Verkehrsrecht

Zum Nachweis einer Unfallmanipulation

Aktenzeichen  73 O 3421/14

Datum:
30.9.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Landshut
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:
ZPO ZPO § 61, § 66 Abs. 1, § 69, § 286
StVG StVG § 7, § 17 Abs. 1, Abs. 2, § 18 Abs. 1
BGB BGB § 823 Abs. 1
VVG VVG § 115 Abs. 1 Nr. 1
StVO StVO § 8 Abs. 1a

 

Leitsatz

1 In Fällen der behaupteten Unfallmanipulation darf auch der zusammen mit seinem Versicherungsnehmer in Anspruch genommene Haftpflichtversicherer bereits im Prozess seine eigenen Interessen gemäß §§ 61, 69 ZPO wahrnehmen und damit nicht nur abweichend von dem Versicherungsnehmer argumentieren, sondern auch als Streithelfer des Versicherungsnehmers Klageabweisung beantragen (Anschluss BGH BeckRS 2012, 00761). (Rn. 21) (redaktioneller Leitsatz)
2 Im Falle des Verdachts des Versicherungsbetrugs durch Unfallmanipulation ist es Sache des Geschädigten, den äußeren Tatbestand der Rechtsgutsverletzung und die Verursachung der etwa festzustellenden Sachschäden durch die Kollision der Fahrzeuge zu beweisen. Dabei genügt der Nachweis, dass sein Fahrzeug beim Betrieb des gegnerischen Kfz beschädigt worden ist. Er muss nicht beweisen, dass das Unfallgeschehen unfreiwillig bzw. zufällig war (Anschluss OLG München BeckRS 2013, 04588). (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)
3 Den Versicherer trifft die Beweislast dafür, dass es sich um einen manipulierten Unfall handelt, wobei er den entsprechenden Nachweis auch im Wege eines Indizienbeweises erbringen kann. So kann bei Vorliegen einer Vielzahl von voneinander unabhängigen Indizien für einen manipulierten Unfall eine entsprechende Überzeugungsbildung des Gerichts auch dann in Betracht kommen, wenn die einzelnen Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden können. Die einzelnen Hillfstatsachen müssen allerdings feststehen, also unstreitig oder bewiesen sein (vgl. OLG München BeckRS 2008, 07243). (Rn. 25) (redaktioneller Leitsatz)
4 Kommt es in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit einer Vorfahrtsverletzung zu einem Unfall, so spricht der Anschein schuldhafter Vorfahrtsverletzung gegen den Wartepflichtigen mit der Folge, dass er regelmäßig den gesamten Schaden zu tragen hat und auch die Betriebsgefahr des Vorfahrtsberechtigten zurücktritt. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 13.364,65 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.09.2014 zu zahlen.
II. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.029,35 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %- Punkten über dem Basiszinssatz seit 10.01.2015 zu zahlen.
III. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
IV. Die Beklagten tragen als Gesamtschuldner die Kosten des Verfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention.
V. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 13.369,65 € festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Klage erweist sich weit überwiegend als begründet.
I.
Die Nebenintervention der Beklagten zu 2. ist zulässig.
Gemäß § 66 Abs. 1 ZPO kann der, der ein rechtliches Interesse daran hat, dass in einem zwischen anderen Personen anhängigen Rechtsstreit die eine Partei obsiegt, dieser Partei zum Zwecke der Unterstützung beitreten. In Fällen der behaupteten Unfallmanipulation kann dem Haftpflichtversicherer eine umfassende Verteidigung gegen die ihn gerichtete Klage auch mit der Behauptung, das Unfallereignis sei von den (angeblich) Unfallbeteiligten einvernehmlich herbeigeführt worden, nicht verwehrt werden. Das erforderliche rechtliche Interesse ergibt sich in Fällen wie diesem aus dem zwischen den Beklagten bestehenden Haftpflichtversicherungsverhältnis. Wegen des Zwecks des § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG und der sich hieraus ergebenden Bindungswirkung eines klageabweisenden Urteils auch zugunsten des beklagten Versicherungsnehmers, darf auch der zusammen mit seinem Versicherungsnehmer in Anspruch genommene Versicherer bereits im Prozess seine eigenen Interessen gemäß §§ 61, 69 ZPO wahrnehmen und damit nicht nur abweichend von dem Versicherungsnehmer argumentieren, sondern auch als Streithelfer des Versicherungsnehmers Klageabweisung beantragen (vgl. BGH, Urteil vom 29.11.2011, Az. VI ZR 201/10, IBRRS 2012, 0114, zitiert nach beck-online).
