Verkehrsrecht

Streit um die Anrechnung eines Kraftfahrzeugs als Vermögen im Rahmen der Erstattungspflicht von Ausbildungskosten

Aktenzeichen  AN 2 K 19.01917

Datum:
17.8.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 33476
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BAföG § 27, § 28, § 29 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
BGB § 547, § 603 S. 2, § 903, § 1006 Abs. 1
PflVG § 1

 

Leitsatz

Tenor

Der Bescheid des Beklagten vom 18. Oktober 2018 und der Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 30. August 2019 werden aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Gerichtskosten werden nicht erhoben.
Das Urteil wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage hat in der Sache in vollem Umfang Erfolg.
1. Der Bescheid des Beklagten vom 18. Oktober 2018 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. August 2019 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in eigenen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
a) Die Neufestsetzung von Ausbildungsförderung betreffend den Bewilligungszeitraum September 2012 bis einschließlich Oktober 2013 durch den angegriffenen Bescheid vom 18. Oktober 2018 von ursprünglich monatlich 670,00 EUR – so noch mit Bescheid vom 3. März 2014 bewilligt – auf 254,00 EUR war in vollem Umfang rechtswidrig. Denn mit dem angegriffenen Bescheid hat der Beklagte ausgehend von einem Bedarf in Höhe von 670,00 EUR zu Unrecht eigenes Vermögen des Klägers in Höhe von 416,03 EUR angerechnet. Hierbei ist der Beklagte von eigenem Vermögen des Klägers im Zeitpunkt der Antragstellung in Höhe von 10.192,46 EUR ausgegangen, wobei hiervon jedenfalls 6.500,00 EUR auf das Fahrzeug … zuletzt mit dem amtlichen Kennzeichen … entfielen. Indes war hier unter Berücksichtigung der materiellen Beweis- bzw. Feststellungslast nicht davon auszugehen, dass sich das bezeichnete Fahrzeug tatsächlich im Eigentum des Klägers befand oder ihm sonst zurechenbar war. Entsprechend war hier von Vermögen des Klägers in Höhe von lediglich 3.692,46 EUR auszugehen. Unter Berücksichtigung des Vermögensfreibetrags in Höhe von 5.200,00 EUR (§ 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG a.F.) war auf den Bedarf des Klägers insbesondere kein eigenes Vermögen anzurechnen, sodass sich der mit dem angegriffenen Bescheid abgeänderte Bewilligungsbescheid vom 3. März 2014 mit einer Bewilligung von Ausbildungsförderung in Höhe von monatlich 670,00 EUR als zutreffend erweist. Dieser Bescheid lebt mit der ausgesprochenen Aufhebung des angegriffenen Bescheids wieder auf.
b) Im Ergebnis war hier nicht davon auszugehen, dass der fragliche Pkw des Typs … mit dem amtlichen Kennzeichen … im Zeitpunkt der Antragstellung im Eigentum des Klägers stand.
aa) Entscheidend für die Zuordnung eines Vermögensgegenstands zu einer Person ist auch im Rahmen von § 27 BAföG die zivilrechtliche Zuweisung dieses Vermögensgegenstands (vgl. Ehmann/Karmanski/Kuhn-Zuber, Gesamtkommentar SRB, § 27 BAföG Rn. 23). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist zudem anerkannt, dass Kraftfahrzeuge als bewegliche Sachen gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BAföG als Vermögen gelten und nicht etwa als Haushaltsgegenstände vom ausbildungsrechtlichen Vermögensbegriff nach § 27 Abs. 2 Nr. 4 BAföG ausgenommen sind (BVerwG, U.v. 30.06.2010 – 5 C 3/09 – BeckRS 2010, 52827).
