Strafrecht

Insolvenzverfahren, Gesamtfreiheitsstrafe, Darlehensvertrag, Anleger, Schadensersatz, Angeklagte, Revision, Freiheitsstrafe, Schuldspruch, Restschuldbefreiung, Scheidung, Darlehen, Insolvenzverwalter, Bank, unerlaubten Handlung, Fahrens ohne Fahrerlaubnis, billigend in Kauf

Aktenzeichen  3 KLs 201 Js 3700/20

Datum:
11.11.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 47158
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StGB § 73 Abs. 1, Abs. 2, 73 c, 73 e

 

Leitsatz

Tenor

1. Gegen den Verurteilten G. V. R. wird die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.822.820,95 EUR angeordnet.
2. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst.

Gründe

Dem Urteil ist keine Verständigung gemäß § 257 c StPO vorausgegangen.
A. Verfahrensgang
Der Verurteilte R. G. V. wurde mit Urteil des Landgerichts Landshut vom 13.08.2018, Az. 3 KLs 201 Js 4040/13, des vorsätzlichen unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften in 52 Fällen bei Teilfreispruch im Übrigen schuldig gesprochen und zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Mit Beschluss vom 13.08.2018 war zuvor das Verfahren wegen der Einziehung des Wertes von Taterträgen gemäß § 422 StPO in Bezug auf den Verurteilten abgetrennt worden.
Auf die Revision des Verurteilten änderte der Bundesgerichtshof mit Beschluss vom 09.04.2019, Az. 1 StR 673/18, das Urteil des Landgerichts Landshut – bei Verwerfung der Revision im Übrigen als unbegründet – im Schuldspruch dahingehend ab, dass der Verurteilte wegen vorsätzlichen unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften zu einer Freiheitsstrafe von 2 Jahren verurteilt wurde, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde.
Mit Antragsschrift vom 09.12.2019 beantragte die Staatsanwaltschaft L., gegen den Verurteilten und gegen seine Ehefrau S. R. als Gesamtschuldner die Einziehung eines Betrages von 2.505.198,50 EUR als Wertersatz anzuordnen. Mit Verfügung vom 07.10.2020 nahm die Staatsanwaltschaft den Antrag gegen die Ehefrau zurück.
Seitens der Verteidigung wurde eine Entscheidung durch Urteil nach § 423 Abs. 4 S. 2 StPO beantragt, weshalb eine mündliche Verhandlung durchzuführen und durch Urteil zu entscheiden war, § 423 Abs. 4 StPO.
Das Urteil des Landgerichts Landshut vom 13.08.2018, Az. 3 KLs 201 Js 4040/13, wird im Nachfolgenden kurz als „gegenständliches Urteil“ bezeichnet. Soweit aus dem gegenständlichen Urteil zitiert wird, wird die Bezeichnung „Angeklagter“ für den dort Verurteilten übernommen. Die im gegenständlichen Urteil insb. im Sachverhalt unter Ziffer III. 1. (Einlagengeschäfte) und 5. (Tatfolgen) aufgeführten Darlehensnehmer/Anleger werden außerhalb desselben nachfolgend als Geschädigte bezeichnet.
B. Persönliche Verhältnisse
I. Feststellungen aus dem Urteil von 13.08.2018 (im Nachfolgenden kurz: gegenständliches Urteil)
In Bezug auf die persönlichen Verhältnisse des Verurteilten steht auf Grund des gegenständlichen Urteils des Landgerichts Landshut vom 13.08.2018 folgender Sachverhalt fest:
„Der Angeklagte G. V. R. wurde am … 1961 in Fr. als Sohn eines Brauers und einer Hausfrau geboren. Er wuchs mit seinem Bruder, dem Zeugen H. R., und seiner Schwester in der Familie auf.
Der Angeklagte ist in 2. Ehe seit 2009 mit der Mitangeklagten verheiratet. Mit seiner ersten Ehefrau, der Zeugin Sn. R., lebte der Angeklagte von 1992 bis 1998 zusammen, die Scheidung erfolgte im Jahr 2003. Aus der 1. Ehe stammen seine beiden 19 und 25 Jahre alten Kinder.
Der Angeklagte wurde 1967 in die Knabenschule Fr. eingeschult, die er bis zur 9. Klasse besuchte. Anschließend absolvierte er in Fr. eine Lehre zum Elektroinstallateur. Nach seiner Übernahme durch die Ausbildungsfirma war er dort noch ein halbes Jahr angestellt, bevor er zu einer Lebensmittelfirma wechselte. Dort war er, unterbrochen durch die Ableistung des Grundwehrdienstes 1981 bis etwa 1983, bis 1987 in seinem erlernten Beruf tätig.
1987 bis 1992 war der Angeklagte als Lkw-Fahrer für die Firma I. M. tätig.
Im Januar 1992 machte er sich mit einem Kfz-Gewerbe selbständig. Der Angeklagte wartete und reparierte zunächst Rennautos, insbesondere solche für 24-Stunden-Rennen. Außerdem verkaufte er Autoteile. Aufgrund seiner guten Reputation weitete er seine Firma aus und stellte nach und nach insgesamt zwei Mitarbeiter für seine Werkstatt und den Teileverkauf ein.
2004 erwarb der Angeklagte ein Grundstück und errichtete dort eine Werkstatt mit vier Autoarbeitsplätzen nebst Verwaltungsgebäude und Wohnung. Seine Firma entwickelte sich zu einem normalen Werkstattbetrieb mit Ersatzteilhandel, er beschäftigte zwei Mechaniker und eine Bürokraft.
Ab etwa 2005 erweiterte der Angeklagte sein Geschäft um den Handel mit Neufahrzeugen, nachdem ihm sein Bekannter R. L. die Firma T. Iv. TIP Tr. als Lieferanten mit günstigen Konditionen empfohlen hatte. Anfangs vermittelte der Angeklagte zwischen Kaufinteressenten und der Firma TIP Tr., dann agierte er selbst als Verkäufer/Einkäufer bei Tip Tr.. T. Iv. betrieb mit der Fa. TIP Tr. ein Schneeballsystem (nachfolgend im Sachverhalt unter Ziffer II. näher beschrieben). Der Angeklagte gewährte seinen Kunden bei Neufahrzeugen der Marke Porsche 20 % Rabatt und bei anderen Marken 24 % Rabatt auf den Listenpreis. Der von T. Iv. TIP Tr. gewährte Rabatt lag zwischen 28 % und 30 %, so dass die Gewinnmarge des Angeklagten etwa 4 bis 5 % betrug.
2008 bot T. Iv. dem Angeklagten an, über ihn bei der Fa. S. Geld anzulegen. Diese Geschäfte sind Gegenstand des gegenständlichen Strafverfahrens.
Nach der Verhaftung des T. Iv. am 18.08.2011 geriet die Firma des Angeklagten in wirtschaftliche Schwierigkeiten und der Angeklagte stellte im Juli 2012 Insolvenzantrag. Dieser umfasst auch das Privatvermögen des Angeklagten. Der Insolvenzverwalter gab die selbständige Tätigkeit frei. Dem Angeklagten ist ein Verdienst von maximal 1.080,- EUR im Monat erlaubt. Er firmiert unter der Firma R. und erbringt Dienstleistungen vornehmlich für A. F./Sportwagen F., der 2011 die Werkstatt des Angeklagten gepachtet hatte.
2016 wurden sämtliche Immobilien des Angeklagten versteigert. Seine mitangeklagte Ehefrau erwarb die Gewerbehalle für 900.000 EUR. Der Gesamterlös für alle Immobilien betrug etwa 1 Mio. EUR. Die Restschulden des Angeklagten betragen noch ca. 4 Mio. EUR.
Das vom ihm restaurierte Flugzeug JAG 52 hatte der Angeklagten bereits 2010/11 für 115.000,- EUR verkauft.
Der Angeklagte wohnt kostenfrei im Einfamilienhaus seiner mitangeklagten Ehefrau. Er hat keine Unterhaltsverpflichtungen.
Der Angeklagte ist nicht vorbestraft.
Im Tatzeitraum lagen keine Erkrankungen vor.“
II. Ergänzende Feststellungen durch die Kammer
Die Kammer hat zu den persönlichen Verhältnissen des Verurteilten folgende weitere Feststellungen getroffen:
Der Verurteilte führt nach Rechtskraft des gegenständlichen Urteils die Firma Rotech weiter und erwirtschaftet derzeit monatliche Einnahmen im Bereich von 800-1.500 EUR. Der Verurteilte wohnt weiterhin im Einfamilienhaus seiner Ehefrau und entrichtet ein monatliches Wohngeld in Höhe von 400 EUR. Er hat weiterhin keine Unterhaltsverpflichtungen.
