Steuerrecht

Anordnung auf Durchführung einer Baukontrolle gegen Grundstückseigentümer

Aktenzeichen  W 5 K 19.490

Datum:
10.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 25097
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 43 Abs. 1 Alt. 2
BayVwVfG Art. 37 Abs. 3, Art. 43, Art. 44
BayBO Art. 54 Abs. 2 S. 4, Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 lit. c

 

Leitsatz

Richtiger Adressat einer bauordnungsrechtlichen Betretensanordnung nach Art. 54 Abs. 2 Satz 4 BayBO ist der Inhaber der tatsächlichen Gewalt und damit des Hausrechts an dem Objekt. Hierzu gehört grundsätzlich der Eigentümer. Der Eigentümer muss eine behauptete Verpachtung nachweisen und darlegen, dass er trotz seiner Eigentümerstellung nicht mehr Inhaber der tatsächlichen Gewalt ist; dies umso mehr, als sich der Eigentümer durch eine Verpachtung nicht jeglicher tatsächlicher Gewalt begibt – er wird dadurch zum mittelbaren Besitzer und behält in der Regel Schlüssel für das Objekt.  (Rn. 39) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben die Kosten des Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Trotz Ausbleiben der Kläger in der mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 102 Abs. 2 VwGO auch ohne sie verhandelt und entschieden werden. Denn die Kläger waren gemäß § 102 Abs. 1 VwGO ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen worden.
Der Hinweis der Geschäftsstelle auf die Verpflichtung, im öffentlich zugänglichen Bereich des Gerichtsgebäudes eine Mund-Nase-Bedeckung zu tragen, steht dem nicht entgegen. Diese Regelung, gegen die sich die Kläger im Vorfeld der mündlichen Verhandlung ausgesprochen haben, beruht auf dem Hausrecht des Gerichtspräsidenten. Dieses ist gewohnheitsrechtliche Rechtsgrundlage für alle Maßnahmen im Gerichtsgebäude, die außerhalb der Sitzungsgewalt erfolgen. Das Hausrecht befugt den Gerichtspräsidenten dazu, zum Zwecke der Gewährleistung eines ordnungsgemäßen Dienstbetriebs Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung im Gerichtsgebäude zu ergreifen (vgl. BVerfG, B.v. 14.3.2012 – 2 BvR 2405/11 – juris Rn. 24; BVerwG, B.v. 17.5.2011 – 7 B 17.11 – juris Rn. 8).
2. Des Weiteren konnte die Kammer trotz des schriftsätzlichen Antrags der Kläger vom 9. September 2020 auf Ablehnung wegen Befangenheit abschließend durch Urteil entscheiden.
Denn das Ablehnungsgesuch der Kläger (§ 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 42 Abs. 1 ZPO) wurde durch unanfechtbaren Beschluss in der mündlichen Verhandlung am 10. September 2020, abweichend von § 54 Abs. 1 VwGO i.V.m. § 45 Abs. 1 ZPO in der nach dem Geschäftsverteilungsplan vorgesehenen Besetzung der Kammer unter Mitwirkung der abgelehnten Richter, als rechtsmissbräuchlich und daher offensichtlich unzulässig abgelehnt.
Als rechtsmissbräuchlich ist das Ablehnungsgesuch dann zu qualifizieren, wenn alle Richter eines Spruchkörpers oder des Gerichts abgelehnt werden, das Gesuch nur mit solchen Umständen begründet wird, die eine Befangenheit unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtfertigen können, oder wenn gegen den Richter unqualifizierte Angriffe wegen seiner angeblich rechtsstaatswidrigen Rechtsfindung erhoben werden.
