Strafrecht

Unwirksame Aufrechnung der Haftanstalt gegen Überbrückungsgeldanspruch eines vormaligen Strafgefangenen nach Überführung in Untersuchungshaft

Aktenzeichen  1 Ws 191/2018

Datum:
1.8.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 42442
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
Bamberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StPO § 119a, § 304
BayStVollzG Art. 51
StVollzG § 51 Abs. 4, Abs. 5
ZPO § 850d Abs. 1 S. 1
BGB § 394, § 400

 

Leitsatz

1. Ein Gefangener, gegen den während der Untersuchungshaft Disziplinarmaßnahmen verhängt und vollzogen wurden, kann auch nach Überführung in Strafhaft noch ein berechtigtes Interesse an der Feststellung ihrer Rechtswidrigkeit haben. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)
2. Eine Justizvollzugsanstalt kann nicht mit Forderungen aus der Teilnahme eines Untersuchungsgefangenen am Fernsehempfang gegen einen Anspruch auf Auszahlung von Überbrückungsgeld aufrechnen, das dieser während einer der Untersuchungshaft unmittelbar vorangegangenen Strafhaft gebildet hat.  (Rn. 11 – 20) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Auf die Beschwerde des seinerzeitigen Untersuchungs- und nunmehrigen Strafgefangenen X vom 2. Januar 2018 gegen den Beschluss des Landgerichts xx vom 8. Dezember 2017 wird die Justizvollzugsanstalt … verpflichtet, 7,74 Euro auf das Überbrückungsgeldkonto des Gefangenen X zurückzuerstatten.
II. Soweit sich die Beschwerde gegen die Entscheidung über die Verhängung der Disziplinarmaßnahmen, die Stromkostenbeteiligung sowie die Geltendmachung von Kosten für die Teilnahme am TV-Empfang nebst der Einsichtnahme in die von der Anstalt hierüber mit Dritten abgeschlossenen Verträge richtet, wird sie als unbegründet, im Übrigen als unzulässig verworfen.
III. Soweit das Rechtsmittel Erfolg hat, trägt die Staatskasse die Kosten und notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers. Im Übrigen trägt dieser die Kosten des Rechtsmittels und seine notwendigen Auslagen.

Gründe

I.
1. Mit Beschluss vom 8. Dezember 2017 wies das Landgericht xx verschiedene Anträge des Beschwerdeführers als unzulässig oder unbegründet zurück (Bl. 1374 ff. d. A.). Das betraf im Einzelnen folgende Angelegenheiten:
a) Durchführung der Freistunde (Schreiben vom 10. Oktober 2017, Bl. 1249 d. A.),
b) Verbot von Tabak und Kaffee (Schreiben vom 10. Oktober 2017, Bl. 1250 d. A.),
c) Verbot des Kippatragens während des Arrests (Schreiben vom 10. Oktober 2017, Bl. 1251 d. A.),
d) Disziplinarmaßnahmen, insbesondere Arrestverhängung (Schreiben vom 9. Oktober 2017, Bl. 1256 d. A., sowie vom 10. Oktober 2017, Bl. 1252 d. A.), wobei zudem ein Eilantrag gestellt wurde (Schreiben vom 11. Oktober 2017, Bl. 1254 d. A.),
e) Entfernung des TV-Geräts (Schreiben vom 11. Oktober 2017, Bl. 1253 d. A.) bzw. dessen Herausgabe (Schreiben vom 23. Oktober 2017, Bl. 1324 d. A.),
f) Einräumung der Verfügung über das Überbrückungsgeld (Schreiben vom 24. Oktober 2017, Bl. 1265 d. A.),
g) Beteiligung an Stromkosten (Schreiben vom 24. Oktober 2017, Bl. 1266 d. A.),
h) Rückzahlung von den für die Fernsehteilnahme erhobenen Kosten sowie Einsichtnahme in von der Anstalt hierüber mit Dritten abgeschlossene Verträge (Schreiben vom 25. Oktober 2017, Bl. 1271 d. A.),
i) Verteilung von Lebensmitteln, auf deren Verpackung die Inhaltsstoffe nicht in deutscher Sprache angegeben sind (Schreiben vom 6. November 2017, Bl. 1335 d. A.),
j) Auskunft über Freistellungstage (Schreiben vom 16. November 2017, Bl. 1340 d. A.) sowie
k) Verlust von Überbrückungsgeld i. H. v. 7,74 Euro (Schreiben vom 16. November 2017, Bl. 1341 d. A.).
