Strafrecht

Völlige Ungeeignetheit des Beweismittels der Funkzellenauswertung bei Ablauf der Speicherdauer

Aktenzeichen  KLs 503 Js 29487/19 jug

Datum:
25.6.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 41970
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
StPO § 100g, § 244 Abs. 3 S. 3 Nr. 2, Nr. 4
TKG § 113b Abs. 1 Nr. 2, Abs. 4

 

Leitsatz

Ein Beweisantrag auf Einholung einer Funkzellenauswertung der Mobiltelefone des Angeklagten und des Tatopfers dahin, dass an dem in Rede stehenden Tatort beide nicht aufhältig waren, ist zur Feststellung der behaupteten Tatsache als völlig ungeeignet abzulehnen, da zum einen nicht feststeht, dass die Mobiltelefone überhaupt eingeschaltet und eingeloggt waren und zudem seit der Tat etwa acht Monate vergangen sind und Standortdaten von den Telefondienstleistern nur für die Dauer von vier Wochen gespeichert werden (Urteil zu Schuld- und Strafausspruch bestätigt durch Beschluss des BGH vom 27.01.2021 = BeckRS 2021, 2409). (Rn. 93 – 97) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Der Angeklagte ist schuldig der vorsätzlichen Körperverletzung in Tatmehrheit mit Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung.
2. Er wird deshalb zu einer Einheitsjugendstrafe von 4 Jahren verurteilt.
3. Es wird davon abgesehen, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen. Der Angeklagte trägt jedoch die notwendigen Auslagen der Nebenklägerinnen.
4. Der Angeklagte wird als Adhäsionsbeklagter verurteilt, ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.000 € an die Adhäsionsklägerin K B. zu bezahlen.
5. Es wird festgestellt, dass der Angeklagte als Adhäsionsbeklagter verpflichtet ist, der Adhäsionsklägerin K B. alle materiellen Schäden zu ersetzen, die ihr in Zukunft aufgrund der abgeurteilten Taten vom 06.10.2019 und 10.12.2019 entstehen werden, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.
6. Der Angeklagte trägt die durch den Adhäsionsantrag angefallenen besonderen Kosten. Von den durch den Adhäsionsantrag angefallenen notwendigen Auslagen der Adhäsionsklägerin K B. trägt der Angeklagte 1/4. Von den durch den Adhäsionsantrag angefallenen notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Adhäsionsklägerin K B. 3/4.
7. Das Urteil ist in Ziff. 4 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Angewandte Vorschriften:
§§ 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 1, Abs. 6 S. 2 Nr. 1, 184h Nr. 1, 223 Abs. 1, 230 Abs. 1 S. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 u. Nr. 5, 52, 53 StGB, §§ 1, 105 JGG.

Gründe

A. Persönliche Verhältnisse
Im Zuge der Hauptverhandlung wurden folgende Feststellungen zu den persönlichen Verhältnissen des Angeklagten getroffen:
Der Angeklagte wurde … 1999 in C. geboren und wohnte bis zu seiner Inhaftierung mit seinen Eltern in einem Zweifamilienhaus … in … Die Großmutter des Angeklagten wohnt im selben Haus in der Erdgeschosswohnung.
Der Vater des Angeklagten ist 57 Jahre alt und war als Koch bei der Bundeswehr tätig. Seit seinem 40. Lebensjahr ist er Frührentner, da er infolge eines Krebsleidens schwerbehindert ist. Die Mutter des Angeklagten ist ebenfalls 57 Jahr alt und gelernte Einzelhandelskauffrau. Sie arbeitet als Verkäuferin im Modehaus F. in Bad Kötzting. Die Schwester des Angeklagten ist 28 Jahre alt und hat einen Masterabschluss in Betriebswirtschaftslehre. Sie lebt mit ihrem Freund in Berlin und ist in der Immobilienbranche tätig.
Der Angeklagte besuchte den Kindergarten in M. und ab 2006 die dortige Grundschule. Nach vier Schuljahren wechselte er an die Realschule in Bad Kötzting und verließ diese im Jahr 2016 mit der Mittleren Reife. Ab Herbst 2016 absolvierte er eine dreieinhalbjährige Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker bei der Firma S. in R. und schloss diese mit der praktischen Prüfung am 17.01.2020 erfolgreich ab.
Im letzten Lehrjahr verfügte der Angeklagte über ein monatliches Nettoeinkommen von 840 €. Als ausgebildeter Kfz-Mechatroniker wird er voraussichtlich 1.500 € bis 1.600 € netto pro Monat verdienen. Der Angeklagte verfügt über ein Sparbuch mit einem Guthaben von 2.000 €. Bis zu seiner Inhaftierung wohnte er mietfrei im Haus seiner Eltern und wurde von diesen kostenlos verpflegt. Im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs verpflichtete sich der Angeklagte am 08.06.2020, wegen der abgeurteilten gefährlichen Körperverletzung zum Nachteil der Geschädigten M3. B. ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 € an diese zu bezahlen. Nach einer Teilzahlung in Höhe von 1.500 € ist noch ein Restbetrag von 3.500 € offen.
Aufgrund einer narzisstischen Persönlichkeitsakzentuierung ist der Angeklagte leicht kränkbar. Zudem verfügt er nur über eine herabgesetzte Fähigkeit zur Impulskontrolle und reagiert daher auf Zurückweisung mit schwer kontrollierbaren Wutausbrüchen. Diese charakterlichen Auffälligkeiten, die bereits im Tatzeitraum bestanden, erreichen aber nicht das Ausmaß einer krankhaften seelischen Störung.
Der Angeklagte wurde am 10.12.2019 in der Nähe des Wohnanwesens der Geschädigten … in …/W festgenommen und zeigte sich gegenüber den ermittelnden Polizeibeamten kooperativ. So erklärte er sich mit der Durchsuchung seines Pkws und der Sicherstellung seines Handys einverstanden und gab freiwillig eine Blutprobe sowie eine DNA-Probe ab.
Ab dem 11.12.2019 befand sich der Angeklagte aufgrund des Haftbefehls des Amtsgerichts Regensburg – Ermittlungsrichter – vom selben Tag, Gz.: III Gs 3779/19, in der Justizvollzugsanstalt Regensburg in Untersuchungshaft. Am 27.12.2019 hob das Amtsgericht Regensburg – Ermittlungsrichter – den vorgenannten Haftbefehl auf und erließ unter dem Geschäftszeichen III Gs 3886/19 einen neuen Haftbefehl gegen den Angeklagten, der bis zum 22.01.2020 in der Justizvollzugsanstalt Regensburg vollzogen wurde. Dann wurde der Angeklagte per Schub in die Justizvollzugsanstalt München verlegt, wo er seit 27.01.2020 inhaftiert ist. Seit Mitte Februar 2020 leidet der Angeklagte wegen des mit der Inhaftierung einhergehenden Bewegungsmangels an einer Beinvenenthrombose und muss deshalb blutverdünnende Medikamente einnehmen.
Der Angeklagte hat ein gutes Verhältnis zu seinen Eltern und seiner älteren Schwester. Im elterlichen Haushalt hatte er keine festen Aufgaben. Die Mutter des Angeklagten ist sehr fürsorglich. Sie kontrollierte den Zustand seiner Schränke und seiner Schultasche und hielt ihn sogar zur regelmäßigen Zahnpflege an. In schwierigen Situationen wird der Angeklagte von seinem Vater unterstützt. Wichtige Entscheidungen stimmt er mit seinen Eltern ab.
Strafrechtlich ist der Angeklagte bislang einmal in Erscheinung getreten. Die Staatsanwaltschaft Regensburg ermittelte gegen ihn unter dem Aktenzeichen 526 Js 13245/15 wegen eines am 05.05.2015 begangen Fahrens ohne Fahrerlaubnis, sah aber mit Verfügung vom 27.07.2015 nach § 45 Abs. 2 JGG von der Verfolgung ab.
B. Festgestellter Sachverhalt
Aufgrund der durchgeführten Beweisaufnahme steht folgender Sachverhalt zur Überzeugung der Kammer fest:
I. Übergriff auf die Geschädigte H.
Der Angeklagte war von Februar 2017 bis Januar 2019 mit einer Unterbrechung im Sommer 2018 mit der Geschädigten A. H., geboren … 2000, liiert. Auf Wunsch des Angeklagten zog sich die Geschädigte A. H. von ihren Freundinnen zurück und gab ihre Hobbys, wie das Reiten, auf, um mehr Zeit mit dem Angeklagten verbringen zu können.
Am Freitag, den 25.01.2019 besuchten der Angeklagte und die Geschädigte A. H. in der Nacht eine Diskothek in C. Dort gerieten sie in Streit, da der Angeklagte Interesse an anderen Frauen zeigte und die Geschädigte A. H. ihn deshalb kritisierte. Die Geschädigte A. H. ging daraufhin ohne den Angeklagten nachhause.
Am darauffolgenden Samstag, den 26.01.2019 besuchte der Angeklagte die Geschädigte A. H. in deren Wohnanwesen in …, um sich mit ihr auszusprechen. Im Zuge der Aussprache, die im Zimmer der Geschädigten A. H. stattfand, kam es erneut zum Streit. Die Geschädigte A. H. forderte den Angeklagten daher auf, zu gehen, und begleitete ihn in den Hausgang. Dort schrie der Angeklagte die Geschädigte A. H. an und schubste sie gegen die Garderobe. Dann packte er sie am Hals, schob sie an der Wand nach oben, bis sie nur noch auf den Zehenspitzen stehen konnte und hielt sie auf diese Weise zwei bis drei Minuten lang fest. Da sie sich wehrte, ließ der Angeklagte zunächst von ihr ab. Die Geschädigte A. H. weinte und erklärte, dass sie ihren Eltern von dem Vorfall berichten würde. Daraufhin versetzte ihr der Angeklagte einen Kopfstoß gegen Stirn und Nase, woraufhin sie mit dem Kopf gegen den Türrahmen stieß und zu Boden ging. Die Geschädigte A. H. erlitt hierdurch, wie vom Angeklagten zumindest vorhergesehen und billigend in Kauf genommen, starke Kopfschmerzen.
Nachdem die Geschädigte A. H. ihren Eltern von dem Vorfall berichtet hatte, versuchte ihr Vater, den Zugangscode für die Haustüre des gemeinsamen Wohnanwesens, der dem Angeklagten bekannt war, zu ändern, richtete dabei aber versehentlich einen zweiten Code ein.
Am darauffolgenden Montag, den 28.01.2019 begab sich die Geschädigte A. H. nach der Schule in ihr Zimmer. Der Angeklagte verschaffte sich unter Verwendung des alten Codes Zutritt zum Anwesen der Familie H. und betrat unvermittelt das Zimmer der Geschädigten A. H., worüber diese sehr erschrak. Er äußerte, dass die Geschädigte A. H. keine Beweise für den Vorfall vom 26.01.2019 habe und ihr daher niemand glauben würde. Als die Geschädigte A. H. ihn aufforderte, zu gehen, hielt er einen Schlüssel an ihren Hals und erklärte, dass er zustechen würde, wenn es sich um ein Messer handeln würde. Dadurch wollte der Angeklagte die Geschädigte A. H. davon abhalten, mit Außenstehenden über den Übergriff vom 26.01.2019 zu sprechen. Die Geschädigte A. H. rief sodann ihren Großvater an und bat diesen, sie abzuholen. Daraufhin verließ der Angeklagte das Wohnanwesen der Familie H..
Nach dem Vorfall wurde die Geschädigte A. H. von ihrem Großvater abgeholt. An den nächsten Tagen begab sie sich nach der Schule zu ihren Großeltern und achtete darauf, nicht allein zu sein. Selbst das Vertrauen zu ihren Freunden wurde durch den Vorfall erschüttert. Nach einiger Zeit stabilisierte sich ihr seelischer Zustand aber wieder.
Am 11.12.2019 wurde die Geschädigte A. H. von der Geschädigten K2. B., mit der der Angeklagte ab dem 27.01.2019 liiert gewesen war, per WhatsApp davon in Kenntnis gesetzt, dass der Angeklagte diese geschlagen und gewürgt hätte und deren Schwester mit einem Messer verletzt hätte. Die Geschädigte A. H. wurde dadurch an ihre eigenen negativen Erfahrungen mit dem Angeklagten erinnert und litt infolgedessen unter Ängsten, Unruhe und Schlafstörungen. Sie entschloss sich dazu, den Angeklagten wegen der Vorfälle im Januar 2019 anzuzeigen und wurde am 16.12.2019 polizeilich vernommen. Dabei erlitt sie einen seelischen Zusammenbruch und musste sich im Zeitraum vom 17.12.2019 bis 06.02.2020 in psychiatrische und psychologische Behandlung begeben, da sie unter Weinkrämpfen und Schlafstörungen litt. Wegen ihrer Schlafstörungen musste die Geschädigte A. H. auch medikamentös behandelt werden. Inzwischen erfolgt die Medikation nur noch bei Bedarf. Nach der Trennung vom Angeklagten ging die Geschädigte A. H. keine Partnerschaft mehr ein, da sie Angst hatte, erneut emotionaler oder körperlicher Gewalt ausgesetzt zu sein.
Die Staatsanwaltschaft hielt wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten.
II. Körperliche Misshandlung und Vergewaltigung der Geschädigten K2. B.
Kurz vor Weihnachten 2018 lernte der Angeklagte die damals 17-jährige Geschädigte K2. B., geboren … 2001, auf einer Oberstufenparty kennen und begann am 27.01.2019 eine Beziehung mit ihr. Der Angeklagte und die Geschädigte K2. B. sahen sich fast täglich und verbrachten viel Zeit miteinander. Nach dem Schulbesuch der Geschädigten K2. B. hielten sie sich meist in deren Wohnanwesen … in …/W oder im Elternhaus des Angeklagten … in … auf. Während der Beziehung mit dem Angeklagten zog sich die Geschädigte K2. B. von ihren Freunden zurück, vernachlässigte ihre Hobbys, wie das Volleyballspielen, und traf selbst ihre Familienangehörigen nur noch selten, da der Angeklagte nicht wollte, dass sie etwas ohne ihn unternahm.
Am Nachmittag des 06.10.2019 machte der Angeklagte mit der Geschädigten K2. B. einen Ausflug nach Tschechien. Um 17.30 Uhr erhielt die Geschädigte K2. B. per WhatsApp eine Nachricht von ihrem Schulfreund Julian S. und beantwortete diese, obwohl der Angeklagte ihr dies aus Eifersucht verboten hatte. Als der Angeklagte dies bemerkte, kam es zu einem verbalen Streit.
Zwischen 18.30 Uhr und 18.45 Uhr trafen der Angeklagte und die Geschädigte K2. B. am Elternhaus des Angeklagten … in … ein und begaben sich in das Zimmer des Angeklagten, wo sie wegen des WhatsApp-Chats erneut in Streit gerieten. Im Zuge der Auseinandersetzung schubste der Angeklagte die Geschädigte K2. B. gegen die Zimmertüre, woraufhin sie zu Boden ging. Dann packte er die Geschädigte K2. B. an ihren Handgelenken, zog sie hoch und schubste sie auf sein Bett. Dort legte er seine Hände an ihren Hals und würgte sie, wobei er seinen Griff lockerte, solange sie sich ruhig verhielt, und mit den Händen fester zudrückte, wenn sie sich wehrte. Im weiteren Verlauf des Geschehens fixierte der Angeklagte die Arme der Geschädigten K2. B. mit seinen Knien und entkleidete sie, obwohl sie sich dagegen wehrte. Unterdessen würgte er sie immer wieder so stark, dass sie keine Luft mehr bekam, um ihren Widerstand zu brechen. Dadurch erlitt die Geschädigte K2. B., wie vom Angeklagten vorhergesehen und zumindest billigend in Kauf genommen, nicht nur unerhebliche Schmerzen. Dann hob der Angeklagte die Beine der Geschädigten K2. B. an und versuchte, mit seinem erigierten Glied vaginal in sie einzudringen. Sie stieß ihn jedoch weg, woraufhin der Angeklagte ihr eine Ohrfeige versetzte. Anschließend hob der Angeklagte die Beine der Geschädigten K2. B. erneut an, drang mit seinem erigierten Glied vaginal in sie ein und vollzog mit ihr den Geschlechtsverkehr, wobei er – entgegen den in ihrer Beziehung üblichen Gepflogenheiten – kein Kondom verwendete. Währenddessen weinte die Geschädigte K2. B. und bat den Angeklagten, aufzuhören, da sie keinen Geschlechtsverkehr mit ihm wollte. Dennoch setzte der Angeklagte den Geschlechtsverkehr gegen den erkannten Willen der Geschädigten K2. B. bis zum Samenerguss fort. Wie vom Angeklagten beabsichtigt, erlitt die Geschädigte K2. B. dabei Schmerzen. Auf die Bitte der Geschädigten K2. B., ihr nicht wehzutun, erwiderte der Angeklagte, dass es ihr wehtun sollte, da sie merken sollte, dass sie ihm gehörte. Infolge des erzwungenen Geschlechtsverkehrs hatte die Geschädigte K2. B. auch am nächsten Tag noch Schmerzen.
Nach dem Vorfall vom 06.10.2019 führte die Geschädigte K2. B. die Beziehung mit dem Angeklagten zunächst fort, da sie Angst vor weiteren Übergriffen des Angeklagten hatte. Der Angeklagte drohte der Geschädigten K2. B. mehrfach damit, dass er ihr und ihrer Familie etwas antun würde, wenn sie sich nicht seinem Willen entsprechend verhalten würde. Die Geschädigte K2. B. fühlte sich dem Angeklagten aber auch weiterhin emotional verbunden und hoffte, dass er sich ändern würde.
Die Staatsanwaltschaft hielt wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten.
III. Übergriff auf die Geschädigte K2. B. am 10.12.2019 in M.  Die Geschädigte K2. B. verbrachte das Wochenende vor dem 10.12.2019 mit ihrer Schwester M. B. und ihrem Vater in Innsbruck. Da der Angeklagte damit nicht einverstanden war, geriet sie mit diesem in Streit.
Am 10.12.2019 holte der Angeklagte die Geschädigte K2. B. von der Schule ab und ging mit ihr in ein Restaurant. Dort kam es erneut zum Streit, da die Geschädigte K2. B. dem Angeklagten mitteilte, dass sie am nächsten Donnerstag mit ihrer Mutter zum Essen verabredet sei, und der Angeklagte sich deshalb vernachlässigt fühlte.
