Verwaltungsrecht

Abänderung einer im Wege der einstweiligen Anordnung verfügten Stellenbesetzungssperre

Aktenzeichen  M 21 E 18.5772

Datum:
5.12.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 31762
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BBG § 21
BLV § 50 Abs. 2 S. 2
VwGO § 80 Abs. 7, § 123
ZPO § 920 Abs. 2
GG Art. 33 Abs. 2

 

Leitsatz

1 Die auf einstweilige Anordnung des im Auswahlverfahren unterlegenen Beamten verfügte Stellenbesetzungssperre kann auf Antrag des Dienstherrn wegen veränderter Umstände (hier: neue, nunmehr fehlerfreie Beurteilung) entsprechend § 80 Abs. 7 S. 2 VwGO abgeändert werden. (Rn. 11 und 12) (redaktioneller Leitsatz)
2 Wird eine fehlerhafte dienstliche Beurteilung durch eine im Ergebnis inhaltsgleiche, nunmehr aber fehlerfreie Beurteilung ersetzt, bedarf es keiner neuen Auswahlentscheidung. (Rn. 17) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die Zuerkennung einer Leistungsprämie schränkt den Beurteilungsspielraum des Beurteilers nicht ein. (Rn. 24) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Nr. I des Beschlusses vom 25. Oktober 2018 Az. M 21 E 18.4734 wird aufgehoben.
Der in dem genannten Verfahren gestellte gerichtliche Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller (des Ausgangsverfahrens) hat die Kosten des Änderungsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert wird auf 13.116,42 € festgesetzt.

Gründe

I.
Wegen der Sachverhaltsdarstellung wird zunächst auf den zwischen denselben Beteiligten ergangenen, mit Ablauf der Rechtsmittelfrist rechtskräftig gewordenen Beschluss nach § 123 VwGO vom 25. Oktober 2018 (Az. M 21 E 18.4734) Bezug genommen, mit dem die Kammer auf den Antrag des Antragstellers (des Ausgangsverfahrens) im Wege der einstweiligen Anordnung der Antragsgegnerin (des Ausgangsverfahrens) aufgegeben hat, die ihr zur Besetzung zugewiesenen Beförderungsplanstellen der Besoldungsgruppe A11 vorläufig so lange freizuhalten, bis über den Widerspruch des Antragstellers gegen die Auswahlentscheidung bestandskräftig entschieden worden ist.
Am 14. November 2018 wurde dem Antragsteller eine neue Anlassbeurteilung für den Zeitraum vom 1. März 2017 bis zum 30. Juni 2018 eröffnet. Sie enthält in der Bewertung der Leistungs- (Teil II) und der Befähigungsmerkmale (Teil III) dieselben Prädikate wie die mit dem Abhilfebescheid vom 18. Oktober 2018 aufgehobene Beurteilung und gelangt erneut zu einer Gesamtnote (Teil IV) von B2. Zu deren Begründung wurde nunmehr in der dienstlichen Beurteilung ausgeführt, der Antragsteller habe im Beurteilungszeitraum einen längeren Zeitanteil als beauftragter Gruppenleiter zurückgelegt, sodass bei ihm das (Haupt-)Kriterium „Führung“ einer Bewertung unterliege. Den dortigen (Unter-)Merkmalen komme daher innerhalb der jeweiligen Gruppen von nicht gewichteten und besonders gewichteten Einzelmerkmalen eine besondere Bedeutung zu. Die obligatorischen Leistungsmerkmale lägen alle bei B2 mit Ausnahme der Nr. 2 (Fachkenntnisse), wofür das Prädikat B3 zuerkannt worden sei. Darüber hinaus gewichtete Merkmale aufgrund der Arbeitsplatzbeschreibung seien ebenfalls mehrheitlich mit B2 bewertet worden; eine Ausnahme bilde hier die Nr. 3.1 (Eigenständigkeit der Arbeitsweise) mit der Bewertung B1. Bei den nicht gewichteten Merkmalen sei auch hier der Anteil an B2-Einstufungen höher als die Zahl der B1-Einstufungen. Befähigungsmerkmale unterlägen keiner Gewichtung. Sie seien überwiegend als „stärker ausgeprägt“ eingestuft und zeigten auf, dass der Antragsteller der Aufgabenübertragung eines Gruppenleiters voll gewachsen sei und seine Fähigkeiten der gezeigten Leistung nicht widersprächen. Er verfüge über das Potenzial, sich in seiner übertragenen Aufgabe als Gruppenleiter zügig fachlich weiterzuentwickeln. Unter Berücksichtigung der Verteilung der Einzelnoten und deren Gewichtung bei besonderer Beachtung der Führungsmerkmale innerhalb der Gruppen von besonders gewichteten und nichtgewichteten Einzelmerkmalen ergebe sich daher insgesamt eine Gesamtnote von B2.