2. Gegen den landgerichtlichen Beschluss hat der Inhaftierte mit Schreiben vom 2. Januar 2018, eingegangen beim Landgericht xx am 4. Januar 2018, Beschwerde eingelegt (Bl. 1391 d. A.). Zur Begründung führt er u.a. aus, die Entscheidung des Landgerichts xx verletze ihn in seinen Grundrechten aus Art. 3 Abs. 1, 4 Abs. 2 und 5 GG. Zudem sei im Hinblick auf das Fernsehgerät Art. 13 Abs. 3 BayUVollzG einschlägig.
3. Dieser Beschwerde hat das Landgericht xx mit Beschluss vom 22. März 2018 nicht abgeholfen (Bl. 1467 f. d. A.).
4. Die Generalstaatsanwaltschaft B. beantragte mit Schriftsatz vom 10. April 2018 (Bl. 1475 ff. d. A.), die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet zu verwerfen. Der Beschwerdeführer und sein Verteidiger haben hierzu keine Stellungnahme abgegeben.
5. Mit Zuschrift vom 12. April 2018 hat der Vorsitzende des 1. Strafsenats Selbstanzeige nach § 30 StPO erstattet (Bl. 1478 f. d. A.), die ohne seine Mitwirkung mit Senatsbeschluss vom 4. Juni 2018 (Bl. 1485 ff. d. A.) für begründet erklärt wurde.
6. Der Leitung der Justizvollzugsanstalt … wurde mit Schreiben vom 25. Juni 2018 die Möglichkeit zur Gegenerklärung hinsichtlich des Beschwerdegegenstands „Abbuchung vom Überbrückungsgeldkonto“ eingeräumt (Bl. 1490 d. A.). Sie hat davon keinen Gebrauch gemacht (Bl. 1491 d. A.).
II.
Die statthafte (§§ 119a, 126 Abs. 2 S. 1, 304 StPO) Beschwerde des seinerzeitigen Untersuchungsgefangenen X hat nur zu einem geringen Teil Erfolg. Überwiegend ist sie unzulässig. Soweit sie zulässig ist, bleibt sie abgesehen von der Abbuchung des Überbrückungsgelds in der Sache erfolglos.
