Verkehrsrecht

Nichtzulassungsbeschwerde, Schadensersatzanspruch, Reparaturkosten, Behinderung, Berufung, Minderung, Totalschaden, Verletzung, Unfall, Haftung, Wiederbeschaffungswert, Fahrzeug, Schaden, Anerkenntnis, entgangener Gewinn, konkreter Anhaltspunkt

Aktenzeichen  10 U 3808/21e

Datum:
18.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 49175
Gerichtsart:
OLG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

9 O 2699/20 2021-05-28 Endurteil LGTRAUNSTEIN LG Traunstein

Tenor

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Beklagten vom 16.06.2021 gegen das Endurteil des LG Traunstein vom 28.05.2021 durch einstimmigen Beschluss gemäß § 522 II 1 ZPO wegen offensichtlich fehlender Erfolgsaussicht zurückzuweisen.
Weder eine grundsätzliche Bedeutung der Sache noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung (§ 522 II 1 Nr. 1-3 ZPO); eine solche ist auch nicht aus sonstigen Gründen geboten (§ 522 II 1 Nr. 4 ZPO).
2. Es wird hiermit Gelegenheit zur Stellungnahme zu der beabsichtigten Entscheidung bis
einen Monat nach Zustellung dieses Beschlusses
gegeben (§ 522 II 2 ZPO).
Der Hinweis nach § 522 II 2 ZPO dient nicht der Verlängerung der gesetzlichen Berufungsbegründungsfrist (OLG Koblenz NJOZ 2007, 698); neuer Sachvortrag ist nur in den Grenzen der §§ 530, 531 II 1 ZPO zulässig (BGHZ 163, 124), wobei die Voraussetzungen des § 531 II 1 ZPO glaubhaft zu machen sind (§ 531 II 2 ZPO).
3. Nach derzeitiger Sachlage empfiehlt es sich, zur Vermeidung unnötiger weiterer Kosten die Rücknahme der Berufung binnen dieser Frist zu prüfen (im Falle einer Rücknahme ermäßigt sich gem. Nr. 1222 Satz 2 KV-GKG die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen von 4,0 auf 2,0).
4. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 19.953,88 € festzusetzen.

Gründe

I. Eine mündliche Verhandlung ist nicht gem. § 522 II 1 Nr. 4 ZPO geboten.
Eine „existentielle Bedeutung“ des Rechtsstreits für den Berufungsführer aufgrund der Natur des Rechtsstreits ist vorliegend nicht gegeben: Der Rechtsstreit betrifft Schadensersatzansprüche wegen Sach- und Vermögensschäden im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall.
Eine „existentielle Bedeutung“ des Rechtsstreits ist auch nicht wegen der Höhe des in Streit befindlichen Betrages gegeben. Die absolute Höhe des Betrages ist grundsätzlich nicht entscheidend (OLG Koblenz, Beschl. v. 16.2.2012 – 10 U 817/11 [juris Rz. 28]; r+s 2013, 450 [451 für eine monatliche Berufsunfähigkeitsrente von knapp 400 €]; OLG Hamm, Beschl. v. 18.9.2013 – 3 U 106/13 [juris Rz. 1] in einer Arzthaftungssache; OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 25.11.2013 – 18 U 1/13 [juris Rz. 22]). Eine Gefährdung der wirtschaftliche Existenz des Berufungsführers (vgl. zu dieser Fallgestaltung OLG Frankfurt a.M., Beschl. v. 30.8.2012 – 21 U 34/11 [juris Rz. 4; Nichtzulassungsbeschwerde durch Beschl. des BGH v. 20.2.2014 – VII ZR 265/12 zurückgewiesen]; Stackmann JuS 2011, 1087 [1088 unter II 4]) ist nicht dargetan oder sonst ersichtlich.
Sie scheidet im Übrigen deshalb aus, da der Berufungsstreitwert unter dem Betrag liegt, für welchen eine Anfechtbarkeit nach § 522 III ZPO i. Verb. m. § 544 II ZPO gegeben ist, woraus zu folgern ist, dass der Rechtsstreit keine die Existenz des Berufungsführers berührende Bedeutung hat.