Gegen 15 Uhr trafen der Angeklagte und die Geschädigte K2. B. am Elternhaus des Angeklagten … in … ein und begaben sich in das Zimmer des Angeklagten. Dort forderte der Angeklagte die Geschädigte K2. B. auf, die Verabredung mit ihrer Mutter abzusagen. Als die Geschädigte K2. B. dies ablehnte, wurde der Angeklagte laut, drückte sie auf sein Bett und fixierte ihre Handgelenke mit seinen Knien. Dann würgte er sie über einen Zeitraum von ca. 30 Minuten mehrfach bis zu 30 Sekunden lang, bis ihr schwindelig und schwarz vor Augen wurde. Wie vom Angeklagten vorhergesehen und billigend in Kauf genommen, erlitt die Geschädigte K2. B. dadurch nicht unerhebliche Schmerzen sowie Hämatome am Hals und an den Handgelenken, die für einige Stunden sichtbar waren. Die mit dem Würgen verbundene Kompression der Halsschlagadern der Geschädigten K2. B. war abstrakt geeignet, einen Sauerstoffmangel im Gehirn herbeizuführen und damit das Leben der Geschädigten K2. B. zu gefährden, was der Angeklagte zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm. Eine konkrete Lebensgefahr für die Geschädigte K2. B. bestand jedoch zu keinem Zeitpunkt.
Gegen 16 Uhr begab sich die Geschädigte K2. B. in das Stockwerk unter dem Zimmer des Angeklagten, wo sich die Eltern des Angeklagten aufhielten. Dort nahm sie am Küchentisch Platz und lernte ca. 30 Minuten lang für eine Prüfung. Dann traf die Schwester des Angeklagten ein, woraufhin der Angeklagte ebenfalls aus seinem Zimmer nach unten kam. Kurz darauf begab sich der Angeklagte mit der Geschädigten K2. B. wieder in sein Zimmer. Die Geschädigte K2. B. bat ihre Schwester M. B. per WhatsApp darum, sie abzuholen, da sie sich zuhause um den Hund kümmern musste. Als sie dies dem Angeklagten mitteilte, war dieser sehr verärgert und würgte sie erneut in der oben beschriebenen Weise. Daraufhin schrieb die Geschädigte ihrer Schwester M. B., dass diese sie doch nicht abholen sollte, und ließ sich gegen 16.30 Uhr vom Angeklagten nach W. fahren.
Infolge der Einwirkung auf ihren Kehlkopf litt die Geschädigte K2. B. zwei Wochen lang unter Schluckbeschwerden und konnte keine feste Nahrung zu sich nehmen.
IV. Übergriff auf die Geschädigte K2. B. am 10.12.2019 in W. Am 10.12.2019 zwischen 16.30 Uhr und 17 Uhr kamen der Angeklagte und die Geschädigte K2. B. am Wohnanwesen der Geschädigten K2. … in …/W an. Die Geschädigte K2. B. begab sich in das Büro des Anwesens, um für die anstehende Prüfung zu lernen. Dort kam es erneut zum Streit, weil der Angeklagte ihrer Bitte, das Handycover ihrer Freundin auszuwechseln, nicht nachkommen wollte. Im Laufe dieser Auseinandersetzung zog der Angeklagte die Geschädigte K2. B. vom Bürostuhl und nahm sie für ein bis zwei Minuten in den Schwitzkasten, wodurch ihr schwindelig und schwarz vor Augen wurde. Dann zog der Angeklagte sie an den Haaren in ihr Zimmer, warf sie auf das Bett und packte sie mit einer Hand am Hals. Mit der anderen Hand versuchte er, ihr den Gürtel auszuziehen. Als die Geschädigte K2. B. äußerte, dass sie dies nicht wollte, berührte der Angeklagte sie über der Kleidung im Schritt und zwickte sie dort. Infolgedessen erlitt die Geschädigte K2. B. nicht unerhebliche Schmerzen, was der Angeklagte zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm. Erst als die Geschädigte K2. B. dem Angeklagten versprach, zu einem späteren Zeitpunkt den Geschlechtsverkehr mit ihm zu vollziehen, ließ er von ihr ab.
Die Staatsanwaltschaft hielt wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten.
V. Messerangriff auf die Geschädigte M3. B.
Am 10.12.2019 gegen 18 Uhr verließ der Angeklagte das Wohnanwesen der Geschädigten K2. B. … in …/W und fuhr zu ihrer Freundin, um deren Handycover auszuwechseln. Daraufhin bat die Geschädigte K2. B. ihre Schwester M B. per WhatsApp darum, zu ihr zu kommen. Die Schwester der Geschädigten K2. B. kam dieser Bitte nach und traf gegen 18.15 Uhr am vorgenannten Anwesen ein.
Daraufhin berichtete die Geschädigte K2. B. ihrer Schwester M. B. weinend von den vorangegangenen Übergriffen des Angeklagten und zeigte dieser die Hämatome an ihrem Hals und ihren Handgelenken. Anschließend fuhr die Geschädigte M3. B. mit ihrer Schwester K B. nach R, um einen Friseurtermin wahrzunehmen. Während der Autofahrt überredete die Geschädigte M3. B. ihre Schwester K B., die Beziehung mit dem Angeklagten zu beenden.
Gegen 19.40 Uhr kehrten die Schwestern in das Wohnanwesen der Geschädigten K2. B. in W zurück und packten die persönlichen Sachen des Angeklagten in zwei große Papiertüten. Nach 10 bis 15 Minuten klingelte der Angeklagte an der Haustüre. Die Geschädigte M3. B. öffnete die Türe und teilte dem Angeklagten mit, dass er nicht ins Haus kommen dürfte. Der Angeklagte begab sich daraufhin zu seinem Auto und wartete dort, bis die Geschädigten K2. und M. B. mit dem Packen fertig waren. Dann übergab die Geschädigte M3. B. dem Angeklagten die Tüten mit seinen Sachen und teilte ihm im Namen ihrer Schwester K B. mit, dass die Beziehung beendet wäre. Der Angeklagte fuhr sodann mit seinem Auto weg, schrieb der Geschädigten K2. B. aber kurz darauf, dass er noch einmal mit ihr reden wollte. Nach Rücksprache mit ihrer Schwester M. B. erklärte sich die Geschädigte K2. B. damit einverstanden, sofern die Aussprache in Gegenwart ihrer Schwester stattfinden würde.
Nach ein paar Minuten kehrte der Angeklagte zum Wohnanwesen der Geschädigten K2. B. zurück und sprach im Beisein ihrer Schwester M. B. im Flur des Anwesens mit ihr. Die Geschädigte K2. B. hielt dem Angeklagten vor, dass er die gemeinsame Beziehung zerstört hätte, da er ihr wehgetan und sie gegen ihren Willen „gefickt“ hätte. Der Angeklagte antwortete darauf mit den Worten „I woas scho“. Die Geschädigte K2. B. erklärte die Beziehung nochmals für beendet und forderte den Angeklagten auf, zu gehen. Daraufhin verließ der Angeklagte das Anwesen. Die Geschädigte M3. B. begleitete ihn zu seinem Auto, um die darin befindliche Schultasche und ein Stirnband der Geschädigten K2. B. zu holen. Währenddessen sagte der Angeklagte zur Geschädigten K2. B., die in der Haustür stand, dass er sich umbringen würde, weil sie sein Leben und das Leben seiner Familie zerstört hätte. Dann fuhr der Angeklagte mit seinem Auto zum Wohnanwesen seiner Eltern in M., packte einige Kleidungsstücke der Geschädigten K2. B. und ein spitzes Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 15 cm ein und fuhr zurück zum Wohnanwesen der Geschädigten K2. B.
Die Schwestern M. und K B. machten unterdessen einen Spaziergang mit dem Hund der Familie und kehrten gegen 20.45 Uhr zum Wohnanwesen der Geschädigten K2. B. zurück. Ein paar Minuten später klingelte der Angeklagte erneut an der Haustüre. Die Geschädigte M3. B. begab sich zur Türe und öffnete diese einen Spalt breit, während ihre Schwester K B. hinter ihr stand. Der Angeklagte übergab die mitgebrachten Kleidungsstücke an die Geschädigte M3. B., die diese an ihre Schwester K B. weiterreichte. Dann fragte er nach seiner Chino-Hose, woraufhin die Geschädigte M3. B. sich zu ihrer Schwester K B. umdrehte. Als sich die Geschädigte M3. B. wieder dem Angeklagten zuwendete, versuchte dieser von ihr aus gesehen rechts an ihr vorbei ins Haus zu gelangen. Die Geschädigte M3. B. verhinderte dies jedoch, indem sie mit beiden Händen gegen den Brustkorb des Angeklagten drückte. Dann legte sie ihre linke Hand an die linke Schläfe des Angeklagten und drückte seinen Kopf von ihr aus gesehen nach links, während sie ihre rechte Hand weiterhin gegen den Brustkorb des Angeklagten presste. Der Angeklagte griff daraufhin mit der rechten Hand nach hinten und holte das mitgebrachte Messer – vermutlich aus einer seiner Gesäßtaschen oder dem Hosenbund – hervor, um die Geschädigte M3. B. damit zu verletzen. Dann hob er seinen rechten Arm und führte mit dem Messer in der Hand eine kreisende Bewegung in Richtung des Brustkorbs der Geschädigten M3. B. aus. Daraufhin ließ die Geschädigte M3. B. den Kopf des Angeklagten reflexartig los und bewegte ihren linken Arm zu ihrem Körper hin. Infolgedessen traf der Angeklagte mit dem Messer den linken Arm der Geschädigten M3. B.. Wie vom Angeklagten vorhergesehen und zumindest billigend in Kauf genommen erlitt die Geschädigte M3. B. dadurch eine stark blutende Stichverletzung mit einer Länge von 3 cm am linken Ellbogen sowie ein großes Hämatom an der Streckseite des linken Oberarms.
Der Messerstich war generell geeignet, lebensgefährliche Verletzungen von Arterien oder Blutgefäßen zu verursachen, was der Angeklagte zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm. Durch den Messerstich wurde das Leben der Geschädigten M3. B. sogar konkret gefährdet, da eine kleine Arterie verletzt wurde, was zu einem hohen Blutverlust führte. Ohne ärztliche Hilfe wäre es voraussichtlich zu einem Kreislaufschock und damit zum Tod der Geschädigten M3. B. gekommen.
Nach dem Messerangriff veranlasste der Angeklagte die Geschädigten K2. und M. B. dazu, zusammen mit ihm Reinigungsarbeiten im Wohnanwesen der Geschädigten K2. B. durchzuführen, um die entstandenen Blutspuren zu beseitigen. Anschließend fuhr der Angeklagte die Geschädigten K2. und M. B. mit seinem Pkw zum Krankenhaus in C, wo die Geschädigte M3.. stationär behandelt wurde. Aufgrund der arteriellen Blutung musste die Stichverletzung operativ versorgt werden, wobei sie chirurgisch auf eine Länge von 6 cm erweitert wurde. Nach der Operation verbrachte die Geschädigte M3. B. eine Nacht im Krankenhaus und wurde am 11.12.2019 entlassen. Von der Stichverletzung blieb eine 6 cm lange, deutlich sichtbare Narbe zurück. Durch den Stich wurde ferner die Bindegewebshülle eines Streckmuskels verletzt, wobei Nervenbahnen beschädigt wurden. Infolgedessen leidet die Geschädigte M3. B. bis heute an einer Sensibilitätsstörung am linken Unterarm.
Die Geschädigte M3. B. befand sich in den ersten Tagen nach dem Messerangriff in einem tranceartigen Zustand und empfand das Geschehene als nicht real. Nach einer Woche traten bei ihr Angstzustände, Panikattacken und Schlafstörungen auf, die bis heute andauern. Die Geschädigte M3. B. konnte zunächst keine Alltagsgeschäfte, wie Einkäufe, erledigen, da sie nicht imstande war, die Wohnung allein zu verlassen. Auch ihren Beruf als Physiotherapeutin konnte sie lange Zeit nicht ausüben, da sie fremden Menschen, v.a. Männern, misstraute. Erst ab Ende März 2020 konnte sie schrittweise wieder in das Berufsleben eingegliedert werden. Wegen ihrer Angstzustände und Schlafstörungen musste sich die Geschädigte M3. B. in ärztliche und psychologische Behandlung begeben, die noch nicht abgeschlossen ist. Bis heute bedarf sie auch medikamentöser Behandlung.
In einer schriftlichen Vereinbarung zwischen dem Angeklagten und der Geschädigten M3. B. vom 08.06.2020 verpflichtete sich der Angeklagte, an die Geschädigte M3. B. ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 € wegen der am 10.12.2019 zu ihrem Nachteil begangenen deliktischen Handlungen zu bezahlen. Die Geschädigte M3. B. erklärte, die Zahlung im Sinne eines Täter-Opfer-Ausgleichs anzunehmen und bestätigte den Empfang einer Teilzahlung in Höhe von 1.500 €. Die Zahlung des noch offenen Restbetrages von 3.500 € ist bislang weder erfolgt noch absehbar.
Auch die Geschädigte K2.. leidet infolge der Übergriffe vom 10.12.2019 bis heute unter Schlafstörungen, Angstzuständen und Panikattacken. Anfangs konnte sie ihr Wohnhaus nicht betreten und sich nicht allein in einem Raum aufhalten. In den ersten Wochen nach den Übergriffen vom 10.12.2019 war sie auch nicht imstande, die Schule zu besuchen. Erst nach den Weihnachtsferien 2019/20 konnte sie wieder stundenweise am Unterricht teilnehmen. Sie musste sich in ärztliche und psychologische Behandlung begeben und starke Beruhigungsmittel einnehmen, die erst vor einem Monat abgesetzt werden konnten. Der Abschluss der psychotherapeutischen Behandlung ist noch nicht absehbar.
VI. Verfahrensbeschränkung nach § 154a Abs. 2 StPO
Die Straftaten betreffend den Anklagepunkt 6 (Bedrohung der beiden Nebenklägerinnen K und M B. mit dem Messer am 10.12.2019) wurden mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und der beiden Nebenklägerinnen gemäß § 154a Abs. 2 StPO von der Verfolgung ausgenommen.
C. Beweiswürdigung
I. Persönliche Verhältnisse
Die unter A. getroffenen Feststellungen beruhen auf der glaubhaften Einlassung des Angeklagten zu seinen persönlichen Verhältnissen, den überzeugenden Schilderungen der in der Hauptverhandlung uneidlich vernommenen Zeugen, den diesbezüglichen Ausführungen der psychiatrischen Sachverständigen Dr. P. und der Vertreterin der Jugendgerichtshilfe, die der Angeklagte ausdrücklich autorisiert hat, sowie der verlesenen Auskunft aus dem Bundeszentralregister vom 06.05.2020.
Die Zeugin A. H. hat im Rahmen ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung glaubhaft bekundet, dass der Angeklagte während ihrer Beziehung bei seinen Eltern gewohnt habe. Der Angeklagte habe im elterlichen Haushalt keine festen Aufgaben gehabt und sich in ihrem Beisein auch nicht an der Hausarbeit beteiligt. Diese Angaben der Zeugin A. H. stehen im Einklang mit der Aussage ihrer Mutter Sylvia H., die erklärt hat, dass der Angeklagte auf sie sehr unselbständig gewirkt habe.
Übereinstimmend damit berichtete die Zeugin H1. B., die Mutter der Geschädigten K2. B., im Rahmen ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung, dass es Kontroversen zwischen ihr und dem Angeklagten gegeben habe, da sie erwartet habe, dass er sich an der Hausarbeit beteiligen würde, was er bei sich zuhause nicht getan habe. Sie wisse vom Angeklagten und ihrer Tochter, dass seine Mutter ihn kontrolliert habe und sein Vater Vieles entschuldigt habe. Die Mutter des Angeklagten habe für diesen gekocht, den Tisch gedeckt und aufgeräumt. Der Angeklagte habe ihr erzählt, dass seine Mutter seine Schränke, seine Schultasche und seine Zahnbürste kontrolliere. Die Mutter des Angeklagten habe auch ihre Tochter K2. dazu angehalten, darauf zu achten, dass er sich die Zähne putzen würde. Ihre Tochter K2. habe ihr ferner berichtet, dass die Mutter des Angeklagten ihm verboten hätte, neue T-Shirts zu kaufen, als sie zum Einkaufen nach Regensburg gefahren wären. Einmal sei der Angeklagte sehr aufgebracht gewesen, weil seine Eltern nicht gewollt hätten, dass er sein Auto verkaufen würde. Der Angeklagte habe geäußert, dass er nicht erwachsen sein dürfe und seine Eltern über sein Leben bestimmen würden. Wenn der Angeklagte Probleme mit seinem Auto oder Motorrad gehabt habe, habe er sich darauf verlassen, dass sein Vater die Dinge für ihn regeln würde.
II. Übergriff auf die Geschädigte H.
Der unter B. geschilderte Sachverhalt steht zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund des glaubhaften Geständnisses des Angeklagten, das in der Hauptverhandlung durch die schlüssigen Angaben der uneidlich vernommenen Zeugen und die im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden verifiziert worden ist.
Der Angeklagte hat sich in der Hauptverhandlung über eine von ihm autorisierte Verteidigererklärung zur Sache geäußert. Er hat die unter B. I. geschilderte Tat zum Nachteil der Geschädigten A. H. in objektiver und subjektiver Hinsicht eingeräumt und erklärt, dass er den Vorfall bedauere. Im Anschluss an die Vernehmung der Zeugin A. H. hat sich der Angeklagte persönlich bei ihr entschuldigt und sie um Verzeihung gebeten.
Das Geständnis des Angeklagten ist in der Hauptverhandlung durch die übereinstimmenden und glaubhaften Angaben der Zeuginnen A. und Sylvia H. und des Zeugen J1. K. bestätigt worden.