Vorliegend haben die Kläger ihr im Wesentlichen auf eine angebliche „Ausübung einer verbotenen Sondergerichtsbarkeit“ gestütztes Ablehnungsgesuch nicht gegen einen einzelnen Richter, sondern gegen alle zur Entscheidung berufenen Richter der 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Würzburg gerichtet. Da mithin keine individuellen Gründe für die Ablehnung der einzelnen Richter geltend gemacht wurden und auch nicht eine Kollegialentscheidung den Grund für die Ablehnung darstellt, ergibt sich bereits hieraus eine Rechtsmissbräuchlichkeit. Offensichtlich rechtsmissbräuchlich ist aber auch die Begründung der Ablehnung wegen der Aufforderung an das Gericht, den Mitarbeitern des Landratsamts aufzugeben, sich in der mündlichen Verhandlung auszuweisen. Das Gericht hat den Klägern vor dem Termin der mündlichen Verhandlung mit Schreiben vom 9. September 2020 mitgeteilt, dass es in der Entscheidung des Vorsitzenden liegt, die Verfahrensbeteiligten zur Vorlage von Ausweisen aufzufordern. Die Kläger gehen daher fehl, wenn sie die Befangenheit der Richter mit einer angeblich ablehnenden Entscheidung begründen. Die weitere Begründung, das von den Klägern angerufene Gericht „sei nicht zuständig“, „übe eine Sondergerichtsbarkeit aus“ und die Richter würden einen „Richtereidbruch“ begehen, wenn sie entscheiden würden, stellt einen offensichtlich unqualifizierten Angriff gegen die Richter wegen ihrer angeblich rechtsstaatswidrigen Rechtsfindung dar. Insofern verhalten sich die Kläger zudem widersprüchlich, was auch ihr Rechtsschutzbedürfnis in Frage stellt. Denn die Kläger haben einerseits das erkennende Gericht um Rechtsschutz ersucht, andererseits dem Gericht die Legitimität abgesprochen, indem generell die Zuständigkeit des Gerichts verneint wird, eine Verhandlung zu führen, die „FreiBürger des souveränen Religionsstaats L …“ betrifft. Insofern verhält sich eklatant widersprüchlich, wer ein Gericht anruft, das er nicht anerkennt. Rechtsschutz durch die Justiz kann nur auf Basis des Grundgesetzes und im Rahmen der geltenden Gesetze der Bundesrepublik Deutschland und ihrer Länder erlangt werden (VG Köln, U.v. 10.5.2019 – 6 K 693/17 – juris Rn. 37 f. m.w.N.).
Darüber hinaus haben die Kläger keine objektiven Gründe dargelegt oder glaubhaft gemacht, die wenigstens im Ansatz geeignet wären, die Unparteilichkeit der abgelehnten Richter zu rechtfertigen.
3. Das Klagebegehren der Kläger ergibt sich auf der Grundlage des § 88 VwGO allein aus ihrem schriftsätzlichen Vorbringen, da sie aufgrund ihrer Abwesenheit in der mündlichen Verhandlung hierzu keine Stellung genommen haben.
3.1. Soweit die Kläger im Klageschriftsatz die Feststellung der Nichtigkeit des streitgegenständlichen Bescheids des Landratsamts W. vom 29. März 2019 nach Art. 43 Abs. 3 und Art. 44 Abs. 1 und Abs. 2 Nrn. 2, 4, 5 und 6 BayVwVfG beantragen, handelt es sich um eine Nichtigkeitsfeststellungsklage nach § 43 Abs. 1 Alt. 2 VwGO. Der Subsidiaritätsgrundsatz nach § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO gilt nicht, wenn die Feststellung der Nichtigkeit eines Verwaltungsakts begehrt wird, § 43 Abs. 2 Satz 2 VwGO. Das Vorliegen des Feststellungsinteresses ist bei der Nichtigkeitsfeststellungsklage durch den Streit um die Nichtigkeit des Verwaltungsakts indiziert (Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 43 Rn. 38). Die Einhaltung einer Klagefrist ist nicht Voraussetzung (Eyermann, a.a.O., Rn. 26).