II.
Die unproblematisch zulässige Klage erweist sich weit überwiegend als begründet. Der Kläger kann von den Beklagten als Gesamtschuldner Zahlung in Höhe von 13.364,65 € verlangen, §§ 7, 18 Abs. 1, 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG, 823 Abs. 1 BGB, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG.
Grundsätzlich sind bei einer Schadensverursachung bei Betrieb eines Kraftfahrzeuges Halter und Fahrer des Fahrzeuges zum Ersatz des daraus resultierenden Schadens verpflichtet. Wird der Schaden durch mehrere Kraftfahrzeuge verursacht, so hängt gemäß § 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG die Haftung im Verhältnis der Fahrzeughalter zueinander von den Umständen des Einzelfalls ab, insbesondere davon, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist.
Im Falle des Verdachts des Versicherungsbetrugs durch Unfallmanipulation ist es dabei Sache des Geschädigten, den äußeren Tatbestand der Rechtsgutsverletzung und die Verursachung der etwa festzustellenden Sachschäden durch die Kollision der Fahrzeuge zu beweisen. Der Kläger genügt dabei seiner Beweispflicht, wenn er nachweisen kann, dass sein Fahrzeug beim Betrieb des gegnerischen Kfz beschädigt worden ist (§ 7 Abs. 1 StVG). Der Kläger muss nicht beweisen, dass das Unfallgeschehen unfreiwillig bzw. zufällig war (OLG München, Urteil vom 08.03.2013 – Aktenzeichen 10 U 3241/12, BeckRS 2013, 04588). Dass es beim Betrieb des Beklagtenfahrzeuges zu einem Unfall mit dem Klägerfahrzeug kam, ist zwischen den Parteien unstreitig.
Demgegenüber trifft den Versicherer die Beweislast dafür, dass es sich um einen manipulierten Unfall handelt. Den entsprechenden Nachweis kann der Versicherer auch im Wege des Indizienbeweises erbringen. Dieser wird geführt durch den Nachweis einer erheblichen Wahrscheinlichkeit für ein manipulatives Verhalten, so dass eine ungewöhnliche Häufung von Indizien, die für ein solches Verhalten sprechen, bereits eine entsprechende Feststellung gestatten. So kann bei Vorliegen einer Vielzahl von voneinander unabhängigen Indizien für einen manipulierten Unfall eine Überzeugungsbildung des Gerichts von einem entsprechenden Unfallhergang in Betracht kommen (vgl. OLG München, Urteil vom 07.03.2008, Az. 10 U 5394/07). Dabei kommt es für die erforderliche Überzeugungsbildung nicht darauf an, dass bestimmte, nach ihrer Anzahl bzw. ihrer äußeren Erscheinungsform immer gleiche Beweisanzeichen festgestellt werden müssen. Entscheidend ist vielmehr jeweils die Werthaltigkeit der Beweisanzeichen in ihrer Gesamtbetrachtung. Der Beweis für einen fingierten Unfall ist daher geführt, wenn sich der Unfall als letztes Glied einer Kette gleichförmiger Geschehnisse darstellt, ohne dass sich die festgestellten Gemeinsamkeiten noch durch Zufall erklären ließen. Dies gilt auch dann, wenn in diesem Sinne geeignete Indizien bei isolierter Betrachtung jeweils auch als unverdächtig erklärt werden könnten (KG, Beschluss vom 07.09.2010, Az. 12 O 210/09). Dabei müssen die einzelnen Hilfstatsachen feststehen, also unstreitig oder bewiesen sein (OLG München, Urteil vom 07.03.2008, Az. 10 U 5394/07).
Das Gericht ist nach Durchführung der Beweisaufnahme in ausreichendem Maße davon überzeugt, dass es sich bei dem Unfallereignis vom 05.08.2014 um kein fingiertes Unfallereignis gehandelt hat, die Kollision also nicht auf einer Absprache zwischen dem Kläger und dem Beklagten zu 1. beruht. Die von der Beklagten zu 2. vorgebrachten Indizien genügen in ihrer Gesamtschau nicht für die Annahme eines manipulierten Unfalles.