bb) Hinsichtlich der materiellen Beweis- bzw. Feststellungslast betreffend die Zuordnung von Vermögen zu Auszubildenden trägt nach allgemeinen Grundsätzen im Fall der beabsichtigten Rücknahme rechtswidriger, begünstigender Verwaltungsakte regelmäßig die Behörde die materielle Beweis- bzw. Feststellungslast. Lediglich ausnahmsweise trifft den Auszubildenden die Feststellungslast, etwa wenn der Bewilligungsbescheid arglistig erwirkt wurde. Dasselbe gilt, sofern Auszubildende ohne hinreichende Gründe nicht zur Aufklärung von Vorgängen beitragen, die in ihre Sphäre fallen. Hiervon kann indes lediglich in solchen Fällen ausgegangen werden, in denen Auszubildende es unterlassen, bei der Aufklärung eines in ihren Verantwortungsbereich fallenden, tatsächlichen Umstands mitzuwirken, obwohl dies für sie möglich und zumutbar ist (vgl. so zum Ganzen BayVGH, B.v. 9.5.2017 – 12 C 17.678 – BeckRS 2017, 114439 Rn. 58).
cc) Hier trägt der Beklagte die materielle Beweis- bzw. Feststellungslast dahingehend, dass das fragliche Fahrzeug dem Kläger zivilrechtlich als Vermögen zuzuordnen ist. Denn dem Kläger ist jedenfalls nicht nachweisbar, dass er den ergangenen Bewilligungsbescheid arglistig erwirkt hätte. Auch hat der Kläger stets – wenn auch nicht immer zeitnah – im Rahmen des ihm Zumutbaren an der Aufklärung aller in seine Sphäre fallenden Umständen mitgewirkt. Insbesondere hat er ausreichend auf die Aufforderungen des Beklagten bzw. des Gerichts hinsichtlich der Vorlage von Unterlagen reagiert.
dd) Auch nach durchgeführter Beweisaufnahme ist die Kammer nicht mit der erforderlichen Sicherheit davon überzeugt, dass der Kläger im Zeitpunkt der Antragstellung Eigentümer des streitgegenständlichen Fahrzeugs des Typs … mit dem amtlichen Kennzeichen … war. Ausgehend von der erörterten Verteilung der materiellen Beweis- bzw. Feststellungslast wirkt sich die Nichterweislichkeit seines Eigentums hier zum Nachteil des Beklagten aus.
In ihrer Beweiswürdigung hat die Kammer im Ausgangspunkt berücksichtigt – was zwischen den Beteiligten unstreitig geblieben ist -, dass das fragliche Fahrzeug zunächst im Jahr 2006 von dem Vater des Klägers gekauft und zu Eigentum erworben wurde. Dies ist im Übrigen belegt durch die klägerseits vorgelegte, an den Vater des Klägers adressierte Rechnung betreffend das Fahrzeug (Bl. 276 f. der Behördenakte). Nach dem Fahrzeugkauf wurde der Pkw – was ebenfalls unstreitig geblieben ist – unter dem amtlichen Kennzeichen … zugelassen.
In der Folge ist zeitlich mit Blick auf einen etwaigen Eigentumsübergang des Fahrzeugs auf den Kläger – unter Berücksichtigung des rechtlich relevanten Zeitpunkts der Beantragung von Ausbildungsförderung (§ 28 Abs. 2 BAföG) mit Eingang bei dem Beklagten am 10. Oktober 2012 – allein der Monat August 2012 relevant. Insoweit ist die Kammer nicht hinreichend davon überzeugt, dass das Fahrzeugeigentum vom Vater des Klägers auf diesen – naheliegend schenkweise – übergegangen ist.