Erhebliche Bedenken bestehen jedoch an der Zulässigkeit der Klage unter dem Gesichtspunkt des Rechtsschutzinteresses. Die Kläger stellen – wie bereits dargelegt – die Zuständigkeit des Verwaltungsgerichts Würzburg für Angelegenheiten der „FreiBürger des souveränen Religionsstaats L …“ grundsätzlich in Frage und legen damit ein widersprüchliches Verhalten an den Tag, indem sie dieses Gericht um Rechtsschutz anrufen. Das Verwaltungsgericht Köln führt hierzu in einem ähnlichen Fall umfassend und u.a. mit Verweis auf bereits im römischen Recht entwickelte Grundsätze (wie das Verbot widersprüchlichen Verhaltens: „venire contra factum proprium nemini licet“; vgl. Ulpian, Dig., 1, 7, 25 pr.) zutreffend aus: „Wer die gesamte Rechtsordnung der Bundesrepublik und damit die Existenz bzw. Legitimation der von ihm angerufenen Justiz in Zweifel zieht, verhält sich widersprüchlich und verletzt seine Pflicht zu redlicher Prozessführung nach Treu und Glauben. Eine Rechtsordnung, die sich ernst nimmt, darf die Missachtung ihrer selbst nicht ignorieren oder gar fördern. Sie schafft sonst Anreize zur Rechtsverletzung, diskriminiert rechtstreues Verhalten und untergräbt dadurch die Voraussetzungen ihrer eigenen Wirksamkeit […]“ (VG Köln, U.v. 10.5.2019 – 6 K 693/17 – juris Rn. 37).
Letztlich bedarf es hierüber aber keiner abschließenden Entscheidung und kann dahinstehen, da die Klage unabhängig davon unter keinem Gesichtspunkt Erfolg haben kann.
3.2. Die Klage ist nämlich jedenfalls unbegründet.
Aus der Systematik der Art. 43 bis Art. 52 BayVwVfG folgt, dass Rechtsverstöße eines Verwaltungsaktes zwar zur Rechtswidrigkeit führen, seine Wirksamkeit aber grundsätzlich unberührt lassen. Erst wenn der Verstoß nach den Regelungen des Art. 44 BayVwVfG zur Nichtigkeit führt, entfällt nach Art. 43 Abs. 3 BayVwVfG die Wirksamkeit und zwar von Anfang an (Kopp/Ramsauer, VwVfG, 21. Aufl. 2020, § 44 Rn. 3).
Art. 44 BayVwVfG trifft in seinem Absatz 2 zunächst für spezielle Fallgestaltungen eine Regelung, nach der die dort genannten Rechtsverstöße unabhängig von den Voraussetzungen des Absatz 1 zur Nichtigkeit führen. Liegen die Voraussetzungen des Art. 44 Abs. 2 BayVwVfG nicht vor, so sind die Voraussetzungen des Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG zu prüfen. Hiernach ist ein Verwaltungsakt nichtig, soweit er an einem besonders schwerwiegenden Fehler leidet und dies bei verständiger Würdigung aller in Betracht kommenden Umstände offenkundig ist. Auch diese Voraussetzungen sind im vorliegenden Fall nicht gegeben.
Der streitgegenständliche Bescheid ist nicht deshalb nichtig, weil er nicht ordnungsgemäß unterschrieben ist. Nach Art. 44 Abs. 2 Nr. 1 BayVwVfG ist ein Verwaltungsakt, der schriftlich erlassen worden ist, dann nichtig, wenn er die erlassende Behörde nicht erkennen lässt. Aus dem Umkehrschluss hieraus ergibt sich, dass ein Verwaltungsakt nicht schon deshalb nichtig sein kann, weil die Unterschrift oder die Namenswiedergabe auf dem Schriftstück fehlt (Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 8. Aufl. 2014, § 37 Rn. 106 m.w.N. und § 44 Rn. 135). Auch im Übrigen ist kein Verstoß gegen Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG zu erkennen, der einen besonders schwerwiegenden Fehler im Sinne des Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG begründen könnte. Nach Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG muss ein schriftlicher Verwaltungsakt die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Als Unterschrift im Sinne des Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG wird in der Regel die eigenhändige Namens-Unterschrift verstanden, die sich in einem individuellen Schriftzug verkörpert. Auf der Grundlage von Art. 37 Abs. 3 BayVwVfG sind die für das Zivil- und Prozessrecht entwickelten Unterschriftsanforderungen nicht auf die Unterschriftsanforderungen im Rahmen der Unterzeichnung von Bescheiden zu übertragen. Dies ergibt sich daraus, dass Art. 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG anstelle der Unterschrift auch die Namenswiedergabe zulässt. Schriftzug und Behördenangabe geben genügend Anhaltspunkte, um den Unterzeichner zu identifizieren, auch wenn keine einzelnen Buchstaben in der Unterschrift erkennbar sind. Dies setzt lediglich eine Individualität des Schriftzuges voraus, die es ausschließt, dass er einem anderen Bediensteten zugerechnet wird (Stelkens, a.a.O., § 37 Rn. 101 m.w.N.). Im vorliegenden Fall erfüllt die Unterschrift unter dem angefochtenen Bescheid diese Voraussetzung.
