Strafrecht

Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör in einem Ordnungswidrigkeitenverfahren durch Übergehen entscheidungserheblichen Vortrags

Aktenzeichen  Vf 93-VI/19

Datum:
8.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 16150
Gerichtsart:
VerfGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verfassungsgerichtsbarkeit
Normen:
BV Art. 91 Abs. 1, Art. 118 Abs. 1
VfGHG Art. 51 Abs. 2
OWiG § 46 Abs. 1, § 47 Abs. 2
StPO § 33a, § 35a, § 44 S. 2, § 304, § 464 Abs. 3 S. 1, § 467 Abs. 1, Abs. 4

 

Leitsatz

Aufhebung eines amtsgerichtlichen Beschlusses, soweit darin anlässlich der Einstellung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens nach § 47 Abs. 2 OWiG festgestellt wurde, dass der Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen selbst zu tragen habe, wegen Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV).
1. Zu dem vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde auszuschöpfenden Rechtsweg (Art. 51 Abs. 2 S. 1 VfGHG) zählt auch die Erhebung einer Anhörungsrüge nach § 33a StPO, wenn zu berücksichtigendes Vorbringen bei einer gerichtlichen Entscheidung nicht ausreichend zur Kenntnis genommen und gewürdigt wurde.  (Rn. 21 – 23) (redaktioneller Leitsatz)
2. Wenn eine zulässige und statthafte Anhörungsrüge als unzulässig zurückgewiesen wird, sodass eine Prüfung in der Sache nicht erfolgt, gehört auch die sofortige Beschwerde gegen diese ablehnende Entscheidung zu dem vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde auszuschöpfenden Rechtsweg.  (Rn. 24 – 25) (redaktioneller Leitsatz)
3. Ist nicht abschließend geklärt, ob ein weiterer Rechtsbehelf vor Erhebung einer Verfassungsbeschwerde zur Verfügung steht und aus Gründen der Rechtswegerschöpfung erhoben werden muss, so kann die Verfassungsbeschwerde zur Fristwahrung zulässiger Weise gleichzeitig mit dem (vorsichtshalber) eingelegten Rechtsbehelf erhoben werden.  (Rn. 27) (redaktioneller Leitsatz)
4. Zur Beachtung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist ein Gericht nicht gehalten, sich in den Entscheidungsgründen mit dem Vortrag der Beteiligten auseinanderzusetzen. Es ist in der Regel davon auszugehen, dass dieses zur Kenntnis genommen und erwogen wurde, es sei denn, dass sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls etwas anderes ergibt.  (Rn. 35) (redaktioneller Leitsatz)
5. Eine Gehörsverletzung liegt vor, wenn sich ein Beschwerdeführer gegen die Verhängung eines Bußgeldes wegen eines vermeintlichen Parkvergehens mit der Begründung wehrt, dass das Halteverbotszeichen zeitlich eingeschränkt gewesen sei, die Instanzgerichte sich im Verlauf des gesamten Verfahrens mit diesem Argument aber nicht auseinandergesetzt haben.  (Rn. 36 – 42) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

14 Qs 57/19 2019-11-26 Bes LGMUENCHENI LG München I

Tenor

1.    Nr. 2 Satz 2 des Beschlusses des Amtsgerichts München vom 31. Juli 2019 Az. 944 OWi 437 Js 166745/19 verstößt gegen das Grundrecht auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV). Der Beschluss wird insoweit aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur erneuten Entscheidung an das Amtsgericht München zurückverwiesen.
2.    Dem Beschwerdeführer sind die durch das Verfassungsbeschwerdeverfahren verursachten notwendigen Auslagen aus der Staatskasse zu erstatten.

Gründe

I.
Die Verfassungsbeschwerde betrifft eine im Rahmen der Einstellung eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens gemäß § 47 Abs. 2 OWiG ergangene Auslagenentscheidung. Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 31. Juli 2019 Az. 944 OWi 437 Js 166745/19, soweit darin – bei gleichzeitiger Einstellung des Verfahrens – festgestellt wurde, dass er seine notwendigen Auslagen selbst zu tragen habe. Weiterhin wendet er sich gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 22. August 2019, mit dem seine Gehörsrüge gegen den Beschluss vom 31. Juli 2019 als unstatthaft zurückgewiesen wurde, und gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 26. November 2019 Az. 14 Qs 57/19, mit dem das Rechtsmittel gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 31. Juli 2019 als unzulässig verworfen wurde.
1. Gegen den Beschwerdeführer erging am 11. Februar 2019 ein Bußgeldbescheid der Landeshauptstadt München, Kreisverwaltungsreferat, mit dem Vorwurf, er habe am 29. November 2018 in der Zeit von 21.16 bis 21.28 Uhr im absoluten Halteverbot (Zeichen 283) geparkt. Der Beschwerdeführer wandte sich mit Schreiben vom 27. Februar 2019 im Weg des Einspruchs gegen den Bußgeldbescheid mit der Begründung, das Halteverbot sei zeitlich eingeschränkt gewesen und habe entsprechend der angebrachten Beschilderung im Zeitraum 21. November 2018 bis 20. November 2019 nur Montag bis Freitag von 7 bis 18 Uhr und Samstag von 7 bis 14 Uhr, nicht also in der Zeit, in der er geparkt habe, gegolten. Beigefügt waren dem Einspruchsschreiben Fotos, auf denen nicht fest installierte Verkehrsschilder mit dieser zeitlichen Beschränkung erkennbar sind. Mit Schreiben vom 16. April 2019 teilte das Kreisverwaltungsreferat dem Beschwerdeführer mit, der Erlass des Bußgeldbescheids sei zu Recht erfolgt, da der Parkverstoß im Bereich eines seit dem 21. November 2018 fest installierten Halteverbotszeichens erfolgt sei. Der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers beantragte am 2. Mai 2019 Akteneinsicht.
