Verwaltungsrecht

8 B 7/21

Aktenzeichen  8 B 7/21

Datum:
4.8.2021
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
Dokumenttyp:
Beschluss
ECLI:
ECLI:DE:BVerwG:2021:040821B8B7.21.0
Spruchkörper:
8. Senat

Verfahrensgang

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Mecklenburg-Vorpommern, 28. Oktober 2020, Az: 2 LB 881/17, Urteilvorgehend VG Schwerin, 28. September 2017, Az: 4 A 2713/15

Tenor

Das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern vom 28. Oktober 2020 wird aufgehoben. Die Sache wird zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das Oberverwaltungsgericht zurückverwiesen.
Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2 191 300 € festgesetzt.

Gründe

1
Der Kläger war Geschäftsführer eines Unternehmens, dem der Beklagte einen Investitionszuschuss bewilligt und ausbezahlt hatte. Mit dem angefochtenen Bescheid widerrief der Beklagte den Zuwendungsbescheid zum Teil und forderte den Kläger zur Rückzahlung eines Betrages von 2 191 300 € zuzüglich Zinsen auf. Der Beklagte wies den Widerspruch des Klägers mit einem Widerspruchsbescheid zurück, der dessen Prozessbevollmächtigten am 8. Juni 2015 zugestellt wurde. Die hiergegen erhobene Klage ging am 16. Juli 2015 beim Verwaltungsgericht ein.
2
Mit einem am 30. Juli 2015 beim Verwaltungsgericht eingegangenen Schriftsatz beantragte der Kläger die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, da er die Klagefrist unverschuldet versäumt habe. In der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten werde nach der Versendung fristwahrender Schriftsätze an Adressaten außerhalb des Kanzleiortes die Frist im Fristenkalender erst dann gelöscht, wenn für den versandten Schriftsatz eine Eingangsbestätigung vorliege. Gehe diese nicht rechtzeitig vor Fristablauf ein, werde bei dem Adressaten des Schriftsatzes nachgefragt. Die Klagefrist sei im vorliegenden Fall jedoch von der seit 1987 in der Kanzlei tätigen, sonst stets zuverlässigen Anwaltssekretärin versehentlich schon nach Versendung der Klageschrift im Fristenkalender gelöscht worden. Daher sei auch die Nachfrage beim Verwaltungsgericht während des Fristlaufs unterblieben. Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht hat auch die Berufung des Klägers zurückgewiesen und die Revision gegen sein Urteil nicht zugelassen. Der Kläger habe nicht dargelegt, dass im Büro seines Prozessbevollmächtigten hinreichende organisatorische Vorkehrungen getroffen worden seien, die die unberechtigte Streichung von Fristen verhinderten und deren Einhaltung sicherstellten. Es fehle an einer Nachkontrolle, mit der regelmäßig überprüft werde, dass alle fristwahrenden Maßnahmen tatsächlich durchgeführt worden seien. Das gelte auch bei der in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten praktizierten Eingangskontrolle.
3
Die Beschwerde des Klägers ist begründet. Sie rechtfertigt zwar nicht die Zulassung der Revision wegen Grundsatzbedeutung (1.) oder Divergenz (2.). Der Kläger macht jedoch mit Erfolg einen Verfahrensmangel geltend (3.), der – mangels Richtigkeit des Berufungsurteils aus anderen Gründen (4.) – gemäß § 133 Abs. 6 i.V.m. § 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht führt.
4
1. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor. Es bedarf daher keiner näheren Erörterung, ob die lediglich hilfsweise Erhebung dieser Rüge einer Zurückverweisung entgegenstehen könnte.
5
Die Revision ist wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen, wenn die Rechtssache eine Frage des revisiblen Rechts aufwirft, die der – gegebenenfalls erneuten oder weitergehenden – höchstrichterlichen Klärung bedarf, sofern diese Klärung in dem angestrebten Revisionsverfahren zu erwarten steht und dies zu einer Fortentwicklung der Rechtsprechung über den Einzelfall hinaus führen wird. Der Rechtsmittelführer hat darzulegen, dass diese Voraussetzungen vorliegen (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO). Diesen Anforderungen genügt die Beschwerdebegründung nicht.
6
Die vom Kläger aufgeworfene Frage,
