicht substantiiert vorgetragen. Zudem ergab die Untersuchung gerade auch eine degenerative posttraumatische Veränderung der linken Schulter und bekräftigt daher eher das Ergebnis des Gutachtens. Hinsichtlich der vorgetragenen Bescheinigung des Dr. … vom 18. September 2007 und des Gutachtens des Dr. … ist davon auszugehen, dass diese Ergebnisse durch die Anerkennung der Schädigung des oberen ventralen Labrums der linken Schulter im Sinne einer SLAP-Läsion mit Bescheid vom 11. Mai 2011 überholt sind. Auch Dr. … erkannte schon im Gutachten vom 18. Juli 2008, dass unfallunabhängig beim Kläger bereits Gesundheitsstörungen an der linken Schulter vorgelegen haben (wie Verschleißerscheinungen des Schultergelenks, Knorpelschäden im unteren Anteil der Gelenkpfanne und ein fehlendes Labrum). Das Gutachten des Dr. … bestätigt das Gutachten des Dr. med. … eher als es zu entkräften.
II.
Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11, § 711 ZPO.
III.
Gründe für eine Zulassung der Berufung durch das Verwaltungsgericht nach § 124 Abs. 1, § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO liegen nicht vor.


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