Staats- und Verfassungsrecht

Nichtannahmebeschluss: Gesetzesunmittelbare Verfassungsbeschwerden gegen Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes (juris: FluLärmG) unzulässig – Grundrechtsverletzung nicht hinreichend substantiiert dargelegt, zudem Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde – Darlegungslast bei der Rüge einer Verletzung gesetzgeberischer Schutzpflichten zur Risikovorsorge

Aktenzeichen  1 BvR 1502/08

Datum:
4.5.2011
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Nichtannahmebeschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2011:rk20110504.1bvr150208
Normen:
Art 14 Abs 1 GG
Art 2 Abs 2 S 1 GG
§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG
§ 90 Abs 2 S 1 BVerfGG
§ 92 BVerfGG
§ 13 Abs 1 FluLärmG
§ 2 Abs 2 S 2 FluLärmG
§ 5 Abs 3 FluLärmG
§ 8 FluLärmG
Art 1 FluLärmSchutzVerbG
Art 2 FluLärmSchutzVerbG
§ 29b Abs 1 S 1 LuftVG
§ 29b Abs 1 S 2 LuftVG
§ 8 Abs 1 S 3 LuftVG
§ 9 Abs 2 LuftVG
§ 9 Abs 3 LuftVG
Spruchkörper:
1. Senat 1. Kammer

Gründe

1
Die Verfassungsbeschwerde richtet sich gegen verschiedene Regelungen des im Jahr 2007 grundlegend novellierten Gesetzes zum
Schutz gegen Fluglärm (im Folgenden: Fluglärmschutzgesetz – FluglSchG -) und macht darüber hinaus eine Verletzung gesetzgeberischer
Pflichten im Zusammenhang mit dem Schutz der Beschwerdeführer vor Fluglärm geltend.

I.
2
Am 14. Dezember 2006 beschloss der Deutsche Bundestag das Gesetz zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung
von Flugplätzen, das nach Zustimmung des Bundesrates am 7. Juni 2007 in Kraft trat (BGBl I S. 986). Art. 1 des Gesetzes enthält
eine grundlegende Novellierung des bereits seit 1971 – im Wesentlichen unverändert – geltenden Gesetzes zum Schutz gegen Fluglärm.
Das Fluglärmschutzgesetz wurde am 9. November 2007 in seiner Neufassung bekannt gemacht (BGBl I S. 2550).

3
Zweck des Fluglärmschutzgesetzes ist es, in der Umgebung von Flugplätzen bauliche Nutzungsbeschränkungen und baulichen Schallschutz
zum Schutz der Allgemeinheit und der Nachbarschaft vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen durch
Fluglärm sicherzustellen (§ 1 FluglSchG).

4
Hierzu sind nach § 2 Abs. 1 FluglSchG Lärmschutzbereiche einzurichten, deren Ausdehnung sich gemäß § 2 Abs. 2 FluglSchG anhand
der (errechneten) Lärmbelastung nach Maßgabe von Lärmgrenzwerten bestimmt. Dabei werden drei – statt wie bisher zwei – Schutzzonen,
nämlich zwei Tag-Schutzzonen für den Zeitraum von 6 bis 22 Uhr und eine Nacht-Schutzzone für den Zeitraum von 22 bis 6 Uhr,
eingerichtet. Maßgebend für den Umfang der Tag-Schutzzonen ist allein der äquivalente Dauerschallpegel. Bei Festlegung der
Nacht-Schutzzone wird zusätzlich ein Häufigkeits-Maximalpegelkriterium herangezogen, das sich danach richtet, wie oft ein
bestimmter Lärmgrenzwert in der Nacht überschritten wird. Die Lärmschutzbereiche werden durch Rechtsverordnung der Landesregierung
nach einem bestimmten Berechnungsverfahren festgesetzt, das seine Grundlage im Fluglärmschutzgesetz und einer darauf beruhenden
Rechtsverordnung findet.

5
Für den Umfang der Lärmschutzbereiche ist zunächst entscheidend, ob die Festsetzung für einen zivilen oder militärischen Flugplatz
erfolgt. Innerhalb dieser Kategorien kommt es weiterhin maßgeblich darauf an, ob es sich um einen neuen oder wesentlich baulich
erweiterten oder um einen bestehenden zivilen beziehungsweise militärischen Flugplatz handelt. Die Schutzzonen fallen an bestehenden
zivilen und militärischen Flugplätzen und auch generell an militärischen Flugplätzen im Vergleich zu zivilen Flugplätzen kleiner
aus, weil höhere Lärmgrenzwerte für die Bemessung des Umfangs der Lärmschutzbereiche zugrunde gelegt werden.

6
Liegt ein Grundstück in einem Lärmschutzbereich, kann dies insbesondere Bauverbote, sonstige Beschränkungen der baulichen
Nutzung in Form der Einhaltung bestimmter Schallschutzanforderungen, die Erstattung von Aufwendungen für passive Schallschutzmaßnahmen
und Entschädigungsleistungen zur Folge haben. Einzelheiten hierzu werden vor allem in den §§ 5, 8 und 9 FluglSchG geregelt.

7
Im Unterschied zur vormaligen Rechtslage erhalten die im novellierten Fluglärmschutzgesetz geregelten Grenzwerte nunmehr auch
erstmals Bedeutung für luftverkehrsrechtliche Planfeststellungs- und Genehmigungsverfahren.

8
Art. 2 des Gesetzes zur Verbesserung des Schutzes vor Fluglärm in der Umgebung von Flugplätzen vom 1. Juni 2007 (BGBl I S.
986) hat insoweit § 8 Abs. 1 Luftverkehrsgesetz – LuftVG – dahingehend geändert, dass nunmehr bei luftverkehrsrechtlichen
Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren die jeweils anwendbaren Werte des § 2 Abs. 2 FluglSchG “zu beachten” sind.
Eine abschließende höchstrichterliche Klärung der Bedeutung dieser Vorschrift ist bislang nicht erfolgt. Der Hessische Verwaltungsgerichtshof
geht in seinen Entscheidungen zum Ausbau des Flughafens Frankfurt/Main davon aus, dass der Gesetzgeber mit der Festlegung
der Grenzwerte in § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG die abstrakt-generelle Frage nach der fachplanerischen Zumutbarkeit von Fluglärm
definitiv entschieden habe und die Grenzwerte auch im Rahmen der planerischen Abwägung bei luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsverfahren
gelten würden, soweit es auf die Zumutbarkeit des Lärms ankomme (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 21. August 2009 – 11 C 227/08.T
u.a. -, juris Rn. 615). Demgegenüber wird in der Literatur vertreten, die Regelung des § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG verschaffe
gegenüber der bisherigen Rechtslage keine gesteigerte Klarheit bezüglich der maßgeblichen Lärmgrenzwerte. Der höchstrichterlichen
Rechtsprechung bleibe es nach wie vor überlassen, Maßstäbe für die Zumutbarkeit bestimmter Fluglärmeinwirkungen zu entwickeln
(vgl. Mechel, Der Fluglärmschutz nach der Gesetzesnovelle 2007, in: ZUR 2007, S. 561 ).

