Verkehrsrecht

Reparaturkosten, Rechtsanwaltskosten, Unfall, Schadensminderungspflicht, Gutachten, Berufung, Schadensereignis, Gegenstandswert, Fahrzeug, Nettoreparaturkosten, Minderwert, Regulierung, Klage, Beweisaufnahme, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten

Aktenzeichen  1 C 535/20

Datum:
28.12.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 55847
Gerichtsart:
AG
Gerichtsort:
Amberg
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 925,46 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 13.08.2020 zu zahlen sowie die Klägerin von weiteren vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von 78,90 € freizustellen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 16 %, die Beklagte 84 %.
4. Das Urteil ist für die Parteien vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.137,08 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage ist teilweise begründet.
I.
Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das angerufene Amtsgericht Amberg nach § 1 ZPO in Verbindung mit §§ 23 Nr. 1 GVG, 32 ZPO, 20 StVG sachlich und örtlich zuständig.
II.
Die Klage ist teilweise begründet.
1. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Ersatz weiterer 925,46 € sowie auf Freistellung von weiteren Rechtsanwaltskosten in Höhe von 78,90 €.
Die erforderlichen Nettoreparaturkosten sind auf 3.650,06 € und der merkantile Minderwert auf 421,66 € zu bemessen.
A)
Aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen, die in sich schlüssig und nachvollziehbar waren folgt für das Gericht, dass der ursprünglich kalkulierte Wert der Nettoreparaturkosten richtig ist und diese in der ausgewiesenen Höhe ersatzfähig sind.
(1) Voranzustellen ist dem zunächst, dass das Gericht davon überzeugt ist, dass das Fahrzeug der Klägerin zum Unfallzeitpunkt scheckheftgepflegt war. Dies folgt aus den vorgelegten Unterlagen der Klägerseite sowie aus den Ausführungen des Sachverständigen, der angab, dass seiner Prüfung nach der Pkw bis zum Unfallzeitpunkt in den geforderten Intervallen zur Inspektion in einer Mercedes Werkstatt war.
Das Serviceintervall war zum Zeitpunkt des Unfalles auch noch nicht überschritten. Ein Werkstattverweis ist daher ausgeschlossen.
(2) Im Übrigen sind die Reparaturkosten nach den Ausführungen des Sachverständigen allesamt nachvollziehbar und auch erforderlich. Hinsichtlich des Reifenpreises gab der Sachverständige an, dass der angesetzte Reifenpreis in Ordnung sei, dass selbst im Internet derartige Reifen für einen Preis von 167,00 € angeboten werden, sodass der von der Beklagtenseite angenommene Reifenpreis nicht nachvollziehbar sei.
Zum Farbtonangleich sei aufzuzeigen, dass die Position „Kunststoff/Metallteile (e) delackieren und Effektspritzen“ die Tankklappe im Zentrum der rechten Seitenwand meint und im Gutachten nicht einzeln aufgeführt ist.
Die 4 AW zur Farbvorbereitung, die Nutzung der Mischanlage etc., seinen in Ordnung, wenigstens 2 AW beträfen die Lackherstellung für die Karosserieverkleidung. Zudem müssten weitere Farbmuster angefertigt werden für die Felge.
Zur Probefahrt und Endabnahme sei aufzuzeigen, dass diese erforderlich war, da am gegenständlichen Fahrzeug die rechte Tür dem Umfang der Instandsetzung zu zerlegen war. Es sei daher nach Abschluss der Reparatur zu prüfen, ob Windgeräusche auftreten und ob eine vollständige Dichtheit vorliegt. Damit seien die erhobenen 4 AW im Schadensereignis zuzuordnen. Hinsichtlich der Ersatzteilaufschläge sei aufzuzeigen, dass im Raum Amberg ca. 85 % der Kfz Reparaturbetriebe Ersatzteilaufschläge erheben. Der Aufschlag von 2 % sei im Durchschnitt und in der Ortsüblichkeit angeordnet und im technischen Ansinnen nicht zu beanstanden.
Das Gericht schließt sich insoweit den schlüssigen und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen aufgrund eigener Sachprüfung an.
Das Gericht hält auch im Rahmen der fiktiven Abrechnung die Ersatzteilaufschläge aufgrund ihrer Ortsüblichkeit für ersatzfähig, sodass auch insoweit ein Ersatz zu erfolgen hat.
(3) Das Gericht erhält auch die angesetzten Desinfektionskosten für ersatzfähig. Sie sind entstanden in Zusammenhang mit den notwendigen Coronaschutzmaßnahmen. Es handelt sich auch insoweit um Kosten, die bei einer stattgehabten Reparatur auch tatsächlich anfallen würde.
Angesichts des Umfangs der erforderlichen Arbeiten hält das Gericht auch die Höhe der Desinfektionskosten in Höhe von 45 € gemäß § 287 Abs. 1 ZPO für ersatzfähig.
B)
Hinsichtlich des merkantilen Minderwerts hält das Gericht ein Betrag von 421,66 € für angemessen. Das Gericht schließt sich insoweit den Ausführungen des Sachverständigen an. Dessen Ermittlungen haben ergeben dass im Durchschnitt ein Minderwert von 421,66 € anzusetzen ist.
C)
Der Anspruch auf Ersatz der Zinsen ergibt sich aus 291 BGB i.V.m. 288 BGB.
D)
Die Rechtsanwaltskosten sind aus einem Gegenstandswert bis 6.000 € mit weiteren 78,90 € zu ersetzen. Die Klägerin ist insoweit freizustellen.
2. Ein Anspruch auf Ersatz der Kosten zum Nachweis der fachgerechten Reparatur besteht nicht, da diese Kosten nach Auffassung des Gerichtes nicht zum gemäß § 249 BGB erforderlichen Wiederherstellungsaufwand zählen.
Die Einholung der Reparaturbestätigung stellt einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht dar, weil die Beklagte die Klägerin zu keinem Zeitpunkt aufgefordert hat, eine solche vorzulegen, noch sonst die Notwendigkeit der Reparatur oder sonstige Schadenspositionen, wie z.B. Nutzungsausfallentschädigung, in Abrede gestellt hat. Dass eine solche bei einem Unfall zur Schadensabgrenzung sinnvoll sein kann, liegt allein im Sicherungsinteresse des Geschädigten und kann daher nicht mehr als unmittelbare Schadensfolge angesehen werden (vgl. BGH, Urteil vom 24.01.2017, VI ZR 146/16 mit weiteren Nachweisen).
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.
IV.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708, 711 ZPO.
V.
Die Berufung wird für die Klägerin nicht zugelassen.


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