Ist einem Prozessbevollmächtigten dann, wenn er einen fristgebundenen Schriftsatz unstreitig rechtzeitig abgesandt hat und dieser trotzdem nicht rechtzeitig bei Gericht eingeht, ein Verschulden im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO hinsichtlich der Organisation der Fristenkontrolle in seiner Kanzlei vorzuwerfen, wenn der Prozessbevollmächtigte in seiner Rechtsanwaltskanzlei ein System der Eingangskontrolle etabliert, aber keine zusätzliche Vorkehrung für den Fall getroffen hat, dass in einer als erledigt vermerkten Fristsache die fristwahrende Handlung noch aussteht?,
zielt ersichtlich auf den vorliegenden Einzelfall und kann daher mangels fallübergreifender Bedeutung nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision führen. Ob einen Rechtsanwalt aufgrund der Organisation der Fristenkontrolle in seiner Kanzlei ein Verschulden im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO trifft, hängt von den Gegebenheiten des Einzelfalls ab und ist daher einer rechtsgrundsätzlichen Klärung nicht zugänglich.
7
2. Die Revision ist nicht wegen Divergenz (§ 132 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) zuzulassen. Eine Divergenz ist nicht dargelegt. Dieser Zulassungsgrund ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nur dann hinreichend bezeichnet, wenn die Beschwerde einen inhaltlich bestimmten, die angefochtene Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz benennt, mit dem die Vorinstanz einem in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts oder eines anderen der in der Vorschrift aufgeführten Gerichte aufgestellten ebensolchen (abstrakten) Rechtssatz in Anwendung derselben Rechtsvorschrift widersprochen hat. Die nach Auffassung eines Beschwerdeführers divergierenden Rechtssätze müssen einander gegenübergestellt und die entscheidungstragende Abweichung muss hierauf bezogen konkret herausgearbeitet werden. Das bloße Aufzeigen einer vermeintlich fehlerhaften oder unterbliebenen Anwendung von Rechtssätzen, die das Bundesverwaltungsgericht oder der Gemeinsame Senat der obersten Bundesgerichte oder das Bundesverfassungsgericht aufgestellt haben, genügt den Darlegungsanforderungen einer Divergenzrüge nicht. So aber liegt der Fall hier.
8
Der Kläger macht geltend, das Berufungsurteil weiche von einem in einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten und vom Bundesverwaltungsgericht übernommenen Rechtssatz ab, nach dem einem Bürger im Rahmen der verfahrensrechtlichen Vorschriften über die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand eine Verzögerung der Briefbeförderung durch die Post nicht als Verschulden anzurechnen sei. Im Verantwortungsbereich des Bürgers könne es nur liegen, das zu befördernde Schriftstück so rechtzeitig zur Post zu geben, dass es nach deren organisatorischen und betrieblichen Vorkehrungen bei normalem Verlauf der Dinge den Empfänger fristgerecht erreiche. Eine Pflicht, den Eingang des Schriftsatzes bei Gericht zu überwachen, bestehe dann nicht (BVerfG, Beschluss vom 11. Januar 1991 – 1 BvR 1435/89 – NJW 1992, 38; BVerwG, Beschluss vom 27. März 2017 – 4 BN 33.16 – juris Rn. 5).
9
Das Berufungsgericht hat keinen hiervon abweichenden Rechtssatz aufgestellt. Vielmehr ist es zu der Auffassung gelangt, ein Organisationsverschulden des früheren Prozessbevollmächtigten bestehe darin, dass keine Überprüfung der tatsächlichen Durchführung der Eingangskontrolle vorgesehen sei. Es komme daher im hier zu entscheidenden Fall nicht darauf an, dass nach der erwähnten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ein Rechtsanwalt normalerweise nur verpflichtet sei, für die rechtzeitige Absendung eines Schriftsatzes zu sorgen, aber nicht, sicherzustellen, dass dieser auch rechtzeitig eingehe. Aus dieser Erwägung des Berufungsgerichts kann sich allenfalls eine fehlerhafte Nichtanwendung der in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aufgestellten Rechtssätze, nicht aber eine zur Zulassung der Revision führende Divergenz ergeben.
10
3. Der von der Beschwerde gerügte Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt hingegen vor. Das Berufungsgericht hat zu Unrecht angenommen, die Klage sei unzulässig. Sein Urteil beruht auf der verfahrensfehlerhaften Annahme, die Nichteinhaltung der Klagefrist beruhe darauf, dass organisatorische Vorkehrungen unterblieben seien, mittels derer die Durchführung der Eingangskontrolle überwacht werden konnte. Der Kläger war vielmehr ohne Verschulden verhindert, die Klagefrist einzuhalten. Deshalb ist ihm auf seinen Antrag hin Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren.