9
§ 13 Abs. 1 Satz 1 FluglSchG bestimmt darüber hinaus, dass das Fluglärmschutzgesetz für die Umgebung von Flugplätzen mit Wirkung
für das Genehmigungsverfahren nach § 6 LuftVG sowie das Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren nach § 8 LuftVG die
Erstattung von Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen und die Entschädigung für Beeinträchtigungen der Außenwohnbereiche
in der Umgebung neuer und wesentlich erweiterter Flugplätze regelt.

II.
10
Die Beschwerdeführer sind Anwohner in der Nähe von verschiedenen zivil oder militärisch genutzten Flugplätzen in Deutschland.
Sie halten den auf ihre Grundstücke einwirkenden Fluglärm für unerträglich und machen insbesondere eine Beeinträchtigung ihrer
Gesundheit geltend. Sie rügen eine Verletzung ihrer Grundrechte aus Art. 2 Abs. 1, Abs. 2, Art. 3 Abs. 1, Art. 11 und Art.
14 GG durch § 2 Abs. 2 Satz 2, § 5 Abs. 3 und § 8 FluglSchG.

11
Dabei wenden sie sich vornehmlich gegen die in § 2 Abs. 2 FluglSchG aus ihrer Sicht zu hoch angesetzten Lärmgrenzwerte und
werfen dem Gesetzgeber insbesondere vor, die neuesten Erkenntnisse der Lärmwirkungsforschung nicht berücksichtigt zu haben.
Daneben kritisieren sie weitere aus ihrer Sicht bestehende Unzulänglichkeiten des Fluglärmschutzgesetzes wie fehlende Regelungen
zum aktiven Schallschutz, beispielsweise in Form von Betriebsbeschränkungen und Maßnahmen der konkreten Flugbetriebssteuerung
am jeweiligen Flughafen, sowie zur Gesamtlärmbelastung.

12
Zum Beleg ihrer Behauptung unzureichender Grenzwertfestlegung in § 2 Abs. 2 FluglSchG beziehen sie sich auf eine Reihe wissenschaftlicher
Untersuchungen, die sich teilweise ausdrücklich auch mit der vom Gesetzgeber als maßgeblich für die Grenzwertfestlegung der
Tag-Schutzzonen bei zivil genutzten Flugplätzen herangezogenen Untersuchung auseinandersetzen und deren Unzulänglichkeit belegen
sollen.

13
Die Beschwerdeführer machen weiterhin einen signifikant gesunkenen Wert ihrer Immobilien infolge der Fluglärmbelastung geltend
und sehen sich dadurch und durch eine – nach ihrem Vortrag – nur noch eingeschränkt mögliche Nutzbarkeit der Außenwohnbereiche
ihrer Grundstücke in ihrem Grundrecht aus Art. 14 GG verletzt.

14
Einen weiteren Verstoß gegen das Eigentumsrecht sehen sie darin, dass § 5 Abs. 3 FluglSchG nur bestimmte Wohnungen vom Bauverbot
des § 5 Abs. 2 FluglSchG ausnimmt und damit dem jeweiligen Grundstückseigentümer eine Nutzungsmöglichkeit versagt.

15
Darüber hinaus rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung des allgemeinen Gleichheitssatzes durch die unterschiedlich festgesetzten
Grenzwerte für zivil und militärisch genutzte Flugplätze einerseits sowie bestehende und neu angelegte beziehungsweise wesentlich
erweiterte Flugplätze andererseits. Sie sind der Meinung, dass es hierfür keine sachliche Rechtfertigung gibt.

16
Neben diesen gegen verschiedene Regelungen des Fluglärmschutzgesetzes gerichteten Rügen werfen sie dem Gesetzgeber allgemein
eine Verletzung seiner verfassungsrechtlichen Pflichten im Hinblick auf ihren Schutz vor Fluglärm vor. Sie fordern in diesem
Zusammenhang unter anderem die normative Verankerung eines Vorrangs des aktiven vor dem passiven Schallschutz.

III.
17
Die Verfassungsbeschwerde ist nicht zur Entscheidung anzunehmen. Sie erweist sich insgesamt als unzulässig.

18
1. Soweit sich die Beschwerdeführer gegen bestimmte Normen des Fluglärmschutzgesetzes wenden, aber auch soweit sie allgemein
eine gesetzgeberische Schutzpflichtverletzung geltend machen, ist die Verfassungsbeschwerde bei nahezu allen Beschwerdeführern
unzulässig, weil sie nicht den an sie zu stellenden Begründungserfordernissen gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG genügt.

19
a) Nach § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG muss sich die Verfassungsbeschwerde mit dem zugrunde liegenden einfachen Recht sowie
mit der verfassungsrechtlichen Beurteilung des vorgetragenen Sachverhalts auseinandersetzen und hinreichend substantiiert
darlegen, dass eine Grundrechtsverletzung möglich erscheint (vgl. BVerfGE 89, 155 ). Der Beschwerdeführer muss darlegen,
mit welchen verfassungsrechtlichen Anforderungen die angegriffene Maßnahme kollidiert (vgl. BVerfGE 108, 370 ). Soweit
das Bundesverfassungsgericht für bestimmte Fragen bereits verfassungsrechtliche Maßstäbe entwickelt hat, muss anhand dieser
Maßstäbe aufgezeigt werden, inwieweit Grundrechte durch die angegriffene Maßnahme verletzt werden (vgl. BVerfGE 99, 84 ;
101, 331 ; 102, 147 ). Das gilt jedenfalls dann, wenn die Verletzung des Grundrechts nicht auf der Hand liegt (BVerfG,
Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 24. August 2010 – 1 BvR 1584/10 -, juris Rn. 3).

20
b) Diesen Anforderungen entspricht die Verfassungsbeschwerde hinsichtlich der Rügen sämtlicher Beschwerdeführer nicht, soweit
sie sich direkt gegen § 2 Abs. 2 Satz 2, § 5 Abs. 3 und § 8 FluglSchG richtet.

21
aa) Eine mögliche Verletzung des aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG folgenden Grundrechts auf Leben und körperliche Unversehrtheit
wird aus dem Vortrag der Beschwerdeführer zur Verfassungswidrigkeit der Regelungen des novellierten Fluglärmschutzgesetzes
nicht erkennbar.

22
Aus ihrem Vorbringen lässt sich nicht entnehmen, inwiefern § 2 Abs. 2 Satz 2, § 5 Abs. 3 und § 8 FluglSchG in ihre Grundrechte
eingreifen sollten. Dazu wäre eine nähere Auseinandersetzung mit den angefochtenen Vorschriften und ihren Auswirkungen auf
die Beschwerdeführer bei der konkreten Rechtsanwendung unter Berücksichtigung von Sinn und Zweck des Fluglärmschutzgesetzes
erforderlich gewesen.