Beim Verurteilten sind seit der gegenständlichen Verurteilung keine Erkrankungen aufgetreten.
Der Verurteilte ist einmal strafrechtlich in Erscheinung getreten. Es handelt sich dabei um die gegenständliche Verurteilung des Landgerichts Landshut vom 13.08.2018.
Das Insolvenzverfahren über das Privatvermögen des Verurteilten ist mittlerweile abgeschlossen. Dem Verurteilten wurde am 17.08.2018 Restschuldbefreiung erteilt. Die Einzelheiten sind unten im Sachverhalt unter C. II. 1. (Insolvenzverfahren über das Vermögen des Verurteilten) dargestellt.
C. Festgestellter Sachverhalt
I. Feststellungen aus dem gegenständlichen Urteil vom 13.08.2018
Folgender Sachverhalt steht auf Grund des gegenständlichen Urteils des Landgerichts Landshut vom 13.08.2018 fest:
I.
Der Angeklagte G. R. war Inhaber der Einzelfirma Sportwagen R., S.-U. Straße 40, … Fr.. Unternehmensgegenstand war der Handel von Fahrzeugteilen und die Reparatur von Fahrzeugen. Ab 2005 war die Firma T. Iv. TIP Tr. sein Hauptlieferant.
II. T. Iv. TIP Tr.
T. Iv. betrieb mit seiner Einzelfirma T. Iv. TIP Tr., Fr.-str. 7, … Ge., einen Handel mit Neufahrzeugen, wobei er den Kunden – u.a. dem Angeklagten und der für die Fa. K. AG handelnden Mitangeklagten – die Fahrzeuge mit marktunüblich hohen Rabatten von bis zu 32 % und somit weit unter dem eigenen Einkaufspreis veräußerte, so dass er letztlich bei jedem Verkauf einen Verlust zwischen 10 % und 20 % des jeweiligen Listenpreises erzielte.
Um die eingegangenen Verpflichtungen hinsichtlich der bestellten Fahrzeuge erfüllen zu können, nahm T. Iv. immer weitere Neuwagenbestellungen gegen Vorkasse auf und verwendete die so erlangten Gelder zur Bezahlung der bereits zuvor bestellten Fahrzeuge.
Zudem ließ sich T. Iv. von einer Vielzahl von Anlegern – darunter den beiden Angeklagten – teils befristete, teils unbefristete – Darlehen gewähren und versprach hierbei Festzinsen von 7,5 Prozent pro Monat, ohne dass er in der Lage war, derartig hohe Zinsen im normalen Geschäftsablauf zu erwirtschaften.
Eine entsprechende Zinszahlung oder gar eine Rückzahlung von Darlehensgeldern war nur möglich, solange ihm fortlaufend neue Gelder im Rahmen von neuen Darlehen zuflossen.
Iv. erklärte dem Angeklagten die hohen Rabatte im Autohandel wahrheitswidrig damit, dass er als großer Unterhändler mit dem großen Mietwagenunternehmen S. zusammenarbeite und dessen außerordentlich günstigen Rabatte von 30-40 % auf den Listenpreis nutze. Die Firma S. lasse ihn an ihren günstigen Einkaufskonditionen bei den örtlichen Vertragshändlern teilhaben, indem S. ihm für jedes bei den Vertragshändlern bestellte Fahrzeug Boni in Höhe der von ihr mit den Autohändlern ausgehandelten außerordentlich hohen Rabatte auszahle. Dies gestatte es Iv., die Fahrzeuge so günstig anzubieten unter der Voraussetzung, dass die Käufer die Fahrzeuge bereits bei Bestellung bezahlten.
In Bezug auf die Bankgeschäfte erklärte Iv. dem Angeklagten wahrheitswidrig, in ein hoch verzinstes Anlagemodell zu investieren, bei dem ebenfalls die große Autovermietungsfirma S. mit ihrer Niederlassung in der Schweiz im Hintergrund stehe. Der dem Angeklagten ausgereichte Zinssatz von 7,5 % monatlich werde von der Firma S. durch den Einkauf von Fahrzeugen in großen Stückzahlen (z.B. einer Wochenproduktion von ca. 1.500 bis 2.000 Fahrzeugen) bei den Automobilherstellern erwirtschaftet. S. erhalte von den Herstellern einen Einkaufsrabatt von 50 %. Die Fahrzeuge würden sodann nach zwei bis drei Monaten an den Kunden ausgeliefert, weshalb Renditen von 50 % auf die Kundengelder im Jahresquartal möglich seien. Iv. teilte dem Angeklagten mit, dass eine Schweizer Bank mit 30 Mio. EUR und die Deutsche Bank mit 1 Mio. EUR bürgten.
Zum Beleg seiner Angaben legte Iv. dem Angeklagten ein Papierkonvolut vor. Zum Inhalt dieses Konvoluts konnte lediglich festgestellt werden, dass dessen erste Seite ein Vertragsformular der Firma S. aufwies, dessen Inhalt nicht näher aufklärbar war. Iv. gestattete es dem Angeklagten nur, diese erste Seite zu sichten.
Außerdem zeigte er dem Angeklagten einen auf ihn lautenden Kontoauszug der Deutschen Bank mit einem Guthaben von 1 Mio. EUR vor sowie eine Bankbürgschaft einer nicht näher feststellbaren Schweizer Bank. Auch insoweit konnten keine weitergehenden Feststellungen zum Inhalt der Urkunden getroffen werden.
Darüber hinaus verbot Iv. es dem Angeklagten unter Androhung einer Vertragsstrafe von 1 Mio. EUR, Dritten gegenüber den Namen der Firma S. als sein Kooperationspartner zu erwähnen.
Das Schneeballsystem scheiterte spätestens im Juli 2011. T. Iv. wurde am 18.08.2011 festgenommen. Er wurde rechtskräftig mit Urteil des Landgerichts München II vom 01.06.2012 wegen Betrugs in 450 tatmehrheitlichen Fällen sowie Erbringung von Bankgeschäften ohne Erlaubnis zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 7 Jahren und 6 Monaten verurteilt.
Iv. verstarb zwischenzeitlich vor der Hauptverhandlung.
III. Betreiben von Bankgeschäften durch den Angeklagten
Der Angeklagte betrieb zumindest seit August 2008 sowohl im Zusammenhang mit seiner Einzelfirma Sportwagen R. als auch als Privatperson nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KWG erlaubnispflichtige Bankgeschäfte, nämlich Einlagen- und Kreditgeschäfte, ohne im Besitz der erforderlichen Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gewesen zu sein. Bei den Anlegern handelte es sich um Kunden seiner Einzelfirma, mit denen er gut bekannt und befreundet war, oder um Verwandte.
Der Angeklagte vereinnahmte im Zeitraum August 2008 bis 11.04.2011 von seinen Kunden insgesamt 1.553.500 EUR (Einlagengeschäfte Fälle 1 bis 27, s. u. Ziffer 1.), die er in das oben erläuterte Schneeballsystem des T. Iv., von dem er keine Kenntnis hatte, investierte, der dem Angeklagten für die zur Verfügung gestellten Geldbeträge eine monatliche Rendite von 7,5 Prozent versprochen hatte (Kreditgeschäfte, Fälle 31 bis 51, s. u. Ziffer 2.a).
Dem Angeklagten kam es jeweils darauf an, die Zinsdifferenz aus den Einlagen- und Kreditgeschäften zu vereinnahmen. Er reichte deshalb von den von Iv. ausbezahlten Zinsen nur 2 bis 6 % an seine Anleger weiter.
Bis zum Scheitern des Schneeballmodells zahlte der Angeklagte an die geschädigten Anleger insgesamt 475.714 EUR (Zinsen und Rückzahlung Kapital, näheres unter Ziffer 5.), so dass bei diesen ein Schaden in Höhe von 1.077.786 EUR verblieb.
Im Juli 2011 vereinnahmte der Angeklagte insgesamt weitere 290.000 EUR (Einlagengeschäfte, Fälle 28 bis 30, s. u. Ziffer 1.). In diesen Fällen sollte das Geld gewinnbringend in den Rohgoldhandel investiert werden, weshalb der Angeklagte die Gelder der M. GmbH, vertreten durch den Geschäftsführer R. L., am 14.07.2011 mit Darlehensvertrag vom 28.07.2011 (Fall 52, s. u. Ziffer 2.b) darlehenshalber und verzinst zur Investition in den Rohgoldhandel zur Verfügung stellte. Auch in diesen Fällen versprach der Angeklagte den Anlegern die Sicherheit ihrer Anlage.
