Verwaltungsrecht

Abbruch eines Auswahlverfahrens, ämtergleiche Stellenbesetzung, Missbrauchs- und Willkürverbot

Aktenzeichen  B 5 E 20.706

Datum:
23.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 46083
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 33 Abs. 2
GG Art. 19 Abs. 4

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Der Streitwert wird auf 13.253,76 € festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin wendet sich im Wege der einstweiligen Anordnung gegen den Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens.
Die Antragsgegnerin schrieb am 17.04.2020 im Intranet die Stelle der Sachgebietsleitung für die Bereiche … sowie für die …stelle im Fachbereich …, Stellenplan-Nr. …, bewertet nach Besoldungsgruppe A 11 nach dem Bayerischen Besoldungsgesetz (BayBesG) bzw. Entgeltgruppe 10 nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst (TVöD) aus. Die Stelle sollte zum 01.07.2020 neu besetzt werden, Bewerbungsschluss war der 08.05.2020.
Die Antragstellerin steht als Beamtin der Besoldungsgruppe A 10 im Dienst der Antragsgegnerin. Sie wurde zuletzt zum 01.10.2017 befördert. Am 04.05.2020 bewarb sie sich auf die ausgeschriebene Stelle.
Am 22.07.2020 verfügte die Oberbürgermeisterin der Antragsgegnerin, dass die Stellenausschreibung vom 17.04.2020 aufgehoben und die Stelle Nr. … zum 01.09.2020 an Herrn …M. übertragen werde. Dieser steht als Beamter der Besoldungsgruppe A 11 in Diensten der Antragsgegnerin.
Mit Schreiben vom 23.07.2020 teilte die Antragsgegnerin der Antragstellerin mit, dass sich zwischenzeitlich Änderungen bei der Nachbesetzung der ausgeschriebenen Stelle ergeben hätten. Die Stellenausschreibung sei mit Wirkung vom 22.07.2020 aufgehoben worden.
Am 01.09.2020 trat Herr M. die Stelle an.
Bereits mit am 10.08.2020 beim Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung nach § 123 VwGO zu verpflichten, das begonnene Auswahlverfahren für die Stellenbesetzung Sachgebietsleitung für die Bereiche … sowie für die …stelle, Stellenplan-Nr. … mit dem bestehenden Bewerberkreis zeitnah fortzuführen.
Unter dem 18.08.2020 beantragt die Antragsgegnerin,
den Antrag abzulehnen.
Das Stellenbesetzungsverfahren sei aus nachvollziehbaren sachlichen Gründen abgebrochen worden. Nach dem Ende der Bewerbungsfrist, aber noch bevor eine Entscheidung über die Stellenbesetzung getroffen worden sei, habe die Antragsgegnerin am 22.07.2020 das Bewerbungsverfahren abgebrochen, da Herrn Amtmann … – vor diesem Zeitpunkt unvorhersehbar – die ausgeschriebene Stelle als adäquate Planstelle bei der Antragsgegnerin anzubieten gewesen sei. Die Antragsgegnerin habe sich aus diesem Grund dazu entschieden, die Stelle nicht weiter durch ein den Grundsätzen des Art. 33 Abs. 2 GG unterworfenes Auswahlverfahren an einen Bewerber mit niedrigerem Status zu vergeben, sondern eine ämtergleiche Besetzung vorzunehmen.