23
Entscheidend ist in diesem Zusammenhang, dass das Fluglärmschutzgesetz ausweislich seines in § 1 FluglSchG zum Ausdruck kommenden
Gesetzeszweckes nicht den Anspruch erhebt, die Problematik des Schutzes der Bevölkerung vor Fluglärm umfassend und abschließend
zu regeln. Der Gesetzgeber hat vielmehr die Systematik des bereits seit 1971 bestehenden Fluglärmschutzgesetzes im Grundsatz
beibehalten. Seiner Konzeption nach war das Fluglärmschutzgesetz von 1971 ein Baubeschränkungs- und Entschädigungsgesetz und
sollte insbesondere das weitere Heranwachsen von Wohnsiedlungen an bestimmte Flugplätze verhindern. Die im Gesetz festgelegten
Lärmgrenzwerte waren weder zur Beurteilung von individuellen Lärmbeeinträchtigungen noch zur Festlegung von fachplanungsrechtlichen
Zumutbarkeitsgrenzen vorgesehen und geeignet (vgl. Giemulla/Rathgeb, Das neue Fluglärmgesetz, in: DVBl 2008, S. 669 <670 m.
w. N.>). Selbst wenn mit der Neuregelung über § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG die im Fluglärmschutzgesetz normierten Grenzwerte erstmals
auch für das luftverkehrsrechtliche Planfeststellungsverfahren Bedeutung erlangen und § 13 FluglSchG darüber hinaus bestimmt,
dass das Fluglärmschutzgesetz für das Genehmigungsverfahren nach § 6 LuftVG sowie das Planfeststellungs- und Plangenehmigungsverfahren
nach § 8 LuftVG die Erstattung von Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen einschließlich der zugrunde liegenden Schallschutzanforderungen
und die Entschädigung für Beeinträchtigungen der Außenwohnbereiche in der Umgebung neuer und wesentlich baulich erweiterter
Flugplätze regelt, hat sich an dieser Grundkonzeption nichts geändert. Insbesondere der aktive Schallschutz richtet sich nicht
nach dem Fluglärmschutzgesetz. Maßgebend hierfür sind vielmehr vor allem die Regelungen des Luftverkehrsgesetzes.

24
Ein Eingriff in Grundrechte der Beschwerdeführer durch die in § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG festgelegten Grenzwerte kommt daher
von vornherein nur im unmittelbaren Anwendungsbereich des Fluglärmschutzgesetzes oder in der dargestellten “Verzahnung” mit
Regelungen des Luftverkehrsgesetzes über § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG oder auch § 13 FluglSchG in Frage.

25
Soweit eine Grundrechtsverletzung im unmittelbaren Anwendungsbereich des Fluglärmschutzgesetzes geltend gemacht wird, erscheint
eine solche – ausgehend von der Konzeption des Fluglärmschutzgesetzes – danach nur dann möglich, wenn hinreichend konkret
vorgetragen wird, dass das Gesetz den Beschwerdeführern aufgrund der in § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG aus ihrer Sicht zu hoch
angesetzten Grenzwerte in verfassungswidriger Weise baulichen Schallschutz oder eine Entschädigung vorenthält.

26
Hierzu verhalten sich die Beschwerdeführer an keiner Stelle ihrer umfangreichen Beschwerdeschrift. So lässt sich ihrem Vorbringen
schon nicht entnehmen, von welchen konkreten Lärmbelastungen auf ihre Grundstücke bei Anwendung des novellierten Fluglärmschutzgesetzes
auszugehen ist. Soweit vereinzelt konkrete Lärmwerte vorgetragen werden, ist nicht ersichtlich, dass deren Ermittlung den
nach § 3 Abs. 1 FluglSchG einzuhaltenden Anforderungen entspricht. Es lässt sich daher auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens
nicht feststellen, ob das novellierte Fluglärmschutzgesetz den Beschwerdeführern wegen der aus ihrer Sicht zu hoch angesetzten
Lärmgrenzwerte überhaupt keinen oder nur einen eingeschränkten Lärmschutz bietet oder ob sie nicht vielmehr in den Genuss
der gesetzlich vorgesehenen “Maximalleistung”, nämlich einen sofort mit Festsetzung des Lärmschutzbereichs fälligen Anspruch
auf Erstattung von Aufwendungen für baulichen Schallschutz für Wohn- und Schlafräume nebst Belüftungseinrichtungen sowie einer
Entschädigung für Beeinträchtigungen des Außenwohnbereichs, kommen. Soweit sie Einwendungen direkt gegen die Grenzwerte des
Fluglärmschutzgesetzes erheben, machen sie nämlich nicht geltend, dass die im Fluglärmschutzgesetz vorgesehenen Maßnahmen
des passiven Schallschutzes und der Entschädigung von vornherein ungeeignet seien, der Schutzpflicht des Staates aus Art.
2 Abs. 2 Satz 1 GG zu genügen, sondern dass sie wegen der zu hohen Lärmgrenzwerte “zu spät” einsetzen.

27
Im Hinblick auf die sich aus § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG beziehungsweise § 13 Abs. 1 FluglSchG ergebende Bedeutung der in § 2
Abs. 2 Satz 2 FluglSchG festgelegten Grenzwerte auf luftverkehrsrechtliche Genehmigungs-, Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren
lässt sich dem Vortrag der Beschwerdeführer nicht entnehmen, dass sie insoweit von der Regelung des § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG
betroffen wären. Das würde ein aktuell laufendes Verfahren nach § 6 LuftVG oder § 8 LuftVG voraussetzen. Hierzu ist nichts
vorgetragen. Abgesehen davon wäre in diesem Fall vorrangig fachgerichtlicher Rechtsschutz durch Überprüfung der in einem der
genannten Verfahren zu treffenden Entscheidung vor den Verwaltungsgerichten nachzusuchen.

28
bb) Eine Verletzung von Art. 14 Abs. 1 GG ist ebenfalls nicht hinreichend dargelegt.

29
Soweit die Beschwerdeführer deshalb eine Eigentumsverletzung in der Festlegung der Lärmgrenzwerte des § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG
sehen, weil der dadurch “eröffnete” Flugverkehr eine Nutzung ihrer Grundstücke unzumutbar mache, unterliegen sie der Fehlvorstellung,
der Gesetzgeber habe mit der Normierung der Grenzwerte in § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG die Ausnutzung der Kapazitäten eines
Flugplatzes bis zur Erreichung der in der Vorschrift genannten Grenzwerte unbeschränkt zugelassen. Sie verkennen dabei Sinn
und Zweck des Fluglärmschutzgesetzes, das ausschließlich die Gewährung passiven Schallschutzes und Entschädigungsfragen regelt.
Ein rechtswidriger Eingriff in grundrechtlich geschützte Positionen durch das Fluglärmschutzgesetz kommt daher nur dann in
Betracht, wenn es ihnen in verfassungswidriger Weise Rechte vorenthält oder über seinen § 13 oder § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG
im Rahmen laufender Genehmigungs-, Planfeststellungs- oder Plangenehmigungsverfahren Eingriffe aufgrund der in § 2 Abs. 2
Satz 2 FluglSchG normierten Grenzwerte vorgenommen werden. Da nach dem Vortrag der Beschwerdeführer – wie dargelegt – unklar
bleibt, ob und inwieweit sie von der Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes im Hinblick auf die Gewährung passiven Schallschutzes
oder von Entschädigungsleistungen profitieren und zu anhängigen Verwaltungsverfahren, bei denen die angegriffenen Regelungen
des Fluglärmschutzgesetzes eine Rolle spielen können, nichts vorgetragen ist, erscheint auch insoweit ein Verfassungsverstoß
auf der Grundlage des Beschwerdevorbringens nicht möglich.

