Verwaltungsrecht

1 WB 31/20

Aktenzeichen  1 WB 31/20

Datum:
6.5.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2021:060521B1WB31.20.0
Spruchkörper:
1. Wehrdienstsenat

Tenor

Der Antrag wird zurückgewiesen.

Tatbestand

1
Der Antragsteller wendet sich gegen seine Versetzung.
2
Der 1960 geborene Antragsteller ist Berufssoldat im Dienstgrad eines Oberstleutnants der Besoldungsgruppe A 15. Seine Dienstzeit wird nach derzeitigem Stand mit dem September 2021 enden.
3
Zum Februar 2017 wurde er auf einem mit A 15 dotierten Dienstposten als Referatsleiter und …-Stabsoffizier beim … mit Dienstort B versetzt. Mit Schreiben vom 16. September 2019 wurde der Antragsteller durch die Vizepräsidentin dieses Bundesamtes von seinen Aufgaben als Referatsleiter entbunden und “bis auf Weiteres” mit der Wahrnehmung von Aufgaben im Leitungsstab im Referat … des Bundesamtes betraut. In dem hiergegen gerichteten Antragsverfahren ist mit Beschluss vom 28. Januar 2021 festgestellt worden, dass die nichtdienstpostengerechte Verwendung des Antragstellers vom 16. September 2019 bis zum 16. Juni 2020 rechtswidrig gewesen ist (1 WB 14.20).
4
Mit Organisationsänderungsweisung des Bundesamtes … vom 21. April 2020 wurde der Dienstort des Dienstpostens des Antragstellers nach C verlegt und die Aufgabenbeschreibung des Dienstpostens um die Sicherstellung der Laufbahnausbildung für den gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst ergänzt. In den Anforderungen an den Dienstposten ist die ATN-… – Brandschutz … Streitkräfte – angeführt. Unter “Hinweis zum Dienstposten” heißt es: “Zur Wahrnehmung der Aufgaben am DP ist eine abgeschlossene Laufbahnausbildung des höheren (mindestens aber gehobenen) feuerwehrtechnischen Dienstes zwingend erforderlich.
5
Mit E-Mail vom 29. April 2020 kündigte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr dem Antragsteller an, ihn zum 1. Juni 2020 auf den mit A 15 bewerteten Dienstposten eines …-Stabsoffiziers (…) beim Bundesamt … versetzen zu wollen. Dem widersprach der Antragsteller am 6. Mai 2020, rügte die Nichteinhaltung von Verfahrensvorschriften und verlangte die Anhörung des zuständigen Personalvertretungsorgans. Unter dem 24. Mai 2020 beschwerte sich der Antragsteller gegen die Vororientierung, wandte sich gegen die Einrichtung des Dienstpostens, auf den er versetzt werden solle und beantragte die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Beschwerde.
6
Mit Verfügung des Bundesamtes für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 10. Juni 2020, dem Antragsteller am 17. Juni 2020 ausgehändigt, wurde er auf einen mit A 15 bewerteten Dienstposten eines …-Stabsoffiziers (…) beim Bundesamt … versetzt.
7
Hiergegen wandte sich der Antragsteller mit Beschwerde vom 3. Juli 2020. Davon unabhängig beschwerte er sich in gesonderten Verfahren gegen die Organisationsänderungen in Bezug auf seinen alten und seinen neuen Dienstposten.
8
Am 27. Juli 2020 befasste sich der Personalrat des Bundesamtes … in einer Sitzung mit der Versetzung des Antragstellers; die Gruppe der Soldaten hielt an ihrer früheren Stellungnahme fest. Nach intensiven persönlichen Gesprächen mit dem Antragsteller und Einholung weiterer Informationen beim zuständigen Personalführer sei sie der Auffassung, die Art und Weise, wie mit dem Antragsteller umgegangen werde, sei mehr als bedenklich. Seine Einlassungen im Rahmen der anhängigen Beschwerdeverfahren zum Umgang mit seiner Person seien nachvollziehbar und rechtens. Wegen der Organisationsänderung sei sein Verbleib auf dem bisherigen Dienstposten aber nicht möglich, sodass der Maßnahme zugestimmt werde.