Zwar spricht hierfür zunächst, dass das Fahrzeug ab August 2012 unter dem amtlichen Kennzeichen … zugelassen war, wobei das Kürzel „…“ unstreitig für „…“ und „…“ steht, das Kennzeichen also auf den Kläger selbst und dessen damalige Freundin personalisiert war. Dies gilt umso mehr, als auch die Zahlenkombination „…“ für das Datum des Kennenlernens des Klägers und seiner Partnerin steht. Hinzu kommt, dass das Kennzeichen desselben Pkw zuvor … lautete. Dabei drängt sich auf, dass mit dem Kürzel „…“ die Eltern des Klägers mit ihren Vornamen … und … gemeint sind. Danach könnte der Wechsel der Personalisierung von den Eltern des Klägers auf den Kläger und dessen Freundin in besonderer Weise für den korrespondierenden Eigentumsübergang streiten. Allerdings ist die Personalisierung als solche, genauso wie ihr Wechsel, auch mit einer bloßen Nutzungsänderung vereinbar, also damit, dass wie klägerseits vorgetragen insbesondere der Kläger und seine damalige Freundin nunmehr den im Eigentum des Vaters stehenden und zuvor von seinen Eltern gefahrenen Pkw nutzen durften. Dies gilt umso mehr, als das zuvor von dem Kläger genutzte Fahrzeug des Typs … mit dem amtlichen Kennzeichen … versehen war, also mit „…“ auf die Initialen des Klägers personalisiert war. Gleiches dürfte betreffend die Zahlenkombination „…“ und den Geburtstag des Klägers am* … gelten. Trotz dieser Personalisierung des Fahrzeugs auf den Kläger ist aber das Eigentum des Vaters an diesem Fahrzeug belegt. So hat der Kläger die verbindliche Fahrzeugbestellung durch seinen Vater (Bl. 265 der Behördenakte) und den Vertrag betreffend den Fahrzeugverkauf vorgelegt, der seinen Vater als Verkäufer ausweist (Bl. 266 der Behördenakte). Danach war die Personalisierung von Fahrzeugkennzeichen nach der Handhabung in der der Familie des Klägers jedenfalls nicht zwingend mit einer korrespondierenden Eigentümerstellung verbunden.
Für einen Eigentumsübergang auf den Kläger im August 2012 spricht jedoch, dass dieser wirtschaftlich betrachtet für das fragliche Fahrzeug die Kraftfahrzeugsteuer sowie die Versicherungskosten entrichtet hat. Dies mag als Gegenleistung für die Nutzungsmöglichkeit noch nicht ungewöhnlich erscheinen. Hier besteht allerdings die Besonderheit, dass das fragliche Fahrzeug nach eigenem Vortrag des Klägers nicht nur von ihm und seiner Partnerin, sondern zudem auch durch seine Mutter und Schwester genutzt wurde. In diesem Zusammenhang stellt sich bei wirtschaftlicher Betrachtung die Frage, warum der Kläger die fraglichen Fahrzeugkosten übernommen hat, obwohl seiner Partnerin und ihm das Fahrzeug lediglich teilweise – wohl auch nicht überwiegend – zur Nutzung überlassen war. Im Termin zur mündlichen Verhandlung hat der Kläger dies sinngemäß damit erklärt, es habe sich um seinen Beitrag zum Erhalt des Fahrzeugs in der Familie samt entsprechender Nutzungsmöglichkeit gehandelt. Sonst wäre das Fahrzeug verkauft worden. Entsprechendes hat die Zeugin …, die Mutter des Klägers, bestätigt. Weiter stellt sich aber in praktischer Hinsicht die Frage, wie die Familienmitglieder bzw. die Freundin des Klägers die geteilte Nutzung des Fahrzeugs in der Praxis umgesetzt haben. Hier fallen zunächst die Schwierigkeiten der Organisation einer gemeinsamen Fahrzeugnutzung ins Auge, da die fraglichen Fahrzeugnutzer damals in …, … und … wohnhaft waren. Die Entfernung zwischen … und … beläuft sich auf etwa 120 km.
Zweifel an einer solchen gemeinschaftliche Fahrzeugnutzung sowie an der klägerseits vorgebrachten Motivation für die Kostentragung bestehen auch deswegen, weil sich die Angaben des Klägers jedenfalls nicht durchgehend tragfähig erwiesen haben. So hat der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 25. Mai 2020 auf Frage des Gerichts erklärt, nachdem sein Vater das streitgegenständliche Fahrzeug verkauft habe, habe er sich selbst bis heute kein Auto gekauft. Diese Angaben haben sich jedenfalls als unvollständig herausgestellt, da der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 17. August 2020 sinngemäß erklärt hat, er könne seit 2018 ein weiteres Fahrzeug nutzen, welches auch seinem Vater gehöre. Es handele sich um einen … Mit Blick auf die Glaubhaftigkeit der Angaben des Klägers war zudem auffällig, dass die Beteiligten auch auf Frage, wie die Nutzung des „Familienfahrzeugs“ organisiert worden sei, nicht von der naheliegenden Möglichkeit berichtet haben, dass der in … lebende Kläger und seine in … studierende Schwester das Fahrzeug im … … ausgetauscht hätten. Vielmehr hat der Kläger lediglich davon gesprochen, das Fahrzeug nach … zu seinen Eltern verbracht zu haben. Die Zeugin … hat insoweit sogar von der „Base“ des Fahrzeugs in … gesprochen, was wiederum der Zeuge …, der Vater des Klägers, so nicht bestätigt hat.
