Steuerrecht

Niederlassungsfreiheit

Aktenzeichen  6 K 215/19

Datum:
13.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
EFG – 2021, 1702
Gerichtsart:
FG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Finanzgerichtsbarkeit
Normen:
KStG § 8 Abs. 2, § 14
DBA Art. 20 Abs. 1
HGB § 166 Abs. 1
AStG § 8 Abs. 1 Nr. 5

 

Leitsatz

Im deutschen Steuerrecht gilt der Grundsatz, dass Steuerpflichtige, die eine bestimmte Gestaltung wählen, später entstehende Vorteile ausnutzen dürfen aber auch später entstehende Nachteile in Kauf nehmen müssen (kein Rosinenpicken). Es wird in solchen Fällen nicht als Aufgabe der Rechtsprechung angesehen, misslungene Steuergestaltungen zu retten.  (Rn. 79) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. …
3. …
4. Die Revision wird zugelassen.

Gründe

I.
Gegenstand des Unternehmens der Klägerin, einer Holdinggesellschaft, ist die Verwaltung eigenen Vermögens, insbesondere die Gründung von Personen- und Kapitalgesellschaften, der Erwerb und Halten von Firmenbeteiligungen jeder Rechtsform, auch an Gesellschaften, die auf dem Immobiliensektor tätig sind, sowie die Verwaltung dieser Gesellschaften und Beteiligungen. … An der A GmbH, deren Sitz sich – wie auch der Sitz der Klägerin – in Deutschland befindet, hielt die Klägerin in den Streitjahren 2007 und 2008 und anschließend bis heute alle Anteile. Aufgrund eines Gewinnabführungsvertrags bestand zwischen der Klägerin als Organträgerin und der A GmbH als Organgesellschaft ein Organschaftsverhältnis für körperschaftsteuerliche und gewerbesteuerliche Zwecke (§§ 14 ff. Körperschaftsteuergesetz -KStG-).
Die A GmbH gründete im Jahr 2006 als Alleingesellschafter die B S.à.r.L. mit Sitz in Luxemburg. Zweck der B S.à.r.L. waren u.a. Beteiligungen jeglicher Art an luxemburgischen und ausländischen Gesellschaften sowie der Besitz, die Verwaltung sowie das Management und Verwertung ihres Portfolios. Die B S.à.r.L. konnte sich an der Gründung und Entwicklung jeglicher Gesellschaften beteiligen und konnte Tochtergesellschaften sowie anderen verbundenen Unternehmen durch Kredite Unterstützung geben.
In der Folge gründete die B S.à.r.L. die Tochtergesellschaften B 1 S.à.r.L., B 2 S.à.r.L., B 3 S.à.r.L. und B 4 S.à.r.L. Der Hauptzweck dieser vier Tochtergesellschaften bestand darin, an anderen luxemburgischen Kapitalgesellschaften beteiligt zu sein und diese zu finanzieren. Die vier Tochtergesellschaften hielten in Deutschland selbst keinen Grundbesitz und waren unstreitig weder unbeschränkt noch beschränkt steuerpflichtig.
Die vier Tochtergesellschaften hielten wiederum alle Geschäftsanteile an vier Enkelgesellschaften:
Die B 1 S.à.r.L. hielt alle Anteile an der C 1 S.à.r.l.
Die B 2 S.à.r.L. hielt alle Anteile an der C 2 S.à.r.l.
Die B 3 S.à.r.L. hielt alle Anteile an der C 3 S.à.r.l.
Die B 4 S.à.r.L. hielt alle Anteile an der C 4 S.à.r.l .
Die Enkelgesellschaften erwarben Immobilienportfolien und waren danach Eigentümer von Grundstücken in Deutschland.
Die B S.à.r.L. finanzierte mit ihrem Eigenkapital im Wesentlichen ihre Tochtergesellschaften und diese die Enkelgesellschaften. Darüber hinaus waren die Tochtergesellschaften in den Streitjahren nicht weiter tätig.
Das Fremdkapital der vier Enkelgesellschaften wurde durch Grundschulden und andere übliche Sicherheiten (z.B. Ansprüche gegen Mieter) abgesichert. Darüber hinaus übernahm die Klägerin für die Bankfinanzierungen Garantien und gab Patronatserklärungen ab. Die B S.à.r.L. arbeitete zur Immobilienverwaltung mit einer luxemburgischen Steuerberatungskanzlei und zwei luxemburgischen Rechtsanwaltskanzleien zusammen. Ansonsten genügte ihr eigenes Personal.
Die B S.à.r.L., die in Luxemburg eigene Büroräume anmietete, verfügte für die Durchführung all ihrer Aktivitäten in den Streitjahren über folgendes Personal:
– Ein Geschäftsführer
– Zwei Angestellte
– Eine Aushilfskraft …
Im Mai 2007 schlossen die A GmbH als stiller Gesellschafter und die B S.à.r.L. als Unternehmer einen Vertrag über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft (société de participation). Der stille Gesellschafter beteiligte sich danach – rückwirkend ab dem 31.12.2006 – an dem Unternehmer als atypisch stiller Gesellschafter. Die atypisch stille Gesellschaft war als reine Innengesellschaft ohne Bildung von Gesamthandvermögen vereinbart. Als Einlage leistete die A GmbH … € und war dafür mit 75% am Gewinn und Verlust beteiligt. Die Verlustbeteiligung war auf die Höhe der Einlage beschränkt.
Nach der Gründung der Tochtergesellschaften B 1, 2, 3, 4 S.à.r.L. verfügten diese Gesellschaften nicht über eigenes Personal. Die Geschäftsführung übernahm daher die B S.à.r.L.. Die vier Dienstleistungsverträge, auf die verwiesen wird, wurden im Januar 2008 unterschrieben und galten rückwirkend auch für das Jahr 2007. Danach erhielt die B S.à.r.L. von ihren Töchtern eine Vergütung für kaufmännische und technische Verwaltungs- und Beratungsleistungen, Personalgestellung (insbesondere die Gestellung eines Geschäftsführers auch für Tochtergesellschaften) und für Büroservice.
In den Streitjahren erzielte die B S.à.r.L. abgesehen von Zinserträgen und ähnlichen Erträgen aufgrund von Darlehen der B 1, 2, 3, 4 S.à.r.L. keine wesentlichen weiteren Einnahmen mehr. … Ferner wird auf die Bilanzen verwiesen, nach denen die B S.à.r.L. die vom atypisch stillen Gesellschafter erhaltenen Mittel zuzüglich eigener Mittel als Kredite weiter vergab und für … € Anteile an verbundenen Unternehmen hielt.
