Verwaltungsrecht

Ablehnung der Asylanerkennung und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet

Aktenzeichen  RN 5 S 16.30716

Datum:
14.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 29a, § 36 Abs. 1
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
AufenthG AufenthG § 11 Abs. 1, Abs. 7

 

Leitsatz

Nach § 13 Abs. 2 AsylG umfasst der Asylantrag regelmäßig die Anerkennung als Asylberechtigter sowie die Zuerkennung internationalen Schutzes. dh der Flüchtlingseigenschaft und des subsidiären Schutzes. (redaktioneller Leitsatz)
Nach § 30 Abs. 1 AsylG ist der gesamte Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Dies umfasst auch die Gewährung subsidiären Schutzes (Abweichung zu VG Düsseldorf BeckRS 2016, 42272).  (redaktioneller Leitsatz)
Die Vorschriften des Asylgesetzes zu der Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet stehen mit der RL 2013/32/EU (Verfahrensrichtlinie) in Einklang. (redaktioneller Leitsatz)
Auf Verkürzung der Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots gerichteter vorläufiger Rechtsschutz ist allein über § 123 VwGO zu erreichen. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.

Gründe

I.
Der Antragsteller begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen die verfügte Abschiebungsandrohung und die Regelungen zum Einreise- und Aufenthaltsverbot.
Der Antragsteller stellte am 8. September 2014 seinen Asylantrag und gab dabei an, ein am … 1990 geborener senegalesischer Staatsangehöriger zu sein.
Bei seiner Anhörung am 7. März 2016 trug der Antragsteller im Wesentlichen vor, er habe den Senegal nach der Tötung seines Vaters und die Gefangennahme seiner Mutter und seiner Schwester durch die Rebellen im April 2009 verlassen. Er selbst sei weggelaufen und habe sich bis zum Abend im Wald versteckt. Er sei dann nach Mali. Mit der Polizei, der Justiz oder anderen Behörden im Senegal habe er keine Probleme gehabt.
Mit Bescheid vom 14. April 2016 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Anträge auf Asylanerkennung (Nr. 2) und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) als offensichtlich unbegründet ab. Der Antrag auf subsidiären Schutz wurde abgelehnt (Nr. 3). Das Nichtvorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG wurde festgestellt (Nr. 4) und die Abschiebung nach Senegal wurde unter Setzung einer Ausreisefrist von einer Woche angedroht (Nr. 5). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 7 AufenthG wurde angeordnet und auf zehn Monate befristet (Nr. 6). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG wurde auf 30 Monate befristet (Nr. 7).
Die Ablehnung als offensichtlich unbegründet wurde auf § 29 a AsylG gestützt.
Dieser Bescheid wurde am 21. April 2016 zur Post gegeben.
Am 29. April 2016 erhob der Antragsteller Klage (RN 5 K 16.30718) und beantragte zugleich die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes.
Zur Begründung wird vorgetragen, dass der Antragsteller in Deutschland bleiben wolle, um hier zur Schule zu gehen und eine Zukunft zu haben. Er stamme aus einem Bürgerkriegsgebiet, wo Rebellen für ihre Unabhängigkeit kämpfen würden. Er habe dort keine Zukunft, weil seine Familie nicht mehr dort lebe. Weiterhin bekomme er kein Zertifikat über seinen im Februar abgeschlossenen Sprachkurs, weil er Senegalese sei.
Der Antragsteller beantragt:
Die aufschiebende Wirkung der Klage wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin beantragt unter Bezugnahme auf die Begründung der angefochtenen Entscheidung:
Der Antrag wird abgewiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der vorgelegten Behörden- und der Gerichtsakten Bezug genommen.
II.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO, die aufschiebende Wirkung der Klage vom 29. April 2016 hinsichtlich der kraft Gesetzes sofort vollziehbaren
– Abschiebungsandrohung,
– Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG und
– Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 7 AufenthG anzuordnen,
ist nur teilweise zulässig, insoweit aber unbegründet.