Die Geschädigte A. H. hat die Vorfälle vom 26.01.2019 und 28.01.2019 nachvollziehbar und glaubhaft in der unter B. I. dargestellten Weise geschildert. Sie hat zudem erklärt, dass sie ihrer Mutter Sylvia H. noch am 26.01.2019 von dem Übergriff des Angeklagten erzählt habe, was die Zeugin S2. H. bestätigt hat. Letztere hat glaubhaft berichtet, dass sie ihre Tochter A. zuhause aufgewühlt, zitternd und mit Tränen in den Augen angetroffen habe, als sie an einem Samstag im Januar 2019 mit ihrem Mann vom Einkaufen zurückgekommen sei. Nach anfänglichem Zögern habe ihre Tochter A. erzählt, dass der Angeklagte sie am Hals gepackt und an der Wand hochgezogen hätte. Der Angeklagte hätte geäußert, dass ihr keiner glauben würde, da sie keine Beweise hätte. Sie habe ihren Mann daraufhin gebeten, den Zugangscode für die Haustüre zu ändern. Beim Versuch, den Code zu ändern, habe ihr Mann aber versehentlich einen zweiten Code angelegt. Am darauffolgenden Montag sei ihre Tochter A. nach der Schule in ihr Zimmer gegangen. Sie selbst sei in der Arbeit gewesen und habe um 15 Uhr einen Anruf ihrer Tochter erhalten. A. sei völlig aufgelöst gewesen und habe erzählt, dass der Angeklagte plötzlich in ihrem Zimmer gestanden wäre. Der Angeklagte hätte einen Schlüssel an ihren Hals gehalten und geäußert, dass es schnell vorbei wäre, wenn es sich um ein Messer handeln würde. Daraufhin sei A. von ihrem Großvater J. K. abgeholt und in das Haus der Großeltern gebracht worden. Sie selbst sei auch dorthin gefahren und habe A. noch immer aufgelöst angetroffen. A. habe ihr berichtet, dass sie die Auseinandersetzung mit dem Angeklagten aufgezeichnet hätte, da dieser am Samstag geäußert hätte, dass sie keine Beweise hätte. Sie habe die Aufnahme angehört und sei damit nach M. zu den Eltern des Angeklagten gefahren, um mit diesen zu reden. Sie habe den Eltern des Angeklagten die Aufnahme vorgespielt und erklärt, dass sie von einer Anzeige absehen würde, wenn der Angeklagte sich von ihrer Tochter fernhalten und ihr Haus nicht mehr betreten würde. Anschließend habe sie den Angeklagten in dessen Zimmer aufgesucht und diesem das Gleiche gesagt. Der Angeklagte sei nicht überrascht gewesen, obwohl sie keinen konkreten Vorwurf erhoben habe. Er habe lediglich gegrinst und erwidert, dass sie keine Beweise habe.
Übereinstimmend mit den Angaben der Geschädigten A. H. und ihrer Mutter S H. hat der Zeuge J1. K. ausgeführt, dass seine Enkelin A. H. im Januar 2019 bei ihm angerufen und ihn gebeten habe, sie schnell abzuholen. A. sei völlig panisch gewesen und habe geweint. Daraufhin habe er seine Enkelin mit dem Auto abgeholt und sie mit zu sich nach Hause genommen. A. habe lediglich gesagt, dass der Angeklagte da gewesen wäre. Der Zeuge K. schilderte eindrucksvoll, dass er seine Enkelin noch nie so ängstlich und panisch erlebt habe wie an diesem Tag. Seiner Frau habe A. erzählt, dass der Angeklagte in ihr Haus gekommen wäre und sie bedroht hätte. Der Angeklagte hätte einen Autoschlüssel an ihren Hals gehalten und geäußert, dass er beim nächsten Mal ein Messer dabeihaben würde. In der Folgezeit habe er A. zehnmal von der Schule abgeholt und mit nachhause genommen, damit sie nicht allein wäre.
Die Angaben der Zeugin A. H. stehen im Einklang mit den übereinstimmenden Schilderungen der Zeugin S2. H. und des Zeugen J1. K. und sind somit glaubhaft. An der Glaubwürdigkeit der Zeugin A. H. bestehen aus Sicht der Kammer ebenfalls keine Zweifel. In der Hauptverhandlung hat sie die Vorfälle vom 26.01.2019 und 28.01.2019 sachlich und ohne Belastungseifer geschildert. Sie vermochte auch plausibel zu erklären, warum sie den Vorfall vom 26.01.2019 erst nach mehreren Monaten zur Anzeige gebracht hat. Hierzu hat sie angegeben, dass die Zeugin K2. B. ihr nach dem Vorfall vom 10.12.2019 per WhatsApp geschrieben habe, was passiert wäre, und sie gefragt habe, ob sie aussagen würde. Dadurch sei ihr bewusst geworden, dass sich die Gewaltbereitschaft des Angeklagten gesteigert hätte. Daher habe sie sich entschlossen, gegen den Angeklagten auszusagen. Sie habe bei der Polizeiinspektion R. angerufen und mitgeteilt, dass der Angeklagte auch sie körperlich angegriffen hätte. Daraufhin sei sie von der Kriminalpolizei kontaktiert und nach der Schule im Polizeiauto vernommen worden. Die Polizeibeamtin KHK’in W., welche die Vernehmung durchgeführt hat, hat in der Hauptverhandlung berichtet, dass die Geschädigte A. H. während der Vernehmung sehr aufgewühlt gewesen sei und immer wieder geweint habe. Die emotionale Ergriffenheit der Geschädigten A. H. lässt aus Sicht der Kammer darauf schließen, dass sich der Übergriff des Angeklagten tatsächlich in der von ihr geschilderten Weise ereignet hat.
Die Feststellungen zu den psychischen Beeinträchtigungen der Geschädigten A. H. infolge der Übergriffe des Angeklagten beruhen auf den übereinstimmenden und glaubhaften Schilderungen der Zeuginnen A. und S H. sowie des Zeugen J1. K.
Die Geschädigte A. H. hat überzeugend dargelegt, dass sie an den auf den Vorfall vom 28.01.2019 folgenden Tagen nach der Schule zu ihren Großeltern gegangen sei und darauf geachtet habe, niemals allein zu sein. Selbst das Vertrauen zu ihren Freunden sei durch die Übergriffe des Angeklagten erschüttert worden. Nach einer Weile habe sie sich aber wieder stabilisiert. Als sie von den Übergriffen auf die Zeugin K2. B. und deren Schwester erfahren habe, sei es ihr psychisch wieder sehr schlecht gegangen. Sie habe viel geweint und kaum noch geschlafen. Ihre Mutter sei daher mit ihr zum Arzt und zu einem Psychologen gegangen. Bis vor circa vier Wochen habe sie Beruhigungsmittel eingenommen, die ihr der Arzt verordnet hätte.
Die Aussage der Zeugin A. H. zu den Tatfolgen steht im Einklang mit den glaubhaften Schilderungen ihrer Mutter Sylvia H. und ihres Großvaters J K. Die Zeugin S2. H. hat ausgeführt, dass ihre Tochter A. den Übergriff im Januar 2019 mit Hilfe ihrer Familie und ihrer Freundinnen zunächst psychisch gut verkraftet habe. Als sich die Geschädigte K2. B. im Dezember 2019 bei A. gemeldet habe, sei es jedoch zu einem Einbruch gekommen. Ihre Tochter A. habe unter Schlafstörungen und Albträumen gelitten und sich daher in professionelle Behandlung begeben. Übereinstimmend damit hat der Zeuge K. berichtet, dass seine Enkelin A. H. sich nach dem Vorfall im Januar 2019 zunächst zurückgezogen, dann aber wieder stabilisiert habe. Nach Bekanntwerden des Übergriffs auf die Geschädigten M3. und K B. vom 10.12.2019 habe A. sich jedoch in psychiatrische Behandlung begeben müssen, weil das Erlebte wieder hochgekommen sei. Inzwischen sei A. aber wieder fröhlich.
Die Angaben der Zeuginnen A. und Sylvia H. und des Zeugen J1. K. zu den psychischen Beeinträchtigungen der Geschädigten A. H. sind durch die Arztbriefe der Psychiaterin Dr. J2. P. vom 17.12.2019 und 06.02.2020 (Anlagen zum Protokoll vom 04.06.2020), die Gegenstand des Selbstleseverfahrens waren, bestätigt und ergänzt worden.
Bezüglich des Übergriffs auf die Geschädigte A. H. konnte der Angeklagte jedoch keiner gefährlichen Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung gem. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB überführt werden. Da die Einwirkung des Angeklagten auf den Hals der Geschädigten A. H. von kurzer Dauer war und keine sichtbaren Verletzungen verursacht hat, vermochte sich die Kammer nicht davon zu überzeugen, dass der Angeklagte den Eintritt einer abstrakten Lebensgefahr für die Geschädigte H. zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat. Es fehlt damit am Nachweis des erforderlichen Vorsatzes hinsichtlich einer das Leben gefährdenden Behandlung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB.
III. Körperliche Misshandlung und Vergewaltigung der Geschädigten K2. B.
Der Angeklagte hat in der Hauptverhandlung über seinen Verteidiger bestritten, die Geschädigte K2. B. am 06.10.2019 körperlich misshandelt und vergewaltigt zu haben. Er wird insoweit aber durch die glaubhaften Schilderungen der in der Hauptverhandlung uneidlich vernommenen Zeugen überführt.
1. Aussage der Geschädigten K2. B.
Die Geschädigte K2. B. hat die Tat vom 06.10.2019 im Rahmen ihrer Zeugeneinvernahme in der Hauptverhandlung wie oben unter B. II. ausgeführt geschildert. Die Schilderungen der Zeugin K2. B. sind schlüssig und enthalten Realkennzeichen in Form von detaillierten und konkreten Angaben. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist die Kammer von der Glaubwürdigkeit der Zeugin K2. B. und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben überzeugt.
a) Aussagegenese
Für die Glaubwürdigkeit der Zeugin K2. B. spricht zunächst die Aussagegenese. Die Geschädigte K2. B. hat bereits im Vorfeld des Ermittlungsverfahrens mehreren Zeugen unabhängig voneinander von dem sexuellen Übergriff des Angeklagten berichtet, wobei ihre jeweiligen Angaben hinsichtlich des Kerngeschehens konsistent und widerspruchsfrei waren. Ihr Mitschüler Julian S. und ihre Mitschülerinnen Denise C. und Stephanie D. haben in der Hauptverhandlung übereinstimmend und glaubhaft erklärt, dass die Geschädigte K2. B. ihnen von körperlichen und sexuellen Übergriffen des Angeklagten erzählt habe.
Der Zeuge S. hat angegeben, dass er die Geschädigte K2. B. im Sommer 2019 angesprochen habe, da sie niedergeschlagen und ängstlich gewirkt habe. Daraufhin habe sie ihm anvertraut, dass der Angeklagte sie schlagen und würgen würde und sie Angst vor ihm hätte. In der Folgezeit habe er immer wieder mit der Geschädigten K2. B. darüber gesprochen. Dabei habe sie auch angedeutet, dass der Angeklagte sie vergewaltigt hätte. Ferner habe die Geschädigte K2. B. erwähnt, dass der Angeklagte gedroht hätte, sie umzubringen, wenn sie nicht machen würde, was er wollte.
Auch die Zeugin D. C., die nach eigenen Angaben seit der 7. Jahrgangsstufe mit der Geschädigten K2. B. befreundet ist, hat bekundet, dass sie die Geschädigte in der Schule angesprochen habe, da diese schlecht gelaunt gewesen sei. Daraufhin habe die Geschädigte K2. B. geäußert, dass es wieder Streit mit dem Angeklagten gegeben hätte. Ein paar Wochen vor dem Übergriff vom 10.12.2019 sei die Geschädigte K2. B. weinend aus dem Klassenzimmer gelaufen. Sie sei der Geschädigten K2. B. gefolgt, woraufhin diese ihr erzählt habe, dass der Angeklagte sie vergewaltigt hätte. K habe auch angedeutet, dass der Angeklagte sie geschlagen und gewürgt hätte. Sie habe der Geschädigten K2. B. dazu geraten, sich vom Angeklagten fernzuhalten, worauf diese erwidert habe, dass der Angeklagte besitzergreifend wäre und gedroht hätte, ihr etwas anzutun. K habe Angst gehabt, dass der Angeklagte sie wieder verletzen würde. Zudem habe K gehofft, dass sich das Verhalten des Angeklagten bessern würde.
Übereinstimmend damit hat die Zeugin S3. D. von einem Tag im Oktober oder November 2019 berichtet, an dem die Geschädigte K2. B. im Unterricht immer wieder auf deren Handy geschaut habe. In der Pause habe die Geschädigte K2. B. der Zeugin D. C. in ihrem Beisein erzählt, dass sie über WhatsApp mit dem Angeklagten gestritten hätte. Die Geschädigte K2. B. habe geäußert, dass sie Angst hätte, nach Hause zu gehen, da der Angeklagte sie würgen, schlagen und vergewaltigen würde. Am nächsten Tag habe K schwer geatmet, nervös mit dem Fuß gewippt und über Schmerzen geklagt.
Darüber hinaus hat die Zeugin D. C. bekundet, dass ihre Freundin K auch bei wärmeren Temperaturen einen Wollschall und einen Rollkragenpullover getragen habe, was die Zeugin S3. D. bestätigt hat. Die Geschädigte K2. B. hat dies im Rahmen ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung plausibel damit erklärt, dass sie auf diese Weise die Verletzungen kaschiert habe, die der Angeklagte ihr zugefügt hätte. Im Laufe ihrer Beziehung mit dem Angeklagten sei es immer häufiger zu Streitigkeiten gekommen, bei denen der Angeklagte sie am Hals gepackt und gewürgt habe. Infolge der Übergriffe habe sie rote Flecken am Hals und an den Handgelenken gehabt, die manchmal blau geworden seien. Sie habe diese überschminkt oder mit Schals und langärmeligen Kleidungsstücken kaschiert.
Zudem hat die Beweisaufnahme ergeben, dass die Geschädigte K2. B. am 10.12.2019 auch ihrer Schwester M B. von der Vergewaltigung erzählt hat. Die Zeugin M3. B. hat im Rahmen ihrer Zeugeneinvernahme in der Hauptverhandlung glaubhaft geschildert, dass sie am 10.12.2019 gegen 18.15 Uhr am Wohnanwesen ihrer Schwester K in W. eingetroffen sei. Sie habe ihre Schwester K dort weinend und mit Rötungen am Hals sowie an den Handgelenken vorgefunden. K habe geäußert, dass der Angeklagte sie verletzt hätte und dies immer machen würde, wenn er aggressiv wäre. Anschließend sei sie mit ihrer Schwester nach R. gefahren, weil sie dort einen Friseurtermin gehabt habe. Auf der Rückfahrt nach W. habe sie ihre Schwester nach weiteren Übergriffen des Angeklagten gefragt, woraufhin diese angedeutet habe, vom Angeklagten vergewaltigt worden zu sein. Ihre Schwester habe erzählt, dass der Angeklagte sie gewürgt, ausgezogen und gegen ihren Willen mit ihr geschlafen hätte, was wehgetan hätte. Auf die Frage, warum sie dies nicht früher erzählt hätte, habe ihre Schwester weinend erklärt, dass sie Angst vor dem Angeklagten gehabt hätte.
Schließlich hat die Geschädigte K2. B. am 10.12.2019 auch ihrer Mutter H. B. von der Vergewaltigung berichtet. Die Zeugin H1. B. hat im Rahmen ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung glaubhaft bekundet, dass sie erst nach dem Vorfall vom 10.12.2019 von der Vergewaltigung ihrer Tochter K2. erfahren habe. Ihre Tochter M3. habe ihr im Krankenhaus mitgeteilt, dass K ihr von einer Vergewaltigung erzählt hätte, die vor drei Monaten stattgefunden hätte. Sie habe ihre Tochter K2. darauf angesprochen, woraufhin diese berichtet habe, dass der Angeklagte sie in M. gewürgt und gegen ihren Willen den Geschlechtsverkehr mit ihr vollzogen hätte. Die Geschädigte K2. B. hat sich folglich bereits im Vorfeld ihrer polizeilichen Vernehmungen gegenüber einer Vielzahl von Zeugen konstant, widerspruchsfrei und glaubhaft zu der gegenständlichen Vergewaltigung geäußert.
Für die Glaubwürdigkeit der Zeugin K2. B. spricht ferner, dass sie die Vergewaltigung nicht aus eigenem Antrieb zur Anzeige gebracht hat, sondern auf Veranlassung ihrer Mutter H. B. Die Zeugin H1. B. hat glaubhaft versichert, dass sie ihre Tochter K2. aufgefordert habe, die Polizei von der Vergewaltigung in Kenntnis zu setzen. Übereinstimmend damit hat der Polizeibeamte POM S., der die Geschädigte K2. B. am 11.12.2019 vernommen hat, berichtet, dass diese in Begleitung ihrer Mutter zur Vernehmung bei der Polizeiinspektion R. erschienen sei. Nach alledem ist die Kammer davon überzeugt, dass die Geschädigte K2. B. von ihrer Mutter dazu veranlasst worden ist, die Vergewaltigung anzuzeigen. Die Annahme, dass die Geschädigte K2. B. den Angeklagten zu Unrecht der Vergewaltigung bezichtigt hat, liegt vor diesem Hintergrund eher fern.
Des Weiteren hat die Vernehmung des Polizeibeamten POM S. und der Polizeibeamtin KHK’in W. ergeben, dass die Geschädigte K2. B. die gegenständliche Vergewaltigung auch in drei polizeilichen Vernehmungen konstant und widerspruchsfrei geschildert hat und dabei keinen Belastungseifer gezeigt hat. Der Polizeibeamte POM S., der die erste Vernehmung am 11.12.2019 durchgeführt hat, hat im Rahmen seiner Zeugeneinvernahme in der Hauptverhandlung angegeben, dass die Geschädigte K2. B. die Vergewaltigung erst erwähnt habe, als er gefragt habe, ob sie noch etwas ergänzen wolle. Die Geschädigte K2. B. habe erklärt, dass der Angeklagte sie vor circa vier Monaten in seinem Wohnanwesen vergewaltigt hätte, ohne ein Kondom zu verwenden, und dass sie sich gewehrt hätte. Sie habe auch erwähnt, dass der Angeklagte sie als sein Eigentum bezeichnet hätte.
