Steuerrecht

Isolierte Anfechtung einer Kostenentscheidung

Aktenzeichen  M 9 K 18.4951

Datum:
20.2.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 53785
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
ZwEWG
ZeS; KG Art. 1 Abs. 1 S. 1, Art. 16 Abs. 5, Art. 20 Abs. 1
VwGO § 80 Abs. 5

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen. 
II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kostengläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
Zu entscheiden ist über den mit der Klageschrift vom 5. Oktober 2018 gestellten Antrag auf Aufhebung des Bescheids vom 6. September 2018 (nur) in dessen Nr. 5 (nachfolgend unter 1.). Dieser ist unbegründet (nachfolgend unter 2.).
1. Die Klageerweiterung in der Fassung des Schriftsatzes vom 14. November 2018, die in der mündlichen Verhandlung als zweiter Antrag gestellt wurde, stellt eine unzulässige Klageänderung dar. Unzulässig deshalb, weil die bereits rechtshängige Klage um einen Klageantrag erweitert wird, der eine rechtswegfremde Forderung beinhaltet. Der geltend gemachte Freistellungsanspruch kann nicht auf eine Anspruchsgrundlage gestützt werden, für die der Verwaltungsrechtsweg, entweder nach einer aufdrängenden Spezialzuweisung oder nach der Generalklausel, § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO, gegeben wäre. Zwar hat sich der Klägerbevollmächtigte schriftsätzlich gar nicht und in der mündlichen Verhandlung, auf entsprechende Frage des Gerichts, nur ganz knapp dazu verhalten, welche Anspruchsgrundlage für das Begehren in Frage kommt. Jedoch kommt eine Anspruchsgrundlage, die im Verwaltungsrechtsweg geltend zu machen wäre, nach dem mitgeteilten Sachverhalt nicht in Betracht. Dabei ist die vom Klägerbevollmächtigten in der mündlichen Verhandlung genannte Anspruchsgrundlage (§§ 280f. BGB und / oder i.V.m. § 677ff. BGB i.V.m. § 670 BGB – Aufwendungsersatzanspruch aus einer Geschäftsführung ohne Auftrag oder Schadenersatz aus einer entsprechenden Pflichtverletzung) eher abwegig, unabhängig davon würde ein entsprechender Anspruch aber in jedem Fall in den Zivilrechtsweg gehören, da eine öffentlich-rechtliche Geschäftsführung ohne Auftrag hier unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht kommt. Vielversprechender erscheint ohnehin die Geltendmachung eines Amtshaftungsanspruchs, Art. 34 Satz 1 GG i.V.m. § 839 Abs. 1 BGB, der aber wegen Art. 34 Satz 3 GG ebenfalls im Zivilrechtsweg geltend zu machen ist (Gemäß § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG vor dem örtlich zuständigen Landgericht). Da dieser Anspruch hier im Wege der Klageerweiterung geltend gemacht wird, findet keine Verweisung statt. Vielmehr ist die Klageänderung, welche die Klageerweiterung darstellt, nicht sachdienlich, § 91 Abs. 1 Var. 2 VwGO. Ein Anwendungsfall von § 173 Satz 1 VwGO i.V.m.§ 264 Nr. 2 ZPO liegt nicht vor.
2. Die Anfechtung des Bescheids vom 6. September 2018 in dessen Nr. 5, d.h. in seiner Kostenregelung, ist unbegründet. Der Bescheid ist (auch) in seiner Nr. 5 rechtmäßig und kann den Kläger daher nicht in seinen Rechten verletzen, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Rechtsgrundlage der Kostentragungspflicht und der Auferlegung der angefallenen Gebühren und Auslagen an den Kläger ist Art. 20 Abs. 1 Hs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 Satz 1 des Kostengesetzes (i.d.F.v. 20.2.1998, zuletzt geändert am 22.7.2014 – KG). Danach können u.a. die Gemeinden für ihre Amtshandlungen im eigenen Wirkungskreis Kosten erheben, die in ihre Kassen fließen; die Erhebung der Kosten ist durch Kostensatzungen zu regeln (Art. 20 Abs. 1 Hs. 2 KG). Letzteres ist bei der Beklagten geschehen durch den Erlass der Satzung über die Erhebung von Verwaltungskosten für Amtshandlungen im eigenen Wirkungskreis der Landeshauptstadt München (Kostensatzung, aktuell gültige Fassung vom 28.08.2018, MüABl. S.354).
Die Kostenentscheidung in der Nr. 5 des Bescheids vom 6. September 2018 unterliegt keinen Bedenken.
Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass der Kläger mit dem Angriff nur auf die Kostenregelung im streitgegenständlichen Bescheid nicht die volle Überprüfung des gesamten Bescheids erreichen kann. Das würde nicht mit dem Umstand in Einklang stehen, dass der Kläger ausdrücklich seine Anfechtungsklage auf die Nr. 5 des Bescheids vom 6. September 2018 beschränkt hat, weswegen die Regelungen in den Nummern 1, 2 und 4 bereits bestandskräftig sind. Daran ändert sich auch durch die Regelung in Art. 16 Abs. 5 KG nichts. Danach gilt, dass Kosten nicht erhoben werden dürfen, die bei richtiger Sachbehandlung durch die Behörde nicht entstanden wären.