II. Die Berufung ist auch offensichtlich unbegründet (§ 522 II 1 Nr. 1 ZPO).
1. Eine offensichtliche Unbegründetheit ist gegeben, wenn für jeden Sachkundigen ohne längere Nachprüfung erkennbar ist, dass die vorgebrachten Berufungsgründe (solche sind nur eine Rechtsverletzung [§ 513 I Var. 1 i. Verb. m. § 546 ZPO], eine unrichtige Tatsachenfeststellung [§ 513 I Var. 2 i. Verb. m. § 529 I Nr. 1 ZPO] oder das Vorbringen neuer berücksichtigungsfähiger Angriffs- und Verteidigungsmittel [§ 513 I Var. 2 i. Verb. m. §§ 529 I Nr. 2, 531 II ZPO]) das angefochtene Urteil nicht zu Fall bringen können (vgl. BVerfG NJW 2002, 814 [815]). Offensichtlichkeit setzt aber nicht voraus, dass die Aussichtslosigkeit gewissermaßen auf der Hand liegt, also nur dann bejaht werden dürfte, wenn die Unbegründetheit der Berufung anhand von paratem Wissen festgestellt werden kann (BVerfG EuGRZ 1984, 442 f.); sie kann vielmehr auch das Ergebnis vorgängiger gründlicher Prüfung sein (vgl. BVerfGE 82, 316 [319 f.]).
2. Dem Senat ist es nicht verwehrt, auf der Grundlage der erstinstanzlichen tatsächlichen Feststellungen ergänzende, das angefochtene Urteil weiter rechtfertigende oder berichtigende Erwägungen anzustellen (OLG Stuttgart VRS 122 [2012] 340; OLG Düsseldorf v. 10.4.2012 – 2 U 3/10 [juris]; OLG Köln v. 20.4.2012 – 5 U 139/11 [juris]; KG RdE 2013, 95; OLG Koblenz VersR 2013, 708; OLG Hamm VersR 2013, 604).
3. Dies zugrunde gelegt, nimmt der Senat zunächst zur Vermeidung von Wiederholungen auf die angefochtene Entscheidung des LG Traunstein Bezug, in der zu allen relevanten Punkten zutreffend Stellung genommen worden ist.
Im Hinblick auf das Berufungsvorbringen ist zu bemerken:
a) Dem Erstgericht ist kein Fehler bei der Tatsachenfeststellung unterlaufen.
Der Senat ist nach § 529 I Nr. 1 ZPO an die Beweiswürdigung des Erstgerichts gebunden, weil keine konkreten Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung vorgetragen werden.
Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit der Beweiswürdigung sind ein unrichtiges Beweismaß, Verstöße gegen Denk- und Naturgesetze oder allgemeine Erfahrungssätze, Widersprüche zwischen einer protokollierten Aussage und den Urteilsgründen sowie Mängel der Darstellung des Meinungsbildungsprozesses wie Lückenhaftigkeit oder Widersprüche, vgl. BGH VersR 2005, 945; Senat, Urt. v. 9.10.2009 – 10 U 2965/09 [juris] und v. 21.6.2013 – 10 U 1206/13). Konkreter Anhaltspunkt in diesem Sinn ist jeder objektivierbare rechtliche oder tatsächliche Einwand gegen die erstinstanzlichen Feststellungen (BGHZ 159, 254 [258]; NJW 2006, 152 [153]; Senat, a.a.O.); bloß subjektive Zweifel, lediglich abstrakte Erwägungen oder Vermutungen der Unrichtigkeit ohne greifbare Anhaltspunkte genügen nicht (BGH, a.a.O.; Senat, a.a.O.).
Ein solcher konkreter Anhaltspunkt für die Unrichtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung ist von der Berufung nicht aufgezeigt worden.
b) Das Erstgericht hat auch die sachlich-rechtlichen Fragen zutreffend beantwortet.
Zu Recht ist das Erstgericht zu dem Ergebnis gekommen, dass der Klägerin gegenüber den Beklagten aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfallgeschehen am 28.02.2020 in Jakovlje in Kroatien ein Schadensersatzanspruch in Höhe der Klageforderung von 19.953,88 € zusteht, mithin die Klage in vollem Umfang begründet war.