30
Soweit sich die Beschwerdeführer gegen die Bauverbote in § 5 FluglSchG wenden und in diesem Zusammenhang eine Verletzung von
Art. 14 Abs. 1 GG rügen, ist die Verfassungsbeschwerde ebenfalls unzulässig.

31
Zwar greift § 5 FluglSchG, wie die Beschwerdeführer im Ausgangspunkt zutreffend geltend machen, durch die dort normierten
Bauverbote in das Eigentumsgrundrecht ein. Ihr Vortrag zu diesem Punkt ist allerdings allgemein gehalten und nicht auf ihre
eigene Situation bezogen. Daraus lässt sich insbesondere nicht entnehmen, dass einem der Beschwerdeführer eine konkrete Möglichkeit
zur Bebauung seines Grundstücks aufgrund der Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes genommen würde. Für eine eigene Betroffenheit
der Beschwerdeführer ist daher insoweit nichts ersichtlich.

32
Auch im Hinblick auf § 8 FluglSchG, der die Entschädigung bei Bauverboten regelt, wird aus dem Vortrag der Beschwerdeführer
nicht erkennbar, dass sie infolge der Novellierung des Fluglärmschutzgesetzes hierdurch betroffen wären. Es liegen keine Anhaltspunkte
dafür vor, dass ihnen eine Entschädigung vorenthalten würde, die ihnen bei einer – aus ihrer Sicht – verfassungsgemäßen Ausgestaltung
des Fluglärmschutzgesetzes zustehen müsste.

33
cc) Aus dem Vortrag der Beschwerdeführer lässt sich auch keine Verletzung ihres Grundrechts aus Art. 3 Abs. 1 GG durch die
Lärmgrenzwertregelung in § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG entnehmen. Zwar trifft es zu, dass der Gesetzgeber teilweise unterschiedliche
Lärmgrenzwerte für zivile und militärische Flugplätze vorgesehen hat und innerhalb dieser Kategorien noch einmal zwischen
bestehenden und neu anzulegenden oder wesentlich geänderten Flugplätzen differenziert. Das Vorbringen der Beschwerdeführer
macht allerdings nicht deutlich, ob und inwieweit sie selbst im Hinblick auf die sich aus dem Fluglärmschutzgesetz ergebenden
Folgen unmittelbar von dieser Differenzierung betroffen wären, etwa im Rahmen der Festsetzung der Lärmschutzbereiche und der
daraus gegebenenfalls resultierenden Gewährung der Erstattung von Aufwendungen für passiven Schallschutz oder Entschädigung
für die Beeinträchtigung der Außenwohnbereiche beziehungsweise anlässlich laufender Genehmigungs-, Planfeststellungs- oder
Plangenehmigungsverfahren. Hierzu wäre Vortrag dahingehend erforderlich gewesen, dass gerade aufgrund der unterschiedlichen
Grenzwertfestlegungen den hiervon betroffenen Beschwerdeführern Aufwendungsersatz für passive Schallschutzmaßnahmen oder Entschädigung
nicht zugute kommt oder sich diese Unterscheidung im Rahmen eines laufenden Verwaltungsverfahrens zu ihrem Nachteil auswirkt.
Wie bereits dargelegt, lässt sich eine Auswirkung dieser Differenzierung auf die Beschwerdeführer auf der Grundlage der Novellierung
des Fluglärmschutzgesetzes in Ermangelung eines hierzu ausreichenden Vortrags nicht entnehmen.

34
dd) Eine Verletzung von Art. 11 GG durch § 2 Abs. 2 FluglSchG ist ebenfalls nicht hinreichend dargelegt.

35
Unabhängig von der Frage, ob der Schutzbereich des Grundrechts auf Freizügigkeit durch zu geringe Lärmschutzvorkehrungen gegen
Fluglärm überhaupt betroffen sein kann, erweist sich die diesbezüglich erhobene Rüge bereits deshalb als unzulässig, weil
die Beschwerdeführer auch insoweit von der Fehlvorstellung geleitet werden, durch § 2 Abs. 2 FluglSchG werde im Rahmen der
dort normierten Grenzwerte ein unbeschränkter Flugverkehr zugelassen. Dass dies nicht der Intention des Gesetzes entspricht,
wurde bereits dargelegt. Vor diesem Hintergrund ist ein Eingriff in das Grundrecht der Beschwerdeführer aus Art. 11 GG nicht
ersichtlich.

36
c) Die Verfassungsbeschwerde ist weiterhin unzulässig, soweit die Beschwerdeführer ganz allgemein behaupten, der Gesetzgeber
sei seiner aus dem Grundgesetz folgenden Pflicht, das Leben und die Gesundheit zu schützen, im Rahmen der Regelung der Fluglärmproblematik
nicht nachgekommen. Das Vorbringen entspricht auch insoweit nicht den Anforderungen an einen hinreichend substantiierten Vortrag.

37
aa) Das Recht auf körperliche Unversehrtheit aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG schützt den Einzelnen nicht nur als subjektives Abwehrrecht
gegen staatliche Eingriffe. Es enthält auch die staatliche Pflicht, sich schützend und fördernd vor die in ihm genannten Rechtsgüter
Leben und körperliche Unversehrtheit zu stellen und sie vor rechtswidrigen Eingriffen von Seiten anderer zu bewahren. Die
sich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG ergebende Schutzpflicht erfordert auch Maßnahmen zum Schutz vor gesundheitsschädigenden und
gesundheitsgefährdenden Auswirkungen von Fluglärm (vgl. BVerfGE 56, 54 ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten
Senats vom 20. Februar 2008 – 1 BvR 2722/06 -, NVwZ 2008, S. 780 ; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29.
Juli 2009 – 1 BvR 1606/08 -, NVwZ 2009, S. 1494 ; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 15. Oktober 2009 – 1
BvR 3474/08 -, NVwZ 2009, S. 1489 ; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 15. Oktober 2009 – 1 BvR 3522/08 -,
juris, Rn. 26). Dass auch eine auf Grundrechtsgefährdungen bezogene Risikovorsorge von der Schutzpflicht der staatlichen Organe
umfasst werden kann, ist in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts bereits mehrfach zum Ausdruck gekommen (vgl.
BVerfGE 49, 89 ; 53, 30 ; 56, 54 ). Die verfassungsrechtliche Schutzpflicht kann eine solche Ausgestaltung
der rechtlichen Regelungen gebieten, die auch die Gefahr von Grundrechtsverletzungen eindämmt; ob, wann und mit welchem Inhalt
eine solche Ausgestaltung von Verfassungs wegen geboten ist, hängt von der Art, der Nähe und dem Ausmaß möglicher Gefahren,
der Art und dem Rang des verfassungsrechtlich geschützten Rechtsguts sowie von den schon vorhandenen Regelungen ab (vgl. BVerfGE
49, 89 ; 56, 54 ). Dabei ist zu beachten, dass Grundrechtsschutz nach Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG auch durch die
Gestaltung von Verfahren zu bewirken ist; die Grundrechte beeinflussen demgemäß nicht nur das gesamte materielle Recht, sondern
auch das Verfahrensrecht, soweit dies für einen effektiven Grundrechtsschutz Bedeutung hat (vgl. BVerfGE 53, 30 ;
84, 34 ; 113, 29 ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 15. Oktober 2009 – 1 BvR 3474/08 -, NVwZ
2009, S. 1489 ; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 15. Oktober 2009 – 1 BvR 3522/08 -, juris, Rn. 26).