Gegenüber der polizeilichen Sachbearbeiterin KHK’in W. hat die Geschädigte K2. B. die Vergewaltigung in zwei weiteren Vernehmungen am 13.12.2019 und 16.12.2019 in gleicher Weise geschildert wie in ihrer ersten polizeilichen Vernehmung durch den Polizeibeamten POM S.. Die Polizeibeamtin KHK’in W. hat in der Hauptverhandlung berichtet, dass die Zeugin K2. B. im Rahmen ihrer Vernehmung am 13.12.2019 angegeben habe, vor drei bis vier Monaten vom Angeklagten vergewaltigt worden zu sein. Die Geschädigte K2. B. habe erklärt, dass der Angeklagte sie auf das Bett gedrückt und gewürgt hätte, bis sie keine Luft mehr bekommen hätte. Der Angeklagte hätte sie ausgezogen und gegen ihren ausdrücklich erklärten Willen den Geschlechtsverkehr mit ihr vollzogen, ohne ein Kondom zu benutzen. In der darauffolgenden Vernehmung habe die Zeugin K2. B. ihre bisherigen Angaben bestätigt und Einzelheiten der Vergewaltigung genannt. Nach den überzeugenden Ausführungen der Polizeibeamtin KHK’in W. hat auch das Verhalten der Geschädigten K2. B. im Rahmen der polizeilichen Vernehmungen am 13.12.2019 und 16.12.2019 keinerlei Anlass geboten, am Wahrheitsgehalt ihrer Angaben zu zweifeln. Die Zeugin KHK’in W. hat bekundet, dass die Geschädigte K2. B. bei der Schilderung der Vergewaltigung ruhig und zurückhaltend, aber innerlich angespannt auf sie gewirkt habe. Sie habe den Eindruck gehabt, dass es der Zeugin unangenehm gewesen sei, von dem Vorfall zu berichten. Die Zeugin K2. B. habe die Vergewaltigung knapp und sachlich geschildert, was nicht ungewöhnlich sei. Das Verhalten und die Stimmungslage der Zeugin K2. B. im Rahmen der polizeilichen Vernehmungen waren somit situationsadäquat, was wiederum darauf schließen lässt, dass die angezeigte Vergewaltigung tatsächlich stattgefunden hat.
Im Rahmen ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung hat die Geschädigte K2. B. die bereits im Ermittlungsverfahren gemachten Angaben wiederholt. Der persönliche Eindruck, den sich die Kammer dabei von der Zeugin K2. verschaffen konnte, hat keinen Anlass gegeben, an deren Glaubwürdigkeit zu zweifeln. Die Zeugin K2. B. hat die Übergriffe des Angeklagten vom 06.10.2019 detailliert, nachvollziehbar und widerspruchsfrei geschildert, was darauf schließen lässt, dass ihre Angaben auf eigenem Erleben basieren.
Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist die Kammer auch davon überzeugt, dass die Vergewaltigung am 06.10.2019 im Elternhaus des Angeklagten … in …stattgefunden hat. Die Geschädigte K2. B. hat im Rahmen ihrer Zeugeneinvernahme in der Hauptverhandlung schlüssig dargelegt, dass es ihr während des Ermittlungsverfahrens nicht möglich gewesen sei, den Tatzeitpunkt zu benennen. Erst später sei ihr wieder eingefallen, dass eine WhatsApp-Nachricht des Zeugen J3. S. der Auslöser für den betreffenden Vorfall gewesen wäre. Durch die Überprüfung des Chatverlaufs habe sie rekonstruieren können, dass sich die Tat am 06.10.2019 ereignet hätte. Am Nachmittag des 06.10.2019 sei sie mit dem Angeklagten unterwegs gewesen. Währenddessen habe es einen verbalen Streit gegeben, weil der Angeklagte auf ihren damaligen besten Freund Julian S. eifersüchtig gewesen sei. Sie habe um 17.30 Uhr eine Nachricht vom Zeugen S. erhalten und darauf geantwortet, obwohl der Angeklagte ihr dies verboten hätte. Der Angeklagte habe dies gemerkt, weil er auf ihr Handy geschaut habe.
Der Zeuge S. hat im Rahmen seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung bestätigt, dass er im Oktober 2019 über WhatsApp mit der Geschädigten K2. B. gechattet habe. Er sei mit dem Motorrad unterwegs gewesen und habe gefragt, ob sie zuhause wäre, da er beabsichtigt habe, sie zu besuchen. K habe geantwortet, dass sie beim Sport wäre. Zu einem späteren Zeitpunkt habe K den Chatverkehr ihm gegenüber erwähnt und geäußert, dass dieser wichtig wäre.
Überstimmend damit hat die Zeugin M3. B. in der Hauptverhandlung erklärt, dass ihre Schwester in diesem Jahr nach einem Gespräch mit deren Psychologen bei ihr angerufen habe und mitgeteilt habe, dass die Vergewaltigung am 06.10.2019 stattgefunden hätte. Auch die Zeugin H1. B. hat bestätigt, dass ihre Tochter K2. das Datum der Vergewaltigung erst mit Hilfe ihres Psychologen anhand ihres Chatverkehrs habe ermitteln können.
Die anderslautende Aussage des Zeugen E. P. zu den Geschehnissen am 06.10.2019 war nicht glaubhaft und vermochte die Glaubwürdigkeit der Geschädigten K2. B. daher nicht zu erschüttern. Der Zeuge P., der Vater des Angeklagten, hat im Rahmen seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung bekundet, dass sich sein Sohn und dessen damalige Freundin K B. am 06.10.2019 nicht im Wohnanwesen der Familie P. in M. aufgehalten hätten. Er hat ausgeführt, dass die beiden die Nacht vom 04.10. auf den 05.10.2019 in M. verbracht hätten. Am Samstag, den 05.10.2019 seien sie mittags aufgestanden und nach dem Frühstück nach W. gefahren. Er habe sich um 19.30 Uhr ein Volleyballspiel in Straubing ansehen wollen. Gegen 17 bzw. 18 Uhr habe er seinen Sohn und die Zeugin K2. B. per WhatsApp gefragt, ob sie auch dorthin kommen wollten, was die beiden verneint hätten. Auf Nachfrage hat der Zeuge P. erklärt, sich genau daran erinnern zu können, da er sich während des gesamten Sommers auf das betreffende Volleyballspiel, bei dem es sich um das erste Heimspiel seiner Mannschaft in Straubing gehandelt habe, gefreut habe.
Am Sonntag, den 06.10.2019 habe er die meiste Zeit zuhause verbracht, da er am nächsten Tag eine Implantat-Operation gehabt habe und davor nicht krank werden wollte. Er habe lediglich in der Zeit von 14.00 Uhr bis 14.45 Uhr mit seiner Frau den Friedhof besucht. Am Abend des 06.10.2019 habe er ferngesehen. Sein Sohn und dessen Freundin seien seit Samstagmittag nicht mehr im Haus gewesen. Erst am Abend des 08.10.2019 sei sein Sohn wieder nachhause gekommen, um einen Kuchen abzuholen, den er anlässlich seines Geburtstages am nächsten Tag in die Arbeit mitnehmen wollte. Der Zeuge P. hat auf Nachfrage versichert, dass er sich genau an den Ablauf des 06.10.2019 erinnern könne. Dies erscheint der Kammer jedoch nicht glaubhaft, da der 06.10.2019 zum Zeitpunkt der Vernehmung des Zeugen P. bereits mehr als acht Monate zurücklag und ohne besondere Vorkommnisse verlaufen ist. Bei dem Friedhofsbesuch und dem Fernsehabend handelt es sich um alltägliche Vorgänge, die erfahrungsgemäß keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Gegen eine konkrete Erinnerung des Zeugen P. an den Ablauf des 06.10.2019 spricht auch, dass er die Frage, was er am 30.09.2019, also an dem vorausgegangenen Montag, gemacht habe, nicht zu beantworten vermochte.
Im Übrigen begründen die Umstände des Zustandekommens der Aussage des Zeugen P. erhebliche Zweifel an dessen Glaubwürdigkeit. So hat der Zeuge P. auf Nachfrage der Vorsitzenden eingeräumt, dass er die Hauptverhandlung am ersten Verhandlungstag als Zuschauer verfolgt und die Aussage der Zeugin K2. B. gehört habe. Dabei habe er erfahren, dass die Vergewaltigung am 06.10.2019 in M. stattgefunden haben solle. Daraufhin habe er sich entschlossen, als Zeuge auszusagen. Aus Sicht der Kammer geben diese Umstände Grund zu der Annahme, dass der Zeuge P. seine Angaben an die ihm bekannte Aussage der Geschädigten K2. B. angepasst hat.
Gegen die Glaubwürdigkeit des Zeugen P. spricht auch, dass er sich im Laufe seiner Vernehmung in der Hauptverhandlung mehrfach in Widersprüche verstrickt hat. So hat der Zeuge P. auf Nachfrage des staatsanwaltschaftlichen Sitzungsvertreters ausgeführt, dass für die gegenständliche Vergewaltigung unterschiedliche Tatzeiträume in Betracht gekommen seien. Zunächst sei man von August 2019 ausgegangen, dann von dem Zeitraum von August bis Oktober 2019 und dann von Oktober 2019. Der Zeuge P. vermochte aber nicht plausibel zu erklären, woher er diese Zeiträume kannte. Er hat angegeben, dass er die Zeiträume am ersten Hauptverhandlungstag bzw. von seiner Frau erfahren habe. Die betreffenden Zeiträume waren aber nicht Gegenstand des ersten Verhandlungstages. Auf Nachfrage hat der Zeuge P. zudem erklärt, dass er nicht wisse, woher seine Frau die Zeiträume kenne, was völlig unglaubhaft erscheint, da der Zeuge nach eigenen Angaben in einer intakten Ehe lebt und reges Interesse am Prozess gezeigt hat, indem er die Hauptverhandlung als Zuschauer verfolgt und sich als Zeuge zur Verfügung gestellt hat.
Ferner stehen die Angaben des Zeugen P. zu den Geschehnissen am 10.12.2019 in einem eklatanten Widerspruch zu den glaubhaften Schilderungen des Angeklagten und der Geschädigten K2. B., die übereinstimmend von einer tätlichen Auseinandersetzung berichtet haben, die ab 15 Uhr im Zimmer des Angeklagten stattgefunden hat. Die Geschädigte K2. B. ist nach eigenen Angaben gegen 16 Uhr nach unten zu den Eltern des Angeklagten gegangen und hat sich dort ca. 30 Minuten lang aufgehalten. Insoweit deckt sich ihre Aussage mit dem (Teil-)Geständnis des Angeklagten, der erklärt hat, dass die Geschädigte K2. B. nach der Auseinandersetzung noch circa eine Dreiviertelstunde im Haus seiner Eltern geblieben sei, wobei sie sich zunächst in einem anderen Raum und dann wieder in seinem Zimmer aufgehalten habe. Abweichend davon hat der Zeuge P. behauptet, dass sich die Geschädigte K2. B. nach ihrer Ankunft in M. gegen 15 Uhr nahezu ununterbrochen im unteren Stockwerk aufgehalten habe. Er hat ausgeführt, dass sein Sohn und die Zeugin K2. B. am 10.12.2019 gegen 15 Uhr nach M. gekommen seien und ihr Gepäck nach oben in das Zimmer seines Sohnes gebracht hätten. Unmittelbar danach seien sie wieder heruntergekommen. Die Zeugin K2. B. habe sich mit einem Ordner an den Küchentisch gesetzt, um zu lernen. Um kurz vor halb fünf sei sie mit dem Angeklagten in dessen Zimmer gegangen. Nach circa fünf Minuten seien beide wieder nach unten gekommen, hätten sich verabschiedet und seien gegen 16.30 Uhr weggefahren. Unter Zugrundelegung der Angaben des Zeugen P. bliebe jedoch kein ausreichendes Zeitfenster für die vom Angeklagten und der Geschädigten K2. B. übereinstimmend geschilderte Auseinandersetzung. Von einer derartigen Auseinandersetzung wollte der Zeuge P. nach eigenen Angaben nichts mitbekommen haben, obwohl er zuvor im Hinblick auf den 06.10.2019 erklärt hatte, dass das Anwesen seiner Familie hellhörig sei und er deshalb gemerkt hätte, wenn sein Sohn nachhause gekommen wäre.
Aufgrund der aufgezeigten Widersprüche hält die Kammer den Zeugen P. für unglaubwürdig und dessen Angaben für unglaubhaft. Die Aussage des Zeugen P., der Angeklagte und die Geschädigte K2. B. hätten sich am 06.10.2019 nicht im Wohnanwesen der Familie P. in M. aufgehalten, vermag daher die Glaubwürdigkeit der Zeugin K2. B. nicht zu erschüttern.
b) Nachtatgeschehen
Auch die Schilderungen der Zeugin K2. B. zum Nachtatgeschehen sind aus Sicht der Kammer nachvollziehbar und plausibel. Die Zeugin K2. B. hat im Rahmen ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung glaubhaft bekundet, dass sie den Angeklagten unmittelbar nach dem Vorfall vom 06.10.2019 mit dem Vorwurf der Vergewaltigung konfrontiert habe. Der Angeklagte habe darauf lediglich erwidert, dass sie keine Beweise habe. Nach den glaubhaften Schilderungen der Geschädigten A. H. hat der Angeklagte in gleicher Weise reagiert, als diese angekündigt hat, ihren Eltern von dem Übergriff am 26.01.2019 zu berichten. Die Angaben der Zeuginnen K2. B. und Anna H. zum Nachtatverhalten des Angeklagten decken sich somit und sind daher glaubhaft.
Auch der Umstand, dass die Zeugin K2. B. trotz des sexuellen Übergriffs am 06.10.2019 die Nacht beim Angeklagten verbracht hat und die Beziehung mit diesem fortgeführt hat, vermag keine Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit und der Glaubhaftigkeit ihrer Angaben zu wecken. Die Geschädigte K2. B. hat im Rahmen ihrer Zeugeneinvernahme in der Hauptverhandlung überzeugend dargelegt, dass sie nach dem Vorfall vom 06.10.2019 beim Angeklagten übernachtet habe, da sie Angst vor ihm gehabt habe und nicht gewollt habe, dass jemand von dem Übergriff erfahren würde. Da sie kein eigenes Auto gehabt habe, hätte sie jemanden anrufen müssen, was Fragen aufgeworfen hätte, da sie dies sonst nie getan habe. Aus Sicht der Kammer ist es plausibel, dass die Geschädigte K2. B. aus Angst und Scham davon abgesehen hat, sich nach der Vergewaltigung aus M. abholen zu lassen. Sie hatte an dem besagten Abend eine große Demütigung erfahren und wollte dies aus nachvollziehbaren Gründen weder ihrer Mutter noch ihrer Schwester offenbaren, die aber aller Voraussicht nach gefragt hätten, was passiert sei, wenn die Geschädigte K2. B. darum gebeten hätte, aus M. abgeholt zu werden.
Des Weiteren hat die Geschädigte K2. B. im Rahmen ihrer Zeugeneinvernahme in der Hauptverhandlung schlüssig dargelegt, dass sie die Beziehung mit dem Angeklagten nach der Tat vom 06.10.2019 aus Angst vor weiteren Übergriffen fortgeführt habe. Der Angeklagte habe ihr immer wieder gedroht, dass er sie umbringen und ihrer Familie das Leben zur Hölle machen würde. Die Zeugin K2. B. hat ausgeführt, dass es ein halbes Jahr nach Beginn ihrer Beziehung mit dem Angeklagten zu einem Streit gekommen sei, bei dem der Angeklagte erstmals handgreiflich geworden sei und sie gewürgt habe. Der Angeklagte habe sie zu einem Besuch bei ihrem Bruder begleiten wollen, was sie abgelehnt habe, da er ihren Bruder nicht gekannt habe. Nach dem Übergriff habe der Angeklagte berichtet, dass er seine Ex-Freundin gewürgt, gegen die Wand gestoßen und sie dann bewusstlos liegen gelassen hätte. Er wäre kurz davor gewesen, seine Ex-Freundin umzubringen. Der Angeklagte habe geäußert, dass sie nun wüsste, was passieren würde, wenn sie sich von ihm trennen würde. Sie sei schockiert gewesen und habe ihn darum gebeten, therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Der Angeklagte habe daraufhin versprochen, sich zu ändern. Daher habe sie geglaubt, dass es sich lediglich um einen Ausrutscher gehandelt hätte. In der Folgezeit sei es aber immer häufiger zu Streitigkeiten gekommen, bei denen der Angeklagte sie am Hals gepackt und gewürgt habe. Gleichwohl habe sie gehofft, dass er sich mit zunehmendem Alter bessern würde. Auf Nachfrage des Verteidigers hat die Zeugin K2. B. unumwunden eingeräumt, dass sie dem Angeklagten zu dessen Geburtstag am 09.10.2019 ein „Liebespuzzle“ geschenkt habe. Sie habe nach der Vergewaltigung auch weiterhin Geschlechtsverkehr mit dem Angeklagten gehabt, wobei die Initiative aber immer vom Angeklagten ausgegangen sei.
Die Zeugin M3. B. hat bestätigt, dass der Angeklagte die Geschädigte K2. B. massiv eingeschüchtert hat. Sie hat im Rahmen ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung berichtet, dass sie das Wochenende vom 06.12. bis 08.12.2019 mit ihrer Schwester K und ihrem Vater in Innsbruck verbracht habe. Am Ende des Aufenthalts in Österreich sei K schlecht gelaunt gewesen und habe erzählt, dass sie Probleme mit dem Angeklagten hätte. K habe berichtet, dass der Angeklagte nicht wollte, dass sie ohne ihn wegfahren würde, und aggressiv werden würde, wenn sie dies dennoch täte. In diesem Zusammenhang habe K auch geäußert, dass der Angeklagte sie umbringen würde.
Aufgrund der stimmigen Ausführungen der Zeuginnen K2. und M B. ist die Kammer davon überzeugt, dass sich die Geschädigte K2. B. nach der Tat vom 06.10.2019 in einem inneren Zwiespalt befunden hat, da sie den Angeklagten geliebt hat, sich aber auch vor ihm gefürchtet hat. Aus Sicht der Kammer ist es völlig plausibel, dass die Geschädigte K2. B. Angst vor weiteren Übergriffen des Angeklagten hatte, da dieser massive Drohungen ausgesprochen hatte, die sich nicht nur gegen die Geschädigte selbst, sondern auch gegen ihre Familienangehörigen richteten. Unter Berücksichtigung des jugendlichen Alters der damals 17-jährigen K B. erscheint es aber auch absolut nachvollziehbar, dass sie sich trotz der erfahrenen Gewalt emotional nicht vom Angeklagten lösen konnte. Die Geschädigte K2. B. hat daher aus nachvollziehbaren Motiven zunächst von einer Trennung abgesehen.