Auf den streitgegenständlichen Fall findet das kroatische materielle Zivilrecht (Schadensersatzrecht) Anwendung, Art. 4 I ROM-II-VO.
aa) Aktivlegitimation
Das Erstgericht ist zunächst zutreffend von der Aktivlegitimation der Klägerin, mithin der materiellen Sachbefugnis, Schadensersatzansprüche wegen der Beschädigung des PKW Mercedes-Benz, amtliches Kennzeichen TS-VV 2000 geltend zu machen und in eigenen Namen einzuklagen, ausgegangen.
Die materiellrechtliche Aktivlegitimation richtet sich grundsätzlich nach dem durch die Rom II-VO bezeichneten Recht; sie gehört, ohne ausdrücklich dort angeführt zu sein, zum Grund der Haftung in lit. a Alt. 1. (vgl. Hüßtege/Mansel, BGB, Rom-Verordnungen – EuErbVO – HUP, Rom II-VO Art. 15 Rn. 20 Rn. 20, beck-online).
Nach kroatischem Recht ist der Kreis der Schadensersatzberechtigten nicht nur auf den Fahrzeughalter beschränkt. Vielmehr hat jeder andere Besitzer (Art. 1066 ZOO – Übergabe von Sachen an Dritte) oder jede andere Person, der das Führen des Kraftfahrzeugs anvertraut wurde, Anspruch darauf (Art. 1069 Abs. 4 ZOO). (vgl. Grgic, in: MüKoStVR, Kroatien Rn. 32, beck-online).
„In der Rechtstheorie wird der Schaden als eine durch Verletzungshandlung verursachte Verletzung des subjektiven Rechts eines Anderen oder eines geschützten Interesses definiert. Das ZOO bestimmt in Art. 1046 den Schaden als Minderung des Vermögens einer bestimmten Person (einfacher Schaden), als Behinderung dessen Mehrung (entgangener Gewinn) und Verletzung der Persönlichkeitsrechte. Vom Standpunkt der Rechtsprechung her ist auf die Aufteilung von Schäden in Vermögens- und Nichtvermögensschäden hinzuweisen und die Frage zu klären, welche ZOO auf den jeweiligen konkreten Fall anzuwenden ist.“ (Grgic, in: MüKoStVR, a.a.O., Rn. 85, beck-online).
Bei Sachschäden (wie z.B. der Reparaturkosten) ist daher – wie im deutschen Recht – in der Regel der Eigentümer betroffen, da er einen Substanzschaden an der in seinem Eigentum stehenden Sache erlitten hat.
Da es für die Frage des Beweises, ob die Klägerin im vorliegenden Fall Eigentümerin des streitgegenständlichen PKW Mercedes-Benz, amtliches Kz.: TS-VV 2000 war, nach Art. 22 II ROM II-VO auf das deutsche Recht ankommt, hat das Erstgericht insoweit zu Recht auf die Eigentumsvermutung des § 1006 I Satz 1 BGB abgestellt.
Nach § 1006 I Satz 1 BGB wird zugunsten des Besitzers einer beweglichen Sache vermutet, dass er Eigentümer der Sache ist. „Besitzer ist, wer die tatsächliche Gewalt über eine bewegliche Sache innehat (§ 854 Abs. 1 BGB), bei einem Kfz in der Regel derjenige, der den Wagen im Unfallzeitpunkt führte (Laws/Lohmeyer/Vinke in: Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, 1. Aufl. 2016, § 7 StVG Rn. 206 ff. m.w.H.). Wenn der Kfz-Führer zudem in den Papieren als Halter ausgewiesen ist und das Schadensgutachten in Auftrag gibt, sind das hinreichende Indizien dafür, dass er nicht bloßer Besitzdiener (§ 855 BGB) (zur Abgrenzung vgl. BGH, Urt. v. 17.03.2017 – V ZR 70/16; zur Ausübung des unmittelbaren Besitzes für juristische Personen [Organbesitz] vgl. OLG Hamm, Urt. v. 11.06.2015 – I-5 U 9/15), sondern dauerhaft im Besitz der Sache war (OLG Brandenburg, Urt. v. 18.12.2008 – 12 U 152/08; OLG Köln, Beschl. v. 18.07.2017 – 16 U 28/17; OLG Saarbrücken, Urt. v. 28.02.2013 – 4 U 406/11)“ (Jahnke, jurisPR-VerkR 23/2018 Anm. 1).