Zu einer Rückzahlung der Einlagen kam es jedoch nicht, weil der Angeklagte durch den Zusammenbruch des von Iv. betriebenen Schneeballsystems in Zahlungsschwierigkeiten geriet. Der Angeklagte vereinbarte ohne Wissen und ohne Einverständnis der Anleger zu einem nicht näher bekannten Zeitpunkt nach dem 01.09.2011 mit R. L.als Geschäftsführer der Mo. GmbH, dass die Darlehensgelder in Höhe von 290.000 EUR für die Bezahlung von acht Fahrzeugen verwendet werden sollten, welche der Angeklagte bei Iv. bestellt hatte.
Die Käufer hatten dem Angeklagten diese Fahrzeuge bereits bezahlt und der Angeklagte die Gelder an Iv. weitergereicht. Iv. hatte diese Gelder nicht zur Bezahlung der gekauften Fahrzeuge an die Vertragshändler weitergeleitet, so dass diese die Auslieferung der Fahrzeuge an die Käufer stoppten. Die Firma Mo. GmbH sollte nach dieser Vereinbarung die Bestellungen dieser acht Fahrzeuge übernehmen, welche der Angeklagte getätigt hatte, und sollte beim Vertragshändler Vertragspartner werden und somit zur Zahlung der bestellten Fahrzeuge verpflichtet sein. Diese Verpflichtung wurde mit dem gewährten Darlehen über 290.000,00 EUR verrechnet. Wie von ihm beabsichtigt, erreichte der Angeklagten auf diese Weise die Erfüllung seiner Verpflichtungen aus den Kaufverträgen, indem die acht von seinen Käufern bereits bezahlten Fahrzeuge an diese ausgeliefert wurden.
Der Angeklagte war zu den jeweiligen Fälligkeitszeitpunkten nicht in der Lage, die vereinnahmten Darlehen an die Geschädigten T., M. und Wi. zurückzubezahlen. Ihnen entstand deshalb ein Schaden in Höhe ihrer Einlagen, insgesamt 290.000 EUR.
Der Angeklagte entschied in jedem der nachfolgend dargestellten Fälle, ob und zu welchen Konditionen die jeweiligen Bankgeschäfte vorgenommen wurden. So vergewisserte er sich vor Abschluss der Einlagengeschäfte bei Iv. bzw. der Mo. GmbH, dass dort eine Anlage möglich war. Die Höhe der Einlagen, die Fälligkeiten und die Zinssätze handelte er jeweils mit den Anlegern aus. Auch der Abschluss der Kreditgeschäfte beruhte jeweils auf einem neugefassten Entschluss, insb. was Zeitpunkt, Darlehenshöhe sowie Fälligkeiten betraf.
Die Bankgeschäfte im Einzelnen:
1. Einlagengeschäfte
Insgesamt schloss der Angeklagte im Zeitraum von August 2008 bis zum 06.07.2011 mit insgesamt 15 Anlegern, teilweise als Inhaber der Firma Sportwagen R. und teilweise als Privatperson, unter Verwendung eines vorformulierten typisierten Vertragsformulares – teils befristet, teils unbefristet – sogenannte „Gelddarlehensverträge“ über einen Betrag von insgesamt 1.553.500 EUR (Fälle 1 bis 27) und 290.000 EUR (Fälle 28 bis 30), insgesamt also 1.843.500 EUR.
Die eingelegten Gelder sollten, wie bereits ausgeführt, in den Fällen 1 bis 27 jeweils für die Finanzierung eines renditeträchtigen Anlagemodells der Firma S. und in den Fällen 28 bis 30 für den Rohgoldhandel verwendet werden. Dabei versprach der Angeklagte den Anlegern je nach Bekanntheitsgrad eine Verzinsung von 2 bis 6 % pro Monat. Außerdem sicherte der Angeklagte den Anlegern zu, das angelegte Geld nach Fälligkeit zurückzuzahlen. Irgendwelche Sicherheiten wurden jeweils für das zur Verfügung gestellte Darlehen nicht vereinbart.
Die Anleger gingen in allen Fällen von einer sicheren Anlage ihrer Gelder aus und davon, dass die unbedingte Rückzahlbarkeit ihrer eingelegten Gelder nach Fälligkeit gesichert war. Aufgrund ihres großen Vertrauens in die Richtigkeit der Angaben des Angeklagten überwiesen sie ihm teilweise ihre Einlagen, ohne dass ein schriftlicher Darlehensvertrag unterzeichnet war.
Im Einzelnen schloss der Angeklagte mit den geschädigten Anlegern aufgrund eines jeweils neu gefassten Tatentschlusses nachfolgende Darlehensverträge ab und die Anleger bezahlten an den Angeklagten folgende Geldbeträge:
Fall-Nr.
Darlehensgeber
Darlehensnehmer
Einzahlungsdatum
Datum Vertragsunterschrift
Darlehenssumme
in EUR
Zins
pro Monat in %
1
B. W.
Sportwagen R.
27.11.2008
28.11.2008
50.000,00
2
2
Sportwagen R.
02.09.2009
01.09.2009
50.000,00
2
3
Sportwagen R.
12.01.2010
12.01.2010
50.000,00
2
4
Sportwagen R.
31.05.2010
31.05.2010
30.000,00
2
5
Sportwagen R.
29.09.2010
ohne
70.000,00
2
6
Sportwagen R.
09.03.2011
09.03.2011
80.000,00
2
7
Sportwagen R.
26.01.2011
28.01.2011
70.000,00
2
gesamt
400.000,00
8
F. A.
G. R.
21.01.2011
22.01.2011
40.000,00
3
9
Ge. Bl.
Sportwagen R.
01.08.2008
03.09.2008
50.000,00
5
10
Sportwagen R.
27.09.2010
27.09.2010
100.000,00
5
gesamt
150.000,00
11
He. Da.
Sportwagen R.
03.09.2009
ohne
10.000,00
5
12
Sportwagen R.
26.05.2010
26.05.2010
8.500,00
5
13
Sportwagen R.
11.04.2011
12.04.2011
10.000,00
5
gesamt
28.500,00
14
Pa. Ro.
Sportwagen R.
02.09.2008
03.09.2008
50.000,00
2
15
Sportwagen R.
08.01.2009
ohne
50.000,00
2
16
Sportwagen R.
27.01.2010
29.01.2010
100.000,00
2
17
Sportwagen R.
15.03.2010
15.03.2010
50.000,00
2
18
Sportwagen R.
26.03.2010
26.03.2010
50.000,00
2
19
Sportwagen R.
25.05.2010
25.05.2010
100.000,00
2
gesamt
400.000,00
20
Pr. Th.
Sportwagen R.
26.11.2010
26.11.2010
100.000,00
2
21
Ra. Ma.
Gü. R.
25.01.2011
28.01.2011
15.000,00
3
22
R. Hans
Sportwagen R.
27.03.2009
28.03.2009
80.000,00
5
23
R. Sn.
Sportwagen R.
23.11.2010
26.11.2010
20.000,00
6
24
Ro. Be.
Sportwagen R.
16.12.2009
16.12.2009
170.000,00
3
25
Sch. An.
G. R.
24.01.2011
28.01.2011
50.000,00
3
26
Z. M.
Sportwagen R.
25.02.2010
25.02.2010
50.000,00
2
27
Sportwagen R.
11.03.2010
11.03.2010
50.000,00
2
gesamt
100.000,00
28
To. No. und Do.
Sportwagen R.
05.07.2011
18.07.2011
125.000,00
2
Sportwagen R.
07.07.2011
75.000,00
gesamt
200.000,00
29
M. Wa.
G. R.
04.07.2011
20.07.2011
10.000,00
3
06.07.2011
10.000,00
gesamt
20.000,00
30
Wi. A.
G. R.
05.07.2011
19.07.2011
70.000,00
3
Summe fremder Darlehen
1.843.500,00
2. Kreditgeschäfte
a) Fälle 31 bis 51
Der Angeklagte reichte die in den Fällen 1 bis 27 eingelegten Gelder an T. Iv. weiter, der vorgab, diese in ein Anlagemodell mit der Firma S. zu investieren.
Hierzu schloss der Angeklagte aufgrund eines jeweils neugefassten Tatentschlusses regelmäßig mit Iv. schriftliche – teils befristete, teils unbefristete – Darlehensverträge, in denen ein Verwendungszweck nicht vereinbart wurde. Die Verzinsung wurde immer auf 7,5 % pro Monat festgelegt. Als Sicherheit wurde vereinbart, dass bei Verzug der Zinsbegleichung oder der Rückzahlung des Darlehens auf das Privatvermögen des Iv. als persönlich haftender Gesellschafter zurückgegriffen werden könne.
Teilweise reichte der Angeklagte Darlehen an Iv. aus, ohne dass ein schriftlicher Darlehensvertrag vorlag. Auch in diesen Fällen hatte der Angeklagte mündlich mit Iv. die Rückzahlung der Gelder und den Zinssatz von 7,5 % vereinbart.