Im Januar 2008 erstellte die B S.à.r.L. ein „Transaction Term Sheet“ für das Projekt 1. Danach sollten Anteile an der B 2 und B 4 S.à.r.L. von einer anderen Firma übernommen und sodann an Investoren vermarktet werden. Ferner schloss die B S.à.r.L. Ende 2008 einen Beratungsvertrag mit der …, auf den verwiesen wird. Die mit der Beratung beauftragte X sollte die B S.à.r.L. bei der Gründung und Vermarktung eines Immobilienfonds unterstützen und insbesondere bei der Suche nach Investoren mitwirken. Die beiden Projekte scheiterten allerdings. Ferner trägt die Klägerin vor, dass die B S.à.r.L. in den Folgejahren umfangreiche sonstige Tätigkeiten entfaltete. … Die Klägerin reichte die Steuererklärung für das Streitjahr 2007 im Jahr 2008 und die Steuererklärung 2008 im Jahr 2009 beim Finanzamt (FA) ein. Die Erstveranlagungen durch das FA erfolgten unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Für die in Luxemburg zu erwartenden Personensteuern bildete die A GmbH im Streitjahr 2007 gewinnwirksam eine zutreffende Rückstellung in Höhe von … €. Dies entspricht einer Steuerbelastung von ca. 7% der Gewinnbeteiligung 2007. Im Streitjahr 2008 belief sich die gewinnwirksame Rückstellung auf 6,6% der Gewinnbeteiligung 2008. Ferner zahlte die A GmbH im Jahr 2008 Ertragsteuern. Sollte die tatsächliche Zahlung in voller Höhe zusätzlich zu den Rückstellungen als Steuer 2008 anzusetzen sein, ergibt sich eine Steuerlast 2008 in Höhe von 9,2% der Gewinnbeteiligung.
Bei der Klägerin fand eine Außenprüfung statt. Der Fachprüfer für Auslandsbeziehungen stellte im Bericht fest, dass die A GmbH als stille Gesellschafterin im Jahr 2007 eine Gewinnbeteiligung in Höhe von … € und im Jahr 2008 in Höhe von … € erhalten hatte und kam zum Ergebnis, dass diese Gewinne nicht als steuerfrei zu behandeln sind. Im Bericht über die Außenprüfung übernahm der Außenprüfer die Rechtsansicht des Fachprüfers. Das FA schloss sich den Rechtsansichten der Außenprüfung an und änderte die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung erlassenen früheren Steuerbescheide entsprechend ab. Die hiergegen eingelegten Einsprüche wies das FA mit der Einspruchsentscheidung vom … als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die Klage. Während des Klageverfahrens klärte der Berichterstatter mit einer Reihe von Anordnungen den Sachverhalt näher auf. Dies führte dazu, dass sich die Beteiligten dahingehend einigten, dass die Einkünfte der B S.à.r.L. aus den Geschäftsführungsverträgen keine Zwischeneinkünfte gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 5 Außensteuergesetz (AStG) i.V.m. § 20 Abs. 2 AStG sind. Mit Teilabhilfebescheid vom … erhöhte das FA, der Einigung entsprechend, den auf den 31.12.2007 festgestellten verbleibenden Verlustvortrag zur Körperschaftsteuer.
Nach den einvernehmlichen Berechnungen der Beteiligten erzielte die B S.à.r.L. aus der Geschäftsführertätigkeit im Jahr 2008 einen Verlust, der den Gewinn aus den Zinserträgen gemindert hatte. Aufgrund eines gerichtlichen Hinweises sah das FA von der beabsichtigten Verböserung der Verlustfeststellung zum 31.12.2008 ab und stellte einen Verlust aus dem Jahr 2008 in unveränderter Höhe zuzüglich der Verlusterhöhung aus dem Vorjahr fest.
Damit richtet sich die Klage noch gegen den die Verlustvorträge der Klägerin mindernden Ansatz der Zinseinkünfte aus der stillen Beteiligung der A GmbH.
Zur Begründung trägt die Klägerin vor, die Einkünfte seien aufgrund des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Großherzogtum Luxemburg zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und über gegenseitige Amts- und Rechtshilfe auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie der Gewerbesteuern und der Grundsteuern in der in den Streitjahren geltenden Fassung (DBA Luxemburg 1958; im Folgenden: DBA Luxemburg; heute: DBA Luxemburg 2012) nach der Freistellungsmethode als steuerfrei zu behandeln (Art. 5 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 DBA Luxemburg). Die Rechtsansicht der Verwaltung, dass § 20 Abs. 2 AStG vorrangig vor dem DBA Luxemburg anzuwenden sei, sei unzutreffend. § 20 Abs. 2 AStG verstoße sowohl in der im Jahr 2007 als auch in der im Jahr 2008 geltenden Gesetzesfassung gegen Europarecht.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) habe in der Entscheidung vom 12. September 2006 C-196/04, BFH/NV 2007 Beilage 4 Seite 365 (Cadbury Schweppes) entschieden, dass es gegen die Niederlassungsfreiheit verstoße, wenn ein Staat die von ausländischen Tochtergesellschaften erzielten Gewinne der inländischen Besteuerung unterwerfe. Dies sei vielmehr nur zur Bekämpfung missbräuchlicher Praktiken gerechtfertigt, d.h. die Schlechterstellung müsse sich speziell auf rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen beziehen, die darauf ausgerichtet sind, der Steuer zu entgehen, die normalerweise für durch Tätigkeiten im Inland erzielte Gewinne geschuldet werden. Von der Besteuerung ausländischer Gewinne von Tochtergesellschaften sei daher abzusehen, wenn sich auf der Grundlage objektiver und von dritter Seite nachvollziehbarer Anhaltspunkte erweise, dass die ausländische Tochter tatsächlich im Ausland angesiedelt sei und dort wirklichen Geschäften nachgehe.
Diese Grundsätze des EuGH hätten die Verwaltung und der deutsche Gesetzgeber im Bereich der Anwendung der Besteuerung von sogenannten Zwischengesellschaften für die Jahre vor 2008 durch eine Billigkeitsregelung (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -BMFzur Hinzurechnungsbesteuerung nach AStG vom 8. Januar 2007, BStBl I 2007, 99) und für die Jahre ab 2008 durch die Neuregelung des § 8 Abs. 2 AStG akzeptiert. Bei § 20 Abs. 2 AStG hätten die Verwaltung und der Gesetzgeber eine entsprechende Regelung indes zu Unrecht unterlassen.
Diese Rechtsansicht habe der Bundesfinanzhof (BFH) im Urteil vom 21. Oktober 2009 I R 114/09, BStBl II 2010, 774 (Schlussurteil „Columbus Container Services“) bestätigt. Danach sei – entgegen dem Gesetzeswortlaut des § 20 Abs. 2 AStG – ein Entlastungsbeweis dahin zulässig, dass die B S.à.r.L. in Luxemburg einer wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit nachgehe und es sich nicht um eine rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltung handelt. Die vorangegangene Entscheidung des EuGH vom 6. Dezember 2007 C-298/05, BFH/NV 2008, Beilage 2 Seite 100; „Columbus Container Services“ sei nur zum Ergebnis gekommen, dass es nicht gegen Europarecht verstößt, eine Doppelbesteuerung nicht zu beachten.
Im Streitfall erfülle die B S.à.r.L. alle Voraussetzungen für eine aktive wirtschaftliche Tätigkeit in Luxemburg. So habe sie im Rahmen ihrer gewöhnlichen Geschäftstätigkeit am Marktgeschehen teilgenommen und insbesondere die kaufmännische und technische Verwaltung und Beratung und den Büroservice für die B 1, 2, 3 und 4 S.à.r.L. erbracht. Der Geschäftsführer der B S.à.r.L. sei auch Geschäftsführer der Tochtergesellschaften gewesen. Ohne diese Tätigkeit hätten die Tochterfirmen, die selbst über kein Personal verfügten, ihren Gesellschaftszweck nicht erfüllen können.