Nach der Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs (U.v. 10.5.2016 – 10 BV 15.958 – juris Rn. 30 m.w.N. auch zur Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts) steht in Fallkonstellationen, in der ein Grundverwaltungsakt wegen Erledigung seine Wirksamkeit verloren hat, eine erhobene Anfechtungsklage unzulässig (geworden) und der Rechtsstreit in der Hauptsache übereinstimmend für erledigt erklärt worden ist, einer Überprüfung der (nicht nichtigen) Grundverfügung im Rahmen der fortgeführten Anfechtungsklage gegen die Kostenentscheidung die Bestandskraft der Grundverfügung und damit die Gewährleistung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden entgegen. Würde nämlich in einem solchen Fall eine umfassende Überprüfung der Grundverfügung im Rahmen einer (isolierten) Anfechtungsklage gegen die Kostenentscheidung verlangt, obwohl eine Anfechtungsklage gegen die Grundverfügung nicht mehr statthaft ist, könnte der Betroffene über den Umweg der Anfechtung der Kostenentscheidung die Zulässigkeitsvoraussetzungen für eine etwaige Fortsetzungsfeststellungsklage gegen die Grundverfügung umgehen (vgl. VGH BW, U.v. 11.9.2015 – 3 S 411/15 – juris Rn. 33 ff); davon zu unterscheiden ist die Konstellation, dass Kosten angegriffen werden, die für eine durchgeführte Vollstreckung angefallen sind (BVerwG, U.v. 8.5.2014 – 1 C 3/13 – juris).
Das gilt aber erst recht, wenn wie hier von vorneherein nur die Kostenentscheidung angefochten wird, abgesehen davon, dass mittlerweile, wegen der stattgefundenen Wohnungsbesichtigung am 24. Januar 2019, bezogen auf den Grundverwaltungsakt, wäre dieser nicht ohnehin bereits bestandskräftig, ebenfalls Erledigung eingetreten wäre, so dass auch das Argument, dass die besonderen Sachurteilsvoraussetzungen der Fortsetzungsfeststellungsklage andernfalls umgangen würden, hier greift. Vor allem würde aber letztlich, ließe man es zu, dass im Rahmen der isolierten Anfechtung der Kostenentscheidung ohne gleichzeitigen Angriff auf den Grundverwaltungsakt dessen Rechtmäßigkeit komplett überprüft werden würde, das Institut der Bestandskraft umgangen. Dann hätte es der Kläger über den Umweg der isolierten Anfechtung einer Kostenentscheidung in der Hand, wie hier einen bereits bestandskräftigen, wirksamen Grundverwaltungsakt, dessen Rechtmäßigkeit bzw. Nichtanfechtbarkeit wegen der Bestandskraft feststeht, überprüfen zu lassen. Das würde, abgesehen davon, dass dieses Ergebnis nicht mit dem aus dem Rechtsstaatsgebot, Art. 20 Abs. 3 GG abgeleiteten Grundsatz der mit dem Institut der Bestandskraft bezweckten Rechtssicherheit vereinbar wäre, gestützt wie hier auf eine landesrechtliche Rechtsgrundlage, Art. 16 Abs. 5 KG, auch gegen Bundesrecht verstoßen, nämlich gegen die Bestandskraft, die durch die Rechtsbehelfsfristen in der Verwaltungsgerichtsordnung herbeigeführt wird.
Daher bleibt es dabei, dass der Kläger hier mit der isolierten Anfechtung der Kostenentscheidung lediglich deren Rechtswidrigkeit als solche geltend machen kann. Dafür ist jedoch weder etwas vorgebracht noch ersichtlich. Der Bevollmächtigte hat in der mündlichen Verhandlung (Sitzungsprotokoll, Seite 5) ausdrücklich klargestellt, dass keine Einwendungen gegen die Kostenhöhe gemacht werden, sondern nur gegen deren Grund. Die Kostenerhebung als solche, Art. 1 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 Hs. 1 KG, Art. 2 Abs. 1, Art. 6, Art. 7 Abs. 1 und Art. 8 KG, und die festgesetzten Gebühren und Auslagen (Kommunales Kostenverzeichnis in der Anlage zur Kostensatzung der Beklagten, dort Nrn. 631f., außerdem die Auslagen für die Kosten der Postzustellungsurkunde) unterliegen auch davon abgesehen keinen Zweifeln. Auch sonst spricht nichts für eine unrichtige Sachbehandlung.
Daher kommt es nicht mehr darauf an, dass keine Zweifel daran bestehen, dass die Sachbehandlung durch die Beklagte in jeder Hinsicht rechtmäßig gewesen ist.
Nach alledem wird die Klage mit der Kostenfolge gemäß § 154 Abs. 1 VwGO abgewiesen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 1, 2 VwGO i.V.m. §§ 708ff. ZPO.


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