Bei juristischen Personen – wie der Klägerin – wird der unmittelbare Besitz durch die Geschäftsführungsorgane und sonstige verfassungsgemäß berufenen Vertreter ausgeübt (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 11. Juni 2015 – I-5 U 9/15 -, Rn. 17, juris mit Verweis auf BGH NJW 2004, 217 f).
Aus der vorliegenden E-Mail-Korrespondenz zwischen der Schadensregulierungsbeauftragten der Beklagten und der Klägerin geht hervor, dass Fahrer zum Unfallzeitpunkt eine Person namens „Kr.“ (vgl. Anlage K 13) war. Auf einem Lichtbild von der Unfallstelle erscheint zudem der Vorname „Marko“. (vgl. Anlage K 13). Auch aus dem als Anlage K 10 vorgelegten Unfallbericht geht hervor, dass Herr M2. K. Fahrer des klägerischen Fahrzeugs war. Bei Herrn M2. K. handelt es sich um den Geschäftsführer der Klägerin.
Mithin greift bereits die Eigentumsvermutung des § 1006 I Satz 1 BGB zugunsten der Klägerin. Im Übrigen hat das Erstgericht vollkommen zu Recht festgestellt, dass die Klägerin überdies als Halterin in den als Anlage K 5 und 12 vorgelegten Fahrzeugdokumenten eingetragen ist und überdies sowohl den Gutachtensauftrag an das Sachverständigenbüro SZU erteilt hat (vgl. Anlage K 1), als auch Adressat der Rechnung des Sachverständigenbüros vom 13.03.2020 (vgl. Anlage K 2) war.
bb) Haftung dem Grunde nach
Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich die Haftung dem Grunde nach – entsprechend den Ausführungen des Erstgerichts – bereits aus der E-Mail der Schadensregulierungsbeauftragten der Beklagten, der CED Germany GmbH, an den Prozessbevollmächtigten der Klägerin vom 06.07.2020.
In dieser E-Mail vom 06.07.2020 (vgl. Anlage K 6) heißt es wortwörtlich:
„Sehr geehrte Damen und Herren,
wir teilen mit, dass die Versicherung die Haftung dem Grunde nach anerkennt. Bezüglich der Schadenhöhe nehmen wir zur Zeit eine Überprüfung vor. […]“.
Das Erstgericht hat die Erklärung der Schadensregulierungsbeauftragten in der bezeichneten E-Mail zunächst zutreffend nach deutschem Recht beurteilt. Das einschlägige Recht richtet sich nach Art. 4 II Rom I-VO, da durch die Erklärung der deutschen Regulierungsbeauftragten eine charakteristische Leistung i.S.v. Art. 4 II Rom I-VO erbracht wird (vgl. ZeuP 2021, 460, 462 mit Verweis auf Ferrari in Ferrari ua, Internationales Vertragsrecht 3 [2018] Art. 4 Rom I-VO Rz 159; für „abstrakte“ Schuldversprechen auch Rauscher/Thom, EuZPR/EuIPR [2016] Art. 4 Rom I-VO Rz 119; Leible in Hüßtege/Mansel, Rom-Verordnungen2 [2015] Art. 4 Rom I-VO Rz 154). Da sich der Sitz der Regulierungsbeauftragten, die bevollmächtigt durch die Beklagte als Ansprechpartnerin für die Schadensabwicklung mit der Klägerin auftrat, in Deutschland befindet, führt das zur Anwendung deutschen Rechts (Art. 4 II i.V.m. Art. 19 I Rom I-VO). Nach diesem Recht liegt bei einer „Regulierungszusage“ ein deklaratorisches Anerkenntnis vor. „Dieses hat nach deutschem Recht ebenso wie das abstrakte Anerkenntnis bindenden Charakter, wenn es dazu dienen soll, Streit oder Ungewissheit über das Bestehen des Anspruchs beizulegen (BGH IV ZR 222/74 BGHZ 66, 250; Geigel, Haftpflichtprozess [2015] Kap 38 Rz. 21; Staudinger/Marbuger [2015] § 781 BGB Rz. 8 ff). Die Regulierungszusage eines Haftpflichtversicherers wird als solches deklaratorisches Anerkenntnis gewertet (BGH IV ZR 293/05 VersR 2009, 106 Rn. 10; Geigel, Haftpflichtprozess27 Kap 38 Rz. 12; Gehrlein in BeckOK BGB § 781 Rz. 14; Littbarski in MüKo VVG § 106 Rz. 39)“ (ZeuP 2021, a.a.O.).
