Steuerrecht

Tierärztliche Beurteilung der Pferdehaltung

Aktenzeichen  B 1 K 19.273

Datum:
28.5.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 23950
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
TierSchG § 16a Abs. 1 S. 2 Nr. 1
VwZvG Art. 29, Art. 30, Art. 31, Art.  36

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Über die Klage kann ohne mündliche Verhandlung durch Gerichtsbescheid, der als Urteil wirkt, entschieden werden, weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist (§ 84 Abs. 1 Satz 1, Abs. 3 Halbsatz 1 VwGO). Die Beteiligten wurden gemäß § 84 Abs. 1 Satz 2 VwGO zur Entscheidung durch Gerichtsbescheid gehört.
2. Die zulässige Anfechtungsklage hat in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid des Landratsamts vom 21. Februar 2019 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
a. Es kann dahingestellt bleiben, ob aufgrund der Untersuchung des Pferdes durch den Tierarzt bzw. der Mitteilung des Landratsamts, man vermute, dass das Pferd wohl nicht mehr auf dem Flurstück Nr. … der Gemarkung … oder auf einem anderen Grundstück vom Kläger gehalten werde, eine Erledigung des Rechtsstreits eingetreten sein könnte hinsichtlich der dem Kläger auferlegten Handlungspflichten. Dem Kläger, der sich trotz mehrfacher gerichtlicher Aufforderung nicht geäußert und darauf nicht prozessual reagiert hat, kann das Rechtsschutzbedürfnis an der vorliegenden Klage deshalb nicht abgesprochen werden, weil die Anordnungen im streitgegenständlichen Bescheid die Grundlage für die Kostenerhebung nach Nr. V sind, so dass zumindest inzident die Rechtmäßigkeit der Anordnungen zu prüfen ist.
b. Die im Bescheid vom 21. Februar 2019 getroffenen Anordnungen sind nicht zu beanstanden. Maßgeblicher Zeitpunkt für die gerichtliche Überprüfung der Sach- und Rechtslage ist der Zeitpunkt der letzten Behördenentscheidung (vgl. BVerwG, B.v. 23.11.1990 – 1 B 155.90 – juris Rn. 3; U. v. 29.3.1996 – 1 C 28.94 – juris Rn. 15), mithin vorliegend der Bescheidserlass am 21. Februar 2019 bzw. dessen Bekanntgabe an den Kläger.
Zur Begründung wird zunächst zur Vermeidung unnötiger Wiederholungen auf die Gründe des angefochtenen Bescheids vom 21. Februar 2019 Bezug genommen und insoweit von einer gesonderten Darstellung abgesehen (§ 84 Abs. 1 Satz 3 i.V.m. § 117 Abs. 5 VwGO).
Ergänzend ist zur Sache Folgendes auszuführen:
Die im streitgegenständlichen Bescheid aufgestellten Anforderungen im Hinblick auf das Halten des Haflingerpferdes des Klägers (Nrn. I.1.-3.) sind nicht zu beanstanden. Nach § 16 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG können im Einzelfall zur Erfüllung einer ordnungsgemäßen Tierhaltung Maßnahmen angeordnet werden. Die Haltung des Haflingerpferdes des Klägers verstößt gegen § 2 Nr. 1 TierSchG. Danach hat derjenige, der ein Tier hält, betreut oder zu betreuen hat, dieses seiner Art und seinen Bedürfnissen entsprechend angemessen zu ernähren, pflegen und verhaltensgerecht unterzubringen.
Diese fachliche Einschätzung obliegt in erster Linie den Amtstierärzten, denen vom Gesetzgeber eine vorrangige Beurteilungskompetenz eingeräumt worden ist (vgl. st. Rspr. BayVGH, U. v. 30.1.2008 – 9 B 05.3146 und B.v. 12.11.2013 – 9 CS 13.1946; Hirt/Maisack/ Moritz, Tierschutzgesetz, 3. Aufl., 2016, § 15 Rn. 5). Als gesetzlich vorgesehene Sachverständige sollen die Amtstierärzte zur Durchführung der tierschutzrechtlichen Bestimmungen von den zuständigen Behörden beteiligt werden (vgl. § 15 Abs. 2 TierSchG). Ihrer fachlichen Beurteilung kommt besonderes Gewicht zu. Bloßes Bestreiten der fachlichen Beurteilung ist daher regelmäßig nicht ausreichend. Zur Entkräftung ist vielmehr ein substantiiertes Gegenvorbringen erforderlich (BayVGH, B.v. 23.12.2014 – 9 ZB 11.1525 – juris Rn. 9).
Der Amtstierarzt hat sich vorliegend auch zu Recht auf die Leitlinien des Bundesministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz zur Beurteilung von Pferdehaltungen unter Tierschutzgesichtspunkten (Leitlinien zur Pferdehaltung) gestützt. Diese werden in der Rechtsprechung allgemein anerkannt als sogenannte antizipierte Sachverständigengutachten. Sie stellen allgemeine Ausarbeitungen von Sachverständigen dar, die sich mit den spezifischen Verhaltensbedürfnissen unter bestimmten Haltungsbedingungen und den daraus resultierenden Anforderungen in tierschutzrechtlicher Hinsicht auseinandersetzen (vgl. Ausführungen in Hirt/Maisack/Moritz, a.a.O., Rn. 95 ff. zu Anh. § 2 TierSchG).