Der Angeklagte zahlte im Einzelnen folgende Darlehensbeträge an Iv. aus:
Fall-Nr.
Darlehensgeber
Einzahlungsdatum
Datum Vertragsunterschrift
Darlehenssumme
in EUR
Zins
pro Monat in %
31
Sportwagen R.
01.08.2008
15.08.2008
300.000,00
7,5
32
Sportwagen R.
27.11.2008
ohne
50.000,00
7,5
33
Sportwagen R.
08.01.2009
ohne
50.000,00
7,5
34
Sportwagen R.
27.03.2009
27.03.2009
80.000,00
7,5
35
Sportwagen R.
31.08.2009
31.08.2009
60.000,00
7,5
36
Sportwagen R.
17.12.2009
ohne
170.000,00
7,5
37
Sportwagen R.
13.01.2010
13.01.2010
50.000,00
7,5
38
Sportwagen R.
28.01.2010
ohne
100.000,00
7,5
39
Sportwagen R.
11.02.2010
ohne
50.000,00
7,5
40
Sportwagen R.
25.02.2010
ohne
50.000,00
7,5
41
Sportwagen R.
11.03.2010
11.03.2010
50.000,00
7,5
42
Sportwagen R.
15.03.2010
15.03.2010
50.000,00
7,5
43
Sportwagen R.
26.03.2010
26.03.2010
50.000,00
7,5
44
Sportwagen R.
27.05.2010
28.05.2010
138.500,00
7,5
45
Sportwagen R.
29.09.2010
01.10.2010
170.000,00
7,5
46
Sportwagen R.
23.11.2010
ohne
20.000,00
7,5
47
Sportwagen R.
26.11.2010
ohne
100.000,00
7,5
48
R. G.
10.03.2011
10.03.2011
10.000,00
7,5
49
R. G.
09.03.2011
09.03.2011
80.000,00
7,5
50
Sportwagen R.
11.04.2011
12.04.2011
10.000,00
7,5
51
R. G.
26.01.2011
26.01.2011
175.000,00
7,5
Summe Kredite
1.813.500,00
Iv. leistete bis März 2011 Zinszahlungen in Höhe von 1.050.712,50 EUR an den Angeklagten.
b) Fall 52
Die in den Fällen 28 bis 30 eingelegten Gelder in Höhe von 290.000,00 EUR stellte der Angeklagte am 14.07.2011 mit Darlehensvertrag vom 28.07.2011 sodann der Firma Mo. GmbH, vertreten durch deren Geschäftsführer Ralph Langer, zur Verfügung, wobei die Gelder vereinbarungsgemäß von der Mo. GmbH gewinnbringend in Rohgoldgeschäfte investiert werden sollten. Das Darlehen wurde nebst Zinsen in Höhe von 11.600 EUR zum 30.09.2011 zur Rückzahlung fällig.
3. Erlaubniserfordernis § 32 Abs. 1 KWG
Der Angeklagte betrieb im Rahmen der vorgenannten Geschäfte sowohl Einlagengeschäfte gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 KWG durch die Annahme fremder Gelder als Einlagen oder anderer unbedingt rückzahlbarer Gelder (Fälle 1 bis 30), als auch Kreditgeschäfte gemäß § 1 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 KWG durch die Vergabe von Gelddarlehen (Fälle 31 bis 52). Der Angeklagte erkannte, dass es sich bei diesen Geschäften nicht um solche seiner privaten Vermögensverwaltung handelte. Er nahm jeweils billigend in Kauf, dass es sich hierbei um Bankgeschäfte i.S.v. § 1 Abs. 1 KWG handelte.
Entsprechend seines Tatplanes war seine Tätigkeit von Beginn an auf Dauer angelegt und auf Gewinnerzielungsabsicht ausgerichtet. Der Angeklagte hatte von Anfang an die Absicht, sich aus der überschießenden Rendite ein fortlaufendes erhebliches Einkommen zu verschaffen. Er handelte von Anfang an mit dem Plan, sich durch sein Handeln eine Einkommensquelle zu eröffnen und zu erhalten, die nach ihrer Art, ihrer Dauer und ihrem Umfang nachhaltig und nicht nur unerheblich war.
Zudem wiesen entsprechend seiner Vorstellung bei Aufnahme seiner Tätigkeit die Einlagen- und Kreditgeschäfte von Anfang an sowohl im Hinblick auf die Anzahl der Geschäfte als auch im Hinblick auf die Geldsummen einen Umfang auf, der einen in kaufmännischer Weise eingerichteten Gewerbebetrieb erforderte. Dies erkannte der Angeklagte ebenfalls von Anbeginn.
Aufgrund seiner langjährigen Geschäftserfahrungen rechnete der Angeklagte damit, dass er für die getätigten Geschäfte einer schriftlichen Erlaubnis der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) gemäß § 32 Abs. 1 KWG benötigte.
Über eine solche Erlaubnis verfügte er jedoch zu keinem Zeitpunkt, wie er wusste. Der Angeklagte nahm zumindest billigend in Kauf, seine Bankgeschäfte unerlaubt zu betreiben.
5. Tatfolgen
Unter Berücksichtigung der erfolgten Rückzahlungen des Angeklagten an die Anleger ergibt sich hinsichtlich der einzelnen Anleger letztlich folgendes Schadensbild:
Darlehensgeber
(Anleger)
Darlehen laut Vertrag
in EUR
Darlehen Zugang
in EUR
Rückzahlung Darlehen
Auszahlung Zinser
an Anleger
Schaden
in EUR
B. W.
400.000
400.000
– 60.900
339.100
F. An.
40.000
40.000
– 24.400
– 5.856
9.744
Ge. Bl.
150.000
150.000
– 50.000
– 40.000
60.000
H. Da.
28.500
28.500
– 10.975
17.525
Pa. Ro.
400.000
400.000
– 104.000
296.000
Pr. Th.
100.000
100.000
0
100.000
Ra. Ma.
15.000
15.000
– 12.300
– 2.583
117
R. Ha.
80.000
80.000
– 84.000
– 4.000
R. Sn.
20.000
20.000
0
20.000
Ro. Be.
170.000
170.000
– 61.200
108.800
Schw. A.
50.000
50.000
0
50.000
Zi. M.
100.000
100.000
– 19.500
80.500
T. Do. und No.
200.000
200.000
0
200.000
M. Wa.
20.000
20.000
0
20.000
Wi. A.
70.000
70.000
0
70.000
1.843.500
1.843.500
– 86.700
– 389.014
1.367.786
Insgesamt verblieb somit bei den Anlegern ein Schaden in Höhe von 1.367.786 EUR.
T. Iv. zahlte in den Fällen 31 bis 51 Zinsen in Höhe von 1.050.712,50 EUR an den Angeklagten aus.
Aus diesen Mitteln tätigte der Angeklagte die in den Tabellenspalten „Rückzahlung Darlehen“ und „Auszahlung Zinsen“ aufgeführten Zahlungen an die Anleger in Höhe von insg. 475.714 EUR. Mithin verblieb dem Angeklagten ein wirtschaftlicher Gewinn in Höhe von 574.998,50 EUR.
Diesen investierte der Angeklagte hauptsächlich in die Geschäfte mit Iv. und er erlitt nach Zusammenbruch des Schneeballsystems insoweit einen Totalschaden.
Der Zinsgewinn des Angeklagten (Differenz der vereinnahmten Zinsen aus den Kreditgeschäften in Höhe von 1.050.712,50 EUR und der ausbezahlten Zinsen an die Anleger in Höhe von 389.014 EUR, siehe Tabellenspalte „Auszahlung Zinsen an Anleger“) beläuft sich auf 661.698,50 EUR.“
Ebenfalls steht nach dem Beschluss des BGH vom 09.04.2019 rechtskräftig folgender Schuldspruch fest:
„Der Angeklagte hat sich des vorsätzlichen unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften schuldig gemacht.“
II. Ergänzerde Feststellungen durch die Kammer
Die Kammer hat in Bezug auf die Einziehung von Wertersatz für Taterträge folgende weitere Feststellungen getroffen:
1. Insolvenzverfahren über das Vermögen des Verurteilten
Das Insolvenzverfahren über das Vermögen des Verurteilten wurde durch das Amtsgericht Landshut – Insolvenzgericht – mit Beschluss vom 17.08.2018 mit der Erteilung der Restschuldbefreiung abgeschlossen.
Im Insolvenzverfahren hatten mit Ausnahme von H. D. die im Sachverhalt des gegenständlichen Urteils unter Ziffer III. 1. Einlagengeschäfte aufgeführten Geschädigten (dort auch bezeichnet als Darlehensgeber/Anleger) ihre Forderungen zur Insolvenztabelle fristgerecht angemeldet.