9
Mit Bescheid vom 19. August 2020 ordnete das Bundesministerium der Verteidigung die aufschiebende Wirkung der Beschwerde vom 24. Mai 2020 an, soweit die Zuversetzung des Antragstellers auf den neuen Dienstposten betroffen sei, wies den Antrag aber im Übrigen zurück.
10
Bei sachgerechter Auslegung richte sich der Antrag auf die Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Beschwerden vom 24. Mai 2020 und vom 3. Juli 2020 und die vorläufige Rückgängigmachung des Vollzuges. Bei summarischer Prüfung gebe es nach Maßgabe der ZDv A-1420/37 keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Wegversetzung. Der Antragsteller sei mangels der nunmehr vorgeschriebenen Laufbahnausbildung für seinen ehemaligen Dienstposten nicht mehr geeignet. Zwar sei die Personalratsbeteiligung fehlerhaft gewesen, da eine gemeinsame Beratung aller Gruppen und eine Beschlussfassung der Gruppe der Soldaten erforderlich sei. Dies werde im Beschwerdeverfahren geheilt werden. Der Fehler sei nach § 46 VwVfG für die Wegversetzung unbeachtlich. Für die Zuversetzung sei der Antrag dagegen erfolgreich.
11
In Umsetzung des Bescheides hob das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr am 11. September 2020 die Versetzungsverfügung vom 10. Juni 2020 auf und versetzte den Antragsteller rückwirkend zum 1. Juni 2020 auf ein dienstpostenähnliches Konstrukt.
12
Nach entsprechender Wiederholung der Personalratsbeteiligung verband das Bundesministerium der Verteidigung die Beschwerden vom 24. Mai 2020 und vom 3. Juli 2020 zur gemeinsamen Entscheidung und wies beide mit Bescheid vom 14. Oktober 2020 zurück. Zwar könne gegen eine Vororientierung mangels individueller Rechtsverletzung noch keine Beschwerde erhoben werden. Die Beschwerde sei aber mit der späteren Versetzungsverfügung zulässig geworden. Die Versetzung sei rechtmäßig. Der Antragsteller sei für seinen ehemaligen Dienstposten mangels der vorgeschriebenen Laufbahnausbildung nicht mehr geeignet. Geeignet sei er aber für den neuen und zu besetzenden Dienstposten. Etwaige Anhörungsfehler seien im Beschwerdeverfahren nach § 45 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG geheilt. Zwar sei die Personalratsbeteiligung vor der Versetzung fehlerhaft gewesen. Im Beschwerdeverfahren sei der für die Zuversetzung relevante Fehler geheilt worden. Für die Wegversetzung sei er nach § 46 VwVfG unbeachtlich. Daraufhin versetzte das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr den Antragsteller mit der 3. Korrektur der Versetzungsverfügung vom 21. Oktober 2020 erneut auf den Dienstposten eines …-Stabsoffiziers (…) beim Bundesamt …
13
Unter dem 16. November 2020 stellte der Antragsteller Antrag auf gerichtliche Entscheidung gegen die Versetzungsverfügung vom 10. Juni 2020 in der Gestalt des Beschwerdebescheides vom 14. Oktober 2020. Diesen Antrag legte das Bundesministerium der Verteidigung dem Senat mit einer Stellungnahme vom 1. Dezember 2020 vor.
14
Der Antragsteller macht geltend, er sei nicht klar dienstlich zugeordnet und habe kein Aufgabengebiet. Seine tatsächliche Verwendung im Leitungsstab beschädige sein Ansehen. Ihm entstehe ein laufbahnrelevanter Schaden, da die Möglichkeiten einer amtsangemessenen, förderlichen Verwendung sänken. Er begehre die Aufhebung der rechtswidrigen Personalmaßnahme, nicht eine bloße Feststellung. Erledigung sei durch die Korrekturen der ursprünglichen Versetzung nicht eingetreten. Die 3. Korrektur stelle eine Rückkehr zum Ausgangszustand dar. Die