Auch der Umstand, dass die Zeugin K2. B. die Vergewaltigung erst nach über zwei Monaten angezeigt hat, lässt sich mühelos mit der dargelegten Konfliktsituation begründen und vermag ihre Glaubwürdigkeit nicht zu erschüttern. Aus Sicht der Kammer ist es nachvollziehbar, dass die Zeugin K2. B. zunächst von einer Anzeige abgesehen hat, da sie Angst vor weiteren Übergriffen des Angeklagten hatte, diesen aber auch geliebt hat und gehofft hat, er würde sich ändern.
c) Kein Belastungseifer
Anhaltspunkte für einen Belastungseifer der Geschädigten K2. B. haben sich im Zuge ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung nicht einmal im Ansatz ergeben. Vielmehr hat die Zeugin K2. B. die körperlichen und sexuellen Übergriffe des Angeklagten sachlich geschildert, ohne das Tatgeschehen zu bewerten oder zu dramatisieren, und dabei lediglich situationsadäquate Gefühlsregungen gezeigt. Die Kammer verkennt insoweit nicht, dass die Geschädigte K2. B. im Rahmen des WhatsApp-Chats mit der Geschädigten A. H. am 11.12.2019 (Bl. 509 f. d.A.), der Gegenstand des Selbstleseverfahrens war, den Wunsch nach einer möglichst langen Inhaftierung des Angeklagten geäußert hat. Dieser Wunsch ist aus Sicht der Kammer aber ohne Weiteres nachvollziehbar, wenn man bedenkt, dass der Angeklagte die Geschädigte K2. B. mehrfach misshandelt hat, ihre Schwester M. mit einem Messer verletzt hat und massive Drohungen gegen die Geschädigte K2. B. und ihre Familie ausgesprochen hat. Die Geschädigte K2. B. musste befürchten, dass der Angeklagte im Falle seiner Freilassung weitere Gewalttaten gegen sie und ihre Angehörigen begehen würde. Anhaltspunkte dafür, dass die Geschädigte K2. B. den Angeklagten zu Unrecht der Vergewaltigung bezichtigt hat, um eine möglichst lange Haftstrafe gegen ihn zu erwirken, haben sich im Zuge der Beweisaufnahme dennoch nicht ergeben. Gegen einen derartigen Belastungseifer spricht vielmehr, dass sich die Geschädigte K2. B. dem Angeklagten bis heute emotional verbunden fühlt. So hat die Polizeibeamtin KHK’in W. glaubhaft bekundet, dass sich die Zeugin K2. B. anlässlich ihrer polizeilichen Vernehmung am 13.12.2019 nach dem Befinden des Angeklagten erkundigt habe und geäußert habe, dass sie ihn so gernhätte. Auch die Zeugin H1. B. hat bestätigt, dass sich ihre Tochter K2. wegen der Inhaftierung des Angeklagten Sorgen um diesen mache.
d) Keine Beeinträchtigung der Aussagetüchtigkeit oder Aussagekompetenz Im Zuge der Beweisaufnahme haben sich auch keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass bei der Geschädigten K2. B. eine psychische Störung vorliegt, die ihre Aussagetüchtigkeit oder Aussagekompetenz in irgendeiner Form beeinträchtigen würde. Bei der Behauptung des Verteidigers, die Zeugin K2. B. würde an hysterischen Bewegungs- und Sinnesausfällen leiden, handelt es sich um eine reine Mutmaßung, die jeglicher Tatsachengrundlage entbehrt. Auch die Ausführungen des Verteidigers zu einer dissozialen psychischen Störung der Zeugin K2. B. infolge emotionaler Vernachlässigung und traumatisierender sexueller Erfahrungen sind rein spekulativ und finden keine Stütze im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme. Das Gleiche gilt für die ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung des Verteidigers, die Zeugin K2. B. würde an einer hysterischen bzw. histrionischen Persönlichkeitsstörung leiden, die mit einer tiefgreifenden und übertriebenen Emotionalität und einem übermäßigen Streben nach Aufmerksamkeit einhergehen würde.
e) Keine Projektion früherer traumatischer Erlebnisse Entgegen den Ausführungen der Verteidigung bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Geschädigte K2. B. negative sexuelle Erfahrungen mit früheren Geschlechtspartnern auf den Angeklagten projiziert hat.
Die Zeugin K2. B. hat im Rahmen ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung glaubhaft versichert, dass sie in früheren Beziehungen keine sexuelle Gewalt erfahren habe. Sie hat ausgeführt, dass sie vor der Beziehung mit dem Angeklagten zwei Freunde gehabt habe. Sie sei zwei bis zweieinhalb Jahre mit einem muslimischen Flüchtling liiert gewesen, der in einem Vorort von Lüneburg gewohnt habe. Dieser habe sie nie angefasst, sich aber von ihr sexuell befriedigen lassen. Einmal habe er ihr ins Gesicht geschlagen, weil sie sich geweigert habe, sexuelle Handlungen an ihm vorzunehmen. Daraufhin habe sie die Beziehung beendet. Danach sei sie bis August 2018 mit einem Freund namens Stefan zusammen gewesen. Sie seien übereingekommen, intim zu werden, woraufhin ihr Freund Stefan einen Finger bei ihr eingeführt habe. Dabei habe sie Schmerzen verspürt und gesagt, dass er aufhören solle, was er auch getan habe. Anschließend habe sie bemerkt, dass sie geblutet habe. In dem darauffolgenden Gespräch habe Stefan den Vorfall heruntergespielt, weshalb sie sich von ihm getrennt habe.
Auch ihrer Schwester M. B. hat die Zeugin K2. B. den Vorfall mit ihrem Freund S bereits im Vorfeld des Ermittlungsverfahrens in gleicher Weise geschildert wie in der Hauptverhandlung. Laut Aussage der Zeugin M3. B. hat ihre Schwester K B. ihr im Sommer 2019 erzählt, dass deren damaliger Freund Stefan einen Finger bei ihr eingeführt hätte, aber nach entsprechender Aufforderung von ihr abgelassen hätte.
Aufgrund der glaubhaften Schilderungen der Zeuginnen K2. und M B. steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass die Zeugin K2. B. von früheren Geschlechtspartnern weder sexuell missbraucht noch vergewaltigt worden ist. Die Annahme, die Geschädigte K2. B. habe negative sexuelle Erfahrungen aus früheren Beziehungen auf den Angeklagten projiziert, entbehrt damit jeglicher Grundlage.
2. Geständnis im Beisein der Zeugin M3. B.
Im Übrigen beruhen die Feststellungen zu dem Übergriff vom 06.10.2019 nicht nur auf den Angaben der Zeugin K2. B. und den diesbezüglichen Aussagen der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen vom Hörensagen. Vielmehr hat der Angeklagte selbst die Tat am Abend des 10.12.2019 im Rahmen der Aussprache mit der Geschädigten K2. B. im Beisein der Geschädigten M3. B. eingeräumt. Nach den glaubhaften Schilderungen der Zeugin M3. B. hat die Geschädigte K2. B. dem Angeklagten im Laufe dieser Aussprache vorgehalten, dass er sie „gefickt“ hätte, obwohl sie dies nicht gewollt hätte, worauf der Angeklagte erwidert hat: „I woas scho.“ Nach dem eindeutigen Wortlaut dieser Äußerung hat der Angeklagte die Tat somit eingeräumt. Im Falle einer Falschbezichtigung wäre hingegen zu erwarten gewesen, dass er empört auf den Vorwurf reagiert und die Vergewaltigung bestritten hätte.
3. Hilfsbeweisantrag
Dem Hilfsbeweisantrag des Verteidigers Rechtsanwalt H3. vom 19.06.2020 (Anlage zum Hauptverhandlungsprotokoll vom 19.06.2020) war nicht stattzugeben, da die darin genannten Beweistatsachen für die Entscheidung ohne Bedeutung sind (§ 244 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 StPO) und das darin genannte Beweismittel völlig ungeeignet ist (§ 244 Abs. 3 S. 3 Nr. 4 StPO).
Der Verteidiger hat in der Hauptverhandlung am 19.06.2020 beantragt, zum Beweis der Tatsache, dass weder die Zeugin K2. B. noch der Angeklagte am 06.10.2019 in der Wohnung des Angeklagten … in … aufhältlich war, eine Funkzellenauswertung hinsichtlich der Mobiltelefone des Angeklagten (Mobilfunknummer: …) und der Zeugin K2. B. (Mobilfunknummer: …) für die Funkzellenstandorte im Bereich des vorgenannten Anwesens durchführen zu lassen, und seinen Beweisantrag unter die Bedingung gestellt, dass die Kammer die Vergewaltigung für nachweisbar erachtet.
Ausweislich der Begründung des Hilfsbeweisantrags soll das Ergebnis der beantragten Funkzellenauswertung den Beweis erbringen, dass die Mobiltelefone der Zeugin K2. B. und des Angeklagten nicht in M., …, eingeloggt waren und deshalb – entgegen den Bekundungen der Zeugin K2. B. – eine Vergewaltigung im „Kinderzimmer“ des Angeklagten im Wohnanwesen … nicht stattgefunden hat.
Die Bedingung, unter die der Hilfsbeweisantrag gestellt wurde, ist eingetreten, da der Tatnachweis hinsichtlich der Vergewaltigung nach Überzeugung der Kammer geführt werden kann. Somit war über den Hilfsbeweisantrag zu entscheiden. Der Hilfsbeweisantrag war jedoch wegen Bedeutungslosigkeit gem. § 244 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 StPO abzulehnen. Die im Hilfsbeweisantrag angegebene Beweistatsache war für die Entscheidung aus tatsächlichen Gründen ohne Bedeutung, da sie nicht geeignet war, den Schuldspruch oder Rechtsfolgenausspruch zu beeinflussen. Die behauptete Indiztatsache, dass die Handys des Angeklagten und der Zeugin K2. B. nicht in der Funkzelle eingeloggt waren, in der sich das Wohnanwesen der Familie P. befindet, hätte selbst im Falle ihres Erwiesenseins die Entscheidung nicht beeinflussen können, da sie nur einen möglichen, aber nicht zwingenden Schluss hinsichtlich des Aufenthaltsortes des Angeklagten und der Zeugin K2. B. zugelassen hätte und das Gericht diesen möglichen Schluss nicht ziehen wollte (vgl. BGH NStZ 2018, 111). Aus Sicht der Kammer gäbe es neben einer Ortsabwesenheit des Angeklagten und der Geschädigten K2. B. eine Vielzahl weiterer denkbarer Erklärungen dafür, dass deren Handys nicht in der vorgenannten Funkzelle eingeloggt waren. Die Handys könnten ausgeschaltet oder an einem anderen Ort zurückgelassen worden sein oder wegen einer technischen Störung oder nicht aufgeladener Akkus inaktiv gewesen sein. Der Hilfsbeweisantrag war folglich gem. § 244 Abs. 3 S. 3 Nr. 2 StPO abzulehnen, da die darin bezeichneten Beweistatsachen für die Entscheidung ohne Bedeutung waren.
Im Übrigen war die Ablehnung des Hilfsbeweisantrags auch nach § 244 Abs. 3 S. 3 Nr. 4 StPO statthaft, da das angegebene Beweismittel völlig ungeeignet war. Die Standortdaten im Sinne des § 113b Abs. 4 TKG, die für die beantragte Beweiserhebung gem. § 100g StPO benötigt worden wären, sind nach § 113b Abs. 1 Nr. 2 TKG lediglich für die Dauer von vier Wochen von den Telefondienstleistern zu speichern. Die gegenständliche Vergewaltigung wurde nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme aber bereits am 06.10.2019, d.h. vor mehr als acht Monaten, begangen, sodass von einer zwischenzeitlich erfolgten Löschung der relevanten Standortdaten auszugehen war. Die beantragte Erhebung von Verkehrsdaten gem. § 100g StPO war daher ersichtlich nicht geeignet, Erkenntnisse darüber zu liefern, in welcher Funkzelle die Handys des Angeklagten und der Geschädigten K2. B. zur Tatzeit eingeloggt waren.
IV. Übergriff auf die Geschädigte K2. B. in M. am 10.12.2019 Der Angeklagte hat eingeräumt, dass er die Geschädigte K2. B. am 10.12.2019 um 15 Uhr bei einem Streit in seinem Zimmer im elterlichen Anwesen in M. verletzt habe. Entgegen dem Anklagevorwurf habe er die Zeugin K2. B. aber nicht fest am Hals gepackt und ca. 30 Minuten lang gewürgt, sondern deutlich weniger intensiv auf diese eingewirkt. Aufgrund des Ergebnisses der Beweisaufnahme ist die Kammer aber davon überzeugt, dass der Angeklagte – entgegen seiner eigenen bagatellisierenden Darstellung des Vorfalls – die Geschädigte K2. B. so lange und intensiv gewürgt hat, dass ihr Leben zumindest abstrakt gefährdet war.
Die Geschädigte K2. B. hat den Vorfall im Rahmen ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung glaubhaft in der unter B. III. dargestellten Weise geschildert. Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme hat die Tat zu Rötungen am Hals und an den Handgelenken der Geschädigten K2. B. geführt, die für mehrere Stunden sichtbar waren. Die Zeugin M3. B. hat im Rahmen ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung glaubhaft versichert, dass sie Rötungen am Hals und an den Handgelenken ihrer Schwester K B. gesehen habe, als sie am 10.12.2019 gegen 18.20 Uhr an deren Wohnanwesen in W. eingetroffen sei. Ihre Schwester K habe den Rollkragen ihres Pullovers nach unten gezogen und ihren Hals und ihre Handgelenke vorgezeigt. Am Hals ihrer Schwester hätten sich links und rechts vom Kehlkopf jeweils vier cm lange und bis zu vier cm breite Rötungen ohne klar abgegrenzte Ränder befunden, die zunächst intensiv und auch später im Krankenhaus noch leicht sichtbar gewesen seien. Die Handgelenke ihrer Schwester hätten daumen- und kleinfingerseitig rote Flecken aufgewiesen, die kleiner und weniger intensiv gewesen seien als die Rötungen am Hals. Ihre Schwester K habe unter Tränen berichtet, dass der Angeklagte sie am Nachmittag in M.h gewürgt hätte, weil sie ohne ihn mit ihrer Mutter zum Essen gehen wollte. Infolgedessen wäre ihr schwarz vor Augen geworden und sie hätte keine Luft mehr bekommen. Auch die Zeugin H1. B. hat im Rahmen ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung bestätigt, dass sie Rötungen an den Handgelenken ihrer Tochter K2. gesehen habe, als sie ihre Töchter K2. und M. am 10.12.2019 nach 21.00 Uhr im Krankenhaus in C angetroffen habe.
Die übereinstimmenden und glaubhaften Schilderungen der Zeuginnen K2., M und H B. lassen sich mit dem Ergebnis der rechtsmedizinischen Untersuchung der Geschädigten K2. B. mühelos in Einklang bringen. Im Zuge der Untersuchung am 12.12.2019 konnten zwar keine Rötungen am Hals der Geschädigten K2. B. mehr festgestellt werden. Nach den überzeugenden Ausführungen des rechtsmedizinischen Sachverständigen Prof. Dr. B. ist es aber aus medizinischer Sicht nachvollziehbar, dass die Einwirkung des Angeklagten auf den Hals der Geschädigten K2. B. nur eine kurzfristige Rötung hervorgerufen hat. Dies lässt sich damit erklären, dass durch die Kompression der Halsweichteile Blut verdrängt worden ist und danach eine reaktive Hyperblutung aufgetreten ist. Letztere geht mit einer Gefäßerweiterung einher, die als vorübergehende Hautrötung wahrnehmbar sein kann.
Auch die Darstellung der Geschädigten K2. B., sie habe nach der Tat zwei Wochen lang unter Schluckbeschwerden gelitten und keine feste Nahrung zu sich nehmen können, ist aus Sicht der Kammer glaubhaft. Nach Einschätzung des Sachverständigen Prof. Dr. B. kann auch eine Kompression der Halsweichteile, die keine sichtbaren Verletzungen hervorruft, zu einer Schleimhautreizung und damit einhergehenden Schluckbeschwerden führen, die je nach Empfindsamkeit des Betroffenen unterschiedlich lange andauern können. Je weniger Verletzungen sichtbar seien, desto schneller sei mit einem Verschwinden der Schluckbeschwerden zu rechnen. Im Falle einer Einblutung seien Schluckbeschwerden über einen Zeitraum von ein bis zwei Wochen nicht ungewöhnlich. Im vorliegenden Fall wären Schluckbeschwerden, die ein bis zwei Tage angehalten haben, nachvollziehbar. Er könne aber auch nicht ausschließen, dass die Beschwerden ein bis zwei Wochen angedauert haben, da das Schmerzempfinden individuell sehr verschieden sei und auch durch die psychische Verfassung der Geschädigten beeinflusst worden sein könne. Aus Sicht der Kammer ist insoweit zu berücksichtigen, dass die Geschädigte K2. B. nach den Übergriffen vom 10.12.2019 in einer schlechten seelischen Verfassung war, was nach den schlüssigen Ausführungen des Sachverständigen ihr Schmerzempfinden gesteigert haben kann. Die Angaben der Zeugin K2. B. zu den Tatfolgen sind vor diesem Hintergrund somit medizinisch nachvollziehbar und glaubhaft.
Aufgrund der plausiblen Schilderungen des Sachverständigen Prof. Dr. B. ist die Kammer ferner davon überzeugt, dass der Angeklagte das Leben der Geschädigten K2. B. abstrakt gefährdet hat, indem er sie über einen Zeitraum von ca. 30 Minuten mehrmals bis zu 30 Sekunden lang gewürgt hat. Bei der rechtsmedizinischen Untersuchung der Geschädigten K2. B. konnten zwar keine Einblutungen in ihrer Halshaut und ihren Bindehäuten festgestellt werden, die auf eine intensive und damit potenziell lebensgefährliche Kompression der Halsweichteile und des Kehlkopfes schließen lassen würden. Der Sachverständige Prof. Dr. B. hat jedoch überzeugend dargelegt, dass Einwirkungen auf den Hals in Form des Würgens auch ohne sichtbare Verletzungen zum Tod führen können, wenn die Halsschlagader abdrückt werde. Ausgehend von den Angaben der Zeugin K2. B., ihr sei schwindelig und schwarz vor Augen geworden, liege eine lebensgefährliche Behandlung vor, da die geschilderten Beschwerden auf einen drohenden Sauerstoffmangel des Gehirns schließen lassen. Da der Angeklagte mehrmals erheblich und über längere Zeiträume auf den Hals der Geschädigten K2. B. eingewirkt hat, ist die Kammer davon überzeugt, dass er die abstrakte Lebensgefahr zumindest für möglich gehalten und im Sinne eines Eventualvorsatzes billigend in Kauf genommen hat.