Herr M sei seit März 2018 dem … (…) zugewiesen. Dabei handle es sich um einen Abwasser- und Bodenverband, dessen Verwaltung die Antragsgegnerin im Hinblick auf Personal und Finanzen seit vielen Jahren übernommen habe. Vor allem für den Aufbau einer eigenen Verwaltung des … habe dessen Geschäftsführung die Antragsgegnerin um die Unterstützung durch einen Beamten der 3. Qualifikationsebene gebeten. In dieser Funktion habe Herr M. planmäßig die Überleitung in eine eigene Verwaltung durch den … Anfang des Jahres 2020 begleiten und danach ab dem 3. Quartal 2020 vollumfänglich als Zensusbeauftragter beim … tätig sein sollen. Im Rahmen einer Videokonferenz des Bayerischen Städtetags am 11.05.2020 sei bekannt gegeben worden, dass eine Durchführung des Zensus 2021 aber unwahrscheinlich sei, eine Verschiebung allerdings noch verschiedener Rechtsänderungen bedürfe. Das habe Herr M. der Antragsgegnerin per Aktenvermerk am 27.05.2020 mitgeteilt. In der Folgezeit habe man deshalb Herrn M.s weitere Verwendung besprochen. Am 06.07.2020 habe sich Herr M. bereit erklärt, die ausgeschriebene Stelle zu übernehmen. Zu diesem Zeitpunkt sei keine andere nach Besoldungsgruppe A 11 bewertete Stelle oder Funktion bei der Antragsgegnerin vorhanden gewesen, die Herrn M. hätte angeboten bzw. übertragen werden können. Im Stellenplan mit Stand zum 01.07.2020 würden drei A-11-Stellen als „frei“ angezeigt. Von diesen sei eine (Organisation/E-Government) am 29.01.2020 intern ausgeschrieben worden, eine Beteiligung des Personalrats zur Besetzung dieser Stelle zum 01.07.2020 mit dem einzigen Bewerber sei am 27.02.2020 erfolgt. Die zweite Stelle (Verkehrsplaner/in ÖPNV) sei eine bis zum 31.07.2020 befristete Projektstelle gewesen.
Bei Ende der Bewerbungsfrist sei sowohl seitens der Antragsgegnerin als auch Herrn M.s von dessen Verwendung beim … für den Zensus 2021 ausgegangen worden. Inzwischen habe das Bundeskabinett am 02.09.2020 einen Gesetzentwurf zur Verschiebung des Zensus 2021 beschlossen. Die Antragsgegnerin sei Anfang April 2020, als die Stelle ausgeschrieben worden sei, noch der Auffassung gewesen, die frei werdende Stelle mit einer Person besetzen zu können, der eine Option auf eine Beförderung nach A 11 eröffnet werde. Aufgrund der geänderten Situation sollte aber dann lediglich eine organisatorische Umsetzung erfolgen.
Nachdem die streitgegenständliche Stelle mit der Entscheidung der Oberbürgermeisterin vom 22.07.2020 Herrn M. rechtsverbindlich übertragen worden, und die Stelle somit bereits seit diesem Tage vergeben sei, habe sich das Stellenbesetzungsverfahren bereits in diesem Zeitpunkt erledigt. Auf das Vorliegen eines sachlichen Grundes für den Abbruch des Stellenbesetzungsverfahrens komme es deshalb nicht mehr an.
Die Antragstellerin ließ hierauf erwidern, dass der Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens stets eines sachlichen Grundes bedürfe. Für die diesbezüglichen tatsächlichen Gegebenheiten sei die Antragsgegnerin darlegungs- und beweispflichtig. Es werde insofern bestritten, dass der Antragsgegnerin erst mit dem Aktenvermerk vom 27.05.2020 die höchstwahrscheinliche Verschiebung des Zensus 2021 bekannt geworden sei. Dieser Umstand sei schon im März 2020 diskutiert worden. Das Auswahlverfahren habe mit Veröffentlichung der Stellenausschreibung am 17.04.2020 begonnen. Es sei davon auszugehen, dass die von der Antragsgegnerin angeführten Umstände bereits zu diesem Zeitpunkt vorgelegen hätten. Ein sachlicher Grund für den Abbruch des Auswahlverfahrens könne sich jedoch nur aus nachträglichen Tatsachen ergeben. Zudem seien seitens der Antragsgegnerin keine zwingenden Gründe dazu vorgetragen worden, warum eine Dienstpostenvergabe an Herrn M. zum 01.07.2020 habe erfolgen müssen. Bei der Entscheidung hätten vielmehr auch Erwägungen stattfinden müssen, inwieweit in absehbarer Zeit andere Dienstposten, die Herrn M. hätten übertragen werden können, frei geworden wären. Der angeführte Abbruchgrund, dass für Herrn M. eine amtsangemessene Verwendung habe gefunden werden müssen, genüge nicht den Vorgaben des Art. 33 Abs. 2 GG. Er stehe diesen sogar entgegen, weil überhaupt nicht berücksichtigt worden sei, inwieweit die Besetzung des Dienstpostens mit Herrn M. dazu führe, dass der Dienstposten dem bestgeeigneten Bewerber übertragen werde.