Hiergegen legte der Kläger am Ende des mit ihm am 20. November 2018 geführten Beurteilungsgesprächs Widerspruch ein, über den die Antragsgegnerin bislang noch nicht entschieden hat.
Am 27. November 2018 beantragte die Antragsgegnerin des Ausgangsverfahrens nach § 123 VwGO, in Abänderung des Beschlusses vom 25. Oktober 2018 den Antrag des Antragstellers auf Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes vom 25. September 2018 abzulehnen, hilfsweise zu verfügen, dass nur noch eine Beförderungsplanstelle der Besoldungsgruppe A11 vorläufig bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache freizuhalten ist.
Zur Begründung wurde vorgetragen, aufgrund der Eröffnung der neuen Beurteilung sei gegenüber dem Stand des Beschlusses vom 25. Oktober 2018 eine neue Sachlage eingetreten. Entgegen der Darstellung des Antragstellers seien seine Leistungen zu keinem Zeitpunkt und in keinem Statusamt mit einer Spitzennote beurteilt worden. Vielmehr sei eine Beurteilungsnote für das Statusamt eines Polizeikommissars (Besoldungsgruppe A9) lediglich aus einer Beurteilung des Landes Niedersachsen für das Statusamt eines Polizeioberkommissars (Besoldungsgruppe A10) nachgezeichnet und wegen der Absenkung des Statusamtes angehoben worden. Somit sei in Wirklichkeit die dem Antragsteller zuerkannte Note C – mittlerer Ausprägungsgrad und damit das Prädikat „entspricht voll den Anforderungen“ – insoweit vergleichbar mit der Note B3 im Beurteilungssystem der Bundespolizei mit dem Prädikat „genügt den Anforderungen des Arbeitsplatzes voll und ganz“ – um drei Notenstufen auf die Note A2 angehoben worden. Mithin ergebe die Absenkung der Beurteilungsnote nach Wiederbeförderung zum Polizeioberkommissar (Besoldungsgruppe A10) um zwei Notenstufen im Saldo eine Verbesserung der dienstlichen Beurteilung um eine Notenstufe seit dem Wechsel des Antragstellers von der Landespolizei Niedersachsen zur Bundespolizei. Dies bilde auch nach der Stellungnahme des Zweitbeurteilers die Leistungssteigerung des Antragstellers im Beurteilungszeitraum zutreffend ab. Dagegen widerspräche es jeglicher Lebenserfahrung, anzunehmen, dass ein ehemaliger Vollzugsbeamter einer Landespolizei sich innerhalb von 16 Monaten derart intensiv und erfolgreich in bisher fremde Rechtsgebiete des Pass- und Visarechts, des Aufenthaltsrechts, des Schengener Grenzkodex‘ und der Dublin III-VO einarbeiten könne, dass er die Leistungen der bereits langjährig in diesem Bereich tätigen Konkurrenten überflügele. Mit einer Gesamtnote B 2 und einer Bewertung der vier obligatorischen Leistungsmerkmale mit B2, B3, B2 und B2, was einer Punktezahl von 2,75 entspreche, stehe der Antragsteller nach alledem bestenfalls auf Platz 292 der Beförderungsreihenfolge zu A11. Mithin komme es für die angefochtene Auswahlentscheidung auf das nächste Rangfolgekriterium, die Regelbeurteilung 2014, nicht mehr an. Auf die weiteren Ausführungen zu der Umrechnung und Einwertung der vorletzten dienstlichen Beurteilung wird Bezug genommen, ebenso auf die Ausführungen zum Hilfsantrag.