Die Geschädigten R. P. (lfd. Nr. 46 der Insolvenztabelle), W. B. (lfd. Nr. 47 der Insolvenztabelle) sowie die Eheleute N. und D. T. (lfd. Nr. 48 der Insolvenztabelle) meldeten ihre Forderungen jeweils als aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung stammend an. Mit Schreiben vom 24.08.2012 erhob der Bevollmächtigte des Verurteilten als Schuldner des Insolvenzverfahrens gemäß § 178 Abs. 1 S. 2 InsO Widerspruch gegen die Anmeldung u.a. dieser Forderungen Nr. 46, 47 und 48 als aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung stammend. Eine zivilrechtliche Klage auf Feststellung, dass die genannten Forderungen jeweils aus einer vorsätzlich begangenen unerlaubten Handlung stammen, wurde seitens der Geschädigten nicht erhoben.
Der Insolvenzverwalter Rechtsanwalt D. nahm folgende Auszahlungen an die Geschädigten vor:
Geschädigte
Darlehenssumme in EUR
Schaden lt Urteil in EUR
Verteilung InsVw 28.11.18 in EUR
Verteilung InsVw 20.12.18 in EUR
Summe Auszahlung InsVw in EUR
B. W.
400.000
339.100
51.750,42
131,87
51.882,29
F. A.
40.000
9.744
18.710,08
18.710,08
G. Bl.
150.000
60.000
9.276,94
23,64
9.300,58
H. D.
28.500
17.525



Pa. Ro.
400.000
296.000
37.107,78
94,55
37.202,33
Pr. Th.
100.000
100.000
9.276,94
23,64
9.300,58
Ra. Ma.
15.000
117
673,29
1,71
675,00
R. Ha.
80.000
– 4.000
7.421,56
18,91
7.440,47
R. Sn.
20.000
20.000
1.855,39
4,73
1.860,12
Ro. Be.
170.000
108.800
Sch. An.
50.000
50.000
4.638,47
11,82
4.650,29
Zi. Mi.
100.000
80.500
9.276,94
23,64
9.300,58
To. No. und Do.
200.000
200.000
19.207,70
48,94
19.256,64
M. Wa.
20.000
20.000
1.855,39
4,73
1.860,12
Wi. A.
70.000
70.000
6.493,86
16,55
6.510,41
Summe
1.843.500
1.367.786
177.544,76
404,73
177.949,49
Spalte 1 der Tabelle enthält die Auflistung der Geschädigten aus dem gegenständlichen Urteil (dort auch „Darlehensgeber“), Spalte 2 enthält die Summe der von ihnen jeweils an den Verurteilten bezahlten Geldbeträge (vgl. gegenständliches Urteil, Sachverhalt Ziffer III. 1. Einlagengeschäfte), Spalte 3 den nach Rückzahlung Darlehen und Auszahlung Zinsen durch den Verurteilten an die Geschädigten verbleibenden Schaden (vgl. gegenständliches Urteil, Sachverhalt Ziffer III. 5. Tatfolgen), Spalte 4 und 5 die Auszahlungen durch den Insolvenzverwalter an die Geschädigten auf Grund der Verteilungsverzeichnisse vom 28.11.2018 und 20.12.2018. In der letzten Spalte ist die Summe der Auszahlungen des Insolvenzverwalters an die einzelnen Geschädigten aufgeführt.
2. Einigung mit Geschädigten
Der Verurteilte und seine Ehefrau erzielten mit den nachfolgend aufgeführten Geschädigten Einigungen in Bezug auf die im Sachverhalt des gegenständlichen Urteils unter Ziffer III. 5. (Tatfolgen) dargestellten Schäden.
Mit den Geschädigten B., Pa., Sch. und Ra. wurde keine Einigung getroffen.
Im Einzelnen:
a) Erlassvereinbarungen
Der Verurteilte einigte sich mit den folgenden Geschädigten dahingehend, dass diese jeweils auf Rückzahlung der im Sachverhalt des gegenständlichen Urteils unter Ziffer III. 1. Einlagengeschäfte aufgeführten Darlehenssumme nebst Zinsen verzichteten. Es wurde jeweils Einigung darüber erzielt, dass mit Abschluss der Vereinbarung sämtliche wechselseitige Ansprüche aus dem Darlehensvertrag auf Rückzahlung der Darlehenssumme nebst Zinsen bzw. auf Schadensersatz aus unerlaubter Handlung gegen den Verurteilten endgültig erledigt sind.
Die nachfolgenden Geschädigten schlossen mit dem Verurteilten einen solchen Erlassvertrag:
Geschädigte
Darlehenssumme in EUR
Datum Erlass
F. A.
40.000
16.10.2020
G. Bl.
150.000
20.10.2020
H. D.
28.500
20.10.2020
Pr. Th.
100.000
20.10.2020
R. H.
80.000
25.10.2020
R. Sn.
20.000
26.10.2020
Ro. B.
170.000
19.10.2020
Zi. Mi.
100.000
20.10.2020
M. Wa.
20.000
24.10.2020
Wi. An.
70.000
20.10.2020
Spalte 1 der Tabelle enthält die Auflistung der Geschädigten aus dem gegenständlichen Urteil, Spalte 2 die Summe der von ihnen jeweils an den Verurteilten bezahlten Geldbeträge (vgl. gegenständliches Urteil, Sachverhalt Ziffer III. 1. Einlagengeschäfte), Spalte 3 das Datum ihres Erlassvertrages mit dem Verurteilten.
b) Zivilrechtlicher Vergleich
Am 13.08.2020 schloss die beklagte Ehefrau des Verurteilten, R. S. Mi., die von den Geschädigten N. und D. To. wegen der sich aus dem gegenständlichen Urteil insb. im Sachverhalt unter Ziffer III. 5. (Tatfolgen) dargestellten Schäden in Anspruch genommen worden war, einen Vergleich vor der 2. Zivilkammer des Landgerichts Landshut, Az. 24 O 2635/18. Sie verpflichtete sich, an die Geschädigten T. als Gesamtgläubiger zur endgültigen Abgeltung sämtlicher Zahlungsansprüche insgesamt 100.000 EUR, fällig zum 31.03.2021, zu bezahlen. Die Parteien des dortigen Zivilprozesses vereinbarten ferner im Wege eines echten Vertrags zu Gunsten Dritter, dass mit Erfüllung des Vergleichs auch sämtliche Schadensersatzansprüche der Geschädigten T. gegen den Verurteilten abgegolten und erledigt seien.
Eine Zahlung der Ehefrau des Verurteilten auf die Vergleichssumme ist noch nicht erfolgt.
3. Meldung der Geschäfte im Rahmen der Steuererklärung
Der Verurteilte meldete die im gegenständlichen Urteil aufgeführten Geschäfte dem Finanzamt im Rahmen seiner Steuererklärungen. Ob dies zu höheren (Einkommens-) Steuerfestsetzungen führte, wurde nicht festgestellt.
D. Beweiswürdigung
Die Feststellungen aus dem Urteil vom 13.08.2018 sind für die Kammer gemäß § 423 Abs. 1 S. 2 StPO bindend.
Die darüber hinaus ergänzenden Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen beruhen auf den glaubhaften Angaben des Verurteilten sowie auf dem BZR-Auszug.
Die ergänzenden Feststellungen zum Sachverhalt beruhen auf der glaubhaften Einlassung des Verurteilten sowie auf den weiteren in der Hauptverhandlung erhobenen Beweisen.
Der Verurteilte stellte insb. den Ablauf und das Ergebnis des Insolvenzverfahrens sowie die im Sachverhalt aufgeführten Einigungen mit den Geschädigten dar. Mit den Geschädigten B., Pa. und Sch. habe er keine Einigung erzielen können. Außerdem gab der Verurteilte an, die verfahrensgegenständlichen Geschäfte dem Finanzamt mitgeteilt zu haben. Seine Einlassung ist glaubhaft und steht im Einklang mit den weiteren erhobenen Beweisen.
In Bezug auf das Insolvenzverfahren beruhen die Feststellungen darüber hinaus auf den glaubhaften Angaben des Insolvenzverwalters Rechtsanwalt D. und den verlesenen Urkunden aus der Insolvenzakte des Amtsgerichts Landshut, Az. IN 599/12. Der Zeuge D. erklärte schlüssig und nachvollziehbar, dass keiner der Geschädigten nach dem Widerspruch des Verurteilten Zivilklage bezüglich ihrer angemeldeten Forderungen dahingehend erhoben habe, dass diese aus einer vorsätzlich begangener unerlaubten Handlung stammten. Auf Grund des Widerspruchs sei eine Vollstreckung aus der Eintragung in die Tabelle nicht möglich, § 178 Abs. 1 Satz 2 InsO, und die Forderungen seien von der Restschuldbefreiung umfasst, § 302 InsO. Ferner bestätigte der Insolvenzverwalter die in Sachverhalt dargestellten Auszahlungen an die Geschädigten im Rahmen des Insolvenzverfahrens.