1. Hinsichtlich der Angelegenheiten, die oben unter I. 1. a), b), c), e), f), i) und j) bezeichnet worden sind, haben sich diese teilweise schon mit ihrer Durchführung, im Übrigen aber spätestens mit Beendigung der Untersuchungshaft unter am 27. März 2018 erfolgter Verlegung aus der JVA … in die Strafhaft in der JVA zzzzz erledigt. Die Beschwerde ist insoweit wegen prozessualer Überholung unzulässig (vgl. Krauß, in: BeckOK StPO, 29. Ed. Stand 1.1.2018, § 119 Rdn. 73). Abgesehen davon, dass der Beschwerdeführer weder nach Erledigung beantragt hat, die Rechtswidrigkeit der Maßnahmen festzustellen, noch ein eventuelles Feststellungsinteresse schlüssig dargetan hat (zu diesem Erfordernis OLG München, Beschluss vom 27.9.2011 – 4 Ws 5/11 [R], FS 2012, S. 178, 179 [für den Vollzug der Freiheitsstrafe]; Grube, StrVert 2013, S. 534, 538), ist ein solches im Lichte der in der Rechtsprechung anerkannten Konstellationen (dazu Krauß, aaO; Schmitt, in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 61. Aufl. 2018, § 119a Rdn. 8 i. V. m. vor §§ 296 ff. Rdn. 17 ff.) auch nicht ersichtlich. Das gilt selbst hinsichtlich der Herausnahme des TV-Geräts aus dem seinerzeitigen Haftraum des Beschwerdeführers. Wie das Landgericht xx bereits im angefochtenen Beschluss (S. 5, Bl. 1378 d. A.) feststellte, wurde das Gerät zur Habe des Gefangenen genommen, nachdem er die Kosten hierfür nicht mehr bestritten hat. Es ist weder behauptet noch sonst ersichtlich, dass die JVA … das Gerät nach der Verlegung des Gefangenen zurückbehalten hätte, zumal sie bereits unter dem 15.2.2018 (Bl. 1423 d. A.) unwidersprochen vorgetragen hat, dem Gefangenen sei das Gerät „vor einigen Tagen“ wieder übergeben worden.
2. Auch die Verhängung von Disziplinarmaßnahmen hat sich durch ihre Vollstreckung erledigt. Insoweit kommt allerdings ein Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Maßnahmen unter dem Gesichtspunkt des Rehabilitationsinteresses wegen ihrer Vorgreiflichkeit für vollstreckungsrechtliche wie vollzugliche Entscheidungen in der Strafhaft (Aussetzung eines Strafrestes zur Bewährung, Vollzugslockerungen) prinzipiell in Betracht (so bereits OLG Düsseldorf, Beschluss vom 14.2.1997 – 2 Ws 43/97, NStZ-RR 1997, S. 240; ferner Krauß, aaO; vgl. allgemein Schmitt, aaO; für den Vollzug der Freiheitsstrafe weiter OLG München, aaO). Daran ändert auch der Übergang von Untersuchungshaft in Strafhaft nichts (OLG Stuttgart, Beschluss vom 11.1.2001 – 1 Ws 3/01, NStZ-RR 2001, S. 221), zumal der Beschwerdeführer sogleich nach der Verhängung der Disziplinarmaßnahmen gerichtliche Entscheidungen beantragt hatte, wobei über die Anträge erst später entschieden wurde. Unabhängig davon aber, dass auch insoweit der Beschwerdeführer nichts zum Feststellungsinteresse vorgetragen hat, sind zudem die Erwägungen, mit denen das Landgericht die Anträge als unbegründet zurückgewiesen hat, nicht zu beanstanden; der Senat nimmt hierauf zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug.
3. Nicht erledigt haben sich die Beschwerdepunkte Beteiligung an den Stromkosten sowie Kostenerhebung für den Fernsehempfang, weil der Beschwerdeführer durch die von der Anstalt vorgenommenen Abbuchungen nach wie vor entreichert bleibt (siehe OLG Zweibrücken, Beschluss vom 22.5.2014 – 1 Ws 83/14, BeckRS 2015, 07972), so dass die Beschwerde in diesen Punkten zulässig bleibt. Allerdings ist die Beschwerde insoweit ebenfalls aus den zutreffenden Erwägungen des Landgerichts im angefochtenen Beschluss, denen der Strafsenat beitritt, unbegründet. Was das Begehren des Gefangenen betrifft, in die von der Anstalt mit Dritten über die Versorgung mit Fernsehprogrammen abgeschlossenen Verträge Einsicht zu nehmen, fehlt es hierfür an einer Rechtsgrundlage.