Der Antragsteller beantragte,
den Abänderungsantrag abzulehnen.
Zur Begründung wurde von seinen Bevollmächtigten vorgetragen, an einer Änderung der Sach- und Rechtslage fehle es bereits deshalb, weil die Antragsgegnerin im Gefolge der neu eröffneten dienstlichen Beurteilung keine neue Auswahlentscheidung getroffen habe, was zur Heilung des mittlerweile unstreitigen Beurteilungsfehlers erforderlich gewesen wäre.
Im Übrigen sei die am 14. November 2018 eröffnete dienstliche Beurteilung erneut rechtswidrig. Die vorgenommene Gewichtung der Einzelmerkmale bei der Ermittlung und Begründung des Gesamturteils beziehe sich nicht auf die Anforderungen des Statusamtes des Antragstellers, sie habe nicht mit Bezug auf den konkret durch den Antragsteller innegehabten Dienstposten und die damit einzubeziehende Funktionswahrnehmung als Gruppenleiter erfolgen dürfen, sondern hätte sich zur Sicherstellung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabs an seinem Statusamt orientieren müssen. Die Antragsgegnerin habe das Gesamturteil lediglich auf die Bildung des arithmetischen Mittels aus den Einzelbewertungen beschränkt. Die Leistungsbewertung mit B2 stehe im Widerspruch zu § 1 Nr. 4.1 Abs. 4 der BeurtRL BPOL, weil nicht berücksichtigt worden sei, dass nach einer Beförderung eine Absenkung der Note nur vorgenommen werden dürfe, sofern der Beamte die Leistungen nicht gesteigert habe. Soweit die Antragsgegnerin versuche, diesen Fehler durch eine nachträgliche Plausibilisierung in der Antragsschrift vom 26. November 2018 zu heilen, widerspreche dies der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, wonach die Plausibilisierung als zur Herstellung einer materiell richtigen Entscheidung erforderlich in der dienstlichen Beurteilung selbst zu erfolgen habe. Ergänzend wurde auf das Vorbringen in den im Ausgangsverfahren eingereichten Schriftsätzen vom 25. September und 22. Oktober 2018 verwiesen. Insbesondere bleibe weiterhin zu rügen, dass entgegen den zu § 50 Abs. 2 Satz 2 BLV in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen den Beurteilern keinerlei Über- oder Unterschreitung der Richtwertvorgaben – selbst in geringfügigem Umfang – zugestanden worden sei. Ferner seien wie bisher die dem Antragsteller gewährte Leistungsprämie und sein Einsatz als Ermittlungsführer im Rahmen eines komplexen Disziplinarverfahrens unberücksichtigt geblieben.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakten Bezug genommen (§ 117 Abs. 3 Satz 2 VwGO analog).
II.
Der Änderungsantrag der Antragsgegnerin ist zulässig.
Ist eine einstweilige Anordnung nach § 123 VwGO erlassen, dem ursprünglichen Rechtsschutzbegehren also entsprochen worden, so kann der betreffende Beschluss geändert, insbesondere auch aufgehoben werden (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, zu § 123, Rn. 77). Ob dies im Wege einer Analogie zu § 927 ZPO oder zu § 80 Abs. 7 VwGO zu begründen ist, kann im vorliegenden Fall offen bleiben, weil nach beiden Varianten dasselbe Ergebnis zustande kommt. Denn das Abänderungsverfahren ist nicht von Amts wegen, sondern auf Antrag der im Ausgangsverfahren unterlegenen Antragsgegnerin zustande gekommen, zuständig ist die erkennende Kammer als das Gericht der Hauptsache (§ 123 Abs. 2 Satz 1 VwGO) und dem Abänderungsverfahren ist der Erlass einer einstweiligen Anordnung vorausgegangen.