Über ihre Internetpräsenz sei die B S.à.r.L. aktiv am Luxemburger Markt auf Kunden zugegangen. Ziel sei es von Anfang an gewesen, Kontakte zu nutzen und auszubauen. Über den Zeitverlauf habe die B S.à.r.L. in den Folgejahren ein immobiliennahes Dienstleistungsgeschäft in Luxemburg aufgebaut. Auch wurde eine weitere Firma, die B 5 S.à.r.L, gegründet worden. Diese Firma verwalte mittlerweile erhebliches Immobilienvermögen.
Bei der Prüfung, ob die B S.à.r.L. eine eigene wirtschaftliche Tätigkeit ausübe, sei nicht auf das Abschnittsprinzip abzustellen. Vielmehr seien auch ihre Tätigkeiten nach den Streitjahren zu berücksichtigen. Die Ausweitung der geschäftlichen Aktivitäten sei bereits in den Streitjahren angelegt worden. Bei einer Neugründung könne nicht erwartet werden, dass vom ersten Tag an ein umfangreiches Geschäft möglich sei. Es liege in der Natur der Sache, dass die sachliche und personelle Geschäftsausstattung erst im Laufe der Zeit ansteige. Vorbereitungshandlungen, die erst in Folgejahren zu Einnahmen führen, würden daher für eine Geschäftstätigkeit genügen.
Die B S.à.r.L. sei keine Briefkastenfirma. Für die Aufteilung des erworbenen Immobilienbesitzes auf unterschiedliche Kapitalgesellschaften sprächen mannigfaltige Gründe. Insbesondere entspräche es wirtschaftlicher Vernunft, die Haftungsrisiken aus unterschiedlichen Immobilien durch Verwendung von geeigneten Gesellschaftsformen voneinander abzugrenzen. Daneben sei eine Separierung in unterschiedliche Kapitalgesellschaften im Hinblick auf Controlling, Steuerung und Finanzierung sinnvoll. Ferner könne durch die Zusammenstellung von Portfolien der Marktwert der Immobilien erhöht werden. Zudem könne aus fehlenden personellen und sachlichen Ressourcen nicht auf eine künstliche Gestaltung geschlossen werden (vgl. BFH-Urteile vom 19. Januar 2000 I R 94/97, BStBl II 2001, 222 und vom 25. Februar 2004 I R 42/02, BStBl II 2005, 14; EuGH vom 20. Dezember 2017 C-504/16 und C-613/16, Deister Holding und Juler Holding, DStR 2018, 119). Die Zwischenschaltung ausländischer Kapitalgesellschaften sei daher nicht missbräuchlich.
Ferner führe auch die sogenannte segmentierende Betrachtungsweise nicht zu einer künstlichen Gestaltung. Eine solche Separierung verstoße gegen die Niederlassungsfreiheit. Jedenfalls aber könne eine Separierung nicht so weit gehen, dass jeder einzelne Zahlungsstrom für sich zu betrachten ist. Die konzerninterne Finanzierung sei eine Vorgehensweise, die durch die Niederlassungsfreiheit geschützt sei.
… Zur Begründung verweist das FA auf die Einspruchsentscheidung. Eine europarechtliche Verletzung der Dienstleistungsfreiheit liege nicht vor. Denn § 20 Abs. 2 AStG ersetze nur eine Methode der Steuerfreistellung – die Freistellungsmethode – durch eine andere Methode – die Anrechnungsmethode (Bundestagsdrucksache 16/6290 Seite 4). Im Übrigen habe die Klägerin den Entlastungsbeweis, dass in Luxemburg tatsächliche wirtschaftliche Aktivitäten stattfinden, nicht geführt. Dies ergäbe sich aus den Grundsätzen des BMF-Schreibens vom 17. März 2021 zur Anwendung des § 8 Abs. 2 AStG (BStBl I 2021, 342 unter III.).
II.
Die Klage ist nicht begründet.
1. Da zwischen der Klägerin und der A GmbH eine Organschaft vereinbart war, ist das Einkommen der A GmbH der Klägerin als Organträgerin zuzurechnen (§ 14 KStG a.F.; damals noch keine gesonderten Feststellungen).
2. Gemäß dem DBA Luxemburg ist die Bundesrepublik Deutschland verpflichtet, die streitigen Einkünfte durch Anwendung der Freistellungsmethode nicht zu besteuern.
a) Zu Recht gehen die Beteiligten davon aus, dass der Vertrag über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft (société de participation) nach deutschem Steuerrecht zu gewerblichen Einkünften der A GmbH aus der stillen Gesellschaft führt. Zudem erzielt die A GmbH nach allgemeinen Grundsätzen (§ 8 Abs. 2 KStG) nur gewerbliche Einkünfte. Gemäß dem für Personengesellschaften im deutschen Steuerrecht geltenden Transparenzprinzip sind die Tätigkeiten der atypisch stillen Gesellschaft und die Einkünfte der A GmbH unmittelbar als eigene Tätigkeiten und Einkünfte zuzurechnen.
Voraussetzung für eine atypisch stille Gesellschaft im Sinne des Steuerrechts sind Mitunternehmerrisiko und Mitunternehmerinitiative. Für die Mitunterinitiative genügt es, wenn dem stillen Gesellschafter wenigstens Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechte zustehen, die den Rechten eines Kommanditisten angenähert sind oder die den gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechten des § 716 des Bürgerlichen Gesetzbuchs – BGB – entsprechen (vgl. z.B. Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 13. Juli 2017 IV R 41/14, BStBl II 2017, 1133, Rz. 20; Schmidt/Wacker EStG § 15 EStG Rz. 365 ff.)
Beide Voraussetzungen sind im Streitfall gegeben. Die A GmbH ist mit 75% am laufenden Gewinn und gemäß § 9 des Gesellschaftsvertrags am Liquidationserlös beteiligt und trägt damit ein Mitunternehmerrisiko (vgl. auch § 12 des Gesellschaftsvertrags zur Abfindung im Falle der Beendigung der Gesellschaft). Die jederzeitigen Informationsrechte der A GmbH gemäß § 8 des Gesellschaftsvertrags sind weitergehend als die Informationsrechte eines Kommanditisten gemäß § 166 Abs. 1 Handelsgesetzbuch (HGB), so dass auch eine Mitunternehmerinitiative zu bejahen ist.