38
Grundsätzlich kommt dem Gesetzgeber bei der Erfüllung von Schutzpflichten ein weiter Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum
zu, der auch Raum lässt, etwa konkurrierende öffentliche und private Interessen zu berücksichtigen (vgl. zum Nichtraucherschutz:
BVerfGE 121, 317 ; zu Mobilfunksendeanlagen: BVerfGK 10, 208 ). Die Entscheidung, welche Maßnahmen geboten sind,
kann vom Bundesverfassungsgericht deshalb nur begrenzt nachgeprüft werden. Es kann hier erst dann eingreifen, wenn der Gesetzgeber
die Schutzpflicht evident verletzt hat. Nur unter besonderen Umständen kann sich diese Ge-staltungsfreiheit in der Weise verengen,
dass allein durch eine bestimmte Maßnahme der Schutzpflicht Genüge getan werden kann (vgl. BVerfGE 56, 54 ; 77, 170
; 79, 174 ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 20. Februar 2008 – 1 BvR 2722/06 -, NVwZ 2008,
S. 780 ). Darüber hinaus hat der Gesetzgeber das Untermaßverbot zu beachten. Die Vorkehrungen des Gesetzgebers müssen
für einen – unter Berücksichtigung entgegenstehender Rechtsgüter – angemessenen und wirksamen Schutz ausreichend sein und
zudem auf sorgfältigen Tatsachenermittlungen und vertretbaren Einschätzungen beruhen. Die Verfassung gibt den Schutz als Ziel
vor, nicht jedoch seine Ausgestaltung im Einzelnen. Das Bundesverfassungsgericht prüft, ob der Gesetzgeber seinen Einschätzungsspielraum
vertretbar gehandhabt hat (vgl. BVerfGE 88, 203 ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 29. Juli
2009 – 1 BvR 1606/08 -, NVwZ 2009, S. 1494 ; Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 15. Oktober 2009 – 1 BvR
3522/08 -, juris, Rn. 27). Die verfassungsrechtliche Schutzpflicht gebietet nicht, alle nur denkbaren Schutzmaßnahmen zu treffen.
Deren Verletzung kann vielmehr nur festgestellt werden, wenn die öffentliche Gewalt Schutzvorkehrungen überhaupt nicht getroffen
hat oder die getroffenen Maßnahmen gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das gebotene Schutzziel zu erreichen
oder erheblich dahinter zurückbleiben. Es ist in erster Linie Aufgabe des Normgebers, den Erkenntnisfortschritt der Wissenschaft
mit geeigneten Mitteln nach allen Seiten zu beobachten und zu bewerten, um gegebenenfalls weitergehende Schutzmaßnahmen treffen
zu können. Eine Verletzung seiner Nachbesserungspflicht kann gerichtlich erst festgestellt werden, wenn evident ist, dass
eine ursprünglich rechtmäßige Regelung zum Schutz der Gesundheit aufgrund neuer Erkenntnisse oder einer veränderten Situation
untragbar geworden ist (vgl. BVerfGK 10, 208 m. w. N.).

39
bb) Aus den dargestellten spezifischen Anforderungen an die Feststellung einer gesetzgeberischen Schutzpflichtverletzung folgen
in Verbindung mit den aufgezeigten Maßstäben für die ordnungsgemäße Begründung einer Verfassungsbeschwerde entsprechende Darlegungslasten
der Beschwerdeführer. Sie müssen schlüssig dartun, dass staatliche Schutzvorkehrungen nach Lage der Dinge geboten sind und
von der öffentlichen Gewalt entweder überhaupt nicht getroffen worden sind oder dass die getroffenen Regelungen und Maßnahmen
offensichtlich gänzlich ungeeignet oder völlig unzulänglich sind, das Schutzziel zu erreichen (vgl. BVerfG, Beschluss der
2. Kammer des Zweiten Senats vom 18. Februar 2010 – 2 BvR 2502/08 -, NVwZ 2010, S. 702 ). Eine mögliche Grundrechtsverletzung
der Beschwerdeführer geht aus dem danach gebotenen Vortrag regelmäßig nur dann hervor, wenn sich dieser nicht in pauschalen
Behauptungen und punktuell herausgegriffenen, angeblichen Unzulänglichkeiten der Rechtslage erschöpft. Erforderlich ist vielmehr,
das Regelungskonzept des Gesetzgebers zu einem bestimmten Punkt insgesamt zu erfassen, wozu – je nach Fallgestaltung – zumindest
gehört, dass die einschlägigen Regelungen des als unzureichend beanstandeten Normkomplexes jedenfalls in Grundzügen dargestellt,
die Verwaltungspraxis hierzu wiedergegeben und die einschlägige fachgerichtliche Rechtsprechung aufgearbeitet wird. In einem
zweiten Schritt bedarf es dann der Darstellung, ob und gegebenenfalls welche Schutzmaßnahmen zu Gunsten der Beschwerdeführer
in ihrer jeweiligen Situation unternommen wurden, und aus welchen konkreten Gründen – aus Sicht der Beschwerdeführer – vom
Versagen der gesetzgeberischen Konzeption auszugehen ist. Dazu gehört auch die Darlegung, weshalb Verbesserungen auf das für
notwendig erachtete Maß durch die Einleitung von Verwaltungs- und gegebenenfalls gerichtlichen Verfahren nicht erreicht werden
können.

40
cc) Diesen Anforderungen wird der Vortrag der Beschwerdeführer zur Verletzung staatlicher Schutzpflichten bei Regelung der
Fluglärmproblematik in keiner Weise gerecht. Die pauschal gerügte Schutzpflichtverletzung ist nicht zu erkennen.