Wie bei einem Antrag § 80 Abs. 7 Satz 2 VwGO bedarf es auch für ein Abänderungsverfahren nach § 123 VwGO in tatsächlicher oder rechtlicher Hinsicht veränderter Umstände, welche geeignet sein müssen, zu einer – und sei es auch nur teilweise – anderen Entscheidung Anlass zu geben (Happ, a.a.O., Rn. 78). Ein veränderter Umstand in diesem Sinne ist vorliegend offensichtlich dadurch gegeben, dass nach der Aufhebung der im Ausgangsverfahren strittigen dienstlichen Beurteilung vom 12. September 2018 dem Antragsteller am 14. November 2018 eine neue Beurteilung mit geändertem Inhalt eröffnet worden ist. Dass dies als veränderter, die Durchbrechung der materiellen Rechtskraft des Beschlusses vom 25. Oktober 2018 rechtfertigender Umstand anzusehen sein wird, ergibt sich dabei bereits aus dem Tenor und den Gründen des Beschlusses vom 25. Oktober 2018 (Seite 13).
Der Antrag hat auch in der Sache Erfolg.
Die Antragsgegnerin (des Ausgangsverfahrens) hat sowohl einen Anordnungsgrund, als auch den erforderlichen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht (§ 920 Abs. 2 ZPO).
Der Antragsteller blockiert mit seinen Rechtsmitteln derzeit die Beförderung der 14 Beigeladenen, den letzten hierfür nach dem Leistungsgrundsatz des Art. 33 Abs. 2 GG ausgewählten Beamten. Bei weiterer Verzögerung des Stellenbesetzungsverfahrens drohen den Beigeladenen Nachteile bei ihrer Besoldung einschließlich Spätfolgen bei ihrem beruflichen Fortkommen und ihrer Versorgung. Gleichzeitig droht der Bundespolizei bei anhaltender Blockade der Verfall der für die Höherstufungen im Staatshaushalt bereitgestellten Mittel. Die Antragsgegnerin macht insoweit zu recht ein hochrangiges öffentliches Interesse an einer raschen Fortsetzung des Stellenbesetzungsverfahrens geltend, welches nach Behebung des kausalen Begründungsmangels in der dienstlichen Beurteilung des Antragstellers ohne Weiteres den erforderlichen Anordnungsgrund rechtfertigt.
Es besteht auch ein Anordnungsanspruch, weil die Aufrechterhaltung der mit dem Beschluss vom 25. Oktober 2018 verfügten Stellenbesetzungssperre seit der Neubeurteilung des Antragstellers vom 14. November 2018 nicht mehr zu rechtfertigen ist.
Sein Einwand, dass es für den Abänderungsantrag vom 27. November 2018 an einer Änderung der Sach- und Rechtslage fehle, weil die Antragsgegnerin im Gefolge der neu eröffneten dienstlichen Beurteilung keine neue Auswahlentscheidung getroffen habe, kann nicht nachvollzogen werden. Die fehlerhafte dienstliche Beurteilung ist, wie noch darzulegen sein wird, durch eine im Ergebnis inhaltsgleiche fehlerfreie dienstliche Beurteilung ersetzt worden. Das bedeutet, dass das Auswahlergebnis nach dem Stand der Sach- und Rechtslage, wie sie sich im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung darstellt, so stehen bleiben kann, weil sich in der Sache nichts zugunsten des Antragstellers und damit auch im Gesamtgefüge der Grundlagen der Auswahlentscheidung nichts verändert hat. Es gibt keinen Grundsatz, welcher es bei dieser Sachlage erfordern würde, die Auswahlentscheidung gleichwohl förmlich aufzuheben und mit demselben Ergebnis wie bisher, aber unter Inkaufnahme von unabsehbaren Veränderungen des von Amts wegen zu bestimmenden Bewerberfeldes alsbald neu zu treffen, was zwangsläufig nur mit einer Verletzung oder Gefährdung der Bewerbungsverfahrensansprüche der Beigeladenen einhergehen könnte.
Die gegen die Rechtmäßigkeit der am 14. November 2018 eröffneten dienstlichen Beurteilung erhobenen Einwände sind allesamt unbegründet.