4. Zulässig und begründet ist die Beschwerde im Hinblick auf die beanstandete Abbuchung von 7,74 Euro vom Überbrückungsgeldkonto des Beschwerdeführers. Wie im Nichtabhilfebeschluss des Landgerichts (Bl. 1467 f. d. A.) auf der Basis des Vortrags der Anstalt in ihrer Stellungnahme vom 23.1.2018 (Bl. 1404 f. d. A.) festgestellt wird, wurde diese Abbuchung einmalig deshalb vorgenommen, weil der Beschwerdeführer über keine anderen Mittel (Eigengeld oder Hausgeld) verfügt habe, um die Zahlungsverpflichtung aus dem von ihm abgeschlossenen Vertrag für die Anmietung eines Antennenanschlusses zu erfüllen.
Dieses Vorgehen der Anstalt war mangels Rechtsgrundlage unzulässig und die Zweckbestimmung des Überbrückungsgeldes stand ihm entgegen.
a) Weder die StPO noch das BayUVollzG enthalten Regelungen zum Überbrückungsgeld, weil ein solches für Untersuchungsgefangene, die vielfach kein Arbeitseinkommen erzielen, nachdem sie nicht zur Arbeit verpflichtet sind (Art. 12 Abs. 1 BayUVollzG), und für die zudem – selbst wenn sie eine solche wünschen – oft keine Arbeit zur Verfügung steht, nicht gebildet wird. Der Beschwerdeführer verfügte nur deshalb über Überbrückungsgeld, weil er aus dem Vollzug einer Freiheitsstrafe direkt in die Untersuchungshaft überführt worden war und das in der Strafhaft – in seinem Fall gem. § 37 StVollzG NRW – gebildete Überbrückungsgeld mitbrachte.
b) Aus Art. 51 Abs. 1 BayStVollzG ergibt sich für den Vollzug der Freiheitsstrafe, dass das Überbrückungsgeld den notwendigen Lebensunterhalt der Gefangenen und ihrer Unterhaltsberechtigten für die ersten vier Wochen nach der Entlassung sichern soll. Der Gesetzgeber will dadurch – auch zur Prävention erneuter Straffälligkeit -erreichen, dass dem Gefangenen für eine Übergangszeit, bis er Arbeitseinkommen erzielt oder ihm Sozialleistungen bewilligt werden, über die zum Leben erforderlichen Geldmittel verfügt (Laubenthal, in: Schwind/Böhm/Jehle/Laubenthal [Hrsg.], StVollzG, 6. Aufl. 2013, § 51 Rdn. 1 u. 2). Deshalb wird das Überbrückungsgeld dem Gefangenen auch erst bei Entlassung in die Freiheit ausgezahlt (Art. 51 Abs. 2 S. 1 BayStVollzG). Nur ausnahmsweise kann dem Gefangenen gestattet werden, das Überbrückungsgeld schon vor der Entlassung für Ausgaben in Anspruch zu nehmen, die der Eingliederung dienen (Art. 51 Abs. 3 BayStVollzG). Zudem gilt nach Art. 208 BayStVollzG § 51 Abs. 4 und 5 Bundes-StVollzG fort. Nach § 51 Abs. 4 S. 1 StVollzG ist der Anspruch auf Auszahlung des Überbrückungsgeldes unpfändbar, um seine besondere Zweckbestimmung nicht zu vereiteln (Laubenthal, aaO, § 51 Rdn. 17). Eine Ausnahme vom Pfändungsschutz gilt nach § 51 Abs. 5 S. 1 StVollzG nur für die in § 850d Abs. 1 S. 1 ZPO bezeichneten Unterhaltsansprüche Angehöriger. Soweit das Überbrückungsgeld der Pfändung nicht unterworfen ist, kann gegen die Forderung auf seine Auszahlung weder aufgerechnet werden (§ 394 S. 1 BGB) noch kann sie abgetreten werden (§ 400 BGB).