Ein Verfahren zur gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus der stillen Gesellschaft durfte im Streitfall unterbleiben, da neben der Klägerin zweifelsfrei kein weiterer Gesellschafter der stillen Gesellschaft im Inland steuerpflichtig war (§ 180 Abs. 1 Abgabenordnung – AO -; Klein/Ratschow § 180 AO Rz. 5). Damit sind die Einkünfte in den Besteuerungsverfahren 2007 und 2008 der Klägerin zu überprüfen.
b) Die atypisch stille Gesellschaft ist eine reine Innengesellschaft, d.h. im Außenverhältnis gegenüber Dritten tritt nur die B S.à.r.L. auf. Damit hatte die stille Gesellschaft in den Streitjahren in Luxemburg sowohl eine Betriebsstätte im Sinne des § 12 AO als auch eine Betriebsstätte im Sinne des Art. 2 DBA Luxemburg. Denn die B S.à.r.L. übt ihre Geschäfte in den angemieteten Räumen in Luxemburg aus, in denen auch die Geschäftsleitung tätig war. Eine Betriebsstätte im Inland bestand nicht.
Das Schlussprotokoll zum DBA Luxemburg vom 23. August 1958 regelt unter der Nummer 11, dass ein stiller Gesellschafter wie ein Unternehmer behandelt wird, wenn mit seiner Beteiligung eine Beteiligung am Vermögen des Unternehmens verbunden ist. Ist dies nicht der Fall, so werden die Einkünfte aus der Beteiligung als stiller Gesellschafter als Dividenden behandelt. Hiernach ist die atypisch stille Gesellschaft nach den Vorschriften zu beurteilen, die das DBA Luxemburg für Unternehmen vorsieht. Denn § 5 des Vertrags über die Errichtung einer atypisch stillen Gesellschaft sieht ausdrücklich eine Beteiligung der A GmbH am Vermögen der B S.à.r.L. in Höhe von 60% vor.
Der „Wohnsitz“ der stillen Gesellschaft im Sinne des DBA Luxemburg befindet sich am Ort der Geschäftsleitung, mithin in Luxemburg (vgl. zum Begriff „Wohnsitz“ Art. 3 Abs. 5 DBA Luxemburg). Damit steht das Besteuerungsrecht für die Unternehmensgewinne nach Art. 5 Art. 1 und Art. 20 Abs. 1 DBA Luxemburg dem Staat Luxemburg zu. Zur Beseitigung der Doppelbesteuerung sieht Art. 20 Abs. 2 DBA Luxemburg vor, dass die Einkünfte im Inland von der Bemessungsgrundlage für die Steuer auszunehmen sind.
Mithin ist die Bundesrepublik Deutschland im Streitfall gemäß dem DBA verpflichtet, die Steuerfreiheit der streitigen Einkünfte durch die Freistellungsmethode herbeizuführen.
3. Die Steuerfreiheit gemäß dem DBA Luxemburg kommt aufgrund der vorrangigen Vorschrift des § 20 AStG nicht zur Geltung.
a) § 20 Abs. 1 AStG hat in beiden Streitjahren folgenden Wortlaut:
„Die Vorschriften der §§ 7 bis 18 und der Absätze 2 und 3 werden durch die Abkommen zur Vermeidung der Doppelbesteuerung nicht berührt.“
Hieraus ergibt sich, dass die Norm ein sogenanntes „Treaty Overriding“ bewirkt. Der deutsche Steuergesetzgeber regelt mit § 20 AStG mithin, dass die Bundesrepublik Deutschland ihre vertraglichen Verpflichtungen aus dem Abkommen mit Luxemburg unter den Voraussetzungen des § 20 AStG nicht einhält (siehe Wassermeyer/Schönfeld Außensteuerrecht § 20 AStG Rz. 22, 92). Da diese Vertragsverletzung nicht zur Verfassungswidrigkeit des § 20 AStG führt (vgl. Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts vom 15. Dezember 2015 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1) ist die Vorschrift von den deutschen Gerichten zu beachten.
b) § 20 Abs. 2 AStG hatte im Streitjahr 2007 folgenden Wortlaut:
„Fallen Einkünfte in der ausländischen Betriebsstätte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen an und wären sie als Zwischeneinkünfte steuerpflichtig, falls diese Betriebsstätte eine ausländische Gesellschaft wäre, ist insoweit die Doppelbesteuerung nicht durch Freistellung, sondern durch Anrechnung der auf diese Einkünfte erhobenen ausländischen Steuern zu vermeiden.“
Im Streitjahr 2008 fügte der Gesetzgeber in § 8 AStG einen neuen Absatz 2 ein. Mit der Gesetzesänderung reagierte der Gesetzgeber auf die Entscheidung des EuGH vom 12. September 2006 C-196/04 „Cadbury Schweppes“. Die Steuerpflichtigen sollten nach Maßgabe des § 8 Abs. 2 AStG die Möglichkeit erhalten, den vom EuGH für europarechtlich notwendig gehaltenen Entlastungsbeweis mit dem Ergebnis zu führen, dass die Hinzurechnungsbesteuerung nicht erfolgt, wenn tatsächliche wirtschaftliche Geschäftstätigkeiten nachgewiesen werden (vgl. zum Ganzen: Wassermeyer/Schönfeld Außensteuerrecht § 8 AStG Rz. 404). § 20 Abs. 2 AStG erhielt ab dem Jahr 2008 folgende Fassung:
„Fallen Einkünfte in der ausländischen Betriebsstätte eines unbeschränkt Steuerpflichtigen an und wären sie ungeachtet des § 8 Abs. 2 als Zwischeneinkünfte steuerpflichtig, falls diese Betriebsstätte eine ausländische Gesellschaft wäre, ist insoweit die Doppelbesteuerung nicht durch Freistellung, sondern durch Anrechnung der auf diese Einkünfte erhobenen ausländischen Steuern zu vermeiden.“
Damit findet der im Anwendungsbereich des § 8 AStG zulässige Gegenbeweis im Anwendungsbereich des § 20 AStG keine Anwendung (vgl. Wassermeyer/Schönfeld Außensteuerrecht § 20 AStG Rz. 58). In der Bundestagsdrucksache 16/6290 Seite 94 wird die ausdrücklich angestrebte Nichtanwendung der Entscheidung des EuGH im Rechtsstreit Cadbury Schweppes damit begründet, dass die Entscheidung des EuGH allein die Niederlassungsfreiheit berührt, während § 20 Abs. 2 AStG eine Methode zur Vermeidung der Doppelbesteuerung durch eine andere ersetzt.
Im Ergebnis bedeutet dies, dass § 20 Abs. 2 AStG in beiden Streitjahren die Anwendung der nach dem DBA Luxemburg gebotenen Freistellungsmethode ausschließt und die Anrechnungsmethode vorschreibt, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen der Norm erfüllt sind.
c) Im Streitfall sind alle Tatbestandsvoraussetzungen des § 20 AStG erfüllt. Die streitigen Einkünfte sind Zwischeneinkünfte im Sinne des § 7 Abs. 1 und § 8 Abs. 1 Nr. 7 AStG.
Da die A-GmbH als atypisch stille Gesellschafterin in Luxemburg tätig wird, stammen die Einkünfte – wie bereits oben dargelegt – aus einer ausländischen Betriebsstätte und sind nach dem einschlägigen DBA nach der Freistellungsmethode nicht zu erfassen. Die atypisch stille Gesellschaft ist Zwischengesellschaft im Sinne des § 7 Abs. 1 AStG, da die A-GmbH nach dem Gesellschaftsvertrag mit 60% am Vermögen (§ 7 Abs. 2 Satz 1 AStG) und mit 75% am Gewinn beteiligt ist (§ 7 Abs. 5 AStG). Im Übrigen ist die A GmbH auch als Alleingesellschafterin der B S.à.r.L. an der atypisch stillen Gesellschaft beteiligt (§ 7 Abs. 2 Satz 3 AStG).