Allgemein hat die Kammer jedoch nicht verkannt, dass die Organisation der gemeinsamen Fahrzeugnutzung ggf. schwierig oder sogar ungewöhnlich oder gar untypisch erscheinen mag. Letztlich ausgeschlossen ist die gemeinsame Nutzung eines „Familienfahrzeugs“ aber nicht. Insbesondere existiert kein (beweisrechtlicher) Erfahrungssatz dahingehend, dass Kraftfahrzeuge nicht als „Familienfahrzeuge“ genutzt werden können. Auch hat die Kammer nicht unberücksichtigt gelassen, dass der Kläger für die gemeinsame Fahrzeugnutzung Beispiele nennen konnte und zudem angegeben hat, die Rückfahrt von … mit öffentlichen Verkehrsmitteln – … oder … – angetreten zu haben. Nachvollziehbar erscheinen auch die sinngemäßen Angaben des Klägers, an seinem Wohnort in … aufgrund öffentlicher Verkehrsmittel nicht stets auf ein Fahrzeug angewiesen gewesen zu sein. Allerdings hat die Kammer auch in diesem Zusammenhang die dargelegten Bedenken hinsichtlich der Glaubhaftigkeit der klägerischen Angaben berücksichtigt.
Keine Bedeutung hat die Kammer im Rahmen ihrer Beweiswürdigung der Eigentumsvermutung aus § 1006 Abs. 1 BGB beigemessen. Die Vermutung wirkt lediglich zugunsten des Eigenbesitzers (Fritzsche in Beckscher Online-Kommentar BGB, 55. Edition Stand 1.8.2020, § 1006 Rn. 7), grundsätzlich also nicht – wie vorliegend klägerseits geltend gemacht – im Fall des Fremdbesitzes etwa bei Inbesitznahme der Sache als Entleiher oder Mieter. Jedoch ist grundsätzlich nach § 1006 Abs. 1 BGB auch zu vermuten, dass es sich bei bestehendem Besitz um Eigenbesitz handelt (Fritzsche a.a.O.). Dennoch lässt sich hier nach § 1006 Abs. 1 BGB jedenfalls deswegen keine Eigentumsvermutung betreffend das fragliche Fahrzeug ableiten, weil die Vermutung nicht gegen den Eigenbesitzer gekehrt werden darf (Raff in Münchener Kommentar BGB, 8. Aufl. 2020, § 1006 Rn. 28). Denn die Vermutung besteht zugunsten des Eigenbesitzers (Raff a.a.O. Rn. 26). Hier würde sich die zugunsten des Besitzers konzipierte Vermutung aus § 1006 Abs. 1 BGB aber zum Nachteil des besitzenden Klägers auswirken Tendenziell gegen die Eigentümerstellung des Klägers spricht hingegen, dass der Vater des Klägers stets Fahrzeughalter und Versicherungsnehmer in der Pflichthaftpflichtversicherung gewesen bzw. geblieben ist. Allerdings hat das Gericht diesem Umstand keine besondere Bedeutung zugemessen. Denn zum einen fallen gerade bei Kraftfahrzeugen – zu denken ist nur an Fahrzeugleasing – oftmals Fahrzeugeigentümer einerseits und Fahrzeughalter und daran anknüpfend Versicherungsnehmer in der Pflichthaftpflichtversicherung andererseits auseinander, zumal nach § 1 PflVG die Versicherungspflicht den Fahrzeughalter trifft. Zum anderen ist zu berücksichtigen, dass es auch im Fall der schenkweisen Eigentumsübertragung eines Fahrzeugs auf ein Kind wirtschaftlich sinnvoll sein kann, Haltereigenschaft und damit auch die Eigenschaft als Versicherungsnehmer bei einem Elternteil zu belassen. Denn regelmäßig werden Versicherungsprämien für Elternteile vergleichsweise günstig sein, da diese etwa aufgrund unfallfreier Fahrt Schadensfreiheitsrabatte genießen oder aber deswegen, weil Versicherungsprämien für junge Erwachsene aufgrund statistisch erhöhter Schadensgeneigtheit vergleichsweise hoch ausfallen. Relativiert wird all diese aber dadurch, dass dieselben wirtschaftlichen Vorteile regelmäßig auch durch die oftmals mögliche Übertragung „des Versicherungsvertrags“ eines Elternteils auf ein Kind erzielt werden können.