Der Bescheid vom 29. März 2019 verlangt von den Klägern des Weiteren nicht die Begehung einer rechtswidrigen Tat im Sinne des Art. 44 Abs. 2 Nr. 5 BayVwVfG, soweit ein Hausfriedensbruch im Raum steht. Das Vorbringen der Kläger, das Hausrecht liege nicht bei ihnen, sondern der „F … R … L …“, an die das Baugrundstück für 99 Jahre verpachtet ist und deren Rechte im Umsetzung des Bescheids verletzt werden, führt zu keinem anderen Ergebnis. Unabhängig davon, dass schon eine Verpachtung an die „F … R … “, deren Eigenschaft als geschäftsfähiges Rechtssubjekt nicht dargetan ist und auch sonst nicht erkennbar ist, wohl schon nicht möglich ist, wurde die Behauptung der Kläger nicht durch nachvollziehbare Nachweise belegt. Die Kläger legen diesbezüglich lediglich eine schriftliche Erklärung vom 28. April 2019 vor, in der sie selbst erklären, dass das Flurstück Nr. …21 der Gemarkung E … für 99 Jahre an die F … R … L … verpachtet sei (vgl. Anlage 2 zum Schriftsatz der Kläger vom 28.4.2019). Darüber hinaus ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen falschen Adressaten richtet, von vornherein nicht nichtig, sondern allenfalls rechtswidrig, da zumindest eine „Offensichtlichkeit“ des Fehlers im Sinne des Art. 44 Abs. 1 BayVwVfG nicht erkannt werden kann.
Schließlich liegt auch kein Verstoß gegen die guten Sitten nach Art. 44 Abs. 2 Nr. 6 BayVwVfG vor. Eine Verletzung der Religionsfreiheit gemäß Art. 4 Abs. 1 GG ist nicht gegeben, da mit dem streitgegenständlichen Bescheid gegen die Pflicht des Staates zu weltanschaulich-religiöser Neutralität in keinster Weise verstoßen wird. Auch im Übrigen enthält der Bescheid keine beleidigenden oder entwürdigenden Inhalte. Soweit in den Gründen des Bescheids die Anwesenheit von Polizeibeamten am 7. November 2018 und die Übergabe eines Schreibens vom 5. Februar 2019 einschließlich eines Haus- und Grundstücksverbots geschildert werden, handelt es sich ausschließlich um eine Wiedergabe des tatsächlichen Ablaufs, der auch in der Behördenakte so dokumentiert ist (vgl. Bl. 74 und 98 ff.). Es ist nicht ersichtlich, dass damit die Kläger bewusst herabgewürdigt werden sollen und können.
Weitere Argumente für eine Nichtigkeit des Bescheids haben die Kläger nicht vorgetragen; sie sind auch anderweitig nicht ersichtlich, so dass die Klage auf Feststellung der Nichtigkeit des Bescheids keinen Erfolg hat.
4. Da die Kläger aufgrund ihrer Abwesenheit in der mündlichen Verhandlung den Klageantrag, der ausdrücklich nur auf eine Feststellungsklage abzielt, nicht präzisiert haben, erscheint es fraglich, ob die Klage – auch hier unabhängig von der Frage des Rechtsschutzinteresses (vgl. oben unter 3.1.) – im Sinne des § 88 VwGO zudem als Anfechtungsklage bzw., soweit durch Ablauf des im Bescheid genannten Termins „Dienstag, 30.04.2019“ Erledigung eingetreten ist, als Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog interpretiert werden kann. Dies kann im Ergebnis jedoch dahinstehen, da der streitgegenständliche Bescheid vollumfänglich rechtmäßig ist und die Kläger nicht in ihren Rechten verletzt (§§ 113 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO analog). Eine solche Klage ist daher jedenfalls unbegründet.