Die Voraussetzungen für die Hinzurechnung gemäß § 8 Abs. 1 Nr. 7 AStG sind gegeben, da es sich bei den streitigen Einkünften um Zinseinkünfte aus der Vergabe von Darlehen an Tochtergesellschaften handelt. Die Klägerin hat nicht nachgewiesen, dass das Kapital auf einem ausländischen Kapitalmarkt aufgenommen wurde. Vielmehr steht fest, dass die Finanzierung aus Eigenkapital stammte. Dies führt zur Hinzurechnung (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 2019 I R 59/17, BHF/NV 2020, 1312 Rz. 3 und 17 sowie das vorhergehende Urteil des Finanzgerichts München vom 27. April 2015 7 K 2819/12, EFG 2015, 1374; a.A. Wassermeyer/Schönfeld § 8 AStG Rz. 248 und 256). Aufgrund der segmentierenden Betrachtung sind nach Maßgabe des vorgenannten BFH-Urteils die Zinseinkünfte als gewichtige Einzeltätigkeit zu beurteilen, die für sich zu betrachten ist. In den Streitjahren war die Kreditvergabe die Tätigkeit, die zu den größten Einnahmen der atypisch stillen Gesellschaft führten. Zudem ist ein funktionaler Zusammenhang mit der Geschäftsführungstätigkeit zu verneinen.
Die niedrige Besteuerung im Sinne des § 8 Abs. 3 AStG (Belastung unter 25%) wird im Streitfall durch die geringe Höhe der für die Personensteuern in Luxemburg gebildeten Rückstellung 2007 in Höhe von etwa 5% des Gewinnanteils belegt. Im Jahr 2008 ergibt sich für die Klägerin selbst bei günstigster Berechnung eine Steuerbelastung von weniger als 10%.
Damit ist die Anwendung der Anrechnungsmethode gemäß § 20 Abs. 2 AStG rechtmäßig. Verfassungsmäßige Bedenken bestehen nicht (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 2019 I R 59/17, BFH/NV 2020, 1312, Rz. 32).
4. Ein Verstoß gegen europarechtliche Vorschriften liegt nicht vor.
Der Senat schließt sich der Ansicht, dass § 20 Abs. 2 AStG in der in den Jahren 2007 und 2008 geltenden Fassung die Niederlassungsfreiheit und/oder die Freiheit des Kapitalverkehrs verletzt, nicht an.
a) Mit der Entscheidung vom 12. September 2006 C-196/04, BFH/NV 2007, Beilage 4, 365 („Cadburry Schweppes“) hat der EuGH entschieden, dass allein der Umstand, dass eine Tochtergesellschaft im Ausland tätig ist, keine allgemeine Vermutung für eine Steuerhinterziehung begründet. Nationale Maßnahmen, die die Auslandstätigkeit benachteiligen, können daher nur dann gerechtfertigt sein, wenn sie der Bekämpfung missbräuchlicher Praktiken dienen. Die deutsche Verwaltung und der deutsche Gesetzgeber haben hieraus die Konsequenzen gezogen und durch die gesetzliche Regelung des § 8 Abs. 2 AStG ab dem Jahr 2008 sowie eine Billigkeitsregelung für frühere Jahre (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen -BMFzur Hinzurechnungsbesteuerung nach AStG vom 8. Januar 2007, BStBl I 2007, 99) den europarechtlich notwendigen Entlastungsbeweis bei Hinzurechnungen von Einkünften zugelassen.
b) Mit der Entscheidung vom 6. Dezember 2007 C-298/05, BFH/NV 2008 Beilage 2, 100 („Columbus Container Services“) hat der EuGH entschieden, dass die Überprüfung von Verstößen gegen Doppelbesteuerungsabkommen nicht in seine Kompetenz fällt. Ferner hat der EUGH in Randziffer 53 der Entscheidung dargelegt, dass die Mitgliedsstaaten die Bedingungen und die Höhe der Besteuerung der verschiedenen Niederlassungsformen von im Ausland tätigen inländischen Gesellschaften festlegen können, soweit sie ihnen eine Behandlung gewähren, die gegenüber vergleichbaren inländischen Niederlassungen nicht diskriminierend wirken. Im Wechsel von der Freistellungsmethode zur Anrechnungsmethode sah der EuGH keine solche Diskriminierung.
c) Der BFH hat mit Urteil vom 21. Oktober 2009 I R 114/08, BStBl II 2010, 774 entschieden, dass auch bei § 20 Abs. 2 AStG in der im Jahr 1996 geltenden Fassung – entgegen dem Gesetzeswortlaut – der europarechtliche Entlastungsbeweis zur Anwendung komme. Die gemeinschaftsrechtlichen Anforderungen seien in die Norm hineinzulesen. So schreibe § 20 Abs. 2 AStG eine fiktive Prüfung vor, ob Einkünfte hinzuzurechnen wären, falls die Betriebsstätte eine ausländische Gesellschaft wäre. Die fiktive Prüfung einer Hinzurechnung gemäß § 8 AStG und § 10 Abs. 6 AStG in der im Jahr 1996 geltenden Fassung erfordere daher auch die fiktive Prüfung des europarechtlich gebotenen Entlastungsbeweises.
d) Die Rechtsprechung des BFH kann indes nicht auf das Streitjahr 2008 übertragen werden. Es geht aus dem Wortlaut der in diesem Jahr geltenden Gesetzesfassung hervor, dass ein europarechtlicher Entlastungsbeweis nicht durch Gesetzesauslegung in die deutsche Norm hineininterpretiert werden kann. Der Gesetzeswortlaut ist insoweit klar und eindeutig und der Wille des Gesetzgebers ist in der Bundestagsdrucksache 16/6290 Seite 94 unmissverständlich dokumentiert.
Für die Gesetzesfassung 2007 gilt das Gleiche. § 20 Abs. 2 AStG in der im Jahr 2007 geltenden Fassung hat im Vergleich zur Gesetzesfassung 1996 einen geänderten und wesentlich weiteren Anwendungsbereich erhalten. Anhaltspunkte, die eine norminterpretierende Auslegung in Richtung eines stillschweigenden Entlastungsbeweises ermöglichen könnten, liegen nicht vor. Die Auslegungsmethode „europarechtskonforme Auslegung“ ist nicht mit der Auslegungsmethode „verfassungskonforme Auslegung“ gleichzusetzen. Mit der Methode der europarechtlichen Interpretation darf die Bindung der Gerichte an Gesetz und Recht (Art. 20 Abs. 3 Grundgesetz) nicht umgangen werden. Die Nichtbeachtung von Gesetzen setzt vielmehr die vorherige Klärung der europarechtlichen Fragen durch den EuGH voraus (Vorlagepflicht des BFH; vgl. hierzu Beschluss des BVerfG vom 4. März 2021 2 BvR 1161/19, juris).