41
Hierzu wäre erforderlich gewesen, dass die Beschwerdeführer das Regelungssystem des Luftverkehrsrechts insgesamt jedenfalls
in seinen Grundzügen darstellen und vor dem Hintergrund der hierzu ergangenen Rechtsprechung der Fachgerichte – insbesondere
des Bundesverwaltungsgerichts – substantiiert aufzeigen, dass es evident nicht geeignet ist, ausreichenden Schutz gegen schädlichen
Fluglärm zu gewährleisten. Der Schutz der Bevölkerung vor Fluglärm wird nämlich keineswegs allein durch das Fluglärmschutzgesetz
bewirkt. Dieses beschränkt sich – wie ausgeführt – lediglich auf den Aspekt des passiven Schallschutzes, während sich insbesondere
der aktive Schallschutz nach dem Luftverkehrsgesetz richtet. So bestimmt § 29b Abs. 1 Satz 1 LuftVG, dass Flugplatzunternehmer,
Luftfahrzeughalter und Luftfahrzeugführer verpflichtet sind, beim Betrieb von Luftfahrzeugen in der Luft und am Boden vermeidbare
Geräusche zu verhindern und die Ausbreitung unvermeidbarer Geräusche auf ein Mindestmaß zu beschränken, wenn dies erforderlich
ist, um die Bevölkerung vor Gefahren, erheblichen Nachteilen und erheblichen Belästigungen durch Lärm zu schützen. Nach §
29b Abs. 1 Satz 2 LuftVG ist auf die Nachtruhe der Bevölkerung in besonderem Maße Rücksicht zu nehmen. § 9 Abs. 2 LuftVG eröffnet
im Rahmen von luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsverfahren die Möglichkeit, Schutzauflagen zu Gunsten der benachbarten
Grundstücke zu verfügen. Nach § 6 Abs. 1 Satz 4 LuftVG können auch außerhalb von Planfeststellungsverfahren im Rahmen der
luftverkehrsrechtlichen Genehmigung – beispielsweise für militärisch genutzte Flugplätze – Auflagen verfügt werden. Nach den
allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Vorschriften ist zudem die Verfügung nachträglicher Schutzauflagen oder auch
der (Teil-)Widerruf erteilter Genehmigungen oder Planfeststellungsbeschlüsse grundsätzlich möglich (vgl. dazu BVerwG, Beschluss
vom 26. Februar 2004 – BVerwG 4 B 95.03 -, NVwZ 2004, S. 869 ). Schließlich besteht generell die Möglichkeit, sich auch
unmittelbar gegen die konkrete Festlegung von Flugrouten, die maßgeblich für die Lärmbelastung der Anwohner sein kann, gerichtlich
zur Wehr zu setzen (vgl. dazu insbesondere BVerwG, Urteil vom 28. Juni 2000 – BVerwG 11 C 13.99 -, BVerwGE 111, 276 ).

42
Zu all diesen Möglichkeiten und ihren Umsetzungen im Hinblick auf die konkreten Betroffenheiten der Beschwerdeführer, beispielsweise
in Form von Betriebsbeschränkungen an den Flugplätzen, deren Anrainer die Beschwerdeführer sind, verhält sich ihr Vortrag
an keiner Stelle. Die individuelle Genehmigungssituation an den einzelnen Flugplätzen lässt die Verfassungsbeschwerde vielmehr
ebenso im Unklaren wie die allgemeine Gestattungspraxis und die in der Rechtsprechung formulierten Anforderungen an den Fluglärmschutz.
Daran ändert auch das punktuelle Eingehen auf die Genehmigungssituation einzelner Flughäfen in Deutschland und auf hierzu
ergangene Gerichtsentscheidungen nichts.

43
d) Schließlich ist die Rüge, der Gesetzgeber habe trotz der Grundrechtsrelevanz der Fluglärmbelastung Wesentliches ungeregelt
gelassen, indem er keine verbindlichen Grenzwerte festgeschrieben habe, ebenfalls nicht hinreichend substantiiert.

44
In diesem Zusammenhang berücksichtigen die Beschwerdeführer die Verschränkungen zwischen Luftverkehrsgesetz und Fluglärmschutzgesetz
nicht und setzen sich mit den sich daraus ergebenden Konsequenzen für luftverkehrsrechtliche Planungs- oder Genehmigungsverfahren
nicht auseinander. Das gilt insbesondere für die neue Vorschrift des § 8 Abs. 1 Satz 3 LuftVG, der die Beachtung der Grenzwerte
des § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG im Rahmen von luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsverfahren vorschreibt. Die einfachrechtliche
Bedeutung dieser Vorschrift, insbesondere als mögliche Beschreibung der fachplanerischen Zumutbarkeitsgrenze, und ihre etwaigen
Auswirkungen auf (künftige) Planfeststellungsverfahren werden von den Beschwerdeführern nicht dargestellt.

45
Die Beschwerdeführer mögen weitergehende Regelungen zum aktiven Schallschutz und die Benennung von konkreten Lärmgrenzwerten
auch in diesem Zusammenhang für wünschenswert halten. Die Möglichkeit eines verfassungsrechtlich erheblichen Unterlassens
des Gesetzgebers oder auch die Überlassung verfassungsrechtlich unzulässig weit gehender Entscheidungsspielräume der Exekutive
in dieser Frage lässt sich ihrem pauschal gehaltenen Vortrag nicht entnehmen. Angesichts der beschriebenen Anforderungen an
die Darlegung einer gesetzgeberischen Schutzpflichtverletzung hätte es hierzu einer Beschreibung der vom Gesetzgeber getroffenen
Maßnahmen und deren Umsetzung in der Praxis bedurft.

46
2. Im Übrigen ist die Verfassungsbeschwerde unabhängig von den vorstehenden Ausführungen deshalb insgesamt unzulässig, weil
sich ihr nicht entnehmen lässt, dass der aus § 90 Abs. 2 BVerfGG folgende Grundsatz der Subsidiarität eingehalten worden ist.

47
a) § 90 Abs. 2 Satz 1 BVerfGG bestimmt, dass der Rechtsweg vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde erschöpft werden muss. Das
setzt voraus, dass ein Rechtsweg gegeben ist. “Rechtsweg” in diesem Sinne ist jede gesetzlich normierte Möglichkeit der Anrufung
eines Gerichts (vgl. BVerfGE 67, 157 ). Wer behauptet, durch die Auswirkungen des Fluglärms in seinen Grundrechten verletzt
zu werden, ist grundsätzlich gehalten, vor einer Inanspruchnahme des Bundesverfassungsgerichts den Rechtsweg zu beschreiten.
Vor einer verfassungsgerichtlichen Entscheidung ist es erforderlich, dass die Fachgerichte die konkreten Umstände, insbesondere
das Ausmaß der Fluglärmbelastungen einschließlich der Grundstücksvorbelastungen, die zur Bekämpfung des Fluglärms getroffenen
oder möglichen Maßnahmen und auch dessen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit näher aufgeklärt und rechtlich beurteilt
haben (vgl. BVerfGE 56, 54 ).

48
Auch wenn es unmittelbar gegen Parlamentsgesetze keinen fachgerichtlichen Rechtsschutz gibt, folgt aus dem in § 90 Abs. 2
Satz 1 BVerfGG zum Ausdruck kommenden Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde weiterhin, dass der Beschwerdeführer
vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen ein Gesetz nach Möglichkeit die Fachgerichte mit seinem Anliegen befassen muss.
Er muss deshalb grundsätzlich den Vollzug des Gesetzes abwarten oder einen Vollzugsakt herbeiführen und hiergegen dann den
fachgerichtlichen Rechtsweg beschreiten (vgl. z.B. BVerfGE 74, 69 ). Das gilt unabhängig davon, ob das Gesetz einen
Auslegungs- oder Entscheidungsspielraum offen lässt oder ob ein solcher Spielraum fehlt (vgl. BVerfGE 58, 81 ; 72,
39 ). Damit soll neben einer Entlastung des Bundesverfassungsgerichts erreicht werden, dass das Bundesverfassungsgericht
nicht auf ungesicherter Tatsachen- und Rechtsgrundlage weitreichende Entscheidungen trifft (vgl. BVerfGE 79, 1 ; 97, 157
; 102, 197 ). Bei der Rechtsanwendung durch die sachnäheren Fachgerichte können – aufgrund besonderen Sachverstands
– für die verfassungsrechtliche Prüfung erhebliche Tatsachen zutage gefördert werden (vgl. BVerfGE 56, 54 ; 79, 1 ).
Nach Maßgabe der Voraussetzungen des Art. 100 Abs. 1 GG ist dabei von diesen zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen
Vorschriften gegebenenfalls eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts einzuholen (vgl. BVerfGE 58, 81 ; 72, 39
; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. August 2010 – 1 BvR 2393/08 u.a. -, ZFSH/SGB 2010, S. 591 ).