V. Übergriff auf die Geschädigte K2. B. am 10.12.2019 in W
Der Angeklagte hat eingeräumt, dass es gegen 16.30 Uhr zu einer körperlichen Auseinandersetzung im Zimmer der Geschädigten K2. B. in W gekommen sei. Entgegen den Ausführungen in der Anklageschrift habe er die Zeugin K2. B. aber nicht an den Haaren in ihr Zimmer gezogen und in den Schwitzkasten genommen. Er habe sie lediglich „aggressiv angegriffen“ und mit der rechten Hand am Hals gepackt. Zudem habe er sie fest an den Handgelenken gepackt. Er bedauere dies. Nach dem Vorfall habe er sich mit der Zeugin K2. B. versöhnt und sei mit ihr auf dem Bett gesessen. Als Versöhnungsakt habe er mit ihr den Geschlechtsverkehr vollziehen wollen. Als sie gesagt habe, dass sie dies nicht wollte, habe er sofort von ihr abgelassen. Vor diesem Vorfall hätte er circa viermal pro Woche einvernehmlichen Geschlechtsverkehr mit der Zeugin K2. B. gehabt. Er hätte fast ein Jahr lang eine Liebesbeziehung mit der Geschädigten K2. B. geführt und wäre sexuell voll auf diese fixiert gewesen. Sie wären zusammen in den Urlaub gefahren, ausgegangen und hätten sich Liebesbriefe geschrieben.
Das Teilgeständnis des Angeklagten ist in der Hauptverhandlung durch die glaubhaften Angaben der Zeugin K2. B. verifiziert worden. Soweit der Angeklagte bestritten hat, die Geschädigte K2. B. in den Schwitzkasten genommen, an den Haaren in ihr Zimmer gezogen und sie dort sexuell belästigt zu haben, ist er durch die glaubhaften und übereinstimmenden Schilderungen der Zeuginnen K2. und M B. überführt worden.
Die Geschädigte K2. B. hat im Rahmen ihrer Zeugeneinvernahme in der Hauptverhandlung glaubhaft geschildert, dass sie am 10.12.2019 gegen 16.30 Uhr in ihrem Wohnanwesen in W. in der unter B. IV. beschriebenen Weise vom Angeklagten misshandelt und sexuell belästigt worden sei. Im Einklang damit stehen auch die Angaben, welche die Geschädigte K2. B. am Abend des 10.12.2019 gegenüber ihrer Schwester M. B. hierzu gemacht hat. Die Zeugin M3. B. hat in der Hauptverhandlung berichtet, dass ihre Schwester K B. ihr den Vorfall am 10.12.2019 auf der Fahrt nach R. geschildert habe. Ihre Schwester habe angegeben, dass der Angeklagte sie vom Bürostuhl gezogen hätte, als sie gelernt hätte. Anschließend hätte der Angeklagte sie auf dem Bett gewürgt und versucht, unter ihre Hose zu greifen. Zudem hätte er sie im Schambereich gezwickt. Aufgrund der übereinstimmenden und glaubhaften Schilderungen der Zeuginnen K2. und M. B. steht zur Überzeugung der Kammer fest, dass sich der betreffende Vorfall so ereignet hat, wie es unter B. IV. dargestellt wurde.
Ein Tatnachweis hinsichtlich einer gefährlichen Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung gem. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB konnte insoweit nicht geführt werden. Letztlich kann offen bleiben, ob der Angeklagte das Leben der Geschädigten K2. B. zumindest abstrakt gefährdet hat, indem er diese für die Dauer von mindestens einer Minute in den Schwitzkasten genommen und mit einer Hand am Hals gepackt hat, da es jedenfalls am Nachweis des Vorsatzes hinsichtlich einer etwaigen abstrakten Lebensgefahr fehlt. Aufgrund der kurzen Dauer und der geringen Intensität der Einwirkung des Angeklagten, die zu keinen sichtbaren Verletzungen geführt hat, ist nicht anzunehmen, dass der Angeklagte eine abstrakte Lebensgefahr für die Geschädigte K2. B. zumindest für möglich gehalten und billigend in Kauf genommen hat.
VI. Messerangriff auf die Geschädigte M3. B.
Der Angeklagte hat über seinen Verteidiger auch eingeräumt, die Geschädigte M3. B. am 10.12.2019 mit einem Messer am Arm verletzt zu haben. Nachdem er das Wohnanwesen der Zeugin K2. B. verlassen hätte, sei er gegen 21.00 Uhr nochmals dorthin zurückgekehrt, um Kleidung auszutauschen. Er habe sich in einem seelischen Ausnahmezustand befunden. Aus für ihn jetzt nicht mehr nachvollziehbaren Gründen habe er ein Küchenmesser mitgenommen. Mit diesem Messer habe er die Geschädigte M3. B. – wie beabsichtigt – am Arm verletzt. Er habe die Geschädigte M3. B. weder töten noch am Oberkörper verletzen wollen. Wie es zu dieser Tat gekommen sei, könne er nicht nachvollziehen. Im Anschluss an die Vernehmung der Geschädigten M3. B. hat sich der Angeklagte bei dieser entschuldigte und erklärt, dass er die Tat sehr bereue.
Hinsichtlich der Verletzung der Geschädigten M3. B. ist die Einlassung des Angeklagten in der Hauptverhandlung durch die schlüssigen Ausführungen der Zeuginnen M3. und K B. verifiziert worden. Die Zeuginnen haben den Messerangriff übereinstimmend und glaubhaft in der unter B. V. dargestellten Weise geschildert.
Die Feststellungen zu den körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen der Geschädigten M3. B. infolge der Tat vom 10.12.2019 beruhen auf den glaubhaften Schilderungen der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen, den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. B. und den im Wege des Selbstleseverfahrens in die Hauptverhandlung eingeführten Urkunden, namentlich dem OP-Bericht vom 10.12.2019 (Anlage 2 zum Hauptverhandlungsprotokoll vom 29.05.2020), dem Arztbericht vom 17.03.2020 (Anlage 3 zum Hauptverhandlungsprotokoll vom 29.05.2020), dem Bericht der nervenärztlichen Praxis Dr. med. P. vom 14.01.2020 (Anlage 4 zum Hauptverhandlungsprotokoll vom 29.05.2020) und der Stellungnahme der Diplom-Psychologin Doris K. (Anlage 5 zum Hauptverhandlungsprotokoll vom 29.05.2020), die anstelle der Vernehmung der Zeugin K. zum Gegenstand des Selbstleseverfahrens gemacht worden ist.
Die Geschädigte M3. B. hat berichtet, dass durch den Messerstich in ihren Arm ein Teil des Streckmuskels und ein Gefäß verletzt worden seien. Die Wunde habe operativ versorgt werden müssen. Sie sei für eine Nacht im Krankenhaus geblieben und am 11.12.2019 entlassen worden. Infolge der Stichverletzung leide sie bis heute an einer Sensibilitätsstörung am linken Unterarm. Eine Regeneration der geschädigten Nerven sei innerhalb von 9 bis 11 Monaten nach der Verletzung möglich. Einer der Nerven sei aber so stark geschädigt, dass das Taubheitsgefühl voraussichtlich irreversibel sei. Von dem Stich sei zudem eine 6 cm lange Narbe zurückgeblieben. Die Inaugenscheinnahme des linken Arms der Geschädigten M3. B. hat bestätigt, dass sich an ihrem linken Arm im Bereich des linken Ellbogens eine deutlich sichtbare, circa 6 cm lange Narbe befindet.
Der Sachverständige Prof. Dr. B. hat schlüssig dargelegt, dass bei der rechtsmedizinischen Untersuchung der Geschädigten M3. B. eine glattrandige z-förmige Weichteildurchtrennung am linken Ellbogen festgestellt worden sei, die sich auf einen Stich zurückführen lasse. Der Stichkanal sei von unten nach oben hinten verlaufen, was für eine passive Abwehrverletzung typisch sei. Die Stichverletzung als solche habe eine Länge von ca. 3 cm gehabt, sei aber laut OP-Bericht chirurgisch auf eine Länge von ca. 6 cm erweitert worden. Auf Vorhalt der Lichtbilder von dem im Pkw des Angeklagten sichergestellten Messer (Bl. 18-20 d.A.) erklärte der Sachverständige, dass die Stichverletzung zur Klingenbreite des betreffenden Messers passe.
Ferner hat der Sachverständige Prof. Dr. B. überzeugend ausgeführt, dass der Messerstich zu einem großen Hämatom an der Streckseite des linken Oberarmes der Geschädigten M3. B. geführt und die Bindegewebshülle eines Streckmuskels verletzt habe. Aus medizinischer Sicht sei es nachvollziehbar, dass die vorgenannte Verletzung des Streckmuskels zu Nervenschädigungen und damit einhergehenden Sensibilitätsstörungen geführt hat, die heute noch andauern.
Aufgrund der nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. B. ist die Kammer davon überzeugt, dass das Leben der Geschädigten M3. B. durch den Messerstich konkret gefährdet worden ist. Der Sachverständige hat schlüssig dargelegt, dass Messerangriffe per se potenziell geeignet seien, lebensgefährliche Verletzungen zu verursachen, da nicht vorhersehbar sei, ob Arterien bzw. Blutgefäße verletzt würden. Im vorliegenden Fall sei aber sogar eine konkrete Gefahr für das Leben der Geschädigten M3. B. eingetreten. Durch den Stich sei eine kleine Arterie verletzt worden, was zu einem hohen Blutverlust geführt habe. Infolgedessen hätte die Geschädigte M3. B. voraussichtlich einen tödlichen Kreislaufschock erlitten, wenn die Wunde nicht ärztlich versorgt worden wäre.
Die Geschädigte M3. B. hat im Rahmen ihrer Zeugeneinvernahme in der Hauptverhandlung auch ihre psychischen Beeinträchtigungen infolge des Messerangriffs eindrucksvoll und glaubhaft beschrieben. Sie hat ausgeführt, dass sie in den ersten Tagen nach der Tat wie in Trance gewesen sei und das Erlebte nicht als real empfunden habe. Nach einer Woche seien Angstzustände, Panikattacken und Schlafstörungen aufgetreten, die bis heute andauern würden. Sie habe sich nicht getraut, die Wohnung allein zu verlassen, und habe daher keine Alltagsgeschäfte, wie Einkäufe, erledigen können. Sie sei sehr schreckhaft gewesen und habe keine Nähe zu anderen zulassen können. Wegen ihrer Angstzustände und Schlafstörungen habe sie sich in ärztliche und psychologische Behandlung begeben, die noch nicht abgeschlossen sei. Sie werde bis heute auch medikamentös behandelt. Ihren Beruf als Physiotherapeutin habe sie lange Zeit nicht ausüben können, da sie es nicht ertragen habe, sich allein mit einer fremden Person im Behandlungsraum aufzuhalten. Erst Ende März 2020 sei sie wieder in ihren Beruf eingestiegen. In den ersten beiden Wochen habe sie die Patienten gemeinsam mit einer Kollegin behandelt, da sie sich dies allein nicht getraut habe. Zudem habe sie in den ersten vier Wochen nur Frauen behandeln können.
Die Feststellungen zu den psychischen Beeinträchtigungen der Geschädigten K2. B. infolge der Taten vom 06.10.2019 und 10.12.2019 beruhen auf den glaubhaften Schilderungen der in der Hauptverhandlung vernommenen Zeugen.
Die Geschädigte K2. B. hat im Rahmen ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung schlüssig dargelegt, dass sie nach dem Vorfall vom 10.12.2019 unter Schlafstörungen gelitten habe und nicht imstande gewesen sei, die Schule zu besuchen. Anfangs habe sie ihr Wohnhaus nicht betreten und nicht einmal in die betreffende Wohngegend fahren können. Sie habe sich auch nicht allein in einem Raum aufhalten können. Bis heute leide sie unter Panikattacken und Erinnerungslücken. Sie habe sich in ärztliche und psychologische Behandlung begeben und nach ärztlicher Verordnung bis vor einem Monat Beruhigungsmittel eingenommen. Der Abschluss der psychotherapeutischen Behandlung sei noch nicht absehbar.
Die Zeugin M3. B. hat im Rahmen ihrer Vernehmung in der Hauptverhandlung bestätigt, dass ihre Schwester K noch sehr stark unter den Folgen der Übergriffe vom 10.12.2019 leide. Kurz danach habe K sich nicht allein in einem Raum aufhalten und ihr Wohnhaus nicht betreten können. Ferner habe K über einen langen Zeitraum das Medikament Tavor, ein starkes Beruhigungsmittel, einnehmen müssen. Bis heute leide K unter Angstzuständen, Panikattacken und Schlafstörungen.
Übereinstimmend damit hat die Zeugin H1. B. berichtet, dass ihre Tochter K2. nach dem Vorfall vom 10.12.2019 sehr verängstigt gewesen sei. In den ersten Tagen habe K sich nicht allein in einem Raum aufhalten können und kaum geschlafen. Ihre Tochter K2. habe nur bei Licht und heruntergelassenem Rollo bei ihr im Bett geschlafen. Es habe lange gedauert, bis K abends wieder allein geblieben sei. K durchsuche bis heute die Zimmer bzw. Schränke im Haus und achte darauf, dass alle Türen versperrt seien. Die Zeugin H1. B. hat weiter ausgeführt, dass ihre Tochter K2. nach dem Vorfall vom 10.12.2019 lange Zeit nicht in der Lage gewesen sei, zur Schule zu gehen. Erst nach den Weihnachtsferien 2019/20 habe K die Schule wieder stundenweise besuchen können und die Dauer der Schuldbesuche sukzessive gesteigert. Bis zu den Schulschließungen aufgrund der Corona-Pandemie habe K aber nicht an allen Unterrichtsstunden teilnehmen können.
VII. Psychiatrisches Sachverständigengutachten
Im Zuge der psychiatrischen Begutachtung des Angeklagten durch die Sachverständige Dr. P. haben sich keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Einsichts- oder Steuerungsfähigkeit des Angeklagten zur Zeit der unter B. geschilderten Taten aufgehoben oder erheblich vermindert war.
Die Sachverständige Dr. P., die den Angeklagten am 06.03.2020 in der Justizvollzugsanstalt München exploriert hatte, hat diesem zwar eine narzisstische Persönlichkeitsakzentuierung und eine herabgesetzte Fähigkeit zur Impulskontrolle bescheinigt. Sie hat jedoch schlüssig dargelegt, dass diese Störungsbilder nicht das Ausmaß einer krankhaften seelischen Störung im Sinne der §§ 20 und 21 StGB erreichen. Die Taten seien letztlich darauf zurückzuführen, dass der Angeklagte mit seinen früheren Freundinnen Anna H. und K B. sehr intensive Beziehungen geführt hätte, ohne die dafür erforderliche Reife zu besitzen. Aus psychiatrischer Sicht sei auch keine der gegenständlichen Taten als Affekttat einzuordnen, welche die Annahme einer tiefgreifenden Bewusstseinsstörung im Sinne der §§ 20 und 21 StGB rechtfertigen würde. Vielmehr habe es sich bei sämtlichen Taten um Impulstaten gehandelt. So habe der Angeklagte die Geschädigte M3. B. am 10.12.2019 mit dem Messer attackiert, da er sich provoziert gefühlt habe und die Trennung von der Geschädigten K2. B. nicht habe akzeptieren können. Aufgrund seiner Wutanfälle bedürfe der Angeklagte psychologischer Unterstützung in Form eines Antiaggressionstrainings. Eine Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus gem. § 63 StGB komme aber nicht in Betracht, da keines der Eingangsmerkmale der §§ 20 und 21 StGB erfüllt sei.
D. Rechtliche Würdigung
Die unter B. geschilderten Handlungen des Angeklagten sind strafbar als vorsätzliche Körperverletzung in Tatmehrheit mit Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit vorsätzlicher Körperverletzung in Tatmehrheit mit gefährlicher Körperverletzung gem. §§ 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 1, Abs. 6 S. 2 Nr. 1, 184h Nr. 1, 223 Abs. 1, 230 Abs. 1 S. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 u. Nr. 5, 52, 53 StGB, §§ 1, 105 JGG.
I. Vorsätzliche Körperverletzung zum Nachteil der Geschädigten H.
Der Angeklagte ist schuldig der vorsätzlichen Körperverletzung zum Nachteil der Geschädigten A. H. gem. §§ 223 Abs. 1, 230 Abs. 1 S. 1 StGB.
1. Vorsätzliche Körperverletzung
Die Übergriffe vom 26.01.2019 stellen eine körperliche Misshandlung im Sinne des § 223 Abs. 1 Alt. 1 StGB dar, da der Angeklagte die Geschädigte H. einer üblen, unangemessenen Behandlung unterzog, durch die ihr körperliches Wohlbefinden und ihre körperliche Unversehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt wurden. Der Angeklagte würgte die Geschädigte H., bis ihr schwarz vor Augen wurde, und fügte ihr durch den Kopfstoß nicht unerhebliche Kopfschmerzen zu. Darüber hinaus schädigte der Angeklagte die Geschädigte H. auch an der Gesundheit, da er sie in einen pathologischen Zustand versetzte, der behandlungsbedürftig war. Wie oben unter B. I. ausgeführt, erlitt die Geschädigte H. infolge der Tat einen seelischen Zusammenbruch und musste sich in psychiatrische Behandlung begeben, da sie unter Schlafstörungen und Weinkrämpfen litt. Eine Gesundheitsschädigung im Sinne des § 223 Abs. 1 Alt. 2 StGB lag damit vor.
Der Angeklagte handelte hinsichtlich der körperlichen Misshandlung und der Gesundheitsschädigung auch vorsätzlich, da er die vorgenannten körperlichen und seelischen Beeinträchtigungen der Geschädigten H. bei der Tatbegehung zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm.
Die Tat geschah rechtswidrig und schuldhaft. Trotz seiner herabgesetzten Fähigkeit zur Impulskontrolle war der Angeklagte zur Tatzeit nicht schuldunfähig im Sinne des § 20 StGB.
Schließlich ist die Tat auch verfolgbar, da die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung im Sinne des § 230 Abs. 1 S. 1 StGB bejaht hat.