Unter Berücksichtigung der im Vorfeld der bezeichneten E-Mail erfolgten Konversation, wonach zunächst die Haftungsfrage seitens der Beklagten geprüft wurde (vgl. die E-Mail vom 29.05.2020: „Sehr geehrte Damen und Herren, die Prüfung der Haftung dauert noch an. […]“ Anlage K 12) und der Teilzahlung in Höhe von 8.000,00 €, kann die Erklärung der Schadensregulierungsbeauftragten in der E-Mail vom 06.07.2020 aus der maßgeblichen Sicht der Klägerin (als Geschädigter) nach §§ 133, 157 BGB nur dahingehend verstanden werden, dass die Haftpflichtversicherung gegenüber ihrem Versicherungsnehmer deckungspflichtig ist und in dessen Namen den Haftpflichtanspruch dem Grunde nach anerkennt (vgl. zur Regulierungszusage auch BGH, NJW-RR 2009, 382; OLG Bamberg, BauR 2010, 1596, 1599). Hierin liegt ein die Haftpflichtversicherung und den Versicherungsnehmer verpflichtendes deklaratorisches (kausales) Schuldanerkenntnis (entsprechend § 781 BGB) gegenüber der Klägerin als Geschädigter (vgl. BGH, NJW-RR 2009, a.a.O.; OLG Bamberg, BauR 2010, a.a.O.) und damit einen schuldbestätigender Vertrag, dessen Zweck darin besteht, das Schuldverhältnis insgesamt oder in bestimmten Beziehungen dem Streit oder der Ungewissheit zu entziehen (vgl. Jauernig/Stadler, BGB 18. Aufl. 2021, §§ 780, 781 Rn. 15 m.w.N.). Im Gegensatz zum konstitutiven Schuldanerkenntnis ist die Einigung nicht auf die Begründung einer neuen, selbständigen Forderung gerichtet, sondern bestätigt nur die ursprüngliche Forderung (BGH NJW-RR 1988, 963), welche sich aus Art. 1045 II des kroatischen ZOO (Gefährdungshaftung bei Schäden im Straßenverkehr für Halter und Fahrer) i.V.m. Art. 11 des kroatischen Gesetzes über die Haftpflichtversicherung im Verkehr, ZOOP, NN Nr. 151/05 (vgl. Seite 4 des EU m.w.N.) ergibt, und stellt diese auf eine sichere Grundlage (vgl. Jauernig/Stadler, a.a.O.). Insoweit findet auch § 781 Satz 1 BGB (Schriftformerfordernis) keine Anwendung, so dass es der Einhaltung einer Form gerade nicht bedarf (Jauemig/Stadler, a.a.O., Rn. 16; MüKoBGB/Habersack, 8. Aufl. 2020, BGB § 781 Rn. 3).
Zu Unrecht beruft sich die Beklagte ferner darauf, dass die von ihrer Schadensregulierungsbeauftragten in der E-Mail vom 06.07.2020 abgegebene Erklärung für sie nicht verbindlich sei, da die Regulierungsbeauftragte weisungsgebunden sei und die Regulierungsbeauftragte die Beklagte „zunächst dahingehend verstanden“ habe, „dass gegen die Haftung dem Grunde nach keine Einwendungen erhoben werden“, was „sodann im Rahmen der Klageerwiderung korrigiert“ worden sei (vgl. Seite 3 der Berufungsbegründung = Bl. 9 d. OLG-A.). Zwar ist zutreffend, dass die „Entscheidungskompetenz hinsichtlich der Regulierungsfrage […] beim ausländischen Versicherer [verbleibt]“ (vgl. Seite 3 der Berufungsbegründung = Bl. 9 d. OLG-A.). Die Schadensregulierungsbeauftragte war jedoch unstreitig mit Wissen und Wollen für die Beklagte mit der Regulierung des Schadensfalles befasst. Die Klägerin durfte daher davon ausgehen, dass die Firma CED Germany GmbH auf Grund ihrer Stellung als Schadensregulierungsbeauftragte eine uneingeschränkten Regulierungsvollmacht besaß, zumal nicht vorgetragen wurde, dass die Vollmacht beschränkt worden sei. Die Beklagte muss insofern die von ihr beauftragte Schadensregulierungsbeauftragte im Außenverhältnis als unbeschränkt bevollmächtigt gelten lassen (vgl. OLG Köln, NJOZ 2006, 4437, 4440 beck-online m.w.N.). Eine etwaige Überschreitung der Kompetenzen der Regulierungsbeauftragten im Innenverhältnis zur Beklagten schlägt auf das Außenverhältnis nicht durch. Das Risiko eines Missbrauchs der Vertretungsmacht trägt grundsätzlich die Beklagte als Vertretene, vgl. Palandt/Ellenberger, 80. Aufl. 2021, § 164 BGB Rn. 13 m.w.N.).