1. Nicht verkannt wird seitens des Gerichts dabei, dass nach den Ausführungen des Sachverständigen Dipl.-Ing. (FH) H. aus den Beschädigungen der Fahrzeuge sich ein stumpfer Kollisionswinkel in der Größenordnung von 65 – 70 Grad feststellen lässt. Dass der Sachverständige vor diesem Hintergrund zu dem Ergebnis kommt, dass eine normale Einfahrt des Beklagtenfahrzeuges in den Kreisverkehr nicht vorliege, sondern die Einfahrtslinie als bei Einfahrt in den Kreisverkehr in hohem Maße untypisch anzusehen ist, erscheint dem Gericht folgerichtig. Weiterhin ist der Sachverständige nachvollziehbar zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kollisionsgeschwindigkeit bei beiden Fahrzeugen in einer Größenordnung von ca. 20 km/h lag, beim Klägerfahrzeug liegt die für das Erreichen der festgestellten Endstellung realistische Geschwindigkeit im Bereich von ca. 22 km/h.
Der vom Kläger geschilderte Unfallhergang steht daher im Widerspruch zu der vom Sachverständigen überzeugend rekonstruierten Kollisionsstellung im Vergleich zum erforderlichen Unfallablauf, wie er bei spitzem Kollisionswinkel zu erwarten wäre, dann jedoch mit den Endstellungen der Fahrzeuge nicht zu vereinbaren ist, da sich dann die Kollision unmittelbar im Bereich der späteren Endstellung ereignet hätte und die Fahrzeuge sich nach der Kollision noch deutlich weiter hätten bewegen müssen (S. 22 des Sachverständigengutachtens, Bl. 103 d.A.).
Einschränkend ist hier jedoch nach Auffassung des Gerichts zu sehen, dass der Kläger im Rahmen seiner informatorischen Anhörung seine eigene Geschwindigkeit im Kreisverkehr zwischen 25 – 30 km/h eingeschätzt hat, was nur geringfügig über der vom Sachverständigen errechneten Kollisionsgeschwindigkeit von 22 km/h liegt. Die Geschwindigkeit des Beklagten zu 1. wurde durch den Kläger in der Klageschrift mit „verhältnismäßig hoch“ geschätzt. Hier ist zum einen zu berücksichtigen, dass der Kläger selbst im Rahmen seiner informatorischen Anhörung im Termin vom 26.08.2015 angab, die Geschwindigkeit des Beklagten zu 1., den er das erste Mal wahrgenommen habe, als er sich bereits im Kreisverkehr befand, nicht mehr schätzen zu können, zum anderen ist die Umschreibung „verhältnismäßig hoch“ sehr subjektiv. Die Widersprüche zwischen der klägerischen Unfallschilderung und der Unfallrekonstruktion des Sachverständigen sind hinsichtlich der Geschwindigkeit der Fahrzeuge daher weniger stark als sie scheinen. Zwar hat der Beklagte zu 1. in seiner Anhörung seine eigene Einfahrtsgeschwindigkeit vollkommen unrealistisch auf 60 km/h geschätzt, gleichzeitig hat er jedoch eingeräumt, dass dies eine reine Schätzung vom Gefühl her sei und er nicht ausschließen könne, vor der Kollision noch gebremst zu haben.
Trotzdem ist festzustellen, dass Widersprüchlichkeiten zwischen der klägerischen Unfallschilderung und dem vom Sachverständigen rekonstruierten Unfallhergang bestehen, insbesondere hinsichtlich des Kollisionswinkels. Nachdem es sich hier jedoch um das einzig wirklich belastbare Indiz für einen fingierten Verkehrsunfall handelt, steht für das Gericht noch nicht mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad an Gewissheit fest, dass dem Unfall eine Manipulation zugrunde lag (s.u.).
