Versicherungsrecht

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Aktenzeichen  8 O 4992/19

Datum:
17.7.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 47009
Gerichtsart:
LG
Gerichtsort:
Nürnberg-Fürth
Rechtsweg:
Ordentliche Gerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

1. Die Klage wird als unzulässig abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist für die Beklagte gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des
jeweils zu.
vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 101.705,83 EUR festgesetzt.

Gründe

Die Klage ist unzulässig. Sie war als unzulässig abzuweisen.
I. Zuständigkeit
Das angerufene Landgericht Nürnberg-Fürth ist zur Entscheidung in der Sache zuständig. Die Zuständigkeit resultiert aus §§ 71, 23 Nr. 1 GVG i.V.m. § 215 VVG.
II. Prozessführungsbefugnis
Die Klägerin ist nicht zur Prozessführung im vorliegenden Rechtsstreit befugt.
Die Fähigkeit einer Partei, vor Gericht zu stehen, die Vertretung nicht prozessfähiger Parteien durch andere Personen (gesetzliche Vertreter) und die Notwendigkeit einer besonderen Ermächtigung zur Prozessführung bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts, soweit nicht die nachfolgenden Paragraphen abweichende Vorschriften enthalten (§ 51 Abs. 1 ZPO). Das Gericht hat einen Mangel der Parteifähigkeit, der Prozessfähigkeit, der Legitimation eines gesetzlichen Vertreters und der erforderlichen Ermächtigung zur Prozessführung von Amts wegen zu berücksichtigen (§ 56 Abs. 1 ZPO).
Die Prozessführungsbefugnis ist Prozessvoraussetzung und in jeder Lage des Verfahrens von Amts wegen zu prüfen. Im Regelfall ist derjenige, der nach dem Klagevorbringen Berechtigter und Verpflichteter des streitigen Rechts ist (Sachbefugnis) auch berechtigt, über das behauptete Recht einen Prozess als Partei im eigenen Namen zu führen (BGH, Urteil vom 25.11.2004, Az.: I ZR 145/02). D. h., die Prozessführungsbefugnis folgt regelmäßig der Aktivlegitimation nach.
Die Klägerin ist vorliegend (auch) aktivlegitimiert, aber nicht prozessführungsbefugt. Grundsätzlich stehen bei der Versicherung für fremde Rechnung die Rechte aus dem Versicherungsvertrag dem Versicherten zu, § 44 Abs. 1 VVG. Dies sieht auch VGB 2008, Teil B, § 12 Ziff. 1 S. 1 so vor. Danach kann der Versicherungsnehmer den Versicherungsvertrag im eigenen Namen für das Interesse eines Dritten (Versicherten) schließen. Da es sich bei der durch den Hausverwalter abgeschlossenen Wohngebäudeversicherung um eine Versicherung für fremde Rechnung handelt, bei der sowohl das Interesse der WEG als Gemeinschaft, als auch das Interesse der jeweiligen Sondereigentümer versichert ist, stehen somit grundsätzlich (auch) der WEG Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu. Grundsätzlich ist insofern in § 44 Abs. 2 VVG vorgesehen, dass der Versicherte ohne Zustimmung des Versicherungsnehmers nur dann über seine Rechte verfügen und diese Rechte gerichtlich geltend machen, wenn er im Besitz des Versicherungsscheins ist. Diese Bestimmung wird indes wirksam abbedungen durch VGB 2008, Teil B, § 12 Ziff. 1 S. 2. Danach steht die Ausübung der Rechte aus dem Versicherungsvertrag nur dem Versicherungsnehmer und nicht auch dem Versicherten zu, was auch dann gilt, wenn der Versicherte den Versicherungsschein besitzt. Grundsätzlich kann vereinbart werden, dass nur der Versicherungsnehmer zur Geltendmachung des Versicherungsanspruches berechtigt sein soll. Derartige Klauseln sind nicht nach § 307 BGB zu beanstanden, da der Versicherer ein berechtigtes Interesse daran hat, es nur mit dem Versicherungsnehmer zu tun zu haben (keine Überprüfung der Versicherteneigenschaft, kein Prozesskostenrisiko im Hinblick auf den Versicherten, keine Auseinandersetzung mit einer Vielzahl unbekannter Personen, keine Doppelklage des Versicherungsnehmers und des Versicherten auf die Versicherungsleistung, keine Einvernahme des Versicherungsnehmers als Zeugen, usw., vgl. Prölss/Martin/Klimke, VVG, 30. Auflage, 2018, § 44, Rn. 25 m. zahlr. Nachw.). D. h., dass die Klägerin aufgrund der wirksamen Bestimmung des VGB 2008, Teil B, § 12 Ziff. 1 S. 2 hier gerade nicht – nachdem die Beklagte mit einer Prozessführung durch die Klägerin als „Rückausnahme“ gerade auch nicht einverstanden ist – zur Prozessführung befugt ist. Auf die „Abtretungsvereinbarung“ zwischen Klägerin und Verwalter kommt es insofern nicht an, weil nicht eine mangelnde Aktivlegitimation, „Abtretungsvereinbarung“ kann auch nicht in eine wirksame Bevollmächtigung zur Prozessstandschaft für den Verwalter zugunsten der Klägerin umgedeutet werden, weil damit gerade der legitime Vereinbarungszweck der Bestimmung des VGB 2008, Teil B, § 12 Ziff. 1 S. 2 konterkariert und umgangen würde. Es ist der Beklagten auch nicht nach § 242 BGB zu versagen, sich auf mangelnde Prozessführungsbefugnis der Klägerin zu berufen. Gerade die Vielzahl der hier betroffenen Interessen macht es nicht unbillig, dass die Beklagte eine Klärung nur im Verhältnis zum Versicherungsnehmer H. P. hergestellt haben will.
Die Klage war darum – als unzulässig – abzuweisen.
III. Prozessuale Nebenentscheidungen
Die prozessualen Nebenentscheidungen basieren auf §§ 91, 709 Satz 2 ZPO.


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