4.1. Rechtsgrundlage für die Anordnung in Ziffer 1 des Bescheids vom 29. März 2019 ist Art. 54 Abs. 2 Satz 4 BayBO, wonach die mit dem Vollzug der BayBO beauftragten Personen berechtigt sind, in Ausübung ihres Amtes Grundstücke und Anlagen einschließlich der Wohnungen zu betreten; das Grundrecht der Unverletzlichkeit der Wohnung (Art. 13 GG, Art. 106 Abs. 3 BV) wird insoweit eingeschränkt. Die Ausübung des Betretungsrechts setzt dabei voraus, dass für die Überprüfung des Areals ein hinreichender sachlicher Grund besteht und die Maßnahme im Übrigen geeignet, erforderlich und angemessen ist (vgl. Simon/Busse, BayBO, 136. EL Jan. 2020, Art. 54 Rn. 135).
Für die Anordnung des Landratsamts W. besteht ein hinreichender sachlicher Grund, da es um die Überprüfung der Einhaltung baurechtlicher Vorschriften geht. Das Landratsamt hat hierbei zu Recht geltend gemacht, dass aufgrund einer dritten, auf dem Grundstück der Kläger Fl.Nr. …21 errichteten baulichen Anlage die Frage der Verfahrensfreiheit nach Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO zu klären ist. Die genannte Vorschrift setzt voraus, dass es sich um ein freistehendes Gebäude ohne Feuerungsanlagen, das einem land- oder forstwirtschaftlichen Betrieb oder einem Betrieb der gartenbaulichen Erzeugung im Sinn der § 35 Abs. 1 Nrn. 1 und 2, § 201 BauGB dient, nur eingeschossig und nicht unterkellert ist, höchstens 100 m² Brutto-Grundfläche und höchstens 140 m² überdachte Fläche hat und nur zur Unterbringung von Sachen oder zum vorübergehenden Schutz von Tieren bestimmt ist. Mithin wird das Landratsamt als gemäß Art. 53 Abs. 1 und 54 Abs. 1 BayBO i.V.m. Art. 37 Abs. 1 Satz 2 LKrO zuständige Bauaufsichtsbehörde in Wahrnehmung seiner ihm nach Art. 54 Abs. 2 Satz 1 BayBO zugewiesenen Aufgaben der Überwachung der Einhaltung bauordnungsrechtlicher Vorschriften tätig.
Die Betretens- und Duldungsanordnung ist auch verhältnismäßig, d.h. geeignet, erforderlich und angemessen. Die Baukontrolle auf dem Grundstück der Kläger ist geeignet, um festzustellen, welche Maße die baulichen Anlagen auf dem Baugrundstück aufweisen, welchen Zwecken sie dienen und wie sie im Einzelnen ausgestaltet sind. Ein Betreten des Grundstücks ist dabei erforderlich, da eine mildere Maßnahme wie etwa die Auswertung von Bildmaterial und Luftbildern keine Aufklärung im gleichen Maße verspricht. Insbesondere zur Art der Nutzung und der Ausgestaltung der Hallen sowie ihrer Verbindung zueinander lassen sich aus der Ferne keine abschließenden Erkenntnisse erzielen, die eine eindeutige Aussage zum Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 57 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. c BayBO erlauben. Schließlich ist die Maßnahme auch angemessen, da in Rechte der Kläger nicht unverhältnismäßig eingegriffen wird.
Die Duldungsanordnung ist auch unter Berücksichtigung des Art. 13 GG und der Tatsache rechtmäßig, dass mit ihr das Betreten einer privat genutzten Hoffläche sowie von Scheunen durchgesetzt werden soll. Der Begriff der Wohnung im Sinne des Art. 13 Abs. 7 GG ist umfassend zu verstehen. Hierzu gehören auch Schuppen, Ställe und Scheunen sowie Freiflächen, die einer privaten Nutzung zugeordnet sind und bei denen ein Mindestmaß an räumlicher Abschottung gegeben ist, wie z.B. bei Hausgärten (vgl. Simon/ Busse, BayBO, 136. EL Jan. 2020, Art. 54 Rn. 139). Allerdings ist das Schutzbedürfnis bei diesen Flächen im Vergleich zu Wohnräumen gemindert (BVerwG, U.v. 21.2.1995 – 1 C 36/92 – juris = BauR 1997, 111; Simon/Busse, BayBO, 136. EL Jan. 2020, Art. 54 Rn. 139). Die hier gebotene Abwägung der rechtsstaatlichen Bedeutung der Unverletzlichkeit der Räumlichkeiten sowie von Freiflächen, die einer privaten Nutzung zugeordnet sind, mit dem Interesse des Staates an der Einhaltung der formellen und materiellen Anforderungen des Baurechts ergibt vorliegend, dass der mit dem Betreten des Grundstücks und der darauf befindlichen Anlagen verbundene Eingriff in die Rechte der Kläger weniger schwer wiegt als ein Absehen von der Überprüfung und Durchsetzung der Einhaltung der formellen und materiellen Anforderungen des Baurechts durch die Kläger. Die Einhaltung der formellen und materiellen Anforderungen des Baurechts stellt in der Regel ein wichtiges Rechtsgut dar, wie es die dringende Gefahr im Sinne des Art. 13 Abs. 7 GG voraussetzt. Eine dringende Gefahr im Sinne des Art. 13 Abs. 7 GG liegt vor, wenn eine Sachlage oder ein Verhalten ohne Einschreiten der Behörde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein wichtiges Rechtsgut schädigen würde (Simon/Busse, BayBO, 136. EL Jan. 2020, Art. 54 Rn. 138 m.w.N.).