Höheres Gewicht mit Blick auf mögliches Eigentum des Zeugen … hat die Kammer dagegen dem Umstand beigemessen, dass der Kläger und der genannte Zeuge im Termin zur mündlichen Verhandlung übereinstimmend sinngemäß erklärt haben, letzterer habe im Wesentlichen die Kosten für Reparaturen und Kundendienst des fraglichen Fahrzeugs getragen. Denn solche Kosten werden typischerweise vom Fahrzeugeigentümer getragen.
Darüber hinaus spricht für die Eigentümerstellung des Zeugen … zunächst auch, dass der Kläger und sein Vater schon hinsichtlich des zuvor von dem Kläger genutzten Fahrzeugs des Typs … so verfahren sind, dass der Kläger – wie auch bei dem streitgegenständlichen Fahrzeug – wirtschaftlich die Kosten für Kraftfahrzeugsteuer und Pflichthaftpflichtversicherung getragen hatte. Hinsichtlich des Fahrzeugs des Typs … ist aber – wie bereits ausgeführt – das Eigentum des Zeugen … belegt. Dies spricht zunächst dafür, dass die Beteiligten auch betreffend das streitgegenständliche Fahrzeug so verfahren sein könnten, der Kläger also lediglich Fahrzeugnutzer, nicht aber Eigentümer gewesen ist. Genauso ist jedoch zu berücksichtigen, dass jedenfalls der Beginn der Nutzung des Fahrzeugs des Typs … in eine Lebensphase des Klägers fällt, in der er nach Erwerb der … im Jahr 2008 in eine … begonnen hatte. Dagegen hatte der Kläger im Zeitpunkt des etwaigen Eigentumsübergangs im August 2012 schon seit Oktober 2009 … gearbeitet, wobei er ein monatliches Bruttoeinkommen in Höhe von etwa … EUR erzielt hatte. Danach sind die fraglichen Lebensphasen nicht vergleichbar, so dass kaum Rückschlüsse auf die Eigentumsverhältnisse des streitgegenständlichen Fahrzeugs möglich sind.
Schließlich spricht aber gegen die Eigentümerstellung des Klägers, dass das Fahrzeug im Zeitpunkt seines Nutzungsbeginns unstreitig noch einen Wert in Höhe von etwa 6.500,00 EUR besaß. Dieser nicht unerhebliche Vermögenswert mag nahe legen, dass der Vater des Klägers das Fahrzeug ggf. nicht verschenken, sondern dem Kläger (und anderen) lediglich eine Nutzungsmöglichkeit einräumen wollte, zumal der Kläger – wie ausgeführt – auch aufgrund seiner vorangegangenen Berufstätigkeit wirtschaftlich nicht auf eine Schenkung angewiesen, sondern vielmehr in der Lage war, Kraftfahrzeugsteuer und Versicherungskosten zu tragen.
Zudem weist der klägerseits vorgelegte Verwertungsnachweis betreffend das streitgegenständliche Fahrzeug vom 30. Juli 2020 nicht den Kläger, sondern dessen Vater als Fahrzeughalter aus. Allerdings kommt wiederum der Verwertungserlös unter Zugrundlegung der Angaben des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung wirtschaftlich dem Kläger zugute. Denn dieser hat zuletzt sinngemäß von einer Vereinbarung zwischen seinem Vater und ihm betreffend den derzeit von ihm genutzten Pkw des Typs … gesprochen, wonach hinsichtlich des Fahrzeugkaufs bzw. dessen Finanzierung Ratenzahlung bzw. Kreditraten vereinbart seien, die er trage. Da der Zeuge … nachvollziehbar berichtet hat, die Kosten für das Fahrzeug hätten sich „im Zusammenhang mit der Abwrackprämie“ für das streitgegenständliche Fahrzeug auf etwa 17.000,00 EUR belaufen, spricht alles dafür, dass der Kläger jedenfalls wirtschaftlich betrachtet den vorgeleisteten und durch die sog. „Abwrackprämie“ geminderten Kaufpreis in Raten abzahlt.