Am 6. Mai 2019 erbat das Kreisverwaltungsreferat eine Stellungnahme sowie die Anfertigung einer Skizze von dem Außendienstmitarbeiter, der den angeblichen Parkverstoß am 29. November 2018 aufgenommen hatte. Dieser fertigte mit Datum vom 9. Mai 2019 eine Skizze und führte in seiner Stellungnahme aus, Anfangs- und Endbeschilderung des Halteverbotsbereichs seien fest angebracht; mit dem uhrzeitlichen Geltungsbereich des Halteverbots befasste sich die Stellungnahme inhaltlich nicht. Mit Schreiben vom 28. Mai 2019 monierte der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers gegenüber dem Kreisverwaltungsreferat, dass in der Korrespondenz in keiner Weise auf den Vortrag der zeitlichen Beschränkung des Halteverbots eingegangen werde. Am 12. Juni 2019 teilte die für temporäre Verkehrsanordnungen zuständige Abteilung der Landeshauptstadt München der für die kommunale Verkehrsüberwachung zuständigen Abteilung auf deren Anfrage hin mit, dass das mobile Halteverbot Teil einer verkehrsaufsichtlichen Erlaubnis für ein Bauvorhaben sei, welche bereits mehrfach verlängert worden sei. Die zeitliche Geltungsdauer (21. November 2018 bis 20. November 2019 nur Montag bis Freitag von 7 bis 18 Uhr und Samstag von 7 bis 14 Uhr) sei am 30. Oktober 2018 festgelegt worden. Die Zeitpunkte des Auf- und Abbaus der mobilen Beschilderung und der Festbeschilderung seien von dort aus nicht feststellbar. Der Einwand des Beschwerdeführers „dürfte aber bereits nach dem Inhalt der Erlaubnis berechtigt sein“.
Mit Schreiben vom 18. Juni 2019 teilte das Kreisverwaltungsreferat dem Bevollmächtigten des Beschwerdeführers mit, dass der Bußgeldbescheid zu Recht ergangen sei. Das Halteverbotsschild sei fest angebracht und bei ausreichender Sorgfalt erkennbar gewesen. Es sei nicht beabsichtigt, das Verfahren einzustellen. Der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers wies im Anschluss mit Schreiben vom 8. Juli 2019 darauf hin, dass es nicht um die Existenz des Schildes und dessen Erkennbarkeit, sondern nur um die zeitliche Geltungsdauer des Halteverbots gehe.
2. Nach Vorlage des Verfahrens durch die Staatsanwaltschaft München I wies das Amtsgericht München mit Schreiben vom 22. Juli 2019 unter Einräumung einer Stellungnahmefrist den Bevollmächtigten des Beschwerdeführers darauf hin, dass beabsichtigt sei, das Verfahren nach § 47 Abs. 2 OWiG einzustellen; weiterhin wurde unter Hinweis auf § 46 Abs. 1 OWiG, § 467 Abs. 4 StPO die Absicht angekündigt, die entstandenen notwendigen Auslagen nicht der Staatskasse aufzuerlegen. Mit Schriftsatz vom 30. Juli 2019 verwies der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers auf die inhaltlichen Ausführungen in den Schreiben vom 28. Mai und 8. Juli 2019 und teilte mit, dass mit der angekündigten Vorgehensweise hinsichtlich der notwendigen Auslagen kein Einverständnis bestehe. Diese seien grundsätzlich der Staatskasse aufzuerlegen. Dem Beschwerdeführer könne keinerlei Versäumnis angelastet oder der geringste Tatverdacht unterstellt werden.
Mit dem Beschluss des Amtsgerichts München vom 31. Juli 2019 wurde das Verfahren gemäß § 47 Abs. 2 OWiG eingestellt (Nr. 1); gleichzeitig wurden die Kosten des Verfahrens der Staatskasse auferlegt (Nr. 2 Satz 1) und festgestellt, dass der Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen selbst zu tragen habe (Nr. 2 Satz 2). Zur Begründung führte das Amtsgericht aus, dass die Schuld gering und eine Ahndung deshalb nicht geboten sei. Die Auslagenentscheidung sei gerechtfertigt, da hinsichtlich der Beschilderung widersprüchliche Angaben des den Parkverstoß feststellenden Zeugen und des Beschwerdeführers vorlägen. Diese könnten nur im Rahmen einer umfangreichen und im Hinblick auf das Bußgeld von 15 € unverhältnismäßigen Beweisaufnahme geklärt werden.
3. Mit Schriftsatz vom 9. August 2019 erhob der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers einen als „Anhörungsrüge“ bezeichneten Rechtsbehelf. Zur Begründung führte er aus, die Entscheidung des Amtsgerichts sei hinsichtlich der notwendigen Auslagen grob rechtswidrig, verstoße gegen das Willkürverbot und das Grundrecht auf rechtliches Gehör. Die Begründung sei nicht verständlich und nicht nachvollziehbar. Das Gericht habe den Vortrag des Beschwerdeführers, dass dieser nichts falsch gemacht, sondern nur zu einem Zeitpunkt geparkt habe, als das Parkverbot nicht gegolten habe, nicht zur Kenntnis genommen. Das Gericht nehme eine geringe Schuld an, ohne auf den Vortrag des Beschwerdeführers, er habe außerhalb des zeitlichen Geltungsbereichs des Halteverbots geparkt, einzugehen. Es lägen auch keine widersprüchlichen Angaben vor, eine Beweisaufnahme wäre deshalb nicht erforderlich gewesen.
Mit dem ebenfalls angegriffenen Beschluss vom 22. August 2019 wies das Amtsgericht das „als Anhörungsrüge bezeichnete Rechtsmittel“ des Beschwerdeführers als unstatthaft zurück. Zur Begründung führte es aus, die Entscheidung nach § 47 Abs. 2 OWiG sei mangels Beschwer nicht anfechtbar. Aufgrund Verfügung vom gleichen Tag wurde der Beschluss, der keine Rechtsmittelbelehrungenthält, dem Beschwerdeführer und seinem Bevollmächtigten formlos übermittelt.
4. Mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2019, eingegangen am selben Tag, beantragte der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers „Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gem. § 44 StPO“ und erhob „sofortige Beschwerde nach § 304 StPO“ gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 22. August 2019. Zur Begründung führte er aus, der mit Schriftsatz vom 9. August 2019 eingelegte Rechtsbehelf hätte als Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 33 a StPO ausgelegt werden müssen, da es um die Nachholung der Gewährung rechtlichen Gehörs bei einer nicht anfechtbaren gerichtlichen Entscheidung gegangen sei. Gegen die durch Beschluss erfolgte Ablehnung dieses Antrags sei die Beschwerde jedenfalls dann zulässig, wenn der Antrag, wie im vorliegenden Fall, als unstatthaft abgewiesen worden sei. Auf Form und Frist dieser Beschwerdemöglichkeit hätte das Amtsgericht gemäß § 35 a StPO hinweisen müssen. Aufgrund der unterbliebenen Rechtsmittelbelehrungsei die Nichteinhaltung der Rechtsmittelfrist nach der gesetzlichen Vermutung des § 44 Satz 2 StPO unverschuldet. Die Erkenntnis der Anfechtbarkeit habe der Bevollmächtigte erst am 28. Oktober 2019 im Zug der Vorbereitung der Verfassungsbeschwerde erlangt. Die Beschwerde selbst sei zulässig und begründet. Eine Beschwer liege in der Entscheidung über die notwendigen Auslagen.
Die Staatsanwaltschaft München I legte die Akten am 14. November 2019 dem Landgericht München I vor mit dem Antrag, die sofortige Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Rechtsmittel der sofortigen Beschwerde sei rechtzeitig erhoben worden, jedoch nach § 47 Abs. 2 Satz 3 OWiG nicht statthaft.
Das Landgericht München I verwarf mit dem gleichfalls angegriffenen Beschluss vom 26. November 2019 die sofortige Beschwerde „gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 31.07.2019“ als unzulässig. Der Schriftsatz vom 9. August 2019 sei als sofortige Beschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 31. Juli 2019 zu behandeln. Eine sofortige Beschwerde sei nach § 47 Abs. 2 Satz 3 OWiG jedoch nicht statthaft.
II.
1. Mit seiner am 28. Oktober 2019 eingegangenen, zunächst fristwahrend erhobenen Verfassungsbeschwerde wendet sich der Beschwerdeführer gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts München vom 31. Juli und 22. August 2019 und rügt die Verletzung seiner Grundrechte aus Art. 91 Abs. 1 BV (rechtliches Gehör) und Art. 118 Abs. 1 BV (Willkürverbot) sowie einen Verstoß gegen die Unschuldsvermutung. Mit Schriftsatz vom 17. Dezember 2019, eingegangen am selben Tag, erweiterte der Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerde auf den Beschluss des Landgerichts München I vom 26. November 2019.
a) Der Beschwerdeführer bringt vor, die erhobene Verfassungsbeschwerde sei zulässig, weil die Frist nach Art. 51 Abs. 2 Satz 2 VfGHG frühestens mit Ablauf des 28. Oktober 2019 geendet habe. Maßgeblich für den Fristbeginn sei der Zugang des Beschlusses des Amtsgerichts München vom 22. August 2019 in der Anwaltskanzlei des Bevollmächtigten des Beschwerdeführers am 27. August 2019, weil die Erhebung der Anhörungsrüge Teil des zu erschöpfenden Rechtswegs sei. Die erhobene Anhörungsrüge sei nicht offensichtlich ohne Aussicht auf Erfolg gewesen. Eine Beschwer liege in der Auferlegung der notwendigen Auslagen. Auch der Wiedereinsetzungsantrag und die sofortige Beschwerde seien Teil des Rechtswegs. Da dem Beschluss des Amtsgerichts München vom 22. August 2019 die Rechtsmittelbelehrunggefehlt habe, sei die Nichteinhaltung der Rechtsmittelfrist nach § 44 Satz 2 StPO unverschuldet.
b) aa) Die gegen die Beschlüsse des Amtsgerichts München vom 31. Juli und 22. August 2019 gerichtete Verfassungsbeschwerde sei auch begründet.
Art. 91 Abs. 1 BV sei verletzt, weil der Beschwerdeführer im Ausgangsverfahren mehrfach, auch gegenüber dem Gericht, den Sachverhalt dargestellt sowie dargelegt habe, dass ihm kein Tatvorwurf zu machen und kein Versäumnis anzulasten sei. Der Beschwerdeführer habe keine Gesetzesübertretung begangen. Er habe alles zur Klärung des Sachverhalts rechtzeitig vorgetragen und unternommen. Das Amtsgericht habe zu keinem Zeitpunkt zu erkennen gegeben, ob es den vorgebrachten Sachverhalt zur Kenntnis genommen habe. Inhaltlich habe sich das Gericht vor dem Beschluss vom 31. Juli 2019 nicht geäußert, sondern nur eine Absicht kundgetan. Nichts vom Vortrag des Beschwerdeführers finde sich im Beschluss vom 31. Juli 2019 wieder. Durch die Begründung des Beschlusses, dass die Schuld gering erscheine, gebe das Gericht zu erkennen, dass es die Darstellung des Beschwerdeführers nicht zur Kenntnis genommen habe. Es lägen auch keine widersprüchlichen Angaben vor, da sich die Aussage des Zeugen auf die Sichtbarkeit des Schildes beschränke.
Der Beschluss des Amtsgerichts vom 31. Juli 2019 verstoße auch gegen das Willkürverbot, weil er nicht nachvollziehbar, unfair und eindeutig unangemessen sei. Dem Beschluss müssten sachfremde Erwägungen zugrunde liegen, denn Sachverhalt, Entscheidung und deren Begründung hätten nichts miteinander zu tun.