Zu den weiteren Einzelheiten wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung bleibt ohne Erfolg. Der zulässige, insbesondere fristgerecht (BVerwG, U.v. 3.12.2014 – 2 A 3.13 – BVerwGE 151, 14 = ZBR 2015, 196) gestellte Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung mit dem Ziel, die Antragsgegnerin zur Fortführung des Stellenbesetzungsverfahrens zu verpflichten, ist unbegründet. Die Antragstellerin hat jedenfalls keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
1. Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 der VwGO kann das Gericht, gegebenenfalls bereits vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts der Antragstellerin vereitelt oder wesentlich erschwert wird. § 123 Abs. 1 VwGO setzt ein besonderes Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) im Interesse der Wahrung des behaupteten Rechts (Anordnungsanspruch) voraus. Beides ist von der Antragstellerin glaubhaft zu machen, § 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO).
a) Die hier in Rede stehende subjektive Rechtsposition ist der grundrechtsgleiche Bewerbungsverfahrensanspruch. Art. 33 Abs. 2 GG gewährt jedem Deutschen ein grundrechtsgleiches Recht auf gleichen Zugang zu jedem öffentlichen Amt nach Eignung, Befähigung und fachlicher Leistung. Daraus folgt der Anspruch eines Beförderungsbewerbers auf ermessens- und beurteilungsfehlerfreie Entscheidung über seine Bewerbung. Nach Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG kann der unterlegene Bewerber in einem gerichtlichen Verfahren überprüfen lassen, ob er durch die Auswahlentscheidung in seinem subjektiv-öffentlichen Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG verletzt worden ist. Die konkrete Stellenausschreibung und das daran anschließende Auswahlverfahren dienen der verfahrensmäßigen Absicherung des Bewerbungsverfahrensanspruchs der Bewerber. Um eine Durchsetzung der in Art. 33 Abs. 2 GG gewährleisteten Rechte sicherstellen zu können, erfordert der Bewerbungsverfahrensanspruch eine angemessene Gestaltung des Auswahlverfahrens (BayVGH, B.v. 15.10.2015 – 6 CE 15.1847 – juris Rn. 11).
Dem Bewerbungsverfahrensanspruch ist grundsätzlich auch bei der Entscheidung über den Abbruch eines laufenden Auswahlverfahrens Rechnung zu tragen. Nach der vom Bundesverfassungsgericht gebilligten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts kommt dem Dienstherrn hinsichtlich der Beendigung eines eingeleiteten Bewerbungs- und Auswahlverfahrens ein weites organisations- und verwaltungspolitisches Ermessen zu (z.B. BVerwG, U.v. 29.11.2012 – 2 C 6.11 – juris Rn. 16 f.; U.v. 13.12.2012 – 2 C 11.11 – juris Rn. 20). Danach hat der Dienstherr darüber zu entscheiden, ob und wann er welche Statusämter zur Besetzung bereit hält (vgl. BayVGH, B.v. 13.1.2015 – 6 CE 14.2444 – juris Rn. 8). Der Abbruch eines Stellenbesetzungsverfahrens kann sowohl aus der Art. 33 Abs. 2 GG vorgelagerten Organisationsgewalt des Dienstherrn gerechtfertigt werden als auch aus Gründen, die aus Art. 33 Abs. 2 GG hergeleitet werden. Der Abbruch des Auswahlverfahrens erfordert dann einen sachlichen Grund, wenn sich dadurch die Zusammensetzung des Bewerberkreises steuern lässt. Wird in diesen Fallkonstellationen der Abbruch eines Auswahlverfahrens dieser Anforderung nicht gerecht, so darf keine Neuausschreibung erfolgen (ständige Rechtsprechung; etwa BVerfG, B.v. 24.9.2015 – 2 BvR 1686/15 – juris Rn. 14; BayVGH, B.v. 15.10.2015 – 6 CE 15.1847 – juris Rn. 12).