Nach alledem, unter Berücksichtigung aller für und gegen die Eigentümerstellung des Klägers bzw. seines Vaters sprechenden Gesichtspunkte, erscheint zur Überzeugung der Kammer eine Schenkung samt Eigentumsübergang auf den Kläger im August 2012 zwar durchaus möglich. Jedoch ist die Kammer auch im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller relevanten Umstände hiervon nicht mit hinreichender Sicherheit überzeugt. An der Eigentümerstellung des Klägers im Antragszeitpunkt verbleiben jedenfalls nicht ausräumbare Zweifel. Entsprechend ist das streitgegenständliche Fahrzeug aufgrund materieller Beweis- bzw. Feststellungslast nicht dem Vermögen des Klägers zuzurechnen.
c) Auch kann dem klägerischen Vermögen – unter Zugrundelegung von Eigentum des Zeugen … an dem streitgegenständlichen Fahrzeug – kein geldwerter Vorteil mit Blick auf die Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeugs zugerechnet werden. Denn gemäß § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG sind vom Vermögen im Sinne des BAföG Gegenstände ausgenommen, soweit der Auszubildende sie aus rechtlichen Gründen nicht verwerten kann. So liegt der Fall hier hinsichtlich der Nutzungsmöglichkeit des Fahrzeugs.
aa) Zunächst scheidet eine Zurechnung eines geldwerten Vorteils dahingehend aus, dass der Kläger das Fahrzeug entgeltlich einem Dritten überlassen könnte. Denn die Untervermietung ist nach § 540 Abs. 1 Satz 1 BGB – bei Annahme (entgeltlicher) Miete – lediglich mit Erlaubnis des Vermieters zulässig. Genauso verbietet § 603 Satz 2 BGB – bei Annahme (unentgeltlicher) Leihe – dem Entleiher die Gebrauchsüberlassung der verliehenen Sache an Dritte ohne Zustimmung des Verleihers. Danach scheidet eine entsprechende Verwertung des Nutzungsrechts im Sinne von § 27 Abs. 1 Satz 2 BAföG aus rechtlichen Gründen aus. Denn vorliegend kann nicht lebensnah angenommen werden, dass der Vater des Klägers mit einer entgeltlichen Gebrauchsüberlassung seines Eigentums an Dritte einverstanden gewesen wäre.
bb) Auch mit Blick auf § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB scheidet die Annahme eines geldwerten Vorteils aus. Zwar sieht die genannte Vorschrift ein außerordentliches Kündigungsrecht des Mieters vor, sofern der Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung verweigert und in der Person des Untermieters hierfür kein wichtiger Grund vorliegt. Jedoch würde der Kläger – bei Annahme eines Mietverhältnisses – auch im Fall einer Kündigung nach § 540 Abs. 1 Satz 2 BGB keinen verwertbaren Vermögensgewinn erzielen. So sieht § 547 Abs. 1 Satz 1 BGB im Fall der außerordentlichen Kündigung lediglich vor, dass der Vermieter im Voraus geleistete Miete an den Mieter zurückzuzahlen hat. Danach würde dem Kläger hier jedenfalls kein Rückzahlungsanspruch zustehen, da er keine Miete vorgeleistet hätte. Denn selbst wenn die Begleichung von Kraftfahrzeugsteuer und Versicherungsprämien als Miete verstanden würde, wären diese nicht im Sinne von § 547 BGB im Voraus entrichtet. Denn bei lebensnaher Auslegung würden sich die Vereinbarungen hinsichtlich der Miete schlicht als die Begleichung fälliger Forderungen betreffend Kraftfahrzeugsteuer und Versicherungsprämien gesonderte Vereinbarung einer Vorleistungspflicht darstellen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1,154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 188 Satz 2 VwGO nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.


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