Die Anordnung in Ziffer 1 des streitgegenständlichen Bescheids richtet sich auch gegen die richtigen Adressaten. Richtiger Adressat einer Betretensanordnung nach Art. 54 Abs. 2 Satz 4 BayBO ist der Inhaber der tatsächlichen Gewalt und damit des Hausrechts an dem Objekt. Hierzu gehört grundsätzlich der Eigentümer. Eine etwaige Verpachtung des Objekts – wie dies laut Klagevortrag der Fall sei – ist auszuschließen und wurde zudem nicht belegt (vgl. oben unter 3.2.). Die Kläger hätten einen Pachtvertrag vorlegen und dessen Inhalt etwa durch Vorlage von Nachweisen über geleistete Pachtzahlungen glaubhaft machen und somit selbst darlegen müssen, dass sie trotz ihrer Eigentümerstellung nicht mehr Inhaber der tatsächlichen Gewalt sind (BayVGH, B.v. 9.12.2015 – 1 ZB 14.1937 – juris); dies umso mehr, als sich der Eigentümer durch eine Verpachtung nicht jeglicher tatsächlicher Gewalt begibt – er wird dadurch zum mittelbaren Besitzer und behält in der Regel Schlüssel für das Objekt. Auch das Verhalten der Kläger im Verwaltungsverfahren, insbesondere des Klägers zu 1), der vor Ort als Inhaber des Hausrechts aufgetreten ist, stützt diese Einschätzung. Das Landratsamt konnte daher den Bescheid vom 29. März 2019 an die Kläger als Miteigentümer des Baugrundstücks adressieren.
4.2. Die Zwangsgeldandrohung (Ziffer 2) beruht auf Art. 36 i.V.m. Art. 29 ff. VwZVG und ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Auch insofern führt die Behauptung, das Objekt sei verpachtet, nicht zum Erfolg des Rechtsbehelfs. Selbst eine erforderliche Duldungsanordnung wäre keine Rechtmäßigkeitsvoraussetzung für den Erlass einer Zwangsgeldandrohung, sondern nur eine Bedingung für das Entstehen und Fälligwerden der Geldforderung (BayVGH, B.v. 24.2.2005 – 1 ZB 04.276 – juris; B.v. 11.7.2001 – 1 ZB 01.1255 – juris; VG München, U.v. 8.3.2017 – M 9 K 16.2327 – juris).
4.3. Die mit Bescheid vom 29. März 2019 in Ziffer 3 erhobenen Kosten beruhen auf Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 KG und, soweit es die Höhe der festgesetzten Gebühr betrifft, auf Art. 6 Abs. 1 Sätze 1 i.V.m. Tarif-Nr. 2.I.1/1.45 des Kostenverzeichnisses. Im Übrigen ist Art. 16 Abs. 5 KG, wonach Kosten, die bei richtiger Sachbehandlung durch die Behörde nicht entstanden wären, nicht erhoben werden, vorliegend nicht erfüllt. Anhaltspunkte für eine unrichtige Sachbehandlung sind – wie oben dargelegt – nicht ersichtlich.
5. Die Kostenentscheidung fußt auf § 154 Abs. 1 VwGO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf § 167 Abs. 1 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.


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