Verkehrsrecht

Kein Ersatz von Anwaltskosten für Leasingunternehmen in Verkehrsunfallsache

Aktenzeichen  335 C 23106/18

Datum:
16.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 7843
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
BGB § 249

 

Leitsatz

1. Die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts zur Anmeldung von Schadensersatzforderungen ist in einfachen Fällen nur erforderlich, wenn der Geschädigte geschäftlich ungewandt ist oder die Schadenregulierung verzögert wird. (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Leasingunternehmen kann seine Forderungen beim regulierungspflichtigen Versicherer grundsätzlich selbst anmelden. (redaktioneller Leitsatz)
3. Rechtsverfolgungskosten sind bei Unfallschäden mit klarer Sach- und Rechtslage nicht zu ersetzen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Gemäß § 495 a ZPO bestimmt das Gericht das Verfahren nach billigem Ermessen. Innerhalb dieses Entscheidungsrahmens berücksichtigt das Gericht grundsätzlich den gesamten Akteninhalt.
Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten zu. Die Klage war daher in vollem Umfang als unbegründet abzuweisen.
I.
Die Parteien streiten über die Erstattung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten, die der Klägerin nach Einschaltung eines Rechtsanwalts zur Geltendmachung der Schadensersatzansprüche nach einem Unfall am 12.3.2015 in der G.-straße in M. entstanden sind, bei der das im Eigentum der Klägerin stehende Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … durch ein bei der Beklagten haftpflichtversichertes Fahrzeug beschädigt wurde.
Die Pflicht zum Schadensersatz umfasst bei Verkehrsunfällen regelmäßig auch die Rechtsanwaltskosten, wenn die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig war (vgl. Palandt / Heinrichs, BGB 69. Auflage, § 249, Rdn. 57 m.w.N.). In einfach gelagerten Fällen trifft das nur zu, wenn der Geschädigte geschäftlich ungewandt ist oder die Schadensregulierung verzögert wird (vgl. Palandt / Heinrichs, BGB 69. Auflage, § 249, Rdn. 57 m.w.N.). In sehr einfach gelagerten Fällen kann der Geschädigte, ob es sich nun um einen Privatmann oder eine Behörde handelt, grundsätzlich den Schaden selbst geltend machen, so dass sich die sofortige Einschaltung eines Rechtsanwalts nur unter besonderen Voraussetzungen als erforderlich erweisen kann, wenn etwa der Geschädigte aus Mangel an geschäftlicher Gewandtheit oder sonstigen Gründen nicht in der Lage ist, den Schaden selbst anzumelden (BGH, Urteil vom 8.11.1994, VI ZR 3/94).
Nach Auffassung des Gerichts ist für die Beurteilung der Erforderlichkeit der Einschaltung eines Rechtsanwalts zu unterscheiden, ob es sich um die Schadensanmeldung bei der Versicherung oder die weitere Schadensregulierung handelt. Bei einfach gelagerten Fällen ist es geschäftlich gewandten Personen ohne weiteres zuzumuten, die erste Schadensmeldung selbst zu verfassen und zunächst die Reaktion der Haftpflichtversicherung auf die Schadensmeldung abzuwarten. Nur wenn von vorneherein erkennbar ist, dass der Haftungsgrund oder einzelne Schadenspositionen streitig sein werden, ist bereits für die Schadensmitteilung die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erforderlich. Erst wenn sich bei der weiteren Schadensabwicklung herausstellt, dass der Haftungsgrund bzw. einzelne Schadenspositionen von der Versicherung bestritten werden, wird nach Auffassung des Gerichts auch bei einfach gelagerten Sachverhalten und einer Geschäftsgewandtheit des Geschädigten die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erforderlich (so zuletzt auch LG München I, Az. 19 S 13459/18).
Im vorliegenden Fall handelt es sich bei der Klägerin um einen größeren Betrieb, der im Bereich des KFZ Leasings tätig ist. Aus der Anlage K 1 ergibt sich, dass die Klägerin in O. eine eigene Abteilung für Schadenmanagement unterhält. Die Klägerin besitzt daher nach Auffassung des Gerichts die erforderliche Geschäftsgewandtheit.
Es handelt sich auch um einen einfachen Sachverhalt, dessen Schilderung problemlos durch einen Mitarbeiter der Klägerin möglich gewesen wäre. Die Fahrerin des Beklagtenfahrzeugs fuhr rückwärts gegen das klägerische Fahrzeug. Einwände gegen die Haftung dem Grunde nach waren bei diesem Sachverhalt nicht zu erwarten.
Es handelte sich eindeutig um einen Reparaturschaden. Es wurde konkret abgerechnet. Einwendungen gegen eventuelle Reparaturschritte, die bei fiktiver Abrechnung erfolgen, waren daher nicht zu erwarten. Der Schaden wurde mit Schreiben vom 30.3.2015 (Anlage K3) mit Zahlungsfrist bis zum 8.5.2015 beziffert. Sämtliche von der Klageseite geltend gemachten Schadenspositionen wurden ohne Einwand durch die Beklagte mit Abrechnungsschreiben vom 8.5.2015 vollständig reguliert.
Alleine in der Tatsache, dass zunächst die Haftpflichtversicherung des Beklagtenfahrzeugs über den Zentralruf der Versicherer eruiert werden musste, ist kein Grund zu sehen, dass alleine deshalb die Einschaltung eines Rechtsanwaltes erforderlich war.
Damit war im vorliegenden Fall nach Auffassung des Gerichts die vorgerichtliche Einschaltung eines Rechtsanwalts nicht erforderlich im Sinne von § 249 BGB. Damit steht der Klägerin kein Anspruch auf Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren zu.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 11, 713 ZPO.


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