c) Identisch stellt sich in den hier relevanten Teilen im Übrigen die Rechtslage nach dem nordrheinwestfälischen Strafvollzugsrecht dar, auf dessen Basis das Überbrückungsgeld gebildet wurde. Die Zweckbestimmung stimmt nach § 37 Abs. 1 S. 1 StVollzG NRW überein. Das Überbrückungsgeld wird gem. § 37 Abs. 3 S. 1 StVollzG NRW dem Gefangenen bei der Entlassung zur Verfügung gestellt, wobei darunter die Entlassung in die Freiheit zu verstehen ist. Denn die Norm soll mit lediglich redaktionellen Änderungen die Vorschrift des § 51 Abs. 2 S. 1 Bundes-StVollzG aufgreifen (Arloth, in: Arloth/Krä, StVollzGe, 4. Aufl. 2017, § 37 StVollzG NRW Rdn. 2), und diese wiederum ist wortgleich mit Art. 51 Abs. 2 S. 1 BayStVollzG.
Nach § 37 Abs. 4 StVollzG NRW kann ebenfalls die vorzeitige Inanspruchnahme des Überbrückungsgeldes gestattet werden, wobei danach – anders als in Bayern -ausdrücklich auch die Tilgung von Geldstrafen sowie der Tatausgleich als der Eingliederung dienliche Zwecke benannt sind. Die Pfändungsschutzvorschriften des Bundes-StVollzG gelten über § 128 Nr. 2 StVollzG NRW ebenfalls fort.
d) Danach gilt: Das Überbrückungsgeld des Beschwerdeführers war durch seine Überführung in die Untersuchungshaft nicht frei geworden, weil dies gerade keine Entlassung in die Freiheit darstellt (Arloth, aaO, § 51 StVollzG Rdn. 7; Laubenthal, aaO, § 51 Rdn. 8; Nestler, in: Laubenthal/Nestler/Neubacher/Verrel, StVollzGe, 12. Aufl. 2015, F Rdn. 183; s. auch OLG Bremen, Beschluss vom 30.1.1991 – Ws 155/90, bei Bungert, NStZ 1992, S. 376). Das ergibt sich zudem aus dem Zweck des Überbrückungsgeldes, nachdem Untersuchungsgefangene ihren Lebensunterhalt in der Haft nicht selbst bestreiten müssen. Für diesen kommt die Anstalt auf; die Gefangenen haben lediglich das Recht, sich Annehmlichkeiten auf eigene Kosten zu verschaffen (Art. 3 Abs. 2 BayUVollzG), nicht aber die Pflicht, dies zu tun.
e) Die Bestreitung von Kosten für den Fernsehempfang während der Untersuchungshaft dient ersichtlich nicht der Eingliederung des Gefangenen in die Freiheit (vgl. [jeweils im Vollzug der Freiheitsstrafe] für den Erwerb eines Fernsehgeräts OLG Celle, Beschluss vom 2.1.1991 – 1 Ws 278/90 (StrVollz), ZfStrVo 1992, S. 261; OLG Nürnberg, Beschluss vom 18.7.2007 – 2 Ws 416/07, BeckRS 2016, 16736; für die Beschaffung einer Fernsehantenne OLG Hamm, Beschluss vom 1.6.1987 – 1 Vollz (Ws) 57/87, bei Bungert, NStZ 1988, S. 399), sondern dazu, ihm einen Zeitvertreib in der Haft zu verschaffen; auch geht es weder um die Tilgung von Geldstrafen noch um Schadenswiedergutmachung für frühere Straftaten. Zudem wird für die vorzeitige Inanspruchnahme des Geldes vorausgesetzt, dass der Gefangene von der Anstalt verlangt, die Mittel in bestimmter Weise zu verwenden. Daran fehlt es vorliegend, weil der Beschwerdeführer gerade nicht mit der Inanspruchnahme seines Überbrückungsgeldes einverstanden war.
f) An der Beurteilung ändert sich auch unter Heranziehung der Vorschriften des StVollzG NRW nichts. Deshalb kann der Strafsenat offenlassen, ob diese vom bayerischen Vollzug – selbst in einer Konstellation wie der vorliegenden, in der der Gefangene von Anfang an nur vorübergehend überstellt wurde, nachdem in jedem Fall noch ein Rest Freiheitsstrafe zu verbüßen war – zu beachten waren.