Die Anordnungen in Nrn. I.1.-3. des streitgegenständlichen Bescheides entsprechen den Anforderungen, die die Leitlinien zur Pferdehaltung unter Nr. 2.1.1 aufstellen. Danach widerspricht das Halten eines einzelnen Pferdes ohne Artgenossen dem natürlichen Sozialverhalten der Pferde. Bei der Haltung ist in jedem Fall mindestens Sicht-, Hör- und Geruchskontakt zwischen den Tieren sicherzustellen. Auf das soziale Gefüge und die Verträglichkeit der Pferde ist untereinander Rücksicht zu nehmen. Abweichungen von diesen grundsätzlichen Vorgaben sind nur in Ausnahmefällen fachlich begründbar, so zum Beispiel, wenn sich ein Pferd eindeutig als unverträglich im Sinn einer Verhaltensstörung erwiesen hat oder bei einer Gesundheitsgefährdung betroffener oder anderer Tiere.
Es ist evident, dass der Kläger durch die Einzelhaltung seines Pferdes diese grundlegenden Maßgaben nicht eingehalten hat. Anhaltspunkte dafür, dass ein Absehen von diesen Regeln aufgrund außergewöhnlicher Umstände geboten wäre, sind nicht ersichtlich und wurden vom Kläger auch nicht vorgetragen. Soweit er vorbringt, dass die Einzelhaltung bereits am 10. Februar 2019 durch ein weiteres Pferd beendet worden sei, liegen hierfür keinerlei Anhaltspunkte vor, so dass das Gericht davon ausgehen muss, dass es sich hierbei um eine bloße Schutzbehauptung handelt. Der Kläger hat trotz mehrmaliger gerichtlicher Anfragen keinerlei weitere Aufklärung zu diesem angeblichen Beistellpferd geliefert. Er wurde zudem noch am 11. März 2019 vom behandelnden Tierarzt darauf hingewiesen, die dauerhafte Einzelhaltung zu vermeiden und sich um ein Beistellpferd zu kümmern. Ausweislich des Attests der Tierarztpraxis L. vom 22. März 2019 hat der Kläger damals angegeben, dass das Tier seit Anfang des Jahres allein gehalten werde. Wenn am 11. März 2019 bereits ein Beistellpferd vorhanden gewesen wäre, hätte es nahegelegen, dass der Kläger dies auch dem Tierarzt mitgeteilt hätte. Aber selbst wenn ein weiteres Pferd nach der klägerischen Schilderung in seinem Schreiben vom 20. Juni 2019 bereits zum Zeitpunkt der tierärztlichen Kontrolle vorhanden gewesen sein sollte, wäre dessen Haltung nicht ausreichend, um den Vorgaben der Leitlinien zur Pferdehaltung zu genügen, denn auch nach dem klägerischen Vortrag ist dieses weitere Pferd sehr oft unterwegs und kann damit den notwendigen Sozialkontakt nicht herstellen.
Nr. I.4. des streitgegenständlichen Bescheids (tierärztliche Untersuchung der haarlosen Stelle an der Halsseite des Pferdes) ist der Kläger mittlerweile nachgekommen. Diese Anordnung findet ihre Rechtsgrundlage ebenfalls in § 2 Nr. 1 i.V.m. § 16a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 TierSchG. Zwar wurde der Kläger in Bezug auf diese Anordnung offensichtlich nicht vorher nach Art. 28 Abs. 1 BayVwVfG angehört, jedoch wird dieses Erfordernis durch die Äußerungsmöglichkeit im Klageverfahren geheilt (Art. 45 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BayVwVfG).
Das Landratsamt war auch berechtigt, den Kläger dazu aufzufordern, eine tierärztliche Abklärung herbeizuführen, denn die festgestellte haarlose Stelle an der rechten Halsseite des Pferdes stellt einen Zustand dar, der durchaus auch durch eine Erkrankung hätte ausgelöst worden sein können (vgl. die Ausführungen im tierärztlichen Attest) und dessen Ursache und Behebung im Interesse einer tiergemäßen Haltung nach § 2 Nr. 1 TierSchG geboten war.
Die Anordnungen waren insgesamt geeignet, erforderlich und verhältnismäßig. Ein milderes Mittel kam nicht in Betracht. Der Kläger wurde vor Erlass der streitgegenständlichen Anordnungen vom Landratsamt mehrfach kontaktiert, auf die nicht tiergerechte Haltung hingewiesen und zur Abhilfe aufgefordert. Dem ist er offensichtlich bis zum Erlass des streitgegenständlichen Bescheids nicht nachgekommen.
Gegen die Zwangsgeldandrohungen in Nr. III. des streitgegenständlichen Bescheids, die auf der Grundlage der Art. 18 Abs. 1, 19 Abs. 1 Nr. 3, 29, 30, 31, 36 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG) ergingen, bestehen keine grundlegenden rechtlichen Bedenken. Insbesondere die Höhe der angedrohten Zwangsgelder, die für die jeweiligen Handlungspflichten ausgesprochen wurden, bewegt sich im unteren Bereich des Rahmens, den Art. 31 Abs. 2 Satz 1 VwZVG vorgibt (15 bis höchstens 50.000 EUR).
Schließlich ist auch Nr. V des Bescheids (Erhebung von Gebühren und Auslagen) nicht zu beanstanden. Die Gebührenerhebung hält sich in dem von Art. 6 KG i.V.m. Tarif-Nr. 7.IX.10/2.3 des Kostenverzeichnisses gezogenen Gebührenrahmen (25 bis 5.000 EUR). Die Erstattungspflicht hinsichtlich der Auslage in Höhe von 4,11 Euro für die Postzustellung stützt sich auf Art. 10 Abs. 1 Nr. 2 KG.
Die Klage ist daher abzuweisen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Als unterliegender Beteiligter hat der Kläger die Kosten des Verfahrens zu tragen.
4. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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