Die Feststellungen zum zivilgerichtlichen Vergleich zwischen den Eheleuten T. und der Ehefrau des Verurteilten sowie zu den Erlassvereinbarungen des Verurteilten mit den jeweils Geschädigten A. F., Bl. G., H. Da., Th. Pr., H. R., Sn. R., B. Ro., Dr. M. Z., Wa., M. und A. Wi. beruhen auf den Urkunden.
E. Rechtliche Würdigung
Gegen den Verurteilten war die Einziehung des Wertes von Taterträgen in Höhe von 1.822.820,95 EUR gemäß §§ 73 Abs. 1, Abs. 2, 73 c, 73 e StGB n.F. anzuordnen.
Vorliegend hat die Kammer über die Anordnung des Wertes des Tatertrags wegen Straftaten, welche vor dem 01.07.2017 begangen wurden, entschieden. Gemäß Art. 316 h EGStGB sind abweichend von § 2 Abs. 5 StGB die §§ 73 ff StGB in der Fassung vom 13.04.2017 (BGBl. I S. 372) anzuwenden.
Der Wertersatzanspruch beläuft sich in Bezug auf die Geschädigten B., Pa., Sch. und T. (gegenständliches Urteil, Sachverhalt Ziffer III. 1. Einlagengeschäfte) auf insg. 772.108,45 EUR. Im Übrigen und in Bezug auf die weiteren Geschädigten ist der Anspruch gemäß § 73 e StGB erloschen. Hinzu kommt Wertersatz für die aus dem Erlangten gezogenen Nutzungen in Höhe von 1.050.712,50 EUR (Zinszahlungen von T. Iv., vgl. gegenständliches Urteil, Sachverhalt Ziffer III. 1. Einlagengeschäfte und 5. Tatfolgen), insg. also 1.822.820,95 EUR.
Im Einzelnen:
I. Das Erlangte im Sinne des § 73 Abs. 1 StGB
Das Gericht ordnet gemäß § 73 Abs. 1 StGB die Einziehung dessen an, was der Täter oder Teilnehmer durch oder für eine rechtswidrige Tat erlangt hat. Ist die Einziehung eines Gegenstandes wegen der Beschaffenheit des Erlangten oder aus einem anderen Grund nicht möglich oder wird von der Einziehung eines Ersatzgegenstandes nach § 73 Abs. 3 StGB oder nach § 73 b Abs. 3 StGB abgesehen, so ordnet das Gericht die Einziehung eines Geldbetrages an, der dem Wert des Erlangten entspricht (§ 73 c S. 1 StGB). Bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten sind die Aufwendungen des Täters, Teilnehmers oder des anderen abzuziehen (§ 73 d Abs. 1 S. 1 StGB). Außer Betracht bleibt jedoch das, was für die Begehung der Tat oder für ihre Vorbereitung aufgewendet oder eingesetzt worden ist, soweit es sich nicht um Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat handelt (§ 73 d Abs. 1 S. 2 StGB).
Im ersten Schritt ist das Erlangte nach § 73 Abs. 1 StGB rein gegenständlich zu bestimmen (BT-Drucks. 18/9525 S. 56). Beim Erlangen im Sinne von § 73 Abs. 1 StGB handelt es sich um einen tatsächlichen Vorgang. „Erlangt“ ist „etwas“ schon dann, wenn der Gegenstand in irgendeiner Phase des Tatablaufs in die Verfügungsgewalt des Täters übergegangen ist und ihm so aus der Tat unmittelbar etwas messbar zugutekommt (BGH, Urteil vom 12.07.2018 – 3 StR 144/18 -, Rn. 10 m.w.N., juris; Beschluss vom 21.08.2018 – 2 StR 311/18 -, Rn. 8, juris). Erforderlich, aber auch ausreichend ist mithin ein Kausalzusammenhang zwischen der rechtswidrigen Tat und dem Erlangen des (abzuschöpfenden) Vermögenswertes. Unerheblich ist bei der gebotenen gegenständlichen (tatsächlichen) Betrachtungsweise dagegen, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Täter oder Teilnehmer eine unmittelbar aus der Tat gewonnene (Mit-)Verfügungsmacht später aufgegeben hat und der zunächst erzielte Vermögenszuwachs durch Mittelabflüsse bei einer Beuteteilung gemindert wurde (BGH, Beschluss vom 24.05.2018 – 5 StR 623/17 -, Rn. 8 m.w.N., juris). Daher ist bei der Bestimmung des „erlangten Etwas“ auch nicht abzuziehen, was der Tatbeteiligte, der zunächst die uneingeschränkte alleinige Verfügungsmacht über die erlangte Tatbeute hat, später bei deren Aufteilung an seine Komplizen weitergibt; es kommt mithin nicht darauf an, wie die Tatbeute später aufgeteilt werden sollte (BGH, Urteil vom 12.07.2018 – 3 StR 144/18 -, Rn. 10 f. m.w.N., juris).
Erst im zweiten Schritt werden Gegenleistungen oder sonstige Aufwendungen berücksichtigt, wenn und soweit dies nach der Regelung bzw. Wertung des § 73 d Abs. 1 StGB gerechtfertigt ist (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 02.04.2019 – 2 Ws 14/19, 2 Ws 15/19, BeckRS 2019, 8045, m.w.N.).
1. Einlagen in Höhe von 1.843.500 EUR
Nach der maßgeblichen tatsächlichen Betrachtungsweise erlangte der Verurteilte die Einlagen der Geschädigten im Gesamtbetrag von 1.843.500 EUR, § 73 Abs. 1 StGB.
a) Erlangt durch die rechtswidrige Tat
Nach § 73 Abs. 1 StGB ist jeder Vermögenswert abzuschöpfen, den der Tatbeteiligte „durch“ die rechtswidrige Tat erlangt hat, also alles, was in irgendeiner Phase des Tatablaufs in seine Verfügungsgewalt übergegangen und ihm so aus der Tat unmittelbar messbar zugutegekommen ist, wobei der tatsächliche Vorgang maßgeblich ist (vgl. BGH, Beschluss vom 14.11.2018 – 3 StR 447/18, NZI 2019, 305).
Mithin steht hier nicht entgegen, dass im vorliegenden Fall der BGH mit Beschluss vom 09.04.2019 konkurrenzrechtlich die gegenständlichen Darlehensgeschäfte als Einzelakte einer tatbestandlichen Bewertungseinheit wertete und den Schuldspruch des gegenständlichen Urteils entsprechend abänderte.
Über die im gegenständlichen Urteil im Sachverhalt unter Ziffer III. 1. dargestellten Einlagen, die er entsprechend seines Tatplanes von den Geschädigten vereinnahmte, hatte der Verurteilte jeweils die uneingeschränkte alleinige Verfügungsmacht. Dass er diese Einlagen an T. Iv. bzw. an die Mo. GmbH weiterleitete, führt zu keiner anderen rechtlichen Beurteilung, zumal das jeweils zu Grunde liegende Rechtsgeschäft sowohl mit den Geschädigten als auch mit Iv. und der Mo. GmbH gemäß § 138 BGB nichtig war und damit ein Anspruch auf Weiterleitung der Einlagen an letztere nicht bestand. Ein nur kurzfristig transitorischer Erwerb zur Weiterleitung an Iv./Mo. GmbH lag nicht vor.
b) Keine Tatobjekte i.S.v. § 74 Abs. 2 StGB
Es handelt sich bei den Einlagen der Geschädigten nicht um Tatobjekte gemäß § 74 Abs. 2 StGB.
Kennzeichnendes Merkmal für Tatobjekte ist deren spezieller Tatbezug, der je nach Gepräge der Tat sehr unterschiedlich ausfallen kann. Tatobjekte sind solche Sachen und Rechte, die nicht Werkzeuge der Tatbegehung sind, sondern notwendiger Gegenstand der Tatbegehung selbst, ohne deren Produkt zu sein (bspw. die bei einer Geldwäsche verschleierten Geldmittel, die Schmuggelware, Sprengstoffe und Waffen, solange sie nur rechtswidrig besessen werden, versteckte Gegenstände, die der Begehung eines Versicherungsbetrugs dienen, die im Rahmen von Drogengeschäften verkauften Betäubungsmittel, das Tier bei der Tierquälerei oder das Kraftfahrzeug im Rahmen des Fahrens ohne Fahrerlaubnis). Tatobjekte haben ihren Entstehungsgrund nicht in der Tat, sondern bilden das bloße Bezugsobjekt einer Tat. Zum Zeitpunkt der Tatbegehung müssen sie bereits bestanden haben. Bei einem Tatobjekt erschöpft sich die Verwendung des Gegenstands jeweils in dem Gebrauch, auf dessen Verhinderung der betreffende Straftatbestand abzielt (vgl. Eggers/van Cleve: Einziehung in Hawala-Verfahren – §§ 73 ff StGB bei Verstößen gegen das ZAG, NZWiSt 2020, 426, 428 ff m.w.N.).