g) Das Überbrückungsgeld des Beschwerdeführers blieb nach dem Gesagten unpfändbar; die Ausnahme bezüglich Unterhaltsansprüchen Angehöriger lag ersichtlich nicht vor. Deshalb hätte der Inhaftierte nach § 400 BGB den Anspruch auf Auszahlung des Überbrückungsgeldes ebenso wenig zur Finanzierung seiner Fernsehmöglichkeit abtreten können, wie die Anstalt – auch im Interesse eines externen Dienstleisters – mit Forderungen wegen des angefallenen Entgelts für die Möglichkeit der Teilnahme am Fernsehempfang gegen den Anspruch auf Auszahlung des Überbrückungsgeldes aufrechnen konnte, § 394 S. 1 BGB. Etwas anderes würde nicht einmal gelten, wenn die Anstalt bzw. der externe Vertragspartner des Gefangenen, der die Empfangsanlage betreibt, einen rechtskräftigen Titel über die Forderung erwirkt hätten.
h) Erweist sich das Begehren des Beschwerdeführers entgegen der Auffassung des Landgerichts insoweit als begründet, trifft der Strafsenat nach § 309 Abs. 2 StPO auch die in der Sache erforderliche Entscheidung. Diese kann nur darin bestehen, die Anstalt zu verpflichten, die ohne Rechtsgrundlage erfolgte Abbuchung rückgängig zu machen, mithin auf das Überbrückungsgeldkonto des Beschwerdeführers den streitigen Betrag von 7,74 Euro zurückzuzahlen. Denn Abbuchungen sind grundsätzlich auf das Konto zurückzuerstatten, von dem sie vorgenommen wurden (für den Strafvollzug nunmehr ausdrücklich § 45 Abs. 1 S. 3 NJVollzG hinsichtlich bei Lockerungen nicht verbrauchter Gelder; weiter OLG Koblenz, Beschluss vom 26.4.2016 – 2 Ws 28/16 Vollz, FS 2017, S. 75 [nicht verbrauchtes Taschengeld]; OLG Celle, Beschluss vom 2.1.1991 – 1 Ws 278/90 (StrVollz), ZfStrVo 1992, S. 261 [Rückübertragung von unzulässiger Weise dem Überbrückungsgeld zugeschlagener Mittel auf das Hausgeldkonto]). Das muss erst recht wegen seines besonderen Zwecks für das Überbrückungsgeld gelten, nachdem vorliegend dessen Inanspruchnahme unter keinem denkbaren Gesichtspunkt in Betracht kommt. Insoweit verhält es sich anders als in dem vom OLG Zweibrücken, BeckRS 2015, 07972 entschiedenen Fall. Dort hatte der Untersuchungsgefangene die Berechtigung eines Anspruchs bestritten. Dennoch war dieser durch Zahlung von seinem Eigengeldkonto erfüllt worden, weshalb das OLG die Sache an das Landgericht zurückverwies, welches das Verfahren aussetzen und dem Anstaltsleiter eine Frist zur Geltendmachung des Anspruchs vor dem Zivilgericht setzen sollte. Auch wenn sich der Beschwerdeführer nicht mehr in der JVA … aufhält, sind vorliegend keine Gründe ersichtlich, warum es der Anstalt tatsächlich nicht möglich sein sollte, eine entsprechende Einzahlung auf das Überbrückungsgeldkonto des nunmehr wieder im nordrheinwestfälischen Strafvollzug befindlichen Gefangenen zu tätigen.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus entsprechender Anwendung von § 467 Abs. 1 StPO einerseits sowie aus § 473 Abs. 1 S. 1 StPO andererseits.
IV.
Diese Entscheidung ist unanfechtbar, § 310 Abs. 2 StPO.


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