Infolge des deklaratorischen Schuldanerkenntnisses kann die Beklagte insofern Einwendungen gegen den Haftungsgrund nicht mehr erheben.
cc) Schadenshöhe
Der Einwand der Beklagten, wonach das Erstgericht – ungeachtet eines entsprechenden Beweisangebots – von Amts wegen gehalten gewesen ist, ein Rechtsgutachten zum kroatischen Schadensersatzrecht zu erholen (vgl. Seite 5 der Berufungsbegründung = Bl. 11 d. OLG-A.), geht fehl. Nach § 293 Satz 1 ZPO bedürfen das in einem anderen Staat geltende Recht, bzw. die Gewohnheitsrechte und Statuten des Beweises nur insofern, als sie dem Gericht unbekannt sind. Das Gericht ist hierbei auch nicht gehalten, zwingend Auskünfte von Behörden oder Rechtsgutachten zu erholen, sondern kann auch sämtliche andere zugängliche Erkenntnisquellen ausschöpfen, wobei der Umfang, die Intensität und die Grenzen der Ermittlungspflicht insbesondere von der Komplexität und dem Fremdheitsgrad des anzuwendenden fremden Rechts, dem Vortrag und sonstiger Beiträge der Parteien abhängt (vgl. Thomas/Putzo/Seiler, 42. Aufl. 2021, § 293 ZPO Rn. 4 mit Verweis auf BGH, NJW 1992, 2026, 2029).
(1) Reparaturkosten
Zu dem Vorbringen der Beklagten, wonach die Klägerin den ihr entstandenen Schaden nach kroatischem Recht lediglich auf Totalschadenbasis abrechnen kann, hat die Klägerin bereits in der Replik vom 15.01.2021 unter Bezugnahme auf die von der Beklagten genannte Fundstelle vorgetragen:
„Ist die Reparatur technisch unausführbar oder wirtschaftlich nicht gerechtfertigt, so handelt es sich um einen Totalschaden. Die Berechnung nach dem Prinzip des Totalschadens wird so durchgeführt, dass vom festgestellten Marktwert der zerstörten Sache der Wert dessen Rückstandes abgezogen wird. Bei der Berechnung der Schadenshöhe werden in einem solchen Fall der Zustand des Fahrzeugs vor dem Unfall aber die zum Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung geltenden Preise berücksichtigt. Die potentiellen Reparaturkosten müssen 75 % des Fahrzugwertes übersteigen [Anmerkung: Hervorhebungen durch den Senat], um den Totalschaden erklären zu können. Ist es zu einem Totalschaden am Fahrzeug gekommen, das nicht mehr produziert wird, so wird der Wert des Fahrzeugs nach dem Fahrzeugwert festgestellt, das nach Eigenschaften dem geschädigten Fahrzeug am nächsten kommt mit Abzug der Baufälligkeit und dem Wert der geretteten Teile. Die verantwortliche Person, die den früheren Zustand, mit dem Neukauf und der Übergabe des Fahrzeugs dem Geschädigten, wiederherstellte, kann von dem Schädiger geldlichen Schadenersatz in Höhe von tatsächlich entstandenen Ausgaben verlangen“ (Grgic, in: MüKoStVR, a.a.O., Rn. 100, beck-online m.w.N.)