5. Der Senat sieht von einer Vorlage an den EuGH ab, da die europarechtlichen Rechtsfragen durch die Entscheidung Columbus Container Services geklärt sind.
a) Entscheidend für die Feststellung einer europarechtlichen Benachteiligung ist die Wahl der richtigen, d.h. der rechtlich relevanten, Vergleichsgruppen (ständige Rechtsprechung des EuGH; vgl. z.B. Entscheidung des EuGH vom 26. Januar 2021 C-16/19 Rz. 30, juris; Schlussanträge des Generalanwalts/der Generalanwältin C-482/18 Rz. 40, juris). Hieraus ergibt sich für den Streitfall Folgendes:
aa) Im Rechtsstreit Cadburry Schweppes hat der EuGH als Vergleichsgruppen inländische unbeschränkt Steuerpflichtige mit ausländischen Tochterfirmen und inländische Steuerpflichtige mit inländischen Tochterfirmen gewählt. Danach ergibt sich durch die Methode der Hinzurechnung von Einkünften (auch) nach den deutschen Hinzurechnungsvorschriften in Konzernstrukturen eine europarechtlich relevante Benachteiligung, da eine Hinzurechnung von Einkünften nur bei inländischen Steuerpflichtigen mit ausländischen Tochterfirmen nicht aber bei inländischen Tochterfirmen erfolgt.
bb) Im Rechtsstreit Columbus Container Services hat der EuGH als Vergleichsgruppen unbeschränkt Steuerpflichtige mit einer Betriebsstätte im Ausland und unbeschränkt Steuerpflichtige mit einer weiteren Betriebsstätte im Inland gewählt. Er hat sodann eine Benachteiligung durch die Anrechnungsmethode verneint, da auch Steuerpflichtige mit mehreren inländischen Betriebsstätten nur gezahlte Steuern anrechnen können und somit die ausländische Betriebsstätte wie eine inländische Betriebsstätte behandelt wird.
cc) So liegen die Verhältnisse auch im Streitfall. Die Klägerin wird im Vergleich einer ausländischen Betriebsstätte mit einer inländischen Betriebsstätte nicht benachteiligt.
Liegt aber keine Benachteiligung vor, scheidet ein Verstoß gegen europarechtliche Grundfreiheiten aus und zwar unabhängig davon, aus welchen Gründen die nationale Maßnahme erfolgt.
dd) Soweit der BFH im Urteil vom 21. Oktober 2009 I R 114/08, BStBl II 2010, 774 Rz. 30 ausführt, der EuGH habe die Konsequenzen seiner Entscheidung im Rechtsstreit Columbus Container Services nicht verstanden, ist dies nicht nachvollziehbar. Vielmehr hat der EuGH in der Entscheidung seine Rechtsprechung im Rechtsstreit Cadburry Schweppes ausdrücklich zitiert und damit auch berücksichtigt. Es ist bei dieser Sachlage für den Senat nicht ersichtlich, dass das höchste europäische Gericht naheliegende Folgen seiner Entscheidung nicht erkannt haben soll. Letztlich verschleiert die Begründung des BFH, die Entscheidung des EuGH beruhe auf der Vorlagefrage, die Unterschiede bei der europarechtlichen Prüfung.
Der BFH hat in seiner Endentscheidung im Rechtsstreit Columbus Container Services nicht klar aufgedeckt, aus welchen Vergleichsgruppen er eine Benachteiligung ableitet. Soweit der BFH indes zu einem vom EuGH im Rechtsstreit divergierenden Ergebnis kommt, ist dies Folge davon, dass der BFH im Vergleich zur Entscheidung des EuGH die maßgebliche Vergleichsgruppe ausgetauscht hat. Denn eine Benachteiligung ergibt sich nur, wenn inländische Steuerpflichtige mit Tochtergesellschaften im Ausland mit inländischen Steuerpflichtigen mit Betriebsstätten im Ausland miteinander verglichen werden. Denn Steuerpflichtige mit Tochtergesellschaften können den Nachweis nicht missbräuchlichen Handelns führen, Steuerpflichtige mit Betriebsstätten dagegen nicht.
Auf diese Vergleichsgruppen aber stellt der BFH ab, wenn er die europarechtlichen Voraussetzungen für Steuerpflichtige mit Tochterfirmen im Ausland in den Tatbestand des § 20 Abs. 2 AStG „hineinliest“, der Steuerpflichtige mit Betriebsstätten betrifft.
b) Der EuGH hat die Vergleichsgruppen, aus denen eine Benachteiligung abzuleiten ist, im Verfahren Columbus Container Services sachgerecht gewählt. An der EuGH-Entscheidung vom 6. Dezember 2007 C-298/05, BFH/NV 2008, Beilage 2, 100, ist daher für die Streitjahre 2007 und 2008 festzuhalten (siehe zur Benachteiligung durch Hinzurechnung auch die Entscheidung des EuGH vom 26. Februar 2019 C-135/17 FR 2019, 313 Rz. 64 -68).
aa) Aus dem Urteil des BFH zum Jahr 1996 im Rechtsstreit Columbus Container Services geht keine nähere europarechtliche Begründung für den Wechsel der Vergleichsgruppen, mit dem letztlich das vom EuGH für richtig gehaltene Ergebnis (siehe EuGH-Entscheidung vom 6. Dezember 2007 C-298/05, a.a.O., Rz. 39 und 40) in sein Gegenteil verkehrt wird, hervor. Für den Senat ist eine solche Begründung auch nicht ersichtlich.
Beim Vergleich von Steuerpflichtigen mit Tochtergesellschaften oder mit Betriebsstätten erfolgt kein Vergleich einer Tätigkeit in Deutschland mit einer Tätigkeit im Ausland. Bei beiden Vergleichsgruppen geht es um in Deutschland Steuerpflichtige, die im Ausland tätig werden. Der steuerliche Unterschied ergibt sich daraus, dass die Steuerpflichtigen für ihre Tätigkeit im Ausland eine unterschiedliche Rechtsform gewählt haben.
bb) Das deutsche Steuerrecht ist indes insbesondere beim Vergleich von Kapitalgesellschaften (hier: A GmbH) und Personengesellschaften (hier die atypisch stille Gesellschaft zwischen der B S.à.r.L. und der A GmbH) nicht rechtsformneutral. Zum Vergleich von Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass eine Gleichbehandlung bei der Besteuerung nicht aus dem Gleichheitssatz (Art. 3 Grundgesetz -GG-) abgeleitet werden kann. Vielmehr liefert die Abschirmwirkung der Vermögenssphäre der Kapitalgesellschaft gegenüber ihren Anteilseignern einen Grund zur unterschiedlichen Behandlung im Vergleich zu Personengesellschaften (vgl. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 24. März 2010 1 BvR 2130/09, FR 2010, 670, Rz. 10).
cc) Auf der Basis der Unterschiede zwischen der Besteuerung von Kapitalgesellschaften und Personengesellschaften sind in Konzernstrukturen, in denen – wie hier – letztlich alle Beteiligungen einer Muttergesellschaft gehören – steuerliche Gestaltungen möglich, die ihre Vorteile und ihre Nachteile haben. Hierdurch unterscheidet sich der Streitfall von Fällen, in denen eine bloße Benachteiligung erfolgt (vgl. EuGH vom 23. Februar 2006 C-253/03, juris).