Versetzung sei mangels einer ordnungsgemäßen Beteiligung der Personalvertretung verfahrensfehlerhaft. Die Personalratsbeteiligung vom 27. Juli 2020 heile nur den formalen Fehler des Versetzungsverfahrens. Eine Beteiligung des Personalrats oder der Vertrauensperson an der Organisationsänderung sei nicht erfolgt. Er habe die Personalratsbeteiligung im Beschwerdeverfahren beantragt. Verschiedene Termine zu Besprechungen mit der Vertrauensperson habe er unverschuldet nicht wahrnehmen können. Daher sei die Entscheidung über die Aufhebung der bisherigen Stellungnahme des Personalrates und der Vertrauensperson noch nicht abgeschlossen.
15
Die Versetzung sei zudem materiell-rechtlich willkürlich, diene keinem dienstlichen Zweck, sondern allein seiner Entfernung vom Dienstposten des Referatsleiters zur Förderung Dritter. Offensichtlich sollten Zivilpersonen in für sie vorteilhafte Positionen auf bisher militärische Dienstposten gesetzt werden. Die Änderung der Organisationsgrundlagen seines bisherigen Dienstpostens als Referatsleiter … sei rechtswidrig. Dem Referat … seien zuvor schon drei am Dienstort B angesiedelte Sachgebiete “Ausbildung”, “Fähigkeitsentwicklung” und “Internationale Zusammenarbeit” zugeordnet und die am Dienstort C angesiedelte “Ausbildungsstätte Brandschutz” unterstellt gewesen. Durch die Organisationsänderung sei im bisherigen Sachgebiet … als zusätzliches Strukturelement … die Lehrgangsmanagementstelle für die Ausbildungsstätte Brandschutz und die dort durchzuführende Laufbahnausbildung des gehobenen feuerwehrtechnischen Dienstes der Bundeswehr zugeordnet worden. Zu den im Übrigen unveränderten Aufgaben des Referatsleiters sei durch die Organisationsänderung die Sicherstellung der Laufbahnausbildung für den gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst ergänzt worden.
16
Die Aufgabe einer Sicherstellung der Laufbahnausbildung für den gehobenen feuerwehrtechnischen Dienst sei nicht durch den Referatsleiter, sondern durch das Sachgebiet “Ausbildung”, den Ausbildungsbeauftragten für die Ausbildung im Brandschutz der Bundeswehr und weitere Dienstposten des Referats wahrzunehmen. Die hiermit verbundenen Aufgaben würden unterhalb der Ebene des Referatsleiters durch den Sachgebietsleiter “Ausbildung”, der zugleich Ausbildungsbeauftragter für die gesamte Ausbildung im Brandschutz der Bundeswehr sei und über die besondere brandschutzfachliche Laufbahnqualifikation verfüge, wahrgenommen. Lehrgänge würden nach den Vorgaben des Sachgebietes “Ausbildung” von der Ausbildungsstätte Brandschutz durch hierfür qualifiziertes Personal durchgeführt. Eigene Zuständigkeiten und Aufgaben habe der Referatsleiter … dort nicht.
17
Die Wahrnehmung von ausbildungs- und brandschutzfachlichen Detailaufgaben entspreche nicht den organisatorischen Vorgaben der Bundeswehr für einen Referatsleiter der Dotierungsebene A 15. Er verfüge zudem über die fachliche Qualifikation eines Brandschutzstabsoffiziers und sei damit für die Referatsleitung fachlich qualifiziert. Er sei 2001 bis 2005 als Brandschutzstabsoffizier und amtlich bestellter Ausbildungsbeauftragter für die Ausbildung im Brandschutz der Bundeswehr im Streitkräfteunterstützungskommando in … verwendet worden.