Soweit vorgebracht wird, die vorgenommene Gewichtung der Einzelmerkmale bei der Ermittlung und Begründung des Gesamturteils beziehe sich nicht auf die Anforderungen des Statusamtes des Antragstellers, sie habe nicht mit Bezug auf den konkret durch den Antragsteller innegehabten Dienstposten und die damit einzubeziehende Funktionswahrnehmung als Gruppenleiter erfolgen dürfen, sondern hätte sich zur Sicherstellung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabs an seinem Statusamt orientieren müssen, kann auch das nicht nachvollzogen werden. Der Antragsteller befindet sich im Statusamt eines Polizeioberkommissars (Besoldungsgruppe A10). Er wurde ausweislich des Rubrums der angefochtenen dienstlichen Beurteilung (Teil I) im Beurteilungszeitraum als Kontroll- und Streifenbeamter auf einem mit BBesO A9g – 11 bewerteten Dienstposten und damit statusgerecht verwendet. Es wurde weder vorgetragen noch liegen Anhaltspunkte dafür vor, dass die bekleidete Zusatzfunktion eines Gruppenleiters für einen Polizeioberkommissar statuswidrig wäre. Infolgedessen richtet sich hier die dienstliche Beurteilung an nichts anderem als dem in Teil II (Anforderungsprofil) aufgeführten Bestand der tatsächlich und statusgerecht ausgeübten Funktion aus, ohne dass insoweit zugunsten oder zulasten des Antragstellers Korrekturen vorzunehmen wären.
Das Vorbringen, die Antragsgegnerin habe das Gesamturteil lediglich auf die Bildung des arithmetischen Mittels aus den Einzelbewertungen beschränkt, entbehrt ebenfalls jeglicher Grundlage. Dieser Vorwurf wäre allenfalls berechtigt, wenn das Gesamturteil mit einem Nachkommastellen enthaltenden Zahlenwert ausgedrückt wäre, was das angewandte Beurteilungssystem von vornherein nicht zulässt. Die Auswertung der Einzelmerkmale und Zusammenführung zu einem Prädikat B2, welches wiederum mit der Verbalbeschreibung „genügt den Anforderungen des Arbeitsplatzes voll und ganz, erbringt stets anforderungsgerechte Leistungen und verhält sich in jeder Hinsicht einwandfrei und übertrifft die Anforderungen gelegentlich“ hinterlegt ist, wurde hier lediglich aufgrund der Häufigkeit der betreffenden Einzelprädikate bei gleichzeitig nicht ins Gewicht fallenden Abweichungen nach oben und unten gebildet und stellt sich hier als schlüssig sowie plausibel dar, beruht aber keinesfalls auf der Anwendung eines arithmetischen Rechenverfahrens.
Auch die Argumentation, die Leistungsbewertung mit B2 stehe im Widerspruch zu § 1 Nr. 4.1 Abs. 4 der BeurtRL BPOL, weil nicht berücksichtigt worden sei, dass nach einer Beförderung eine Absenkung der Note nur vorgenommen werden dürfe, sofern der Beamte die Leistungen nicht gesteigert habe, ist nicht stichhaltig. Ein hinreichend schlüssiger Beleg dafür, dass bei dem Kläger eine Leistungssteigerung von solchem Ausmaß stattgefunden hätte, dass die nach obiger Vorschrift zu rechtfertigende Absenkung der Beurteilungsnote nach Beförderung überkompensiert werden müsse, ist nicht erkennbar; die Beurteiler sind insofern auch nicht offenbarungspflichtig und die Antragsgegnerin ist hierfür nicht beweispflichtig (BVerwG vom 26.06.1980 – 2 C 8.78 – BVerwGE 60, 245 = DÖD 1980, 206 = DRiZ 1981, 28 = BayVBl 1981, 54 = RiA 1981, 97 = DVBl 1981, 497 = ZBR 1981, 195 = RiA 1981, 59 = Buchholz 232 § 15 BBG Nr. 13 = Buchholz 232 § 8 BBG Nr. 17). Allerdings hält die Kammer das diesbezügliche Vorbringen der Antragsgegnerin, die Annahme, dass ein ehemaliger Vollzugsbeamter einer Landespolizei sich innerhalb von 16 Monaten derart intensiv und erfolgreich in bisher fremde Rechtsgebiete des Pass- und Visarechts, des Aufenthaltsrechts, des Schengener Grenzkodex‘ und der Dublin III-VO einarbeiten könne, dass er die Leistungen der bereits langjährig in diesem Bereich tätigen Konkurrenten überflügele, widerspräche jeglicher Lebenserfahrung, für weitaus plausibler und überzeugender als den Gegeneinwand des Antragstellers.