Mit der Gestaltung von atypisch stillen Gesellschaften zwischen Konzerntöchtern kann der Konzern für steuerliche Zwecke das für Kapitalgesellschaften geltende Trennungsprinzip teilweise beseitigen und die Gewinnzurechnung auf bestimmte Töchter steuern.
Erwartet ein Konzern bei der Neugründung von Töchtern Anfangsverluste, kann er mit der steuerlichen Gestaltung einer atypisch stillen Gesellschaft die sofortige Verrechnung der Verluste mit Gewinnen einer anderen Konzerntochter bewirken. Erwartet ein Konzern bei einer Tochter hohe Gewinne, kann er durch die Vereinbarung einer atypisch stillen Gesellschaft die Verrechnung mit Verlusten einer anderen Konzerntochter bewirken.
dd) Dabei ist zu bedenken, dass die steuerlichen Gestaltungen im Voraus zu treffen sind und die Prognosen der handelnden Steuerpflichtigen über den zukünftigen Steuertatbestand falsch sein können.
Bei dieser Lage gilt im deutschen Steuerrecht der Grundsatz, dass Steuerpflichtige, die eine bestimmte Gestaltung wählen, später entstehende Vorteile ausnutzen dürfen aber auch später entstehende Nachteile in Kauf nehmen müssen (kein Rosinenpicken). Es wird in solchen Fällen nicht als Aufgabe der Rechtsprechung angesehen, misslungene Steuergestaltungen zu retten. Vielmehr ist es nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung Aufgabe des Gesetzgebers, die Steuergestaltungen zu dulden oder zu verbieten. Beseitigt die Rechtsprechung durch ein Gebot der Gleichbehandlung die Gestaltungsmöglichkeit, ist der Vorteil der Einen – hier der Klägerin – der Nachteil der Anderen. Steuerpflichtige, die z.B. ausländische Verluste mit inländischen Gewinnen verrechnen wollen, müssten also – falls § 20 AStG grundsätzlich nicht gelten sollte – nunmehr ihre Gestaltungen gegenüber den Finanzämtern als künstliche Gestaltung darstellen, um die erreichten Steuervorteile zu behalten.
ee) Aufgrund der Gestaltungsmöglichkeiten, die freiwillig ausgeübt oder unterlassen werden, befinden sich inländische Steuerpflichtige mit Tochtergesellschaften und inländische Steuerpflichtige, die eine atypisch stille Gesellschaft zwischen Töchtern gestaltet haben, in einer unterschiedlichen Situation, die nicht vergleichbar ist. Würde die Niederlassungsfreiheit oder die Kapitalverkehrsfreiheit die rechtsformneutrale Besteuerung im Ausland erfordern, würde die Auslandstätigkeit im Vergleich zur Inlandstätigkeit unterschiedlich behandelt. Die Diskriminierung wird herbeigeführt, da im Falle der Steuerfreiheit von Gewinnen im Ausland auch die Möglichkeit der Verlustverrechnung entfällt. Steuerpflichtige, die von der von ihnen gewählten Gestaltung – wie angestrebt – profitieren, wird damit der Vorteil zu Gunsten von Steuerpflichtigen genommen, die ihre freiwillig gewählte Gestaltung der steuerlichen Verhältnisse nachträglich als nachteilig ansehen.
ff) Auch im Streitfall hat der Zusammenschluss der Kapitalgesellschaften A GmbH und der Kapitalgesellschaft B S.à.r.L. zu einer Personengesellschaft – der atypisch stillen Gesellschaft – die Rechtsfolge, dass die Abschirmwirkung zwischen den Vermögenssphären der A GmbH und der B S.à.r.L. GmbH für steuerliche Zwecke durchbrochen wird.
Ohne die atypisch stille Gesellschaft hätte die B S.à.r.L. die streitigen Gewinne zu versteuern und könnte ggf. Dividenden steuerfrei (§ 8b Abs. 1 KStG) an die A GmbH ausschütten. Käme unter Durchbrechung der allgemeinen Grundsätze – wie hier – das Außensteuergesetz zur Anwendung, bestünde die Möglichkeit des Entlastungsbeweises (§ 8 Abs. 2 AStG). Die Vereinbarung einer atypisch stillen Gesellschaft bewirkt nun, dass die Gewinne, die der A GmbH zuzurechnen sind, bei ihr unmittelbar zu versteuern sind. Da es keine nationale Sonderregelung für Auslandsfälle gibt, besteht indes auch kein Bedarf für eine EscapeMöglichkeit zur Wahrung der Niederlassungs- oder Kapitalverkehrsfreiheit.
6. Aufgrund der vorstehenden Ausführungen stellt sich für den Senat die Frage eines Missbrauchs im Sinne der Rechtsprechung des EuGH nicht. Er weist jedoch darauf hin, dass er keine missbräuchliche Gestaltung sieht.
aa) Nach Auffassung des EuGH in seiner Entscheidung Cadbury Schweppes können nationale Maßnahmen, die die Niederlassungsfreiheit beschränken, gerechtfertigt sein, wenn sie sich speziell auf rein künstliche Gestaltungen beziehen, die darauf ausgerichtet sind, der Anwendung der Rechtsvorschriften des betreffenden Mitgliedstaates zu entgehen. Bei der Beurteilung des Verhaltens des Steuerpflichtigen ist insbesondere das Ziel der Niederlassungsfreiheit zu berücksichtigen, das darin besteht, es den Staatsangehörigen eines Mitgliedstaats zu erlauben, in einem anderen Mitgliedstaat eine Zweitniederlassung zu gründen, um dort ihren Tätigkeiten nachzugehen, und so die gegenseitige wirtschaftliche und soziale Durchdringung auf dem Gebiet der selbständigen Erwerbstätigkeit innerhalb der Gemeinschaft zu fördern. Der Niederlassungsbegriff soll dabei die tatsächliche Ausübung einer wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung in diesem Staat auf unbestimmte Zeit erfordern, weshalb die Niederlassungsfreiheit eine tatsächliche Ansiedlung der betreffenden Gesellschaft im Aufnahmemitgliedstaat und die Ausübung einer wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeit in diesem voraussetzt.
In der Entscheidung Cadbury Schweppes heißt es weiter: Eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit lässt sich nur dann mit Gründen der Bekämpfung missbräuchlicher Praktiken rechtfertigen, wenn das spezifische Ziel der Beschränkung darin liegt, Verhaltensweisen zu verhindern, die darin bestehen, rein künstliche, jeder wirtschaftlichen Realität bare Gestaltungen zu dem Zweck zu errichten, der Steuer zu entgehen, die normalerweise für durch Tätigkeiten im Inland erzielte Gewinne geschuldet wird. Der Steuerpflichtige muss dabei die Gelegenheit haben, die in den gesetzlichen Regelungen zum Ausdruck kommende Missbrauchsvermutung zu widerlegen. Dieser Gegenbeweis erfordert zum einen den Nachweis, dass das Hauptziel oder eines der Hauptziele der gewählten Gestaltung nicht in einer Steuerminderung bestand, die Gestaltung also nicht überwiegend steuerlich motiviert war (subjektives Element). Zum anderen muss anhand von objektiven Anhaltspunkten feststellbar sein (objektives Element), dass die Gründung einer beherrschten ausländischen Gesellschaft ungeachtet des Vorhandenseins von Motiven steuerlicher Art mit einer wirtschaftlichen Realität zusammenhängt, wobei die Gründung der Gesellschaft mit einer tatsächlichen Ansiedelung zusammenhängen muss, deren Zweck darin besteht, wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeiten im Aufnahmemitgliedstaat nachzugehen.