11
a) Im Rahmen des § 60 Abs. 1 VwGO ist das Verschulden von Hilfspersonen, insbesondere von Büropersonal, einem Beteiligten nicht zuzurechnen. Zurechenbar ist nur das Verschulden des Beteiligten oder des Prozessbevollmächtigten, das darin bestehen kann, dass dieser die Hilfsperson nicht mit der erforderlichen Sorgfalt ausgewählt, angeleitet und überwacht hat sowie durch eine zweckmäßige Büroorganisation, insbesondere auch hinsichtlich der Fristen, der Terminüberwachung und der Ausgangskontrolle das Erforderliche zur Vermeidung von Fristversäumnissen getan hat. Der Abgang fristwahrender Schriftsätze muss deshalb so kontrolliert und vermerkt werden, dass er zweifelsfrei nachweisbar ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. Mai 2006 – 7 B 36.06 – Buchholz 310 § 60 VwGO Nr. 258).
12
Diesen Anforderungen ist nach dem Wiedereinsetzungsantrag und den beigefügten eidesstattlichen Versicherungen der Rechtsanwaltsfachangestellten W. und S. vom 30. Juli 2015 hier genügt worden. Danach haben sich die Büroangestellten des Prozessbevollmächtigten nach dessen organisatorischen Vorgaben bei der Absendung fristwahrender Schriftsätze zu vergewissern, dass diese ordnungsgemäß abgesandt worden sind. Das ist hier nach der eidesstattlichen Versicherung der Angestellten S. erfolgt. Die Klageschrift ist bereits am 23. Juni 2015 und damit mehr als zwei Wochen vor Ablauf der Klagefrist (§ 74 Abs. 1 Satz 1 VwGO) am 8. Juli 2015 zur Post gegeben worden. Ein darauf bezogener zweifelsfreier Nachweis liegt in Gestalt des auf den 23. Juni 2015 datierten Einlieferungsbelegs der Deutschen Post AG vor.
13
Soweit nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs zur Ausschließung eines Organisationsverschuldens bei der Kontrolle der Versendung von Schriftsätzen darüber hinaus am Ende eines jeden Arbeitstages eine nochmalige selbstständige Überprüfung der Erledigung fristgebundener Sachen anhand des Fristenkalenders erforderlich ist (BGH, Beschluss vom 25. Februar 2016 – III ZB 42/15 – NJW 2016, 1742 Rn. 10 m.w.N.), kann offenbleiben, ob eine solche Nachkontrolle der Absendung auch in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten des Klägers erforderlich gewesen wäre. Denn auf einem Verstoß gegen eine derartige Obliegenheit könnte die Versäumung der Klagefrist im vorliegenden Fall nicht beruhen, da die Versendung der Klageschrift nachweislich rechtzeitig vor Ablauf der Klagefrist erfolgte und damit erledigt war.
14
b) Ein dem Prozessbevollmächtigten und damit auch dem Kläger zurechenbares Organisationsverschulden folgt nicht aus dem Unterbleiben der in der Kanzlei praktizierten Eingangskontrolle. Danach bestand die Pflicht der Angestellten, Fristen im Fristenkalender nicht schon nach Absendung des Schriftsatzes, sondern erst nach Vorliegen einer darauf bezogenen Eingangsbestätigung zu löschen und – sollte diese nicht rechtzeitig eingehen – bei dem jeweiligen Adressaten telefonisch nachzufragen. Diese Kontrolle ist hier zwar unterblieben, weil die Frist im Fristenkalender – entgegen den organisatorischen Vorgaben in der Kanzlei – bereits nach der rechtzeitigen Absendung des Schriftsatzes gelöscht wurde. Dieser Umstand führt jedoch nicht zu einem Verschulden im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO. Etwas Anderes ergibt sich entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts auch nicht daraus, dass in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten keine organisatorischen Vorkehrungen dagegen getroffen wurden, dass die Eingangskontrolle versehentlich unterbleibt.
15
Hat ein Prozessbevollmächtigter – wie hier – einen fristwahrenden Schriftsatz rechtzeitig zur Post gegeben, ist er zu einer Kontrolle des rechtzeitigen Eingangs eines Schriftsatzes bei Gericht grundsätzlich nicht verpflichtet (BVerfG, Beschluss vom 11. Januar 1991 – 1 BvR 1435/89 – NJW 1992, 38; BVerwG, Beschluss vom 27. März 2017 – 4 BN 33.16 – juris Rn. 5). Führt er eine derartige Eingangskontrolle dennoch durch, hat ein ihm hierbei unterlaufendes Versäumnis kein Verschulden im Sinne des § 60 Abs. 1 VwGO zur Folge. Eine Gepflogenheit, über das rechtlich gebotene Maß hinaus weitere organisatorische Sicherungen anzuordnen und zu beachten, führt nicht zu einer Verschärfung