Nur wenn die Reparaturkosten den Berechnungswert nach dem Prinzip des Totalschadens übersteigen, ist der Geschädigte nach kroatischem Recht gehindert die Reparaturkosten abzurechnen (vgl. Grgic, in: MüKoStVR, a.a.O., Rn. 101, beck-online mit Verweis auf VSRH 3.2.1987 – Rev-2213/86), wobei es auf eine Instandsetzung des Fahrzeugs nicht ankommt. Nach dem kroatischen Recht kommt grundsätzlich auch die fiktive Abrechnung auf Gutachtenbasis in Betracht (vgl. Grgic, in: MüKoStVR, a.a.O., Rn. 97, beck-online mit Verweis auf VSRH 30.4.1996 – Rev-2467/1994-2.).
Da im vorliegenden Fall der Wert des unfallfreien Fahrzeugs zum maßgeblichen Zeitpunkt der Gerichtsentscheidung dem Wiederbeschaffungswert (= 41.680,67 €, vgl. Anlage K 1) entspricht, kann der Geschädigte die im Gutachten ausgewiesenen Reparaturkosten von 25.975,16 € (vgl. Anlage K 1) beanspruchen, da diese ca. 62 % und damit weniger als 75 % des Fahrzeugwertes ausmachen (vgl. Seite 7 des EU = Bl. 86 d. LG-A.).
(2) Sachverständigenkosten
Zwar werden die Kosten für die Beauftragung eines privaten Sachverständigengutachtens in Kroatien in der Regel nicht anerkannt (vgl. Grgic, in: MüKoStVR, a.a.O., Rn. 103, beck-online mit Verweis auf ŽS Split 11.9.2014 – Gž × 626/13; ŽS Varazdin 9.4.2014 – Gž-156/14-2), da bei den kroatischen Versicherungsgesellschaften Umfang und Höhe des Schadens am Fahrzeug hauptsächlich von dort beschäftigtem Fachpersonal festgestellt werden (vgl. Grgic, in: MüKoStVR, a.a.O.). Etwas anderes gilt aber dann, wenn der Geschädigte – wie vorliegend – im Ausland wohnhaft ist; in diesem Fall werden Privatgutachten akzeptiert (vgl. Lemor, SVR 2006 Heft 12, 451, 452 beck-online).
(3) Unkostenpauschale
Der Senat schließt sich auch den Ausführungen des Erstgerichts an, wonach der Klägerin eine Unkostenpauschale in Höhe von hier 30,00 € zugebilligt werden kann, da nach kroatischem Recht die Erstattungsfähigkeit allgemeiner Unkosten wie Telefon und Portogebühren in einem Pauschalbetrag überwiegend bejaht wird (vgl. AG Viechtach, Urteil vom 30. April 2015 – 4 C 130/14 -, Rn. 33, juris unter Bezugnahme auf eine Rechtsauskunft; Lemor, a.a.O.).
(4) Außergerichtliche Rechtsanwaltskosten
Die Rechtsprechung in Kroatien erkennt ausdrücklich das Recht auf Ersatz von Kosten aus dem Ersatzanspruch in dem außergerichtlichen Verfahren gemäß Art. 11 Abs. 1 ZOO an (Grgic, in: MüKoStVR, a.a.O., Rn. 122 beck-online unter Verweis auf VSRH 7.2.2012 – Rev-147/2010-2; ŽS Varaždin 28.1.2013 – Gž-4812/12-2). Als Korrektiv wird allerdings gefordert, dass die Beauftragung notwendig war (vgl. Böhme/Biela/Tomson in: Böhme/Biela/Tomson, Kraftverkehrs-Haftpflicht-Schäden, 26. Aufl. 2018, 2. „Kurzinformation“, Rn. 60; Lemor, a.a.O., 451, 453), was im Hinblick darauf, dass es sich bei dem streitgegenständlichen Fall um eine Regulierung eines Unfalls mit Auslandsbezug handelt, auch nach Auffassung des Senats angenommen werden kann. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht ist insoweit nicht zu besorgen (vgl. AG Viechtach, a.a.O., Rn. 38, juris unter Bezugnahme auf ein Rechtsgutachten). Die Höhe der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten wurde nicht beanstandet.
III. Da, wie aus dem Vorstehenden erhellt, auch die Voraussetzungen des § 522 II 1 Nr. 2 und 3 ZPO vorliegen, beabsichtigt der Senat, die Berufung gem. § 522 II 1 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.


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