Bei Gesamtschau aller Umstände stellen sich vorliegend die vereinnahmten Einlagen nicht als bloßes Bezugsobjekt der Tat dar. Die Einlagen gelangten erst im Rahmen der Tatausführung in die Verfügungsgewalt des Verurteilten. Sie haben letztlich ihren Entstehungsgrund in der Tat. Die Einlagen der Geschädigten dienten dem Verurteilten zur Erzielung von Zinseinkünften. Er vereinnahmte die Einlagen nicht lediglich, sondern verwendete sie, indem er sie an Iv. bzw. die Mo. GmbH weiterreichte (gegenständliches Urteil, Sachverhalt III. 2. Kreditgeschäfte), um auf diese Weise von den Empfängern Zinsen zu erzielen (vgl. im Ergebnis so wohl auch OLG Hamm, Beschluss vom 02.04.2019 – 2 Ws 14/19, 2 Ws 15/19, BeckRS 2019, 8045, anders Eggers/van Cleve, a.a.O. in Bezug auf sog. Hawala-Geschäfte).
c) Einziehung als Wertersatz gemäß § 73 c StGB
Nachdem die Einziehung der Einlagen selbst nicht möglich ist, ist gemäß § 73 c StGB der Wertersatz einzuziehen, mithin ein Geldbetrag in Höhe von 1.843.500 EUR.
2. Keine Aufwendungen des Verurteilten
Gemäß § 73 d Abs. 1 S. 1 StGB sind bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten die Aufwendungen des Täters abzuziehen. § 73 d Abs. 1 StGB unterstreicht und konkretisiert die Bedeutung des Rechtsgedankens der bereicherungsrechtlichen Vorschrift des § 817 S. 2 BGB für die strafrechtliche Vermögensabschöpfung: Was bewusst in Verbotenes (= rechtswidrige Tat) investiert worden ist, muss unwiederbringlich verloren sein; entscheidend wird darauf abgestellt, ob die Handlung oder das Geschäft, das unmittelbar zur Vermögensmehrung geführt hat, selbst verboten war oder nicht. Bei der Einziehung des Erlöses aus einem verbotenen Geschäft bleiben Aufwendungen für die Tat außer Betracht, z.B. wenn bewusst Kapital in verbotene Geschäfte investiert wird. § 73 d Abs. 1 StGB beschränkt das aus dem „Bruttoprinzip“ folgende Abzugsverbot deshalb auf das, was der Täter oder Teilnehmer bewusst und willentlich für die Vorbereitung oder Begehung einer Straftat aufwendet oder einsetzt (OLG Hamm, Beschluss vom 02.04.2019 – 2 Ws 14/19, 2 Ws 15/19, BeckRS 2019, 8045, m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben sind keine abzugsfähigen Aufwendungen des Verurteilten vorhanden.
Im Einzelnen:
a) Gewährung von Darlehen an T. Iv. und Mo. GmbH
Die Aufwendungen des Verurteilten in Form der Gewährung der Darlehen an T. Iv. und Mo. GmbH (Kreditgeschäfte, Sachverhalt Ziffer III. 2. des gegenständlichen Urteils) sind nicht als Abzugsposten gemäß § 73 d Abs. 1 S. 1 StGB anzusehen. Denn dabei handelt es sich um etwas, was für die Begehung der Taten aufgewendet bzw. eingesetzt worden ist und bei der Bestimmung des Wertes des Erlangten nach § 73 d Abs. 1 S. 2 Hs. 1 StGB außer Betracht zu bleiben hat. Maßgeblich ist, dass das Geschäft, das unmittelbar zur Vermögensmehrung geführt hat, selbst verboten war (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 02.04.2019 – 2 Ws 14/19, 2 Ws 15/19, BeckRS 2019, 8045).
Dies ist hier der Fall, was der Verurteilte zumindest billigend in Kauf nahm. Er betrieb mit bedingtem Vorsatz ein unerlaubtes Bankgeschäft ohne Erlaubnis nach § 32 Abs. 1 KWG und investierte Kapital in Verbotenes.
Die Rückausnahme des § 73 d Abs. 1 S. 2 Hs. 2 StGB („Leistungen zur Erfüllung einer Verbindlichkeit gegenüber dem Verletzten der Tat“) greift vorliegend nicht. Dass sich der Verurteilte gegenüber den Geschädigten zur Anlage der Gelder bei T. Iv. bzw. Mo. GmbH verpflichtet hätte, ist im gegenständlichen Urteil nicht festgestellt. Jedenfalls wäre eine solche Verpflichtung des Verurteilten zur Weiterleitung der Gelder an T. Iv. bzw. Mo. GmbH wegen des Verstoßes der Darlehensgeschäfte mit den Geschädigten gegen § 138 BGB nichtig.
b) Entrichtung von Einkommenssteuer
Soweit der Verurteilte in Bezug auf die erlangten Einlagen Einkommenssteuer entrichtete, werden diese nicht nach § 73 d StGB in Abzug gebracht, da Steuern keine Aufwendungen für das Erlangen des Tatertrages sind (vgl. BGH, Beschluss vom 11.12.2019 – 5 StR 486/19, juris).
Daher bleibt es beim Wert des Erlangten in Höhe von 1.843.500 EUR.
3. Teilweises Erlöschen des Wertersatzanspruchs, § 73 e StGB
Der Wertersatzanspruch beläuft sich in Bezug auf die Geschädigten B., Pa., Sch. und T. auf insg. 772.108,45 EUR. Im übrigen ist er gemäß § 73 e StGB erloschen.
Gemäß § 73 e Abs. 1 StGB ist die Einziehung nach §§ 73 ff StGB ausgeschlossen, soweit der Anspruch, der dem Verletzten aus der Tat auf Rückgewähr des Erlangten oder auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, erloschen ist.
Im Einzelnen:
a) Erlassvereinbarungen
Der Anspruch, der den Geschädigten aus der Tat auf Ersatz des Wertes des Erlangten erwachsen ist, ist in Bezug auf die Geschädigten A. F., Bl. G., D. H., Th. Pr., H. R., Sn. R., B. Ro., Dr. M. Z., Wa. M. und A. Wi. erloschen.
Diese haben mit dem Verurteilten rechtlich jeweils einen Erlassvertrag im Sinne des § 397 Abs. 1 BGB geschlossen, wodurch ihre Ansprüche, soweit diese nach der im Sachverhalt des gegenständlichen Urteils unter Ziffer III. 5. (Tatfolgen) festgestellten Rückzahlungen ihrer Darlehen, Auszahlungen von Zinsen sowie der oben unter C. II. 1 (Insolvenzverfahren) festgestellten Auszahlungen des Insolvenzverwalters noch bestanden, gegen den Verurteilten als Schuldner ex nunc erloschen sind, § 397 Abs. 1 BGB, § 73 e StGB.
Der (auch) allgemeinschützende Charakter des KWG steht der Erfüllungswirkung der Erlassverträge nicht entgegen. § 54 Abs. 1 Nr. 2 KWG stellt ein Schutzgesetz im Sinne von § 823 Abs. 2 BGB dar, die Geschädigten können über ihren Anspruch gegen den Verurteilten auf Rückgewähr des Erlangten bzw. Wertersatz disponieren. Der Gesetzgeber wollte mit Blick auf den Grundsatz der Privatautonomie den gesetzlichen Ausschlusstatbestand des § 73 e StGB bewusst „vergleichsfreundlich“ ausgestalten (vgl. MüKomm 4. Auflage 2020, § 73 e StGB Rn. 9). Die Ansprüche der genannten Geschädigten sind somit in vollem Umfang erloschen (vgl. auch Köhler/Burkhard, NStZ 2017, 665, 673).