der Sorgfaltspflichten des Rechtsanwalts. Andernfalls würde dieser ohne sachlichen Grund schlechter behandelt als ein Prozessbevollmächtigter, der keine zusätzliche überobligatorische Fristenüberwachung durchführt (BGH, Beschlüsse vom 11. Oktober 1989 – IVa ZB 7/89 – NJW 1990, 188 und vom 8. April 1992 – XII ZB 34/92 – NJW-RR 1992, 1020 , Versäumnisurteil vom 19. Dezember 1991 – VII ZR 155/91 – NJW 1992, 1047; OVG Münster, Beschluss vom 4. September 2012 – 15 A 965/10 – juris Rn. 3). Zur Vermeidung eines Organisationsverschuldens bedurfte es daher nicht der vom Berufungsgericht vermissten Nachkontrolle hinsichtlich der Überwachung des Eingangs von Schriftsätzen beim Adressaten.
16
4. Im Hinblick auf die bei der Versendung von fristgebundenen Schriftsätzen während eines Poststreiks zu beachtenden Sorgfaltsanforderungen erweist sich das Berufungsurteil auch nicht aus anderen Gründen als richtig, was nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts einem Erfolg der Beschwerde in entsprechender Anwendung des § 144 Abs. 4 VwGO entgegenstünde.
17
Das Berufungsgericht hat die Frage offengelassen, ob die Absendung der Klageschrift während des von 9. Juni bis einschließlich 6. Juli 2015 dauernden Poststreiks zu erhöhten Anforderungen an die zu beachtenden Sorgfaltspflichten führte. Eine solche Verschärfung ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts allerdings zu bejahen, wenn der störungsfreie Postverkehr wegen eines Poststreiks nicht gewährleistet ist. Das normalerweise gerechtfertigte Vertrauen in eine fristgemäße Briefbeförderung durch die Post ist unter diesen Umständen nicht mehr gegeben. So kann in einem solchen Fall von einem Prozessbevollmächtigten erwartet werden, dass er sich danach erkundigt, ob der während des Poststreiks abgesandte Schriftsatz das Gericht auch fristgerecht erreicht hat, und dass er notfalls für die Wahrung der Frist auf andere Weise Sorge trägt, indem er beispielsweise dem Gericht den Schriftsatz durch Telefax zukommen lässt (BVerwG, Beschluss vom 20. Februar 1997 – 9 B 776.96 – juris Rn. 2).
18
Auch im Hinblick darauf liegt ein – die Zurückweisung der Berufung rechtfertigendes – Verschulden des Prozessbevollmächtigten jedoch nicht vor. Die in seiner Kanzlei grundsätzlich in jedem Fall der Versendung eines fristwahrenden Schriftsatzes an einen außerhalb des Kanzleiortes gelegenen Gerichtsort vorgesehene Kontrolle des rechtzeitigen Eingangs dort genügt den organisatorischen Sorgfaltsanforderungen, die an einen Prozessbevollmächtigten im Hinblick auf die besonderen Bedingungen während eines Poststreiks zu stellen sind. Das hierbei im vorliegenden Fall eingetretene Versäumnis seiner langjährig in der Kanzlei tätigen, im Übrigen stets zuverlässigen Angestellten ist dem Prozessbevollmächtigten nicht zuzurechnen.
19
Ein Verschulden ergibt sich auch insoweit nicht aus dem Unterbleiben einer Nachkontrolle dieser Maßnahme. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts bedarf es bei einer Eingangskontrolle, wie sie in der Kanzlei des Prozessbevollmächtigten praktiziert wird, schon grundsätzlich keiner weiteren Überprüfung, ob die – überobligatorische – telefonische Nachfrage beim Gericht tatsächlich erfolgt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 24. Januar 1996 – XII ZB 4/96 – FamRZ 1996, 1003). Eine derartige Nachkontrolle war erst Recht nicht geboten, wenn – wie hier – schon die Eingangskontrolle nur ausnahmsweise als Reaktion auf den Poststreik hätte erfolgen müssen. Bei diesem Streik handelte es sich um ein außergewöhnliches Ereignis, das dauerhafte organisatorische Vorkehrungen zur Gewährleistung einer nochmaligen Überprüfung der Eingangskontrolle nicht erforderlich machte.
20
Das Berufungsurteil beruht auf dem vorliegenden Verfahrensmangel (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO). Im Interesse der Verfahrensbeschleunigung macht der Senat von der Möglichkeit Gebrauch, die Entscheidung aufzuheben und den Rechtsstreit gemäß § 133 Abs. 6 VwGO an das Berufungsgericht zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen.
21
Die Entscheidung über die Kosten ist der Schlussentscheidung vorzubehalten. Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3 i.V.m. § 52 Abs. 3 GKG.


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