49
Die Pflicht zur Anrufung der Fachgerichte besteht ausnahmsweise dann nicht, wenn die angegriffene Regelung den Beschwerdeführer
zu Dispositionen zwingt, die später nicht mehr korrigiert werden können (vgl. BVerfGE 43, 291 ; 60, 360 ), oder
wenn die Anrufung der Fachgerichte dem Beschwerdeführer nicht zuzumuten ist, etwa weil das offensichtlich sinn- und aussichtslos
wäre (vgl. BVerfGE 55, 154 ; 65, 1 ; 102, 197 ). Dabei sind grundsätzlich auch diejenigen Rechtsbehelfe zu ergreifen,
deren Zulässigkeit in der bisherigen fachgerichtlichen Rechtsprechung nicht eindeutig geklärt ist (vgl. BVerfGE 70, 180 ).
Kann der mit dem Subsidiaritätsgrundsatz insbesondere verfolgte Zweck, eine fachgerichtliche Klärung der verfassungsrechtlich
relevanten Sach- und Rechtsfragen herbeizuführen, nicht erreicht werden, ist die vorherige Anrufung der Fachgerichte gleichfalls
entbehrlich (vgl. BVerfGE 65, 1 ; 79, 1 ; BVerfG, Beschluss der 3. Kammer des Ersten Senats vom 2. August 2010 – 1
BvR 2393/08 u.a. -, ZFSH/SGB 2010, S. 591 ).

50
b) Bei Anlegung dieser Maßstäbe, die auch im Falle der Rüge gesetzgeberischer Schutzpflichtverletzungen Geltung beanspruchen,
kann im Hinblick auf keine der in Betracht kommenden Zielrichtungen der Verfassungsbeschwerde von einer Wahrung des Subsidiaritätsgebots
ausgegangen werden.

51
aa) Soweit die Beschwerdeführer § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG in seinem unmittelbaren Anwendungsbereich angreifen, berücksichtigen
sie den Charakter des Fluglärmschutzgesetzes als Gesetz zur Regelung des passiven Schallschutzes und für Entschädigung nicht.
Das Gesetz vermittelt im Rahmen seines Anwendungsbereichs Ansprüche auf Erstattung von Aufwendungen für bauliche Schallschutzmaßnahmen
sowie Entschädigungen für Bauverbote und die Beeinträchtigung von Außenwohnbereichen, die gegenüber der zuständigen Behörde
gegebenenfalls im Verwaltungsrechtsweg geltend gemacht werden können. Es ist nicht ersichtlich, dass sich auch nur einer der
Beschwerdeführer mit einem darauf gerichteten Antrag an die zuständige Behörde gewandt und nach dessen Erfolglosigkeit den
Rechtsweg beschritten hätte. Dabei wäre ein solches Vorgehen selbst dann nicht von vornherein offensichtlich zum Scheitern
verurteilt, wenn – was sich hier nicht zuverlässig feststellen lässt – das betreffende Grundstück des jeweiligen Beschwerdeführers
nicht in einer der nach dem Fluglärmschutzgesetz einzurichtenden Schutzzonen liegt. In der rechtswissenschaftlichen Literatur
wird nämlich die Auffassung vertreten, dass die im Fluglärmschutzgesetz festgeschriebenen Grenzwerte lediglich Mindeststandards
des (auch) passiven Schallschutzes regelten, die nicht unterschritten werden dürften und über die hinausgegangen werden könne,
unter Umständen sogar müsse (vgl. Ekardt/Schmidtke, Die Reichweite des neuen Fluglärmrechts, in: DÖV 2009, S. 187 ff.). Zwar
ist der Hessische Verwaltungsgerichtshof in seiner Entscheidung zum Ausbau des Verkehrsflughafens Frankfurt/Main dieser Ansicht
ausdrücklich nicht gefolgt (vgl. Hess. VGH, Urteil vom 21. August 2009 – 11 C 227/08.T u.a. -, juris, Rn. 603). Das Bundesverwaltungsgericht
hat sich zu dieser Frage jedoch bislang – soweit ersichtlich – noch nicht geäußert. In einer Entscheidung im Zusammenhang
mit dem Ausbau des Verkehrsflughafens Berlin-Schönefeld hat es jedenfalls ausgeführt, keine Anhaltspunkte dafür zu sehen,
dass es der zuständigen Behörde bei Festsetzung der Lärmschutzbereiche verwehrt sei, die Lärmgrenzwerte zum Schutz bestimmter
Gruppen besonders schutzwürdiger Lärmbetroffener oder Einrichtungen zu unterschreiten (vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. September
2007 – BVerwG 4 A 1007.07 u.a. -, juris, Rn. 29). Damit erscheint diese Frage bislang nicht abschließend geklärt. Vielmehr
wäre die Geltendmachung von Rechtsschutz im fachgerichtlichen Verfahren, gerichtet auf die Erfüllung von Ansprüchen nach dem
Fluglärmschutzgesetz, auf der Grundlage der in der Literatur geäußerten Auffassung nicht von vornherein offensichtlich aussichtslos.

52
Den Beschwerdeführern wäre es daher zuzumuten gewesen, zunächst fachgerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch zu nehmen mit dem
Ziel, Ansprüche auf der Grundlage des Fluglärmschutzgesetzes durchzusetzen.

53
bb) Auch soweit die Beschwerdeführer weitergehend eine allgemeine gesetzgeberische Schutzpflichtverletzung im Hinblick auf
den Schutz vor Fluglärm, insbesondere die fehlende gesetzliche Verhinderung von Fluglärmeinwirkungen in bestimmter Pegelhöhe,
rügen, ist die Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des Subsidiaritätsgrundsatzes unzulässig.