Anders liegt der Fall jedoch dann, wenn ein Stellenbesetzungsverfahren nicht mit dem Ziel einer Neuausschreibung abgebrochen wird, sondern weil der Dienstherr ein nach den Grundsätzen der Bestenauslese begonnenes Verfahren dadurch zur Erledigung bringt, dass er sich nachträglich dazu entschließt, die Stelle ämtergleich zu besetzen. Denn der Bewerbungsverfahrensanspruch ist auf ein konkretes Stellenbesetzungsverfahren bezogen und besteht grundsätzlich nur, wenn eine Ernennung oder eine diese vorherbestimmende Dienstpostenvergabe beabsichtigt ist. Entfällt der Bezugspunkt der Auswahlentscheidung, weil die Planstelle nicht mehr zur Verfügung steht oder der Dienstherr in Ausübung seiner Organisationsgewalt entschieden hat, die ausgeschriebene Stelle so nicht (mehr) zu vergeben, erledigt sich das hierauf bezogene Auswahlverfahren (BVerwG, U.v. 3.12.2014 – 2 A 3.13 – juris LS 1 und Rn. 16 m.w.N.).
Die einer Stellenbesetzung vorgelagerten Fragen, ob und ggf. wie viele Stellen bzw. Ämter mit welcher Wertigkeit geschaffen oder aufrechterhalten werden, unterfallen allein der Organisationsgewalt des Dienstherrn. Als Ausfluss dieser Organisationsgewalt kann der Dienstherr wählen, ob er ein Statusamt oder einen Dienstposten durch Umsetzung oder Versetzung und damit statusgleich besetzen will, oder ob er die Vergabe auch für Beförderungsbewerber öffnet. Entscheidet er sich dafür, Beförderungsbewerber in das Auswahlverfahren einzubeziehen, hat die Auswahlentscheidung für sämtliche Bewerber nach Maßgabe der leistungsbezogenen Kriterien des Art. 33 Abs. 2 GG zu erfolgen. Diese Bindung gilt jedoch nur, wenn und solange der Dienstherr an seiner Organisationsgrundentscheidung festhält, die Dienstpostenvergabe auch für Bewerber zu öffnen, die nicht bereits ein der Wertigkeit des zu vergebenden Amtes entsprechendes Statusamt bekleiden. Revidiert der Dienstherr bereits diese Festlegung und entschließt er sich, den Dienstposten nur statusgleich zu vergeben, ist er an die Maßstäbe aus Art. 33 Abs. 2 GG nicht gebunden. In diesem Fall findet die Vergabe eines Statusamtes oder eine hierauf vorwirkende Auswahlentscheidung durch die Vergabe eines höherwertigen Dienstpostens gar nicht statt. Damit besteht auch kein Anlass, dem Dienstherrn die Korrektur seiner Organisationsgrundentscheidung zu verwehren. Die Interessen etwaiger Beförderungsbewerber werden dadurch gewahrt, dass ihnen mit dieser Verfahrensweise kein Konkurrent vorgezogen werden kann. Ansprüche auf Schaffung oder Aufrechterhaltung von Beförderungsdienstposten vermittelt Art. 33 Abs. 2 GG dagegen nicht. Eine allein aus der Organisationsgewalt des Dienstherrn hergeleitete Entscheidung über den endgültigen Abbruch eines Auswahlverfahrens unterliegt daher allenfalls einem (allseits zu beachtenden) Willkür- und Missbrauchsverbot (zum Ganzen HessVGH, B.v. 5.9.2017 – 1 B 998/17 – juris Rn. 21; OVG NW, B.v. 20.7.2016 – 1 B 628/16 – juris Rn. 14 m.w.N. sowie darauf bezugnehmend VG Minden, B.v. 20.8.2018 – 12 L 575/18 – juris Rn. 9 ff.).