Daraus folgt, dass die Antragsgegnerin vorliegend keinerlei Anlass hatte, einen Fehler in der Begründung des Gesamturteils durch eine nachträgliche Plausibilisierung in der Antragsschrift vom 26. November 2018 zu heilen. Die Begründung entspricht den Anforderungen der Rechtsprechung und ist nicht zu beanstanden. Die Ausführungen der Antragsgegnerin in der Antragsschrift haben lediglich die Bedeutung, das Zustandekommen des Beurteilungsergebnisses auch aus der mit der Mitteilung vom 22. März 2017 ihren Anfang nehmenden Beurteilungsentwicklung zu erläutern und etwaige Missverständnisse auszuräumen. Dies ist im vorliegenden Fall auch hilfreich, weil gerade der Mitteilung vom 22. März 2017, welche das Gericht im Übrigen für einen unanfechtbaren Verwaltungsakt hält, das Potenzial von Missverständnissen innewohnt, ist doch die Einstufung der Leistungen des Antragstellers mit dem Prädikat A2 lediglich auf den irreführenden Effekt seiner vorübergehenden Rückernennung in das Amt eines Polizeikommissars (A9) bei ausgeübten Leistungen im Amt eines Polizeioberkommissars (A10) zurückzuführen.
Mit seiner Rüge, dass entgegen den zu § 50 Abs. 2 Satz 2 BLV in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen den Beurteilern keinerlei Über- oder Unterschreitung der Richtwertvorgaben – selbst in geringfügigem Umfang – zugestanden worden sei, kommt der Antragsteller auf sein Vorbringen in der Antragsschrift seiner Bevollmächtigten vom 25. September 2018 (S. 10/11) zurück. Das dortige Vorbringen geht indessen von der unzutreffenden Voraussetzung aus, dass bei dem Antragsteller im Beurteilungszeitraum weit überdurchschnittliche Leistungen zu honorieren sind, welche geeignet sind oder gar dazu zwingen, ihn entgegen dem in § 1 Nr. 4.1 Abs. 4 der BeurtRL BPOL formulierten Grundsatz höheranstatt herunterzustufen. Dafür liegen aber keine greifbaren Anhaltspunkte vor. Bei ihm handelt es sich vielmehr um einen Seiteneinsteiger, der im Beurteilungszeitraum als Kontroll- und Streifenbeamter mit einer in dieser Funktion nicht ungewöhnlichen Zusatzfunktion eines Gruppenleiters tätig war und nach aller Erfahrung Jahre benötigen wird, um sich langsam an das Leistungsniveau heranzuarbeiten, welches bei seinen Konkurrenten durch jahrelangen Dienst in diesen Funktionen schon verbreitet vorhanden ist. Mithin ist die – durch die eidesstattliche Versicherung vom 24. September 2018 unterlegte – Behauptung des Antragstellers, der Beurteiler habe im Beurteilungsgespräch vom 13. September 2018 geäußert, er hätte ihn gerne besser beurteilt, fühle sich aber durch die Richtwertvorgaben in seiner Freiheit, dies zu tun, eingeengt, und ihm eine bestimmte Spitzennote versprochen, lediglich so einzuordnen, dass – wie nach der Erfahrung der Kammer in vergleichbaren Fällen häufig vorkommend – der Antragsteller den Beurteiler heftig bedrängt und dieser sich dieses unredlichen Angriffs auf seine Entscheidungsfreiheit schließlich nicht anders erwehren konnte als durch die behaupteten Äußerungen. Ob diese so gefallen sind, wie behauptet und in der eidesstattlichen Erklärung bezeugt, bedarf aber keiner weiteren Aufklärung, denn ihr Wert ist durch das nachherige Verhalten des Beurteilers, dem Antragsteller eben doch die