Die notwendigen Auslagen des Betroffenen müssten nach § 467 Abs. 1 StPO bei Einstellung des Verfahrens grundsätzlich zulasten der Staatskasse gehen; die gesetzlich geregelten Ausnahmen seien nicht einschlägig. Willkürlich sei auch die Annahme, dass der Beschluss keine Beschwer begründe.
Mit der Annahme einer „geringen Schuld“ ohne Anhaltspunkt und ohne Feststellung habe das Amtsgericht weiterhin gegen den Grundsatz der Unschuldsvermutung verstoßen. In der Begründung werde auch nicht zwischen der Verfahrenseinstellung und der Kostenentscheidung unterschieden.
bb) Da der Beschluss des Landgerichts München I vom 26. November 2019 den willkürlichen Beschluss des Amtsgerichts München aufrechterhalte, verstoße auch dieser Beschluss gegen das Willkürverbot. Er sei in der Sache kaum verständlich. Der Rechtsbehelf vom 9. August 2019 hätte zwingend als Wiedereinsetzungsantrag nach § 33 a StPO ausgelegt werden müssen.
2. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hat von einer Stellungnahme zu der Verfassungsbeschwerde abgesehen.
III.
Die gegen Nr. 2 Satz 2 des Beschlusses des Amtsgerichts München vom 31. Juli 2019 gerichtete Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
1. Der Beschwerdeführer hat insbesondere vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde den Rechtsweg ordnungsgemäß erschöpft. Eine Verfassungsbeschwerde kann nach Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG nur erhoben werden, wenn zuvor der durch die ordentlichen Rechtsmittel vorgegebene Rechtsweg erschöpft worden ist. Die Verfassungsbeschwerde ist als letzter außerordentlicher Rechtsbehelf nur zulässig, wenn alle prozessualen und faktischen Möglichkeiten ausgeschöpft sind, um dem als verfassungswidrig beanstandeten Verhalten des Gerichts entgegenzutreten (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 25.2.2010 BayVBl 2010, 399/400; vom 22.10.2018 BayVBl 2019, 465 Rn. 19; vgl. auch BVerfG vom 8.1.1985 BVerfGE 68, 376/380).
a) Zum Rechtsweg zählt auch das gemäß § 33 a StPO vorgesehene Nachverfahren (vgl. VerfGH vom 12.5.2010 VerfGHE 63, 62/66; vom 16.11.2018 – Vf. 23-VI- 16 – juris Rn. 24; vgl. auch BerlVerfGH vom 18.7.2006 – 43/03 – juris Rn. 15 f.; SächsVerfGH vom 28.2.2008 – Vf. 122-IV-07 – juris Rn. 7). Die Durchführung eines solchen Verfahrens hat der Beschwerdeführer im Schriftsatz vom 9. August 2019 ordnungsgemäß begehrt. Das Nachverfahren dient als eigenständiger Rechtsbehelf der Heilung eines Verstoßes gegen die Gewährung rechtlichen Gehörs. Der Beschwerdeführer war daher gehalten, gegen die Entscheidung, mit der seine notwendigen Auslagen nicht der Staatskasse auferlegt worden waren und die für ihn nach § 47 Abs. 2 Satz 3, § 46 Abs. 1 OWiG, § 464 Abs. 3 Satz 1 Halbsatz 2 StPO nicht anfechtbar war, im Weg der Rüge nach § 33 a StPO vorzugehen. Zwar hatte das Amtsgericht dem Beschwerdeführer vor Erlass des Beschlusses vom 31. Juli 2019 mit Hinweis vom 23. Juli 2019 Gelegenheit zur Stellungnahme zur beabsichtigten Auferlegung der notwendigen Auslagen gegeben, welche vom Beschwerdeführer durch Schriftsatz vom 30. Juli 2019 auch wahrgenommen worden war. Der Grundsatz des rechtlichen Gehörs verpflichtet die entscheidenden Gerichte jedoch nicht nur dazu, Gelegenheit zur Äußerung zu geben, sondern darüber hinaus, die maßgeblichen Ausführungen der Beteiligten auch zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 15.7.2005 VerfGHE 58, 178/180; vom 31.3.2008 VerfGHE 61, 66/70; vom 15.7.2019 – Vf. 76-VI-17 – juris Rn. 42; BVerfG vom 13.10.2015 NJW 2016, 861 Rn. 16). Die Vorschrift des § 33 a StPO ist daher dahingehend auszulegen und anzuwenden, jeden Aspekt des rechtlichen Gehörs zu erfassen; sie greift damit auch dann, wenn zu berücksichtigendes Vorbringen nicht hinreichend zur Kenntnis genommen wird (vgl. auch OLG Koblenz vom 16.10.2014 NStZ-RR 2015, 122).
Der Beschwerdeführer hat zulässigerweise und ordnungsgemäß vom Rechtsbehelf des § 33 a StPO Gebrauch gemacht. Die mit Schriftsatz vom 9. August 2019 erhobene „Anhörungsrüge“ war unzweifelhaft als Antrag auf Durchführung dieses Nachverfahrens auszulegen. Dass das Amtsgericht den Vortrag des Beschwerdeführers offensichtlich nicht hinreichend zur Kenntnis genommen und gewürdigt habe, hat dieser im Rahmen des Schriftsatzes hinreichend substanziiert vorgetragen. Er hat schlüssig dargelegt, dass das Amtsgericht in der Begründung des Beschlusses vom 31. Juli 2019 eine nachvollziehbare Auseinandersetzung mit dem Vorbringen des Beschwerdeführers vermissen lasse, sodass davon ausgegangen werden müsse, das Gericht habe seine Darstellung entweder nicht zur Kenntnis genommen oder jedenfalls nicht in Erwägung gezogen. Er hat damit auch ausreichend substanziiert dargetan, warum nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Entscheidung des Amtsgerichts ohne die Gehörsverletzung anders ausgefallen wäre. Dem Beschwerdeführer stand der Rechtsbehelf des § 33 a StPO offen, da der Gehörsverstoß für ihn auch nachteilhaft war.