b) Hieran gemessen ist der Abbruch des Verfahrens zur Besetzung der Sachgebietsleitung für die Bereiche … sowie für die …stelle im Fachbereich …, Stellenplan-Nr. …, nicht zu beanstanden. Die Antragstellerin ist durch den Verfahrensabbruch nicht in ihren subjektiv-öffentlichen Rechten verletzt worden.
Die Antragsgegnerin hat den Abbruch des Auswahlverfahrens damit begründet, dass sie die Stelle aus personalwirtschaftlichen Gründen ämtergleich besetzen wollte, statt den Dienstposten für Beförderungsbewerber zur Verfügung zu stellen. Hintergrund war das Erfordernis, Herrn M. amtsangemessen zu beschäftigen, nachdem der Zensus 2021 – für den er im Rahmen seiner Zuweisung zum … eigentlich vorgesehen war – verschoben wurde.
Durch die Entscheidung der Oberbürgermeisterin vom 22.07.2020, den Dienstposten Herrn M. zu übertragen, der sich bereits im Statusamt A 11 befindet, hat die Dienstherrin ihre Organisationsgrundentscheidung revidiert, den Dienstposten im Wege eines an Art. 33 Abs. 2 GG ausgerichteten Auswahlverfahrens mit Vorwirkung für eine (spätere) Beförderung ins Statusamt A 11 zu besetzen. Gerichtlich ist diese Entscheidung nach dem oben Ausgeführten nur daraufhin überprüfbar, ob sie missbräuchlich erfolgt ist.
Dass das Vorgehen der Antragsgegnerin missbräuchlich oder willkürlich gewesen wäre, ist jedoch nicht ersichtlich. Vielmehr hat die Antragsgegnerin plausibel dargelegt, wie im Zuge der sich entwickelnden Corona-Pandemie die geplante Verwendung von Herrn M. für den Zensus 2021 zunächst überdacht und schließlich verworfen werden musste. Dass bereits zum Zeitpunkt der Ausschreibung am 17.04.2020 das öffentliche Leben massiv von der Corona-Pandemie betroffen war und auch bereits der Umgang mit dem Zensus 2021 in der öffentlichen Debatte thematisiert wurde, stellt die Antragsgegnerin nicht in Abrede. Es ist der Antragsgegnerin aber zuzugestehen, dass sie bezüglich der alternativen Verwendung von Herrn M. erst dann konkrete Erwägungen vornahm, als sie seitens des Bayerischen Städtetags konkrete Aussagen zum Zensus 2021 erhalten hatte. Eine gewisse Planungssicherheit abzuwarten, ist angesichts der vielfachen Unwägbarkeiten in der sich entwickelnden Pandemie nicht zu beanstanden – zumal die rechtlichen Voraussetzungen für die Verschiebung des Zensus 2021 noch immer nicht verbindlich getroffen, sondern bislang nur als Entwurf in den Bundestag eingebracht worden sind. Zum Zeitpunkt der Sitzung des Arbeitskreises Städtestatistik des Bayerischen Städtetags am 11.05.2020 war die Bewerbungsfrist für den streitgegenständlichen Dienstposten (Fristende 08.05.2020) bereits abgelaufen. Ab diesem Zeitpunkt betrieb die Antragsgegnerin das Bewerbungsverfahren auch nicht mehr weiter, sondern stellte den Umgang mit dem Dienstposten angesichts der veränderten Personalsituation grundsätzlich in Frage. Im folgenden Abstimmungsprozess – auch mit Herrn M. – kam die Antragsgegnerin sodann zu dem Entschluss, die Stelle durch ämtergleiche Umsetzung anstelle einer Auswahlentscheidung unter einer Aufstiegskonkurrenz vorzunehmen. Dieses Vorgehen erscheint nicht nur willkürfrei, sondern sogar sachgerecht und naheliegend.