Der Begriff des Erlöschens ist in den beiden Vorschriften des § 397 Abs. 1 BGB und § 73 e Abs. 1 StGB auf Grund ihres sachlichen Regelungsgehalts einheitlich auszulegen. Letztlich verbietet vor dem Hintergrund des Art. 103 Abs. 2 GG der eindeutige Wortlaut beider Normen, welcher jeweils vom „Erlöschen“ spricht, eine gegensätzliche Auslegung über deren Wortlaut hinaus (vgl. BGH, Beschluss vom 24.10.2019 – 1 StR 173/19, NStZ-RR 2020, 46).
b) Geschädigter Ramml
Der Anspruch des Geschädigten R. ist auch erloschen. Sein im Sachverhalt des gegenständlichen Urteils unter Ziffer III. 5. (Tatfolgen) festgestellter Schaden von 117 EUR wurde durch die oben unter C. 11.1. (Insolvenzverfahren) festgestellte Auszahlung des Insolvenzverwalters beglichen, § 267 Abs. 1, 362 BGB, § 73 e Abs. 1 StGB.
c) Übrige Geschädigte
aa) Zinszahlungen
Die im gegenständlichen Urteil, Sachverhalt Ziffer III. 5. (Tatfolgen) aufgeführten Zinszahlungen des Verurteilten an die Geschädigten B. und Pa. in Höhe von insgesamt 164.900 EUR brachten deren Anspruch auf Ersatz des Wertes des Erlangten zum Erlöschen, § 362 Abs. 1 BGB, § 73 e Abs. 1 StGB.
Nachdem die Rechtsgeschäfte die Rechtsgeschäfte des Verurteilten mit den Geschädigten nichtig sind, besteht kein Anspruch der Geschädigten auf diese Zinszahlungen, so dass diese Auszahlungen als Schadenswiedergutmachung gewertet werden.
bb) Auszahlungen des Insolvenzverwalters
Die Auszahlungen des Insolvenzverwalters (vgl. oben unter C. II. 1. Insolvenzverfahren) an die Geschädigten B., Pa., Sch. und T. in Gesamthöhe von 112.991,55 EUR brachten ihre Wertersatzansprüche in diesem Umfang zu Erlöschen, §§ 267 Abs. 1, 362 BGB, § 73 e Abs. 1 StGB.
cc) Zivilrechtlicher Vergleich mit den Geschädigten T.
Die Ansprüche der Geschädigten T. sind durch den Vertrag zu Gunsten des Verurteilten vom 13.08.2020 (vgl. oben unter C. II. 2.b) nicht erloschen. Dies ist nach dem Inhalt des Vertrages erst dann der Fall, wenn die Ehefrau des Angeklagten den Vergleich erfüllt. Dies ist noch nicht erfolgt.
dd) Restschuldbefreiung
Der Abschluss des Insolvenzverfahrens mit der Erteilung der Restschuldbefreiung führt nicht zum Erlöschen der angemeldeten Forderungen i.S.v. § 73 e StGB, der den Wortlaut des § 362 BGB verwendet.
Die Erteilung der Restschuldbefreiung nach § 286 InsO ist kein Erlöschenstatbestand im Sinne von § 362 ff BGB. Nach § 286 InsO wird der Schuldner von den im Insolvenzverfahren nicht erfüllten Verbindlichkeiten gegenüber den Insolvenzgläubigern befreit. Das bedeutet, dass die Forderung weiterhin besteht, lediglich gegen den Schuldner nicht mehr durchsetzbar ist (vgl. BeckOGK/Haertlein BGB § 762 Rn. 13). Die von der Restschuldbefreiung erfassten Forderungen bestehen als unvollkommene Verbindlichkeiten fort (vgl. Uhlenbruck/Sternal, 15. Aufl. 2019, InsO § 301 Rn. 37). Entsprechend regelt § 301 Abs. 2 S. 1 InsO, dass die Rechte der Insolvenzgläubiger gegen Mitschuldner und Bürgen des Schuldners durch die Restschuldbefreiung nicht berührt werden.
Der Abschluss des Insolvenzverfahrens mit der Erteilung der Restschuldbefreiung steht einer Einziehungsanordnung nicht entgegen, denn durch die Wertersatzeinziehungsanordnung wird der Zahlungsanspruch des Staates gegen den Verurteilten tituliert (vgl. BGH, Beschluss vom 14.11.2018, 3 StR 447/18, NZI 2019, 305). Ob dieser Titel nach Restschuldbefreiung durchsetzbar ist, ist eine im Vollstreckungsverfahren zu klärende Frage. Mit der Titulierung des Zahlungsanspruches kraft der Einziehungsanordnung ist noch nicht darüber entschieden, ob der Staat die wie eine Geldstrafe zu vollstreckende Wertersatzeinziehungsforderung auch erfolgreich beitreiben kann, insb. ob dies im Hinblick auf die Präklusionswirkung des § 301 Abs. 1 InsO für den Staat als Altgläubiger nach Abschluss des Insolvenzverfahrens noch möglich ist.
ee) Nach alledem ergibt sich folgendes Bild:
Geschädigte
Darlehenssumme in EUR
Auszahlung Zinsen in EUR
Schaden lt Urteil in EUR
Auszahlung InsVw in EUR
verbleibender Schaden in EUR
B. W.
400.000
60.900
339.100
51.882,29
287.217,71
Pa. R.
400.000
104.000
296.000
37.202,33
258.797,67
Sch. A.
50.000
50.000
4.650,29
45.349,71
T. No. und D.
200.000
200.000
19.256,64
180.743,36
Summe
1.050.000
164.900
885.100
112.991,55
772.108,45
Spalte 1 der Tabelle enthält die Auflistung der Geschädigten aus dem gegenständlichen Urteil (dort auch „Darlehensgeber/Anleger“) und Spalte 2 die Summe der von ihnen jeweils an den Verurteilten bezahlten Geldbeträge (gegenständliches Urteil, Sachverhalt III. 1. Einlagengeschäfte). Spalte 3 listet die Auszahlungen von Zinsen durch den Verurteilten an die Geschädigten auf – ausweislich des gegenständlichen Urteils erfolgten an die in Spalte 1 aufgelisteten Geschädigten darüber hinaus keine weiteren (Darlehensrück-)Zahlungen- und Spalte 4 den nach Auszahlung der als Schadenswiedergutmachung gewerteten Zinsen durch den Verurteilten verbleibenden Schaden (vgl. gegenständliches Urteil, Sachverhalt Ziffer III. 5. Tatfolgen). Spalte 5 enthält die Summe der Auszahlungen durch den Insolvenzverwalter an die Geschädigten auf Grund der Verteilungsverzeichnisse vom 28.11.2018 und 20.12.2018 (vgl. oben C. II. 1. Insolvenzverfahren). In der letzten Spalte ist als verbleibender Schaden die Differenz der Spalten „Schaden lt. Urteil“ und „Auszahlung InsVw“ aufgeführt. Dies stellt den nicht erloschenen Schaden der Geschädigten dar.
Der Wertersatzanspruch beläuft sich mithin in Bezug auf die Geschädigten B., Pa., Sch.und T. auf insg. 772.108,45 EUR.
II. Ersatz der gezogenen Nutzungen i.S.d. § 73 Abs. 2 StGB
Ferner zog der Verurteilte aus den von den Geschädigten vereinnahmten Einlagen Nutzungen im Sinne von § 73 Abs. 2 StGB, indem er von Verurteilten T. Iv. Zinsen in Höhe von 1.050.712,50 EUR erhielt.
Die beim unerlaubten Betreiben von Bankgeschäften erhaltenen Zinsen stellen Nutzungen gemäß § 73 Abs. 2 StGB dar (vgl. Fischer, StGB, § 73 Rn. 31 i.V.m. MüKoBGB/Stresemannn, 8. Aufl. 2018, BGB § 99 Rn. 6). Diese unterliegen ebenfalls der Einziehung von Wertersatz (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 02.04.2019 – 2 Ws 14/19, 2 Ws 15/19, BeckRS 2019, 8045).
Wie bereits oben unter E. I. 2. (rechtliche Würdigung) ausgeführt, sind keine abzugsfähigen Aufwendungen des Verurteilten vorhanden. Insbesondere kann aus den Erwägungen unter Ziffer I. 2. b) eine vom Verurteilten entrichtete Einkommenssteuer nicht in Abzug gebracht werden.
Die Erteilung der Restschuldbefreiung steht dem Ersatzanspruch nicht entgegen. Auf die Ausführungen oben unter E. I. 3. c) dd) (rechtliche Würdigung) wird Bezug genommen.
F. Kosten
Eine über die im gegenständlichen Urteil getroffene Kostenentscheidung hinausgehende Entscheidung war nicht veranlasst (so auch LG Bochum, Beschluss vom 24.04.2020 – II-12 KLs-450 Js 18/16-6/19, BeckRS 2020, 7603). Da das abgetrennte Einziehungsverfahren als ausgelagerter Teil des Hauptverfahrens konzipiert ist, ist eine vom rechtskräftigen Hauptsacheurteil abweichende Kostenentscheidung auf Grund der in § 423 Abs. 1 S. 2 StPO geregelten Bindungswirkung nicht möglich (so auch LG Nürnberg-Fürth, Beschluss vom 12.07.2018 – 11 Ns 507 Js 1367/13 -, juris). Eine Gebühr nach dem GKG fällt nicht an.


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