Strafrecht

Nichtannahmebeschluss: Schutz von Ehe und Familie (Art 6 Abs 1 GG) gebietet eine Begrenzung der nachteiligen Auswirkung des mit dem Vollzug von Untersuchungshaft verbundenen Freiheitsentzugs (hier: Trennscheibenanordnung für Besuche in U-Haft) – jedoch Unzulässigkeit der Verfassungsbeschwerde mangels Vorlage der verfahrensgegenständlichen Trennscheibenanordnung

Aktenzeichen  2 BvR 2158/18

Datum:
17.7.2019
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Nichtannahmebeschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerfG:2019:rk20190717.2bvr215818
Normen:
Art 6 Abs 1 GG
§ 23 Abs 1 S 2 BVerfGG
§ 92 BVerfGG
Spruchkörper:
2. Senat 2. Kammer

Verfahrensgang

vorgehend OLG Dresden, 4. September 2018, Az: 4 St 1/16, Beschlussvorgehend OLG Dresden, 2. August 2018, Az: 4 St 1/16, Beschluss

Tenor

Die Verfassungsbeschwerde wird nicht zur Entscheidung angenommen.

Gründe

1
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil sie den Begründungsanforderungen gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2, § 92 BVerfGG nicht genügt. Die Beschwerdeführerin hat es versäumt, den Beschluss des Oberlandesgerichts Dresden zur Ausgestaltung der Untersuchungshaft, mit dem bei Besuchen die Verwendung einer Trennscheibe angeordnet worden war, vorzulegen oder inhaltlich wiederzugeben. Ohne Kenntnis der Gründe für die Trennscheibenanordnung, auf die das Oberlandesgericht in den angegriffenen Beschlüssen jeweils verwiesen hat, ist eine verantwortliche verfassungsrechtliche Überprüfung nicht möglich.
2
Die Kammer weist jedoch darauf hin, dass jedenfalls die vorgelegten Beschlüsse eine hinreichende Auseinandersetzung mit den Rechtspositionen der Beschwerdeführerin nicht erkennen lassen. Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutz der staatlichen Ordnung (Art. 6 Abs. 1 GG). Dieser wertentscheidenden Grundsatznorm kommt auch im Haftvollzug besondere Bedeutung zu. Jede Untersuchungshaft von längerer Dauer stellt für die Beziehungen der betroffenen Person zu ihrer Familie regelmäßig eine empfindliche Belastung dar. Ihr Vollzug beeinträchtigt die notwendige Kommunikation zwischen der inhaftierten Person und ihren in Freiheit lebenden Angehörigen und kann dazu beitragen, dass sie einander tiefgreifend entfremdet werden. Aufgabe des Staates ist es, in Erfüllung seiner verfassungsrechtlichen Pflicht aus Art. 6 Abs. 1 GG, für die Erhaltung von Ehe und Familie zu sorgen, solche nachteiligen Auswirkungen des Freiheitsentzuges im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren, aber auch unter angemessener Beachtung der Belange der Allgemeinheit zu begrenzen (vgl. BVerfGE 42, 95 ).
3
Von einer weiteren Begründung wird nach § 93d Abs. 1 Satz 3BVerfGG abgesehen.
4
Diese Entscheidung ist unanfechtbar.


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