Seine Wegversetzung sei auch nicht mit einem “Unterbringungsbedürfnis” nach Nr. 205 Buchst. d ZDv A-1420/37 zu rechtfertigen. Die Versetzung sei nicht erforderlich. Seine Verwendung auf dem neuen Dienstposten sei weder dotierungs- noch eignungsgerecht oder förderlich. Er erfülle die Voraussetzungen für eine Förderung in die Ebene A 16, die auf dem neuen Dienstposten aber erschwert werde. Diesem seien entgegen Nr. 501 bis Nr. 504 ZDv A-1300/35 weder ein Kompetenzbereich noch dotierungsgerechte Aufgaben, die eine Förderung nach Nr. 317 und Fußnote 12 ZE B-1340/78 möglich machen würden, zugeordnet. Er werde tatsächlich nicht auf dem Dienstposten, vielmehr unverändert nicht dienstpostengerecht im Leitungsstab … eingesetzt. Die Organisationsänderung sei in diesem Verfahren inzident zu prüfen. Zum Beweis der Rechtswidrigkeit der Organisationsänderung beruft sich der Antragsteller insbesondere auf das Zeugnis des Ausbildungsbeauftragten Oberstleutnant A.
18
Der Antragsteller beantragt,
die Versetzungsverfügung vom 10. Juni 2020 in Gestalt der Versetzungsverfügung vom 14. September 2020 wiederum in Gestalt der 3. Korrektur vom 21. Oktober in Gestalt des Beschwerdebescheids vom 14. Oktober 2020 aufzuheben.
19
Das Bundesministerium der Verteidigung beantragt,
den Antrag zurückzuweisen.
20
Das Anfechtungsbegehren sei statthaft. Eine Umstellung des Antrages auf die letzte Verfügung wäre als Anfechtung eines “stellvertretenden Commodums” zulässig. Das Rechtsschutzziel einer Verwendung des Antragstellers auf einem dotierungsgerechten, förderlichen Dienstposten könne mangels notwendiger Konkretisierung und Identität zwischen Beschwerde- und Antragsverfahren nicht zulässig verfolgt werden. Da der Antragsteller isolierte Beschwerden gegen die Änderung der Dienstposten eingelegt habe, könne das Bundesministerium der Verteidigung sein Vorbringen nicht inzident als Vorfrage der Versetzung prüfen. Insoweit sei der Verwaltungsrechtsweg eröffnet. Klage sei aber nicht erhoben. Die “weiteren Beschwerden” ersetzten diese nicht. Daher stünden die Inhalte der Dienstposten bestandskräftig fest. Für die Notwendigkeit der Änderungen komme es auf die Einschätzung des Dienstherrn, nicht auf die des Antragstellers an. Ein Eingreifen im Wege der Dienstaufsicht könne er nicht verlangen. Die Querversetzung sei rechtmäßig. Der Dienstposten eines Referatsleiters werde für einen anderen Soldaten benötigt. Der Antragsteller habe keinen Anspruch, auch weiterhin als Referatsleiter verwendet zu werden. Eine “Ämterstabilität” gebe es nur innerhalb der Besoldungsgruppe, nicht hinsichtlich der von ihm als höherwertig eingestuften Tätigkeit als Referatsleiter. Auf ein höheres Ansehen dieser Verwendung komme es nicht an. Der Antragsteller sei für seinen alten Dienstposten nicht mehr geeignet. Die formgerechte Anhörung des Personalrates sei nachgeholt worden. Er werde nicht in seinem Fortkommen beeinträchtigt. Angesichts seines nahen Dienstzeitendes sei sein Verwendungsaufbau abgeschlossen. Die neue Verwendung sei dotierungsgleich und zumutbar. Verwendungsvorschläge und Entwicklungsprognosen der Beurteilung seien für die Personalführung nicht bindend. Auf Unterstellungsverhältnisse und Beurteilungszuständigkeiten komme es nicht an.
21
Mit Beschluss vom 11. März 2021 – 1 WDS-VR 16.20, 1 WDS-VR 17.20 – ist der Antrag, die aufschiebende Wirkung des Antrages auf gerichtliche Entscheidung vom 16. November 2020 gegen die Versetzung des Antragstellers vom 10. Juni 2020 in der Fassung der 3. Korrektur vom 21. Oktober 2020 und den Widerspruchsbescheid vom 14. Oktober 2020 anzuordnen, abgelehnt worden.
22
Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen. Die Beschwerdeakte des Bundesministeriums der Verteidigung und die Personalgrundakte des Antragstellers haben dem Senat bei der Beratung vorgelegen.


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