b) Auch der vom Beschwerdeführer mit Schriftsatz vom 28. Oktober 2019 gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 22. August 2019 in zulässiger Form erhobene Rechtsbehelf gehörte zum Rechtsweg nach Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG (vgl. VerfGH vom 12.5.2010 VerfGHE 63, 62/66; BVerfG NJW 2016, 861 Rn. 17 f.; BerlVerfGH vom 18.7.2006 – 43/03 – juris Rn. 17 ff.).
aa) Wenn die Voraussetzungen des § 33 a StPO vorliegen, hat ein Gericht das Verfahren in den Stand vor der angegriffenen Entscheidung zurückzuversetzen und nachträglich Gehör zu gewähren. Das Amtsgericht hat hier jedoch statt der Durchführung eines Nachverfahrens den Rechtsbehelf des Beschwerdeführers vom 9. August 2019 mit Beschluss vom 22. August 2019 als unstatthaft zurückgewiesen und damit aus formalen Erwägungen eine erneute sachliche Prüfung unter Berücksichtigung des Vorbringens des Beschwerdeführers abgelehnt. In einem solchen Fall ist nach der überwiegenden Auffassung die sofortige Beschwerde gegen eine derartige Entscheidung statthaft, mit der ein Gericht aus formellen Gründen die Durchführung eines Nachverfahrens ablehnt und sich damit einer sachlichen Prüfung verwehrt (vgl. BVerfG vom 25.1.2018 NJW 2018, 1077 Rn. 12; Nachweise zum Streitstand bei Maul in Karlsruher Kommentar zur StPO, 8. Aufl. 2019, § 33 a Rn. 11 ff.). Der Beschwerdeführer war daher gehalten, ein solches Rechtsmittel einzulegen, um dem Erfordernis der Erschöpfung des Rechtswegs Genüge zu tun (vgl. auch BerlVerfGH vom 18.7.2006 – 43/03 – juris Rn. 17 ff.). Nur dann, wenn ein Rechtsbehelf offensichtlich aussichtslos ist, gehört er nicht zum Rechtsweg gemäß Art. 51 Abs. 2 Satz 1 VfGHG (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 30.4.1981 VerfGHE 34, 78/79; vom 14.4.1989 VerfGHE 42, 50/52; vgl. auch Heinrichsmeier, NVwZ 2010, 228/232).
bb) Der am 28. Oktober 2019 gegen den Beschluss des Amtsgerichts vom 22. August 2019 erhobene Rechtsbehelf war nicht verfristet. Dass der Beschwerdeführer nicht binnen zwei Wochen Beschwerde eingelegt hat, kann ihm im Rahmen der Rechtswegerschöpfung nicht zur Last gelegt werden, weil der Beschluss vom 22. August 2019 keine Rechtsbehelfsbelehrung:enthielt. Ist eine solche Belehrung nach § 35 a Satz 1 StPO, wie hier, nicht erfolgt, hindert dies zwar nicht den Lauf der Rechtsmittelfrist. Die unterbliebene Belehrung eröffnet jedoch die Möglichkeit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 44 StPO durch die unwiderlegbare Vermutung der schuldlosen Säumnis, § 44 Satz 2 StPO (vgl. Maul in Karlsruher Kommentar zur StPO, § 35 a Rn. 16 m. w. N.). Auch im Fall einer anwaltlichen Vertretung gilt die Fristversäumnis unwiderlegbar als unverschuldet. Es bedarf lediglich der Glaubhaftmachung, dass der Belehrungsmangel kausal für die Fristversäumnis war; die Anforderungen an das Kausalitätserfordernis dürfen dabei nicht überspannt werden (vgl. BVerfG vom 11.4.1991 NJW 1991, 2277). Der Bevollmächtigte des Beschwerdeführers hat anwaltlich versichert, dass er die Erkenntnis der Anfechtbarkeit des Beschlusses vom 22. August 2019 durch die Beschwerde erst im Rahmen der Vorbereitung der am 28. Oktober 2019 eingelegten Verfassungsbeschwerde erlangt habe. Damit ist die Kausalität hinreichend glaubhaft gemacht.
c) Dem Erfordernis der Erschöpfung des Rechtswegs steht nicht entgegen, dass der Beschwerdeführer die Verfassungsbeschwerde am 28. Oktober 2019 gleichzeitig mit dem Rechtsbehelf gegen die Entscheidung des Amtsgerichts München vom 22. August 2019 eingelegt hat. Da, wie ausgeführt, nicht ganz unstreitig ist, ob gegen eine die Durchführung eines Nachverfahrens nach § 33 a StPO aus formellen Gründen ablehnende Entscheidung der Rechtsbehelf der Beschwerde statthaft und deshalb zur Erschöpfung des Rechtswegs auch einzulegen ist, besteht in einem solchen Fall für den Betroffenen eine gewisse Unsicherheit, ob sofort Verfassungsbeschwerde einzulegen ist, die wegen des Grundsatzes der Subsidiarität unzulässig sein könnte, oder ob zunächst der fachgerichtliche Rechtsbehelf einzulegen und das Ergebnis abzuwarten ist – mit der Gefahr, dass die Verfassungsbeschwerde verfristet sein könnte. Um den Betroffenen von diesen aus dem Zusammenspiel von Anhörungsrüge und Verfassungsbeschwerde resultierenden Schwierigkeiten im Interesse eines effektiven Verfassungsrechtsschutzes zu entlasten, ist die Erhebung einer fristwahrenden Verfassungsbeschwerde vor dem Ergehen der letzten fachgerichtlichen Entscheidung (verbunden mit dem Hinweis auf die hilfsweise fristwahrende Einlegung) zulässig (vgl. Heinrichsmeier, NVwZ 2010, 228/232; Wolff in Lindner/Möstl/Wolff, Verfassung des Freistaates Bayern, 2. Aufl. 2017, Art. 120 Rn. 74).