2. Die von der Beklagtenseite vorgebrachten weiteren Indizien begründen noch keine erhebliche Wahrscheinlichkeit für einen manipulierten Unfall, auch nicht in Zusammenschau miteinander und mit den dargestellten Widersprüchlichkeiten zwischen dem Klägervortrag und der Unfallrekonstruktion durch den Sachverständigen:
Im Einzelnen:
a) Soweit vorgebracht wird, dass für einen fingierten Unfall spreche, dass das klägerische Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt abgemeldet und mit einem Überführungskennzeichen versehen war, spricht dies nur sehr eingeschränkt für einen fingierten Unfall, nachdem der Kläger für seine Probefahrt einen nachvollziehbaren Grund genannt hat (Überprüfung der Funktionstätigkeit nach vorangegangener Reparatur der Bremsen).
b) Zwar kann die Abrechnung auf Gutachtenbasis grundsätzlich durchaus ein Indiz für einen manipulierten Unfall sein. Allerdings hat der Kläger hier durchaus nachvollziehbar vorgebracht, zu einer Reparatur des Fahrzeugs finanziell momentan nicht in der Lage zu sein. Dies erscheint nicht ungewöhnlich, nachdem es sich bei der erforderlichen Reparatursumme um einen fünfstelligen Eurobetrag handelt, der auch Personen mit gutem Einkommen häufig nicht einfach so zur Verfügung steht. Dass beim Klägerfahrzeug Vorschäden vorhanden sind, worauf die Beklagte zu 2. hingewiesen hat, ist im vorliegenden Fall durch den Privatgutachter berücksichtigt worden.
c) Auch ist es grundsätzlich richtig, dass auffällige Geständnisse eines Unfallbeteiligten ein Indiz für einen manipulierten Unfall sein können. Allerdings ist auch dies lediglich ein schwaches Indiz, nachdem die behauptete Alleinverursachung häufig durchaus der Realität entspricht.
d) Soweit (sinngemäß) vorgebracht wird, dass es sich bei den Fahrzeugen der Beteiligten um geradezu „typische“ Fahrzeuge eines fingierten Unfalls handelt (also ein älterer Wagen der „Luxusklasse“ mit hoher Gesamtlaufleistung, schlechte Verkäuflichkeit und erhebliche Vorschäden auf Klägerseite und wertloses Fahrzeug älteren Baujahrs auf Beklagtenseite), so ist auch dies zwar grundsätzlich ein Indiz für eine Unfallfingierung. Jedoch handelt es sich bei dem Klägerfahrzeug, einem erstmals 2010 zugelassenen BMW X5 mit einer Laufleistung von 62.147 km (vgl. Anlage K1), nicht um ein solches Fahrzeug, da nicht von einer schlechten Verkäuflichkeit auszugehen ist, zumal die festgestellten Vorschäden überschaubar sind.
e) Auch eine Unfallverursachung ohne Gefahr für die körperliche Unversehrtheit ist grundsätzlich zwar ein Indiz für einen manipulierten Unfall. Jedoch kann hier, nachdem die Aufprallgeschwindigkeit auch nicht im alleruntersten Bereich war, nach Auffassung des Gerichts nicht von einer völligen Gefahrenfreiheit für die Gesundheit des Klägers ausgegangen werden.
f) Soweit die Beklagte zu 2. weiter vorbringt, dass der Beklagte zu 1. ihr gegenüber als Unfallzeitpunkt „nachts“ angab, so ist dies allenfalls ein schwaches Indiz. Der Beklagte zu 1. verfügt nach dem Eindruck aus der mündlichen Verhandlung lediglich über rudimentäre Deutschkenntnisse. In seiner eigenen Einvernahme hat er dann glaubhaft angegeben, dass der Unfall sich zwischen 19:00 Uhr und 20:00 Uhr zutrug (im Protokoll ist fälschlicherweise zwischen 7:00 Uhr und 8:00 Uhr aufgenommen worden).