2. Keine gefährliche Körperverletzung
Eine gefährliche Körperverletzung zum Nachteil der Geschädigten H. mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung gem. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB kam hingegen nicht in Betracht. Insoweit kann offenbleiben, ob die Einwirkung des Angeklagten auf den Hals der Geschädigten A. H. zumindest abstrakt lebensgefährlich war, da es jedenfalls am Vorsatz des Angeklagten hinsichtlich einer entsprechenden Lebensgefahr fehlt.
II. Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung zum Nachteil der Geschädigten K2. B.
Ferner hat sich der Angeklagte der Vergewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung gem. §§ 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 1, Abs. 6 S. 2 Nr. 1, 223 Abs. 1, 230 Abs. 1 S. 1, 52 StGB schuldig gemacht, indem er die Geschädigte K2. B. am 06.10.2019 körperlich misshandelt und gewaltsam den Geschlechtsverkehr mit ihr vollzogen hat.
1. Vergewaltigung
Der Angeklagte ist schuldig der Vergewaltigung gem. § 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 1, Abs. 6 S. 2 Nr. 1 StGB, da er gegen den erkennbaren Willen der Geschädigten K2. B. sexuelle Handlungen an ihr vornahm, indem er unter Anwendung von Gewalt den Geschlechtsverkehr mit ihr vollzog.
Der Angeklagte nahm sexuelle Handlungen im Sinne des § 177 Abs. 1, Abs. 6 S. 2 i.V.m. § 184h Nr. 1 StGB an der Geschädigten K2. B. vor, indem er den Beischlaf mit ihr vollzog. Dabei verwirklichte er auch den qualifizierten Tatbestand des § 177 Abs. 5 Nr. 1 StGB, da er gegenüber der Geschädigten K2. B. mehrfach Gewalt anwendete. Wie oben unter B. II. ausgeführt, fixierte der Angeklagte die Arme der Geschädigten K2. B. mit seinen Knien und entkleidete sie, obwohl sie sich dagegen wehrte. Unterdessen würgte er sie immer wieder so stark, dass sie keine Luft mehr bekam, um ihren Widerstand zu brechen. Dann hob der Angeklagte die Beine der Geschädigten K2. B. an und versuchte, mit seinem erigierten Glied vaginal in sie einzudringen. Sie stieß ihn jedoch weg, woraufhin der Angeklagte ihr eine Ohrfeige versetzte. Anschließend hob der Angeklagte die Beine der Geschädigten K2. B. erneut an, drang mit seinem erigierten Glied vaginal in sie ein und vollzog mit ihr den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss. Für den Angeklagten war dabei erkennbar, dass die Geschädigte K2. B. keinen Geschlechtsverkehr mit ihm haben wollte, da sie sich wehrte und ihn weinend darum bat, aufzuhören.
Der Angeklagte verwirklichte den objektiven Tatbestand der Vergewaltigung vorsätzlich, da er wissentlich unter Anwendung von Gewalt den Beischlaf mit der Geschädigten K2. B. vollzog, obwohl er ihren entgegenstehenden Willen erkannt hatte. Er handelte dabei auch rechtswidrig und schuldhaft.
2. Vorsätzliche Körperverletzung
Zudem beging der Angeklagte eine vorsätzliche Körperverletzung gemäß § 223 Abs. 1 StGB, da er die Geschädigte K2. B. körperlich misshandelte, indem er sie gegen die Zimmertüre schubste und sie anschließend würgte und ohrfeigte, um den Geschlechtsverkehr mit ihr zu erzwingen. Die Geschädigte K2. B. erlitt dadurch nicht unerhebliche Schmerzen, was der Angeklagte im Sinne eines Eventualvorsatzes zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm. Eine körperliche Misshandlung ist auch darin zu sehen, dass der Angeklagte der Geschädigten K2. B. beim Geschlechtsverkehr absichtlich Schmerzen zufügte. Da es sich um ein einheitliches Geschehen handelte, ist insoweit nur von einer Körperverletzung auszugehen.
Der Angeklagte handelte rechtswidrig und schuldhaft. Die Tat ist auch ohne Strafantrag der Verletzten K B. verfolgbar, da die Staatsanwaltschaft das besondere öffentliche Interesse an der Strafverfolgung im Sinne des § 230 Abs. 1 S. 1 StGB durch die Erhebung einer entsprechenden Anklage konkludent bejaht hat.
Wegen des engen räumlichen und zeitlichen Zusammenhangs und der Teilidentität der Ausführungshandlungen stehen die Vergewaltigung und die vorsätzliche Körperverletzung zueinander im Verhältnis der Tateinheit gemäß § 52 StGB.
III. Gefährliche Körperverletzung zum Nachteil der Geschädigten K2. B.
Des Weiteren hat sich der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung zum Nachteil der Geschädigten K2. B. gem. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB strafbar gemacht, indem er sie am 10.12.2019 in seinem Zimmer im elterlichen Anwesen in M. über einen Zeitraum von ca. 30 Minuten mehrfach bis zu 30 Sekunden lang gewürgt hat.
Der Angeklagte misshandelte die Geschädigte K2. B. körperlich im Sinne des § 223 Abs. 1 Alt. 1 StGB, da er sie einer üblen und unangemessenen Behandlung unterzog, durch die ihr körperliches Wohlbefinden und ihre körperliche Unversehrtheit nicht nur unerheblich beeinträchtigt wurden. Wie oben unter B. III. ausgeführt, wurde der Geschädigten K2. B. infolge des Würgens schwindelig und schwarz vor Augen. Ferner erlitt sie nicht unerhebliche Schmerzen und Hämatome am Hals und an den Handgelenken, die für einige Stunden sichtbar waren. Der Angeklagte handelte insoweit vorsätzlich, da er mit den vorgenannten körperlichen Beeinträchtigungen der Geschädigten K2. B. zumindest rechnete und diese billigend in Kauf nahm.
Der Angeklagte beging die Tat auch mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB. Die mit dem mehrfachen Würgen verbundene Kompression der Halsschlagadern der Geschädigten K2. B., die teilweise 30 Sekunden andauerte, war abstrakt lebensgefährlich, da sie geeignet war, einen potenziell tödlichen Sauerstoffmangel im Gehirn infolge unzureichender Blutzufuhr hervorzurufen. Der Angeklagte führte die abstrakte Lebensgefahr vorsätzlich herbei, da er es zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm, dass das Gehirn der Geschädigten K2. B. infolge der Kompression ihrer Halsschlagadern nicht mehr ausreichend mit Sauerstoff versorgt würde.
IV. Vorsätzliche Körperverletzung zum Nachteil der Geschädigten K2. B.
Der Übergriff auf die Geschädigte K2. B., den der Angeklagte am 10.12.2019 zwischen 16.30 Uhr und 17 Uhr in W. begangen hat, stellt eine vorsätzliche Körperverletzung gem. §§ 223 Abs. 1 StGB dar. Die tateinheitlich verwirklichte sexuelle Belästigung gemäß § 184i Abs. 1 StGB tritt wegen formeller Subsidiarität hinter die vorsätzliche Körperverletzung zurück.
1. Vorsätzliche Körperverletzung
Der Angeklagte misshandelte die Geschädigte K2. B. körperlich im Sinne des § 223 Abs. 1 Alt. 1 StGB, indem er sie im Büro ihres Wohnanwesens in W. mindestens eine Minute lang in den Schwitzkasten nahm, sodass ihr schwindelig und schwarz vor Augen wurde, sie anschließend an den Haaren in ihr Zimmer zog und sie im Schritt zwickte. Dabei handelte der Angeklagte vorsätzlich, da er die von ihm erkannte Möglichkeit, das körperliche Wohlbefinden der Geschädigten K2. B. nicht nur unerheblich zu beeinträchtigen, zumindest billigend in Kauf nahm. Er beging die Tat auch rechtswidrig und schuldhaft.
Eines Strafantrags der Verletzten K B. bedurfte es gem. § 230 Abs. 1 S. 1 StGB nicht, da die Staatsanwaltschaft wegen des besonderen öffentlichen Interesses an der Strafverfolgung ein Einschreiten von Amts wegen für geboten hielt.
2. Sexuelle Belästigung
Ferner hat der Angeklagte den Tatbestand der sexuellen Belästigung gem. § 184i Abs. 1 StGB verwirklicht, indem er der Geschädigten K2. B. in den Schritt gefasst hat. Der Angeklagte berührte die Geschädigte K2. B. in sexuell bestimmter Weise körperlich und belästigte sie dadurch. Er handelte insoweit vorsätzlich, da die Geschädigte K2. B. zuvor kundgetan hatte, dass sie keinen sexuellen Kontakt mit ihm wünschte. Die Tat geschah auch rechtswidrig und schuldhaft.
Aufgrund der formellen Subsidiaritätsklausel in § 184i Abs. 1 StGB in der bis zum 20.03.2020 gültigen Fassung tritt die Tat jedoch auf Konkurrenzebene hinter die tateinheitlich begangene vorsätzliche Körperverletzung zurück, da letztere mit einer schwereren Strafe bedroht ist.
3. Keine gefährliche Körperverletzung
Hingegen hat sich der Angeklagte nicht wegen gefährlicher Körperverletzung mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung gem. §§ 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB strafbar gemacht, indem er die Geschädigte K2. B. in den Schwitzkasten genommen und mit der Hand am Hals gepackt hat, da es jedenfalls am Vorsatz des Angeklagten hinsichtlich einer etwaigen abstrakten Lebensgefahr für die Geschädigte K2. B. fehlt.
V. Gefährliche Körperverletzung zum Nachteil der Geschädigten M3. B.
Schließlich hat sich der Angeklagte wegen gefährlicher Körperverletzung gem. § 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 u. Nr. 5 StGB strafbar gemacht, indem er die Geschädigte M3. B. am 10.12.2019 in W. mit dem Messer verletzt hat.
1. Gefährliche Körperverletzung
Der Messerstich stellt sowohl eine körperliche Misshandlung im Sinne des § 223 Abs. 1 Alt. 1 StGB als auch eine Gesundheitsschädigung im Sinne des § 223 Abs. 1 Alt. 2 StGB dar, da das körperliche Wohlbefinden und die körperliche Unversehrtheit der Geschädigten M3. B. nicht unerheblich beeinträchtigt wurden und mit der Stichverletzung ein pathologischer Zustand vorlag, der behandlungsbedürftig war. Der Angeklagte handelte insoweit vorsätzlich, da er die Geschädigte M3. B. absichtlich mit dem Messer angriff und dabei Verletzungen der eingetretenen Art zumindest für möglich hielt und billigend in Kauf nahm.
Der Angeklagte beging die Tat mittels eines anderen gefährlichen Werkzeugs im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 StGB, da das von ihm verwendete Küchenmesser mit einer Klingenlänge von 15 cm nach seiner Beschaffenheit und der Art seiner Verwendung im konkreten Fall geeignet war, erhebliche Verletzungen herbeizuführen. Zudem war der Messerstich für die Geschädigte M3. B. lebensgefährlich, sodass auch eine das Leben gefährdende Behandlung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB anzunehmen ist. Für eine das Leben gefährdende Behandlung im Sinne des § 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB genügt bereits der Eintritt einer abstrakten Lebensgefahr (Fischer, StGB, 67. Auflage 2020, § 224 Rn. 27). Der Stich in den Arm der Geschädigten M3. B. war generell geeignet, lebensgefährliche Verletzungen von Arterien oder Blutgefäßen zu verursachen. Im vorliegenden Fall wurde das Leben der Geschädigten M3. B. durch den Messerstich aber sogar konkret gefährdet, da eine kleine Arterie verletzt wurde, was zu einem hohen Blutverlust führte. Ohne ärztliche Hilfe wäre es voraussichtlich zu einem Kreislaufschock und damit zum Tod der Geschädigten M3. B. gekommen.
Der Angeklagte handelte hinsichtlich der Qualifikationen gemäß § 224 Abs. 1 Nr. 2 Alt. 2 u. Nr. 5 StGB vorsätzlich, da er das mitgeführte Messer wissentlich und willentlich als gefährliches Werkzeug einsetzte und dabei den Eintritt einer zumindest abstrakten Lebensgefahr für die Geschädigte M3. B. für möglich hielt und billigend in Kauf nahm.
Schließlich beging der Angeklagte die Tat auch rechtswidrig und schuldhaft.
2. Kein versuchtes Tötungsdelikt
Eine Strafbarkeit des Angeklagten wegen versuchten Mordes gem. §§ 211, 22, 23 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB oder versuchten Totschlags gem. §§ 212 Abs. 1, 22, 23 Abs. 1, 12 Abs. 1 StGB kam hingegen nicht in Betracht.
Insoweit kann letztlich dahinstehen, ob man aufgrund der äußerst gefährlichen Tathandlung des Angeklagten, die nur Dank eines glücklichen Zufalls keine tödliche Verletzung hervorgerufen hat, auf eine billigende Inkaufnahme des tödlichen Ausgangs und damit auf einen bedingten Tötungsvorsatz des Angeklagten schließen kann. Selbst bei Annahme eines bedingten Tötungsvorsatzes hätte der Angeklagte nämlich durch einen freiwilligen Rücktritt vom versuchten Tötungsdelikt gem. § 24 Abs. 1 S. 1 StGB Straffreiheit erlangt.
Es ist nicht ersichtlich, dass der Angeklagte nach dem Messerstich davon ausgegangen ist, bereits alles zur Tötung der Geschädigten M3. B. Erforderliche getan zu haben. Damit läge ein unbeendeter Versuch vor, bei dem nach § 24 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 StGB die freiwillige Aufgabe der weiteren Tatausführung für einen strafbefreienden Rücktritt ausreichen würde. Der Angeklagte hatte die Möglichkeit, unmittelbar nach dem Messerangriff auf die Geschädigte M3. B. weitere Verletzungshandlungen vorzunehmen und dadurch deren Tod herbeizuführen, tat dies aber nicht, sodass ein strafbefreiender Rücktritt vom unbeendeten Versuch anzunehmen wäre. Der Angeklagte wäre aber sogar von einem beendeten Versuch eines Tötungsdelikts gem. § 24 Abs. 1 S. 1 Alt. 2 StGB strafbefreiend zurückgetreten, da er die Vollendung der Tat freiwillig verhindert hätte, indem er die Geschädigte M3. B. zur Notaufnahme gefahren hat. Schließlich bestehen auch keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass der Rücktritt des Angeklagten von einem etwaigen versuchten Tötungsdelikt nicht freiwillig erfolgt wäre.
VI. Konkurrenzen
Die unter D. I. bis V. behandelten Taten stehen zueinander im Verhältnis der Tatmehrheit gem. § 53 StGB, da sie jeweils auf einem gesonderten Tatentschluss des Angeklagten beruhen und zwischen ihnen jeweils eine zeitliche Zäsur besteht. Teilweise betreffen die Taten auch unterschiedliche Geschädigte und wurden an verschiedenen Orten begangen.
E. Strafzumessung
Bei der Strafzumessung waren für die Kammer folgende Erwägungen maßgeblich:
I. Anwendbarkeit des Jugendstrafrechts
Der Angeklagte war bei Begehung der abgeurteilten Taten 19 bzw. 20 Jahre alt und damit Heranwachsender im Sinne des § 1 Abs. 2 JGG. Gemäß § 105 Abs. 1 Nr. 1 JGG war auf ihn Jugendstrafrecht anzuwenden, da die Gesamtwürdigung seiner Persönlichkeit unter Berücksichtigung der Umweltbedingungen ergab, dass er zu den Tatzeitpunkten aufgrund altersbedingter Reifedefizite einem Jugendlichen gleichstand. Der Angeklagte wohnte im Tatzeitraum bei seinen Eltern und befand sich in Ausbildung zum Kfz-Mechatroniker. Von einer eigenständigen Lebensführung des Angeklagten war daher nicht auszugehen. Zudem lässt das Beziehungsverhalten des Angeklagten, der sehr besitzergreifend ist und auf Zurückweisung in übersteigertem Maße gekränkt und zornig reagiert, auf einen erheblichen Mangel an Reife schließen.
II. Jugendstrafe
Im vorliegenden Fall war gem. § 17 Abs. 2 JGG i.V.m. §§ 105 Abs. 1 Nr. 1, 112 S. 1 u. 2 u. 104 Abs. 1 Nr. 1 JGG eine Jugendstrafe zu verhängen, da in den abgeurteilten Taten schädliche Neigungen hervorgetreten sind und Erziehungsmaßregeln oder Zuchtmittel nicht mehr ausreichen, um erzieherisch auf den Angeklagten einzuwirken.
Unter schädlichen Neigungen sind erhebliche Anlage- und Erziehungsmängel zu verstehen, die ohne eine längere Gesamterziehung die Gefahr weiterer Straftaten begründen (BGH NStZ 2016, 681; NStZ 2018, 658). Dabei können schädliche Neigungen in der Regel nur dann bejaht werden, wenn erhebliche Persönlichkeitsmängel schon vor der Tat angelegt waren und im Zeitpunkt des Urteils noch gegeben sind und deshalb weitere Straftaten befürchten lassen (BGH NStZ 2016, 681).
Nach dem Ergebnis der psychiatrischen Begutachtung weist das Persönlichkeitsgefüge des Angeklagten unreife, selbstbezogene und egozentrische Strukturanteile auf, welche die Begehung der abgeurteilten Straftaten begünstigt haben und nach wie vor bestehen. Aufgrund einer narzisstischen Persönlichkeitsakzentuierung ist der Angeklagte leicht kränkbar. Er reagiert auf Zurückweisung mit schwer kontrollierbaren Wutausbrüchen, da er bislang keine anderweitigen Mechanismen zur Impulskontrolle erlernt hat. Daher ist zu befürchten, dass der Angeklagte weitere gleichartige Straftaten begehen wird, sofern keine langfristige erzieherische Einwirkung erfolgt.
Darüber hinaus war die Verhängung einer Jugendstrafe auch wegen der Schwere der Schuld gem. § 17 Abs. 2 JGG erforderlich. Der Angeklagte hat in einer Vielzahl von Fällen und zum Teil aus nichtigem Anlass junge Frauen grob misshandelt und den Opfern dadurch schweren seelischen Schaden zugefügt. Die Taten zeugen von einem ungewöhnlich hohen Maß an Empathielosigkeit und Rücksichtslosigkeit, weshalb die Schwere der Schuld zu bejahen war.