2. Auch die Frist zur Einlegung der Verfassungsbeschwerde ist gewahrt. Ist hinsichtlich des Beschwerdegegenstands ein Rechtsweg zulässig, so ist nach Art. 51 Abs. 2 Satz 2 VfGHG die Verfassungsbeschwerde spätestens zwei Monate nach der schriftlichen Bekanntgabe der vollständigen letztgerichtlichen Entscheidung an den Beschwerdeführer beim Verfassungsgerichtshof einzureichen. Da im vorliegenden Fall, wie dargestellt, das Anhörungsrügeverfahren nach § 33 a StPO und die gegen die Ablehnung der Anhörung gerichtete und nicht offensichtlich unzulässige Beschwerde nach § 304 StPO zum Rechtsweg gehören, ist als letztgerichtliche Entscheidung hier der Beschluss des Landgerichts München I vom 26. November 2019 anzusehen. Dass die Verfassungsbeschwerde bereits am 28. Oktober 2019 zur Fristwahrung erhoben worden ist, ist unschädlich.
3. Die Verfassungsbeschwerde ist auch nicht deshalb unzulässig, weil sie sich lediglich gegen die Auferlegung der notwendigen Auslagen richtet und nicht zugleich gegen die damit verbundene Hauptsacheentscheidung über die Einstellung des Verfahrens. Der geltend gemachte Verfassungsverstoß betrifft allein den Ausspruch über die Tragung der notwendigen Auslagen. In einem solchen Fall besteht ein Rechtsschutzbedürfnis für die verfassungsgerichtliche Überprüfung. Andernfalls wäre der verfassungsrechtliche Rechtsschutz lückenhaft. Denn der Betroffene hätte ansonsten keine Möglichkeit, sich gegen eine allein in einer Kostenentscheidung enthaltene Verletzung seiner verfassungsmäßigen Rechte zur Wehr zu setzen (vgl. BVerfG vom 3.12.1986 NJW 1987, 2569; BVerfG NJW 2016, 861 Rn. 19).
4. Ob die Verfassungsbeschwerde auch im Hinblick auf die weiteren angegriffenen Entscheidungen zulässig ist, kann dahinstehen, da diese mit der Aufhebung des Beschlusses vom 31. Juli 2019 gegenstandslos werden (siehe dazu unten IV. 4.).
IV.
Die Verfassungsbeschwerde gegen Nr. 2 Satz 2 des Beschlusses des Amtsgerichts München vom 31. Juli 2019 ist begründet. Sie hat jedenfalls mit der Rüge eines Verstoßes gegen das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) Erfolg.
1. Gerichtliche Entscheidungen können im Verfassungsbeschwerdeverfahren nur in engen Grenzen überprüft werden. Der Verfassungsgerichtshof ist kein Rechtsmittelgericht; es ist nicht seine Aufgabe, fachgerichtliche Entscheidungen dahingehend zu kontrollieren, ob die tatsächlichen Feststellungen zutreffen oder ob die Gesetze richtig ausgelegt und angewandt wurden. Im Rahmen der Verfassungsbeschwerde ist nur zu prüfen, ob das Gericht gegen die vom Beschwerdeführer bezeichneten Normen der Bayerischen Verfassung verstoßen hat, die ein subjektives Recht verbürgen. Ist die angefochtene Entscheidung – wie hier – unter Anwendung von Bundesrecht ergangen, das wegen seines höheren Rangs nicht am Maßstab der Bayerischen Verfassung überprüft werden kann, beschränkt sich die Prüfung darauf, ob das Gericht willkürlich gehandelt hat (Art. 118 Abs. 1 BV). In verfahrensrechtlicher Hinsicht überprüft der Verfassungsgerichtshof Entscheidungen, die in einem bundesrechtlich geregelten Verfahren ergangen sind, auch daraufhin, ob ein Verfahrensgrundrecht der Bayerischen Verfassung verletzt wurde, das – wie z. B. das Recht auf rechtliches Gehör (Art. 91 Abs. 1 BV) – mit gleichem Inhalt im Grundgesetz gewährleistet ist (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 26.1.1990 VerfGHE 43, 12/17 f.; vom 8.2.2019 – Vf. 67-VI-17 – juris Rn. 17; vom 15.7.2019 – Vf. 76-VI-17 – juris Rn. 40).
2. Unter Beachtung dieses eingeschränkten Prüfungsmaßstabs ist die Verfassungsbeschwerde gegen den Beschluss des Amtsgerichts München vom 31. Juli 2019 begründet, jedenfalls soweit der Beschwerdeführer die Verletzung des Art. 91 Abs. 1 BV rügt.
a) Das Grundrecht auf rechtliches Gehör hat grundsätzlich eine doppelte Ausprägung: Zum einen untersagt es den Gerichten, ihren Entscheidungen Tatsachen oder Beweisergebnisse zugrunde zu legen, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 29.10.1993 VerfGHE 46, 293/296; vom 15.7.2019 – Vf. 76-VI-17 – juris Rn. 42). Zum anderen gibt es den Beteiligten einen Anspruch darauf, dass rechtzeitiges und möglicherweise erhebliches Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung in Erwägung gezogen wird, soweit es aus verfahrens- oder materiellrechtlichen Gründen nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGHE 58, 178/180; VerfGH vom 2.5.2018 – Vf. 58-VI-17 – juris Rn. 29; vom 15.7.2019 – Vf. 76-VI-17 – juris Rn. 42).