Auch die Auswahl desjenigen nach A 11 bewerteten Dienstpostens, der Herrn M. übertragen wurde, hat die Antragsgegnerin anhand des Stellenplans nachvollziehbar begründet. Dabei ist angesichts des weiten Organisationsermessensspielraums irrelevant, ob der streitgegenständliche Dienstposten der einzig verfügbare war, oder ob andere zwingende Gründe bestanden, Herrn M. gerade diesen Dienstposten zuzuweisen. Vielmehr ist auch diesbezüglich maßgeblich, dass die Entscheidung vor dem dargelegten Kontext auf nachvollziehbaren, sachgerechten Erwägungen beruht und mithin nicht willkürlich oder missbräuchlich erfolgt ist. In ihrem Schriftsatz vom 04.09.2020 hat die Antragsgegnerin unter Vorlage eines Auszugs aus dem Stellenplan und einer eidesstattlichen Versicherung der Leiterin Personalentwicklung ausgeführt, dass zum 01.07.2020 drei nach A 11 bewertete Dienstposten unbesetzt gewesen sind. Die Stelle „Verkehrsplaner/in ÖPNV“ kam für Herrn M. bereits deshalb nicht in Frage, weil sie bis 31.07.2020 befristet war und das längerfristige Bedürfnis einer amtsangemessenen Beschäftigung nicht hätte befriedigen können. Hinsichtlich der Stelle „Organisation/E-Government“ war das Bewerbungsverfahren bereits so weit fortgeschritten, dass lediglich der (eigentlich zum 01.07.2020 geplante, aber erst am 01.09.2020 erfolgte) Stellenantritt noch erfolgen musste. Die Festlegung auf den (einzigen) Bewerber war bereits dergestalt verfestigt, dass schon am 27.02.2020 der Personalrat hieran beteiligt worden ist. Es ist deshalb gut nachvollziehbar, dass Herrn M. die verbleibende Stelle „Sachgebietsleiter/in …“ übertragen wurde. Denn diesbezüglich war das Auswahlverfahren noch nicht über die Bewerbungsphase hinaus fortgeschritten. Insbesondere war zwischen den Bewerberinnen und Bewerbern noch keine Auswahl getroffen worden.
c) Insgesamt ist daher die – gerichtlich nur sehr eingeschränkt überprüfbare – organisatorische Grundentscheidung, die streitgegenständliche Stelle durch ämtergleiche Umsetzung anstelle einer Auswahl unter Beförderungskonkurrenten zu vergeben, willkürfrei erfolgt und nicht zu beanstanden. Weil das Auswahlverfahren somit rechtmäßig abgebrochen worden ist, kann die Antragstellerin auch eine Verpflichtung der Antragsgegnerin zur Fortführung des Verfahrens nicht verlangen.
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
3. Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 6 Satz 4 des Gerichtskostengesetzes (GKG). Auch für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ist der Streitwert unter Rückgriff auf § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG wie für eine Hauptsacheklage auf Verpflichtung zur Neuverbescheidung des Beförderungsbegehrens zu bemessen und damit an die Bezüge des angestrebten Amtes zu koppeln; diese sind unter Zugrundelegung von Nr. 1.4 des Streitwertkatalogs 2013 (abgedruckt bei Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Anhang) gegenüber dem sich aus § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG ergebenden Wert hier nochmals zu halbieren (vgl. BayVGH, B.v. 24.10.2017 – 6 C 17.1429 – juris Rn. 10 ff.). Er beträgt also ein Viertel des nach § 52 Abs. 1 Sätze 2 und 2 GKG zu berechnenden Jahresbetrags. Dabei ist von der Besoldungsstufe 11 als Endstufe der Besoldungsgruppe A 11 auszugehen. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Antragseingangs am 10.08.2020 (vgl. § 40 GKG) ergibt sich somit ein Grundgehalt von monatlich 4.417,92 €, dies führt zu einem Streitwert in Höhe von 13.253,76 €.


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