Zu den objektiven Anhaltspunkten für eine tatsächliche Ansiedelung gehören eine stabile und kontinuierliche Teilnahme am Wirtschaftsleben des Ansässigkeitsstaates, die Ausübung der wirtschaftlichen Tätigkeit mittels einer festen Einrichtung und das Vorhandensein von Geschäftsräumen, Personal und Ausrüstungsgegenständen. Führt die Prüfung solcher Anhaltspunkte zu der Feststellung, dass die beherrschte ausländische Gesellschaft keine wirkliche wirtschaftliche Tätigkeit im Aufnahmemitgliedstaat entfaltet, ist ihre Gründung als rein künstliche Gestaltung anzusehen. Der Umstand, dass die Tätigkeiten der beherrschten ausländischen Gesellschaft ebenso gut im Ansässigkeitsstaat des beherrschenden Gesellschafters hätten ausgeführt werden können, lässt demgegenüber nicht den Schluss auf eine rein künstliche Gestaltung zu. Wenn es sich auf der Grundlage objektiver und von dritter Seite nachprüfbarer Anhaltspunkte erweist, dass die beherrschte ausländische Gesellschaft ungeachtet des Vorhandenseins von Motiven steuerlicher Art tatsächlich im Aufnahmemitgliedstaat angesiedelt ist und dort wirklichen wirtschaftlichen Tätigkeiten nachgeht, ist von der die Niederlassungsfreiheit beschränkenden Besteuerungsmaßnahme abzusehen (vgl. hierzu Urteil des BFH vom 13. Juni 2018 I R 94/15, BStBl II 2020, 755 Rz. 29 – 31).
bb) Für Fälle, in denen die Freiheit des Kapitalverkehrs im Vordergrund steht, modifiziert der EuGH seine zur Niederlassungsfreiheit ergangene Rechtsprechung.
So führt der EuGH in der Entscheidung vom 26. Februar 2019 C-135/17, FR 2019, 313 Rz. 83 ff.) aus:
„Was die vom vorlegenden Gericht ausdrücklich gestellte Frage betrifft, welche qualitativen und quantitativen Anforderungen die Beteiligung eines inländischen Steuerpflichtigen an einer in einem Drittland ansässigen Gesellschaft erfüllen muss, um nicht als rein künstlich angesehen zu werden, ist darauf hinzuweisen, dass der freie Kapitalverkehr zwischen den Mitgliedsstaaten und dritten Ländern nicht darauf abzielt, die Voraussetzungen festzulegen, unter denen sich die Gesellschaften im Binnenmarkt niederlassen können. … Somit deckt sich der Begriff „rein künstliche Gestaltung“ im Kontext des freien Kapitalverkehrs nicht unbedingt mit den in den Rz. 67 und 68 des Urteils vom 12. September 2006, Cadbury Schweppes genannten Anhaltspunkten für die fehlende wirtschaftliche Realität der Niederlassung einer Gesellschaft, da die künstliche Schaffung der Voraussetzungen, um unberechtigt der Besteuerung in einem Mitgliedstaat zu entgehen oder dort unberechtigt einen Steuervorteil in Anspruch zu nehmen, bei grenzüberschreitendem Kapitalverkehr in verschiedenen Formen erfolgen kann. Zwar können die genannten Anhaltspunkte auch im Rahmen der Anwendung der Vorschriften über den freien Kapitalverkehr als Indizien für das Vorliegen einer rein künstlichen Gestaltung dienen, insbesondere wenn es sich als notwendig erweist, den wirtschaftlichen Grund für eine Beteiligung an einer Gesellschaft, die keine eigenen wirtschaftlichen Tätigkeiten entfaltet, zu bewerten. Der genannte Begriff kann jedoch im Kontext des freien Kapitalverkehrs auch jede Vorkehrung umfassen, bei der das Hauptziel oder eines der Hauptziele darin besteht, durch Tätigkeiten im Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats erzielte Gewinne künstlich in Drittländer mit niedrigem Besteuerungsniveau zu transferieren. … Nach ständiger Rechtsprechung [des EuGH] muss hinsichtlich der Beziehungen zwischen Mitgliedstaaten eine nationale Regelung, damit sie in angemessenem Verhältnis zum Ziel der Verhinderung von Steuerhinterziehung und Steuerumgehung steht, in jedem Fall, in dem künstliche Vorgänge nicht auszuschließen sind, den Steuerpflichtigen, ohne ihn übermäßigen Verwaltungszwängen zu unterwerfen, in die Lage versetzen, Anhaltspunkte für etwaige wirtschaftliche Gründe für den Abschluss des betreffenden Geschäfts beizubringen.“
cc) Nach diesen Grundsätzen kommt es im Streitfall darauf an, ob die Vereinbarung einer atypisch stillen Gesellschaft eine künstliche Gestaltung im Sinne des EuGH ist. Denn die rechtliche Problematik des Streitfalls entsteht durch die Vereinbarung der atypisch stillen Gesellschaft.
Auf die Beurteilung der Geschäftsführungstätigkeiten der B S.à.r.L. für ihre Töchter oder anderweitige Tätigkeiten ohne Einnahmen in den Streitjahren kommt es dagegen nicht an (zur Trennung der Bereiche Geschäftsführung/Kreditgewährung siehe BFH-Urteil vom 18. Dezember 2019 I R 59/17, BFH/NV 2020, 1312). Denn ein missbräuchliches Verhalten kann seinen Missbrauchscharakter nicht dadurch verlieren, dass es innerhalb eines Unternehmens erfolgt, dass in anderen Bereichen nicht missbräuchlich agiert (vgl. Wassermeyer/Schönfeld Außensteuerrecht § 8 AStG Rz. 502; auch danach entspricht die Segmentierung der Rechtsprechung des EuGH).
Entscheidend ist aus der Sicht des Senats damit, dass es sich bei dem Zusammenschluss von zwei Kapitalgesellschaften zu einer atypisch stillen (Personen-)Gesellschaft aus der Sicht des deutschen Rechts um eine zulässige Gestaltung handelt. Folglich kann die Gestaltung auch unter europarechtlichen Gesichtspunkten nicht als Missbrauch angesehen werden. Denn andernfalls läge eine Diskriminierung durch unterschiedliche Missbrauchsmaßstäbe im Inlands- und im Auslandsfall vor. Jedenfalls in der Konstellation des Streitfalls ist kein überzeugender Grund ersichtlich, der eine unterschiedliche Behandlung rechtfertigen könnte.
7. Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen.


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