Das Gericht wird durch das Grundrecht auf rechtliches Gehör aber nicht verpflichtet, in seiner Entscheidung auf alle Ausführungen eines Beteiligten einzugehen. Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass ein Gericht den von ihm entgegengenommenen Vortrag eines Beteiligten auch zur Kenntnis genommen, in Erwägung gezogen und bei seiner Entscheidung gewürdigt hat. Dies gilt auch dann, wenn es davon abgesehen hat, den Vortrag in den Gründen seiner Entscheidung ausdrücklich zu erörtern. Nur wenn sich aus den besonderen Umständen des Einzelfalls klar und deutlich ergibt, dass das Gericht ein entscheidungserhebliches Vorbringen entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei seiner Entscheidung ersichtlich nicht in Erwägung gezogen hat, kann eine Verletzung des rechtlichen Gehörs angenommen werden (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGH vom 2.4.2015 VerfGHE 68, 65 Rn. 66; vom 23.9.2015 VerfGHE 68, 180 Rn. 45; vom 15.7.2019 – Vf. 76-VI-17 – juris Rn. 43). Geht das Gericht etwa auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vorbringens schließen, sofern das Vorbringen nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder offensichtlich unsubstanziiert war (VerfGH vom 9.2.1994 VerfGHE 47, 47/52; vom 8.10.2013 NStZ-RR 2014, 50; vom 15.7.2019 – Vf. 76-VI-17 – juris Rn. 43). Hingegen ergibt sich aus Art. 91 Abs. 1 BV kein Anspruch darauf, dass sich das Gericht der Bewertung eines Beteiligten anschließt, also „auf ihn hört“. Die Verletzung des Rechts auf rechtliches Gehör kann auch nicht damit begründet werden, die vom Gericht vertretene Auffassung sei unrichtig (ständige Rechtsprechung; vgl. VerfGHE 68, 180 Rn. 45; vom 2.5.2018 – Vf. 58-VI-17 – juris Rn. 29; vom 15.7.2019 – Vf. 76-VI-17 – juris Rn. 44).
b) Nach diesem Maßstab ist von einer Gehörsverletzung des Amtsgerichts München auszugehen.
aa) Das Vorbringen des Beschwerdeführers im Ausgangsverfahren zielte im Kern von Anfang an darauf ab, darzulegen, dass das Halteverbot uhrzeitlich eingeschränkt gewesen sei und der Beschwerdeführer keine Ordnungswidrigkeit begangen habe, weil er außerhalb des uhrzeitlichen Geltungsbereichs des Verbots geparkt habe. Der Beschwerdeführer monierte auch mehrfach, dass im gesamten Verlauf des Verfahrens auf dieses zentrale Vorbringen nicht eingegangen worden und keinerlei inhaltliche Auseinandersetzung damit erfolgt sei. Im Anschluss an den Hinweis des Amtsgerichts München vom 22. Juli 2019 brachte der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf das bereits bis dahin erfolgte Vorbringen sowie auf die Ausführungen in einer vom Sachverhalt ähnlich gelagerten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts sodann vor, dass bei Einstellung des Verfahrens gemäß § 467 Abs. 1 StPO, § 46 Abs. 1 OWiG grundsätzlich die notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen seien; ein Sachverhalt, der ein Abweichen vom Grundsatz des § 467 Abs. 1 StPO rechtfertige, sei nicht ersichtlich.
bb) Die Entscheidung über die Einstellung des Verfahrens begründete das Amtsgericht damit, dass die Schuld gering erscheine und eine Ahndung deshalb nicht geboten sei. In der Begründung der an die Einstellungsentscheidung anknüpfenden Auslagenentscheidung verwies das Amtsgericht auf widersprüchliche Angaben des den Parkverstoß feststellenden Zeugen und des Beschwerdeführers, welche nur im Rahmen einer umfangreichen Beweisaufnahme geklärt werden könnten.
cc) Dabei hat das Amtsgericht den Aspekt der uhrzeitlichen Geltung des Halteverbots in seiner Begründung nicht angemessen erwogen. Erwägen bedeutet die Pflicht des Gerichts, Vorbringen der Beteiligten in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht auf seine Erheblichkeit und Richtigkeit zu überprüfen (VerfGH vom 1.7.2005 VerfGHE 58, 155/158; vom 15.7.2019 – Vf. 76-VI-17 – juris Rn. 46).
Der Beschwerdeführer hat im Ausgangsverfahren vorgetragen, das Halteverbot sei zeitlich eingeschränkt gewesen, er habe nicht während der zeitlichen Geltung des Halteverbots geparkt. Vorgelegt hat er insoweit Fotos, auf denen (mobile) Halteverbotsschilder mit der entsprechenden zeitlichen Einschränkung deutlich erkennbar sind. Dass der Beschwerdeführer außerhalb dieses Zeitraums geparkt hat, ist unbestritten. Von Seiten der Verwaltungsbehörde wurde ohne jede Erklärung zum uhrzeitlichen Geltungsbereich eines (mobilen oder festangebrachten) Halteverbotsschilds lediglich vorgebracht, das Halteverbotsschild sei seit dem 21. November 2018 fest installiert. In der erholten Stellungnahme des den behaupteten Parkverstoß feststellenden Außendienstmitarbeiters der Verwaltungsbehörde finden sich ebenfalls nur Ausführungen zu der (festen) Installation des Verkehrszeichens ohne jede Aussage zur uhrzeitlichen Geltungsdauer eines Verbots. Es könnte allenfalls (aufgrund der Kurzmitteilung vom 12. Juni 2019) gemutmaßt werden, dass die Verwaltungsbehörde davon ausging, zum Parkzeitpunkt seien Halteverbotsschilder ohne jede uhrzeitliche Einschränkung fest installiert und die mobilen Verkehrsschilder mit der uhrzeitlichen Einschränkung nicht (mehr) existent gewesen. Vorgetragen, geschweige denn belegt wird dies jedoch an keiner Stelle und zu keinem Zeitpunkt, weder von der Verwaltungsbehörde noch von dem den behaupteten Parkverstoß feststellenden Außendienstmitarbeiter der Behörde. Im Übrigen wäre eine solche Annahme auch sachlich nicht nachvollziehbar. Denn geparkt hat der Beschwerdeführer am 29. November 2018 zwischen 21.16 und 21.28 Uhr. Wieso das Schild mit der uhrzeitlichen Einschränkung zum fraglichen Zeitpunkt nicht vorhanden gewesen sein sollte, ist in keiner Weise ersichtlich, insbesondere da die Stellungnahme der für temporäre Verkehrsanordnungen zuständigen Abteilung der Verwaltungsbehörde vom 12. Juni 2019 belegt, dass ein mobiles Halteverbot Teil einer (wiederholt verlängerten) verkehrsaufsichtlichen Erlaubnis für ein Bauvorhaben gewesen sei; auch die zeitliche Einschränkung des Verbots (21. November 2018 bis 20. November 2019, Montag bis Freitag von 7 bis 18 Uhr, Samstag von 7 bis 14 Uhr) wird in dieser Stellungnahme exakt bestätigt.