54
Zwar sind die Anwohner eines auf der Grundlage eines Planfeststellungsbeschlusses angelegten Flughafens unter den in § 9 Abs.
3 LuftVG bezeichneten Voraussetzungen mit Beseitigungs- oder Änderungsansprüchen gegenüber festgestellten Anlagen ausgeschlossen.
Diese Duldungspflicht hat nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts indes gegebenenfalls zurückzutreten, wenn
die mit dem Anlagenbetrieb verbundenen Fluglärmimmissionen ein Ausmaß erreichen, durch das der Gewährleistungsgehalt des Art.
2 Abs. 2 Satz 1 oder des Art. 14 Abs. 1 GG angetastet wird. Den staatlichen Organen obliegt die Verpflichtung, sich schützend
und fördernd vor Rechtsgüter zu stellen, die Verfassungsrang genießen. Sie dürfen nicht an der Entstehung oder Aufrechterhaltung
verfassungswidriger Umstände mitwirken. Eine Möglichkeit, Rechtsschutz gegenüber dem von einem bestandskräftig planfestgestellten
Flugplatz ausgehenden Fluglärm zu erlangen, ist der (Teil-)Widerruf des Planfeststellungsbeschlusses. Hiervon darf unter Berücksichtigung
der Rechte der Flugplatzbetreiber allerdings nur dann Gebrauch gemacht werden, wenn sich der Grundrechtsverstoß nicht unter
Einsatz schonenderer Mittel beseitigen lässt. Als weniger belastender Eingriff kommen nachträgliche Lärmschutzauflagen in
Anwendung des § 75 Abs. 2 Satz 2 VwVfG in Betracht. Erst wenn Lärmschutzvorkehrungen auf Grundlage dieser Vorschrift nicht
ausreichen, um dem aus der Verfassung ableitbaren Schutzanspruch gerecht zu werden, darf sich die Luftfahrtbehörde des (Teil-)Widerrufs
als letzten Mittels bedienen (zum Ganzen vgl. BVerwG, Beschluss vom 26. Februar 2004 – BVerwG 4 B 95.03 -, NVwZ 2004, S. 869
).

55
Unabhängig von der Frage der Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens dürfen Flugplätze nach § 6 LuftVG nur mit einer
luftverkehrsrechtlichen Genehmigung angelegt werden. Das gilt grundsätzlich auch für Militärflugplätze, die nach § 30 Abs.
1 Satz 2 LuftVG nicht der Planfeststellungspflicht unterliegen (vgl. BVerwG, Urteil vom 3. Mai 1988 – BVerwG 4 C 11.85 und
12.85 -, NVwZ 1988, S. 1122 ). Eine Abweichung hiervon ist nach § 30 Abs. 1 Satz 1 LuftVG nur zulässig, soweit dies
zur Erfüllung der besonderen Aufgaben der Bundeswehr unter Berücksichtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung erforderlich
ist. Auch in diesen Fällen besteht für Anwohner die Möglichkeit, nachträgliche Modifikationen der Genehmigung zur Verbesserung
des Lärmschutzes zu erlangen (vgl. Schiller, in: Grabherr/Reidt/Wysk, Luftverkehrsgesetz, Stand: September 2009, § 6 Rn. 512).
Letzteres kann insbesondere im Wege des (Teil-)Widerrufs der Genehmigung oder in Vollzug eines in der Genehmigung festgeschriebenen
Auflagenvorbehalts erfolgen.

56
Es ist weder vorgetragen noch sonst ersichtlich, dass die Beschwerdeführer eine der dargestellten Möglichkeiten, Rechtsschutz
gegen die Fluglärmbelastung im Hinblick auf die von ihnen als unerträglich empfundene Situation zu erlangen, wahrgenommen
hätten – beispielsweise durch Klagen auf (Teil-)Widerruf eines luftverkehrsrechtlichen Planfeststellungsbeschlusses, einer
luftverkehrsrechtlichen Genehmigung oder auf Verfügung nachträglicher Schutzmaßnahmen. Andererseits gibt es keine Anhaltspunkte
dafür, dass ihnen die verschiedenen Varianten möglichen Rechtsschutzes von vornherein verschlossen gewesen wären. Die Beschwerdeführer
tragen zur konkreten Gestattungssituation an den jeweiligen Flugplätzen nichts vor. Damit lässt sich nicht feststellen, ob
ihr Ziel, die Festlegung geringerer Grenzwerte für ihre Grundstücke zu erreichen, als sie das Fluglärmschutzgesetz – allerdings
ausschließlich für den passiven Schallschutz – vorsieht, nicht mittels fachgerichtlichen Rechtsschutzes zu erlangen gewesen
wäre oder immer noch ist.

57
Dem steht nicht entgegen, dass in der Fluglärmentscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahre 1981 jedenfalls für
die Rüge, der Gesetzgeber habe eine Nachbesserung gesetzlicher Schutzpflichten unterlassen, die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde
angenommen wurde (vgl. BVerfGE 56, 54 ). Die Entscheidung verhält sich schon nicht ausdrücklich dazu, ob die entsprechende
Rüge tatsächlich zulässig erhoben war, sondern unterstellt insoweit lediglich die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde.

58
Die vorliegende Verfassungsbeschwerde ist, unabhängig hiervon, jedoch auch nicht unter dem Aspekt der Verletzung gesetzgeberischer
Schutzpflichten zulässig. Zwar ist gegen die Verletzung gesetzgeberischer Schutzpflichten fachgerichtlicher Rechtsschutz nur
schwer vorstellbar, weil dies voraussetzte, dass die jeweils angerufenen Fachgerichte gewissermaßen als Ersatzgesetzgeber
tätig würden. Andererseits wird sich eine Lücke in der gesetzgeberischen Konzeption zur Regelung einer bestimmten Problematik
regelmäßig nur dann zuverlässig feststellen lassen, wenn zuvor die Fachgerichte den zugrunde liegenden Sachverhalt und die
einfachrechtliche Rechtslage auch unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher Vorgaben umfassend aufgearbeitet haben. Nur
so wird auch in den Fällen behaupteten gesetzgeberischen Unterlassens vermieden, dass das Bundesverfassungsgericht auf tatsächlich
und einfachrechtlich ungeklärter Basis entscheiden muss. Das gilt jedenfalls in solchen Fällen, in denen – wie hier – vielfältige
konkrete Möglichkeiten bestehen, gerichtlichen Rechtsschutz gegen die zunehmende Fluglärmbelastung zu erlangen.

59
Entsprechendes gilt, soweit die Verfassungsbeschwerde darauf zielt, den Gesetzgeber zu verpflichten, generell dafür Sorge
zu tragen, dass niedrigere als die dem § 2 Abs. 2 Satz 2 FluglSchG zugrunde liegenden Lärmgrenzwerte auf die Gründstücke der
Beschwerdeführer einwirken. Auch diesbezüglich lässt sich erst nach Durchführung eines fachgerichtlichen Verfahrens beurteilen,
ob der Gesetzgeber seinen Schutzpflichten tatsächlich nicht nachgekommen ist. Erst dann steht fest, welche Lärmbelastung den
Beschwerdeführern – unter Berücksichtigung gegebenenfalls nachträglich angeordneter Schutzmaßnahmen – tatsächlich zugemutet
wird.

60
Deshalb kommt auch eine Vorabentscheidung nach § 90 Abs. 2 Satz 2 BVerfGG nicht in Betracht, da die Tatsachengrundlage in
Bezug auf die verschiedenen Beschwerdeführer nicht geklärt ist und es keine Anhaltspunkte dafür gibt, dass ihnen eine Verweisung
auf den Rechtsweg nicht zugemutet werden könnte.

61
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.


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