III. Strafrahmen
Gemäß § 18 Abs. 1 S. 1 JGG i.V.m. §§ 105 Abs. 1 Nr. 1, 112 S. 1 u. 2 u. 104 Abs. 1 Nr. 1 JGG beträgt das Mindestmaß der zu verhängenden Jugendstrafe sechs Monate. Das Höchstmaß der Jugendstrafe beläuft sich gem. § 105 Abs. 3 S. 1 JGG auf zehn Jahre.
IV. Konkrete Strafzumessung
Gemäß § 18 Abs. 2 JGG ist die Jugendstrafe so zu bemessen, dass die erforderliche erzieherische Einwirkung möglich ist.
Im Rahmen der konkreten Strafzumessung war zugunsten des Angeklagten zu berücksichtigen, dass er – mit Ausnahme einer jugendtypischen Verfehlung – strafrechtlich noch nicht in Erscheinung getreten war. Ferner hatte sich der Angeklagte während des Ermittlungsverfahrens kooperativ gezeigt und sich mit den getroffenen strafprozessualen Maßnahmen, wie der Durchsuchung seines Pkws, der Durchführung einer Blutentnahme, der Entnahme einer DNA-Probe und der Sicherstellung seines Handys, einverstanden erklärt. Zudem hatte er die ihm zur Last gelegten Taten mit Ausnahme der Vergewaltigung in weiten Teilen eingeräumt und insoweit Reue gezeigt. Bei den Geschädigten A. H. und M. B. hatte sich der Angeklagte in der Hauptverhandlung sogar persönlich entschuldigt.
Hinsichtlich des Messerangriffs auf die Geschädigte M3. B. war strafmildernd zu berücksichtigen, dass sich der Angeklagte aufgrund der vorausgegangenen Beendigung der Beziehung durch die Geschädigte K2. B. in einer emotionalen Ausnahmesituation befunden hatte. Ferner war dem Angeklagten zugutezuhalten, dass er die Geschädigten M3. und K B. nach den Taten vom 10.12.2019 mit seinem Pkw zur Notaufnahme des Krankenhauses in C. gefahren hatte. Strafmildernd wirkte sich ferner aus, dass der Angeklagte sich im Rahmen eines Täter-Opfer-Ausgleichs verpflichtet hatte, ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000 € an die Geschädigte M3. B. zu bezahlen, wobei aber auch zu sehen war, dass er bislang lediglich eine Teilzahlung in Höhe von 1.500 € geleistet hat und die Bezahlung des Restbetrages nicht absehbar ist. Zugunsten des Angeklagten war wiederum zu berücksichtigen, dass er an einer tiefen Beinvenenthrombose leidet und daher besonders haftempfindlich ist.
Hinsichtlich der vorsätzlichen Körperverletzung zum Nachteil der Geschädigten A. H. war strafschärfend zu berücksichtigen, dass der Angeklagte der Geschädigten durch die Tat vom 26.01.2019 einen erheblichen seelischen Schaden zugefügt hatte. Die Geschädigte H. erlitt einen seelischen Zusammenbruch und musste sich im Zeitraum vom 17.12.2019 bis 06.02.2020 in psychiatrische und psychologische Behandlung begeben, da sie unter Weinkrämpfen und Schlafstörungen litt. Nach der Trennung vom Angeklagten ging die Geschädigte A. H. keine Partnerschaft mehr ein, da sie Angst hatte, erneut emotionaler oder körperlicher Gewalt ausgesetzt zu sein. Gegen den Angeklagten sprach auch, dass er die Geschädigte A. H. nach der Tat vom 26.01.2019 massiv eingeschüchtert hatte, um sie davon abzuhalten, mit Außenstehenden über die Tat zu sprechen.
Bezüglich der Vergewaltigung der Geschädigten K2. B. war strafschärfend zu berücksichtigen, dass der Angeklagte den Geschlechtsverkehr bis zum Samenerguss vollzogen hatte, ohne dabei ein Kondom zu verwenden, obwohl dies in der Beziehung zwischen ihm und der Geschädigten K2. B. nicht üblich gewesen war. Zudem hatte der Angeklagte der Geschädigten K2. B. absichtlich Schmerzen zugefügt, um seinen Besitzanspruch ihr gegenüber zu untermauern.
Hinsichtlich des Übergriffs auf die Geschädigte K2. B. am 10.12.2019 in W wirkte sich strafschärfend aus, dass der Angeklagte seine körperliche Überlegenheit gegenüber der Geschädigten ausgenutzt hatte, indem er diese in den Schwitzkasten genommen und an den Haaren in ihr Zimmer gezogen hatte. Gegen den Angeklagten sprach insoweit auch, dass er zugleich den Tatbestand der sexuellen Belästigung gem. § 184i Abs. 1 StGB verwirklicht hatte, auch wenn diese auf Konkurrenzebene wegen formeller Subsidiarität gegenüber der vorsätzlichen Körperverletzung zurücktrat.
Bezüglich des Messerangriffs auf die Geschädigte M3. B. war strafschärfend zu berücksichtigen, dass der Angeklagte zwei Varianten des § 224 Abs. 1 StGB verwirklicht hatte, indem er die Geschädigte mit einem gefährlichen Werkzeug verletzt und sie dabei einer konkreten Lebensgefahr ausgesetzt hatte. Gegen den Angeklagten sprach insoweit auch, dass er das bei der Tat verwendete Messer von zu Hause mitgebracht hatte, um es zumindest als Nötigungsmittel einzusetzen, was von einem hohen Maß an krimineller Energie zeugt. Zulasten des Angeklagten war insoweit auch zu berücksichtigen, dass er der Geschädigten M3. B. am 10.12.2019 eine erhebliche Verletzung zugefügt hatte, die operativ behandelt werden musste und eine 6 cm lange, deutlich sichtbare Narbe hinterlassen hat. Ferner leidet die Geschädigte M3. B. bis heute an einer Sensibilitätsstörung am linken Unterarm, da durch den Stich Nervenbahnen im Bereich eines Streckmuskels lädiert wurden. Darüber hinaus hatte der Angeklagte den Geschädigten M3. und K B. durch die Taten vom 10.12.2019 auch erheblichen seelischen Schaden zugefügt. Die Geschädigte M3. B. leidet seit dem Messerangriff vom 10.12.2019 unter Schlafstörungen, Angstzuständen und Panikattacken und befindet sich deshalb bis heute in ärztlicher und psychologischer Behandlung. Ihre berufliche Tätigkeit als Physiotherapeutin konnte sie aufgrund ihrer psychischen Beeinträchtigungen erst ab Ende März 2020 schrittweise wieder aufnehmen. Auch die Geschädigte K2. B. leidet bis heute unter Schlafstörungen, Angstzuständen und Panikattacken, da sie selbst Opfer mehrerer körperlicher und sexueller Übergriffe des Angeklagten wurde und am 10.12.2019 mit ansehen musste, wie der Angeklagte ihre Schwester M. B. mit dem Messer lebensgefährlich verletzt hat. Sie musste sich infolgedessen in ärztliche und psychologische Behandlung begeben und starke Beruhigungsmittel einnehmen, die erst vor einem Monat abgesetzt werden konnten. Der Abschluss der psychotherapeutischen Behandlung der Geschädigten K2. B. ist noch nicht absehbar. In den ersten Wochen nach den Übergriffen vom 10.12.2019 war die Geschädigte K2. B. auch nicht imstande, die Schule zu besuchen. Erst nach den Weihnachtsferien konnte sie wieder stundenweise am Unterricht teilnehmen. Negativ fiel zudem ins Gewicht, dass der Angeklagte innerhalb eines Jahres eine Vielzahl von Gewaltdelikten zum Nachteil unterschiedlicher Geschädigter begangen hat.
Unter Abwägung aller für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände und unter Berücksichtigung des Erziehungsgedankens hielt die Kammer eine Einheitsjugendstrafe von vier Jahren für erforderlich, aber auch ausreichend, um auf den Angeklagten einzuwirken.
F. Adhäsionsverfahren
Im Adhäsionsverfahren beantragte die Adhäsionsklägerin K B. zuletzt, den Angeklagten als Adhäsionsbeklagten zu verurteilten, ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 25.000 € an die Adhäsionsklägerin zu bezahlen, und festzustellen, dass der Angeklagte als Adhäsionsbeklagter verpflichtet ist, der Adhäsionsklägerin alle materiellen und immateriellen Schäden, die ihr in Zukunft aufgrund der Taten im Zeitraum von August 2019 bis 10.12.2019 entstehen werden, zu ersetzen, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind. Der Angeklagte beantragte, den Adhäsionsantrag abzuweisen.
I. Schmerzensgeld
Der auf die Schmerzensgeldzahlung gerichtete Adhäsionsantrag der Nebenklägerin K B. ist gemäß §§ 403, 404 und 406 StPO zulässig und bis zu einem Betrag von 6.000 € auch begründet. Die Adhäsionsklägerin K B. hat gegen den Angeklagten einen Anspruch auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 253 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 1, Abs. 6 S. 2 Nr. 1, 184h Nr. 1, 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB.
Hinsichtlich der dem Anspruch zugrunde liegenden Taten nimmt die Kammer auf den unter B. II. bis V. festgestellten Sachverhalt Bezug. Durch die betreffenden Tathandlungen verletzte der Angeklagte rechtswidrig und schuldhaft den Körper, die Gesundheit und die sexuelle Selbstbestimmung der Adhäsionsklägerin K B. und beging damit unerlaubte Handlungen im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB. Darüber hinaus verletzte er rechtswidrig und schuldhaft Schutzgesetze im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB, indem er die Straftatbestände der §§ 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 1, Abs. 6 S. 2 Nr. 1, 184h Nr. 1, 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB verwirklichte.
Gemäß § 253 Abs. 2 BGB erstreckt sich der Schadensersatzanspruch wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit oder der sexuellen Selbstbestimmung auch auf immaterielle Schäden. Diesbezüglich kann eine billige Entschädigung in Geld, d.h. ein angemessenes Schmerzensgeld, gefordert werden.
Bei der Bemessung der Höhe des Schmerzensgeldes war zu berücksichtigen, dass diesem sowohl eine Ausgleichsfunktion als auch eine Genugtuungsfunktion zukommt (Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Auflage 2020, § 253 Rn. 4). Nach allgemeiner Auffassung soll durch ein Schmerzensgeld in erster Linie ein Ausgleich mit dem Verletzten erreicht werden. Dieser soll in die Lage versetzt werden, sich Erleichterungen und andere Annehmlichkeiten zu verschaffen, die das erlittene Unrecht kompensieren. Darüber hinaus soll das Schmerzensgeld, insbesondere bei vorsätzlichen Schädigungen, auch zu einer Genugtuung führen. Bei einer Körperverletzung erfordert die Bemessung des Schmerzensgeldes eine Gesamtbetrachtung aller Umstände unter besonderer Berücksichtigung von Art und Schwere der Verletzung. Je nach den Umständen des Falles sind dabei auch das Alter des Verletzten, die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse der Beteiligten sowie die Heftigkeit und Dauer der Schmerzen des Verletzten in den Blick zu nehmen (Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Auflage 2020, § 253 Rn. 15 ff.).
Unter Abwägung aller Umstände des vorliegenden Falles hielt die Kammer ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.000 € für angemessen. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes war zunächst zu berücksichtigen, dass die Adhäsionsklägerin K B. zum Zeitpunkt der Übergriffe des Angeklagten am 06.10.2019 und 10.12.2019 erst 17 bzw. 18 Jahre alt war und dem Angeklagten aufgrund ihrer körperlichen Unterlegenheit schutzlos ausgeliefert war. Der Angeklagte misshandelte die Adhäsionsklägerin mehrfach körperlich und ging dabei äußerst grob und rücksichtslos vor. Bei der Vergewaltigung fügte der Angeklagte der Adhäsionsklägerin absichtlich Schmerzen zu und bezeichnete diese als sein Eigentum, was Ausdruck einer besonders verwerflichen Gesinnung ist. Darüber hinaus musste die Adhäsionsklägerin am 10.12.2019 mitansehen, wie der Angeklagte ihre Schwester M. B. mit einem Küchenmesser lebensgefährlich verletzte. Der Angeklagte fügte der Geschädigten K2. B. durch die vorgenannten Taten erheblichen seelischen Schaden zu. Die Geschädigte K2. B. leidet seither unter Schlafstörungen, Angstzuständen und Panikattacken und musste sich deshalb in ärztliche und psychologische Behandlung begeben. Der Abschluss der psychotherapeutischen Behandlung ist noch nicht absehbar.
Andererseits mussten aber auch die wirtschaftlichen Verhältnisse der Adhäsionsklägerin und des Angeklagten bei der Bemessung des Schmerzensgeldes Berücksichtigung finden. Die Adhäsionsklägerin ist nach ihren schlüssigen Angaben Abiturientin und erzielt kein eigenes Einkommen. Sie erhält lediglich ein monatliches Taschengeld in Höhe von 30 € und verfügt ausweislich eines Kontoauszugs, der Gegenstand des Selbstleseverfahrens war, über ein geringes Sparvermögen in Höhe von 2.336,76 €. Nach dem Abitur wird die Adhäsionsklägerin nach eigenen Angaben voraussichtlich ein Studium beginnen und damit in absehbarer Zeit kein nennenswertes Einkommen erwirtschaften. Ein Geldbetrag von 6.000 € erscheint daher angemessen, um der Adhäsionsklägerin einen Ausgleich für das erlittene Unrecht zu gewähren. Der Angeklagte erzielt derzeit aufgrund seiner Inhaftierung ebenfalls kein regelmäßiges Einkommen und verfügt lediglich über ein bescheidenes Sparvermögen in Höhe von 2.000 €. Schon im Hinblick auf die zu erwartende Dauer der Strafvollstreckung wird der Angeklagte in nächster Zeit kaum leistungsfähig sein. Eine Schmerzensgeldzahlung in Höhe von 6.000 € stellt für den Angeklagten somit eine empfindliche Vermögenseinbuße dar und erscheint daher geeignet, der Adhäsionsklägerin Genugtuung zu verschaffen.
Das festgesetzte Schmerzensgeld von 6.000 € bewegt sich folglich in einer Größenordnung, die nach Auffassung der Kammer angesichts der Tat und ihrer Folgen gerechtfertigt ist.
II. Antrag auf Feststellung der Ersatzpflicht
Der Feststellungsantrag der Adhäsionsklägerin ist zulässig, hat aber in der Sache nur insoweit Erfolg, als die Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich künftiger materieller Schäden begehrt wurde.
Die begehrte Feststellung dient der Durchsetzung eines vermögensrechtlichen Anspruchs, der aus den abgeurteilten Straftaten erwächst, und kann daher im Adhäsionsverfahren geltend gemacht werden (vgl. Schmitt in: Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 63. Auflage 2020, § 403 Rn. 10). Eine Leistungsklage auf Ersatz der betreffenden Schäden, die an sich vorrangig wäre, kommt im vorliegenden Fall nicht in Betracht, da die Schadensentwicklung aufgrund des fortbestehenden Behandlungsbedarfs der Geschädigten K2. B. noch nicht abgeschlossen ist und die Schäden daher noch nicht endgültig beziffert werden können.
Der Feststellungsantrag ist begründet, soweit er sich auf die Ersatzpflicht des Angeklagten hinsichtlich künftiger materieller Schäden der Adhäsionsklägerin K B. bezieht, da der Angeklagte die betreffenden Schäden gem. §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 253 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 177 Abs. 1, Abs. 5 Nr. 1, Abs. 6 S. 2 Nr. 1, 184h Nr. 1, 223 Abs. 1, 224 Abs. 1 Nr. 5 StGB zu ersetzen hat. Eine Ersatzpflicht des Angeklagten hinsichtlich künftiger immaterieller Schäden der Adhäsionsklägerin kommt jedoch nicht in Betracht, da insoweit der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gilt. Nach diesem Grundsatz wird das Schmerzensgeld einheitlich für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft festgesetzt (BGH, Urteil vom 10.07.2018, Az.: VI ZR 259/15). Neben dem Leistungsantrag auf Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes ist daher im vorliegenden Fall kein Raum für die Feststellung einer Verpflichtung zum Ersatz künftiger immaterieller Schäden.
G. Kosten
Hinsichtlich des Strafverfahrens beruht die Kostenentscheidung auf den §§ 109 Abs. 2 S. 1, 112 S. 1 u. 2, 104 Abs. 1 Nr. 13, 74 JGG.
Im Verfahren gegen einen Heranwachsenden kann bei Anwendung von Jugendstrafrecht gem. §§ 74, 109 Abs. 2 S. 1 JGG davon abgesehen werden, dem Angeklagten Kosten und Auslagen aufzuerlegen. Die Möglichkeit des Absehens von der Auferlegung von Auslagen bezieht sich auch auf die Auslagen der Nebenklage (vgl. Eisenberg, JGG, 21. Auflage 2020, § 109 Rn. 30a). Vorliegend wurden die Kosten und Auslagen des Angeklagten der Staatskasse auferlegt, da der Angeklagte derzeit über kein ausreichendes Einkommen verfügt und die Kammer die weitere Entwicklung des Angeklagten nicht durch übermäßige finanzielle Belastungen erschweren will. Der Angeklagte hat jedoch die notwendigen Auslagen der Nebenklägerinnen zu tragen, da dies aus erzieherischen Gründen geboten erscheint und ihn die Auferlegung dieser Auslagen nicht übermäßig belastet. Zudem war die Nebenklage bei objektiver Betrachtung auch gerechtfertigt (vgl. Eisenberg, JGG, 21. Auflage 2020, § 109 Rn. 30 b u. c).
Die Kostengrundentscheidung im Adhäsionsverfahren richtet sich nach der Vorschrift des § 472a StPO. Dabei war zu beachten, dass keine Gerichtsgebühren anfallen, soweit das Gericht gem. § 406 Abs. 1 S. 3 – 5 StPO von einer Entscheidung absieht (vgl. Nr. 3.700 KVGKG). Die durch den Adhäsionsantrag anfallenden besonderen gerichtlichen Kosten sind daher immer vollständig dem Angeklagten aufzuerlegen, da sie sich ausschließlich nach dem Wert des zugesprochenen Betrages bemessen.
Die notwendigen Auslagen der Adhäsionsklägerin K B. und des Angeklagten waren dagegen entsprechend den Regelungen in § 472a Abs. 1 u. 2 StPO nach dem jeweiligen Obsiegen und Unterliegen der Parteien zu verteilen.
H. Vorläufige Vollstreckbarkeit
Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 S. 1 u. 2 ZPO.


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