Widersprüchliche Angaben liegen damit nicht vor. Für eine Beweisaufnahme bestand daher kein ersichtlicher Anlass. Die uhrzeitliche Geltung des Verbots ist vorliegend von zentraler Bedeutung für die Frage, ob der Beschwerdeführer überhaupt eine Ordnungswidrigkeit begangen hat, als er sein Fahrzeug im fraglichen Zeitraum parkte. Dieser Punkt ist damit erheblich für die Entscheidung über die Tragung der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers. In der Begründung der Entscheidung des Amtsgerichts finden sich keinerlei nachvollziehbare Darlegungen zu diesem Aspekt. Das Amtsgericht hat sich also weder mit der Erheblichkeit noch mit der Richtigkeit des Vortrags des Beschwerdeführers ausdrücklich und in verständlicher Form befasst. Der Entscheidungsbegründung ist in keiner Weise zu entnehmen, dass das Gericht überhaupt Überlegungen zu dem zentralen Aspekt der uhrzeitlichen Geltung des Verbots angestellt hat. Allein deshalb liegt ein Verstoß gegen das Gebot des rechtlichen Gehörs vor. Allenfalls könnte aufgrund der Ausführungen über die angeblich widersprüchlichen Angaben gemutmaßt werden, dass das Gericht davon ausging, aus der Angabe des Zeugen ergebe sich ein zeitlich uneingeschränkt geltendes Halteverbot. Eine solche Annahme des Amtsgerichts wäre aber reine Spekulation und ist jedenfalls in keiner Weise verständlich und nachvollziehbar dargestellt. Damit liegt ein Gehörsverstoß vor.
dd) Obwohl der Beschwerdeführer im Rahmen seines Schriftsatzes vom 9. August 2019 erneut auf die zentrale Frage der zeitlichen Geltungsdauer des Verbots hingewiesen hat, hat das Amtsgericht München sich im Beschluss vom 22. August 2019 inhaltlich nicht mehr mit der Sache befasst und demnach den Gehörsverstoß auch nicht geheilt.
c) Nr. 2 Satz 2 des Beschlusses des Amtsgerichts München beruht auch auf dem Verstoß gegen Art. 91 Abs. 1 BV. Hätte das Amtsgericht den Vortrag des Beschwerdeführers zum Aspekt der uhrzeitlichen Geltung des Halteverbots vollständig zur Kenntnis genommen, nachvollziehbar erwogen und entsprechend berücksichtigt, ist nicht auszuschließen, dass es eine für den Beschwerdeführer hinsichtlich der Tragung der Auslagen günstigere Entscheidung getroffen hätte. Das Amtsgericht wird hierüber im Rahmen seiner erneuten Entscheidung zu befinden haben. Tatsächlich spricht viel dafür, dass die notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen gewesen wären. Nach den aus der Akte erkennbaren Informationen gibt es keinen Anhaltspunkt dafür, dass der Beschwerdeführer einen Verkehrsverstoß begangen hat; es liegen keine widersprüchlichen Aussagen vor, Anlass für eine Beweisaufnahme ist nicht erkennbar. Nach § 464 Abs. 1, § 467 Abs. 1 StPO, § 46 Abs. 1, § 47 OWiG dürften die notwendigen Auslagen daher der Staatskasse aufzuerlegen sein. Eine Sachlage, die nach einer der Ausnahmevorschriften (§ 467 Abs. 2 bis 5 StPO) ein Abweichen von der Pflicht des Staates, auch die Auslagen zu tragen, rechtfertigen könnte, ist nicht erkennbar. Insbesondere dürfte aufgrund der dargestellten Sachlage die Anwendung der vom Amtsgericht bemühten Ausnahmevorschrift des § 467 Abs. 4 StPO – jedenfalls ohne nachvollziehbare Begründung – nicht greifen.
3. Da die Verfassungsbeschwerde bereits wegen des Verstoßes gegen Art. 91 Abs. 1 BV Erfolg hat, bedarf es keiner Erörterung, ob darüber hinaus weitere Verfassungsverstöße vorliegen.
4. Mit der Aufhebung von Nr. 2 Satz 2 des Beschlusses vom 31. Juli 2019 wird der Beschluss des Amtsgerichts München vom 22. August 2019, mit dem der Rechtsbehelf des Beschwerdeführers vom 9. August 2019 zurückgewiesen wurde, gegenstandslos (vgl. VerfGH vom 14.7.2014 VerfGHE 67, 175 Rn. 26; vom 16.11.2017 – Vf. 1-VI-17 – juris Rn. 26; vom 12.6.2019 – Vf. 26-VI-19 – juris Rn. 25; vgl. auch BVerfG vom 13.10.2015 – 2 BvR 2436/14 – juris Rn. 35). Ebenfalls gegenstandslos wird der Beschluss des Landgerichts München I vom 26. November 2019, mit dem der Rechtsbehelf des Beschwerdeführers vom 28. Oktober 2019 zurückgewiesen wurde (vgl. VerfGH vom 27.4.2017 BayVBl 2018, 206 Rn. 36; vgl. auch BVerfG vom 13.10.2015 – 2 BvR 2436/14 – juris Rn. 35).
V.
Das Verfahren ist kostenfrei (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 VfGHG). Dem Beschwerdeführer sind die durch das Verfassungsbeschwerdeverfahren verursachten notwendigen Auslagen aus der Staatskasse zu erstatten (Art. 27 Abs. 4 Satz 1 VfGHG).


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