3. Mehrere Anzeichen sprechen im vorliegenden Fall darüberhinaus gegen einen fingierten Verkehrsunfall:
a) So ist im vorliegenden Fall zu berücksichtigen, dass sich der Unfall nicht, wie in Fällen fingierter Verkehrsunfälle üblich, in menschenleeren Gegenden zugetragen hat, sondern an einem Kreisverkehr, in welchem eine Umgehungsstraße und eine Kreisstraße zusammenlaufen. Dort ist mit einem erhöhten Verkehrsaufkommen und damit auch mit der Gefahr der Entdeckung und des Auftauchens unerwünschter Zeugen zu rechnen, auch und insbesondere in den Abendstunden, in denen sich der Unfall unstreitig zugetragen hat.
b) Darüber hinaus ist zu berücksichtigen, dass der Kläger und der Beklagte zu 1. – wie in Fällen von fingierten Verkehrsunfällen untypisch – die Polizei zur Unfallörtlichkeit hinzuriefen und den Unfall aufnehmen ließen. Darüber hinaus wurde das verunfallte Fahrzeug durch den Kläger im Nachhinein nicht beiseite geschafft, sondern der Beklagten zu 2. zur Nachbesichtigung zur Verfügung gestellt.
c) Auch spricht gegen einen fingierten Verkehrsunfall, dass der ursprünglich anwaltlich nicht vertretene Beklagte zu 1. nach Hinweis auf die Anwaltspflicht in landgerichtlichen Prozessen einen Rechtsanwalt mit seiner Vertretung beauftragte, sich dem Verfahren also nicht verweigerte, sondern in seiner Parteianhörung umfangreiche Angaben machte.
4. Nach alledem genügen die auf einen manipulierten Verkehrsunfall hindeutenden Indizien in ihrer Gesamtbetrachtung nicht, um von einem solchen auszugehen. In der lebensnahen Gesamtschau spricht daher zwar einiges gegen den Kläger, in der Summe reichen die vorhandenen Indizien jedoch nicht aus.
5. Die Haftung der Beklagten ist nicht wegen einer Verursachung durch höhere Gewalt gemäß § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen.
6. Nach alledem haftet die Beklagtenseite für den streitgegenständlichen Unfall vollumfänglich, nachdem der Verkehrsunfall durch eine Vorfahrtsverletzung des Beklagten zu 1. bei Einfahrt in den Kreisverkehr verursacht wurde, vgl. § 8 Abs. 1a StVO. Kommt es – wie hier – in unmittelbarem räumlichen Zusammenhang mit einer Vorfahrtsverletzung zu einem Unfall, so spricht der Anschein schuldhafter Vorfahrtsverletzung gegen den Wartepflichtigen mit der Folge, dass er regelmäßig den gesamten Schaden zu tragen hat und auch die Betriebsgefahr des Vorfahrtsberechtigten zurücktritt. Diesen Anschein konnte die Beklagtenseite nicht erschüttern. Insbesondere ergeben sich aus den Angaben des Beklagten zu 1. in seiner Einvernahme als Partei keine Anhaltspunkte für ein Verschulden des Klägers.
7. Zur Schadenshöhe ist auszuführen, dass die Ortsüblichkeit und Angemessenheit der Reparaturkosten in Höhe von 11.104,67 € netto sowie die Wertminderung in Höhe von 1.000,- € durch die Beklagtenseite nicht bestritten wurden. Die Gutachtenskosten in Höhe von 1.234,98 € kann der Kläger ebenfalls ersetzt verlangen, und zwar in Höhe des Bruttobetrages, nachdem der Kläger durch die Vorlage der Bestätigung der Steuerberaterin (Anlage B 2) nachgewiesen hat, dass das Fahrzeug nicht zum Betriebsvermögen seiner Firma gehört. Lediglich bei der Unkostenpauschale waren Abstriche von der Klageforderung zu machen, da diese gemäß § 287 ZPO lediglich auf 25,- € geschätzt wird (ständige Rechtsprechung des OLG München).
8. Weiterhin kann der Kläger von den Beklagten Zinsen gemäß §§ 286, 288 BGB ab 17.09.2014 verlangen. Der Kläger hat unbestritten am 18.08.2014 die Beklagte zu 2) zur Regulierung aufgefordert unter Fristsetzung bis 01.09.2014. Diese Frist war zwar deutlich zu kurz bemessen, jedoch wird durch die Setzung einer zu kurz bemessenen Frist eine angemessene Frist in Gang gesetzt. Eine solche von vier Wochen ist grundsätzlich angemessen, so dass ab 17.08.2014 Verzug vorlag. Weiterhin kann er Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.029,35 € zzgl. Zinsen hieraus gemäß §§ 288, 291 BGB verlangen. Es handelte sich nicht um einen sehr einfach gelagerten Verkehrsunfall, so dass die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe statthaft war.
III.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 2 ZPO.


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