Beurteilungsnote B2 zuzuerkennen, offensichtlich widerlegt. Dort wird durch die Unterschrift der beiden Beurteiler im Wege des Urkundenbeweises bezeugt, dass sie in Kenntnis aller Umstände – auch hinsichtlich der Möglichkeit, den Antragsteller besser zu bewerten, da es hier ja schon um die am 14. November und nicht mehr um die am 12. September 2018 eröffnete Beurteilung geht – ihm die vergebenen Prädikate zuerkennen wollten. Dabei kann auch offen bleiben, ob dies auf Weisung einer vorgesetzten personalverwaltenden Stelle geschah. Denn diese sind dazu berechtigt, Beurteiler auch gegen deren erklärten Widerstand zur Einhaltung der Richtwertvorgaben des § 50 Abs. 2 Satz 1 BLV anzuhalten, soweit es durch sachliche Gründe geboten ist. Dies ist hier aus nachvollziehbaren Gründen, die in dem keine Auffälligkeiten aufweisenden Leistungsverhalten des Antragstellers wurzeln, offensichtlich der Fall (vgl. oben).
Schließlich verhilft auch der Hinweis des Antragstellers auf die ihm gewährte Leistungsprämie und sein Einsatz als Ermittlungsführer im Rahmen eines komplexen Disziplinarverfahrens seinem Begehren, die dienstliche Beurteilung zu beseitigen, nicht zum Erfolg. Gemäß § 4 der Verordnung des Bundes über leistungsbezogene Besoldungsinstrumente (Bundesleistungsbesoldungsverordnung – BLBV) vom 23. Juli 2009 (BGBl. I S. 2170) dient die Leistungsprämie der Anerkennung einer herausragenden besonderen (Einzel-)Leistung, wohingegen sich die angefochtene Anlassbeurteilung auf Eignung, Leistung und Befähigung im gesamten Beurteilungszeitraum bezieht (ebenso für das Landesbeamtenrecht: VG München vom 09.03.2004 – M 5 K 02.2635; VG Bayreuth vom 09.04.2013 – B 5 K 12.34 – juris-Rn. 26). Die Zuerkennung einer Leistungsprämie ist daher für die Bewertung eines viele Monate umfassenden Beurteilungszeitraums nicht zwingend vorprägend und schränkt den Beurteilungsspielraum des Beurteilers nicht dahingehend ein, dass der Beurteilte aus diesem – etwa auch noch extra zu dokumentierenden – Grund eine sonst nicht gerechtfertigte höhere Bewertung erhalten müsste. Dasselbe gilt für die Wahrnehmung einer Sonderaufgabe, die sich nur dadurch auszeichnet, dass sie aus dem üblichen dienstlichen Aufgabenprofil herausfällt.
Auf den gestellten Hilfsantrag kommt es für die Entscheidung des Rechtsstreits nicht mehr an, weil der weitergehende Hauptantrag begründet ist.
Dem Änderungsantrag der Antragsgegnerin, die einstweilige Anordnung vom 25. Oktober 2018 (Az. M 21 E 18.4734) aufzuheben und den in jenem Verfahren gestellten gerichtlichen Antrag abzulehnen, war nach alledem mit der Kostenfolge stattzugeben, dass der im vorliegenden Rechtsstreit unterlegene Antragsteller gemäß § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Änderungsverfahrens zu tragen hat; die Kosten des Ausgangsverfahrens bleiben unberührt.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG i.V.m. Nr. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 sowie der neuesten Rechtsprechung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs zur Streitwertbemessung in beamtenrechtlichen Konkurrenten- und vergleichbaren Streitverfahren (BayVGH vom 24.10.2017 – 6 C 17.1429 – BayVBl 2018, 390).


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