Hinsichtlich der Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 7 AufenthG ist der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO unzulässig, denn diese Anordnung wird nach § 11 Abs. 7 Satz 2 AufenthG erst mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Vor Eintritt der Wirksamkeit wird durch eine Entscheidung nach § 80 Abs. 5 VwGO die Rechtsposition des betroffenen Ausländers nicht verbessert. Es fehlt damit das Rechtsschutzinteresse (vgl. VG Regensburg vom 10. Februar 2016, RN 5 S 16.30160; VG Oldenburg vom 18. April 2016, 5 B 1395/16).
1.
Ein Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen eine Abschiebungsandrohung im Zusammenhang mit der Ablehnung eines Asylantrages als offensichtlich unbegründet kann nur dann Erfolg haben, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen (vgl. § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG). Verwaltungsakt in diesem Sinne ist die vom Bundesamt gemäß § 34 AsylG erlassene Abschiebungsandrohung nach § 59 AufenthG, welche nach § 36 Abs. 1 AsylG mit einer Ausreisefrist von einer Woche versehen wurde. Die Setzung dieser kurzen Ausreisefrist ist nur zulässig, wenn der Asylantrag zu Recht als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde.
a)
Der Umfang des Asylantrags ist in § 13 Abs. 2 AsylG bestimmt. Er umfasst regelmäßig die Anerkennung als Asylberechtigter sowie die Zuerkennung internationalen Schutzes (= Flüchtlingseigenschaft und subsidiärer Schutz).
Rein von Wortlaut ausgehend wäre demnach erforderlich, dass sowohl die Ablehnung der Asylanerkennung wie auch die der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und des subsi-diären Schutzes jeweils als offensichtlich unbegründet erfolgen. Zur Problematik der §§ 29 a, 30 und 36 AsylG werden viele unterschiedliche Rechtsauffassungen vertreten. So wird beispielsweise vertreten, dass derzeit nach nationalem Recht ein Antrag auf Zuerkennung subsidiären Schutzes nicht als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden könne (vgl. z. B. VG Düsseldorf vom 22. Dezember 2015, 7 L 3863/15.A, juris, Rz. 28; vom 2. Februar 2016, 7 L 118/16.A, juris, Rz. 29 ff., 38 ff.; VG Halle vom 22. März 2016, 1 B 80/16 HAL; VG Kassel vom 23. März 2016, 6 L 375/16-KS.A, juris). Die Begründungen für diese Rechtsauffassung fallen durchaus unterschiedlich aus. Im Wesentlichen wird jedoch eine fehlende Umsetzung der Verfahrensrichtlinie (Richtlinie 2013/32/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zu gemeinsamen Verfahren für die Zuerkennung und Aberkennung des internationalen Schutzes (Neufassung), ABl. L 180 vom 29. Juni 2013, S. 60) geltend gemacht und ein darauf beruhender Anspruch eines Antragstellers auf Verbleib in Deutschland bis zur gerichtlichen Entscheidung über seinen Asylantrag im Hauptsacheverfahren (vgl. Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie). Insofern wird nicht unterschieden, ob der Antrag auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als offensichtlich oder nur als einfach unbegründet abgelehnt wurde (vgl. z. B. VG Düsseldorf vom 2. Februar 2016, a. a. O., Rz. 20 – 22).
Das Gericht sieht sich aber nicht in der Lage, dieser Rechtsauffassung zu folgen. Die bestehenden nationalen Vorschriften, welche im Einklang mit der Verfahrensrichtlinie sind, beseitigen das Recht zum Verbleib nach Art. 46 Abs. 5 der Verfahrensrichtlinie und ersetzen es durch das Recht zum Verbleib bis zur Entscheidung nach Art. 46 Abs. 6 der Verfahrensrichtlinie (vgl. § 36 Abs. 3 Satz 8 AsylG), d. h. bis zur Entscheidung über den Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO.
Nach Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie können die Mitgliedstaaten den Antrag eines Antragstellers aus einem sicheren Herkunftsstaat als offensichtlich unbegründet ablehnen, wenn dies in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. Dies ist und war in § 30 Abs. 1 AsylG der Fall. Dieser bestimmt, dass der (gesamte) Asylantrag offensichtlich unbegründet ist, wenn die Voraussetzungen für die Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen (vgl. VG Köln vom 7. April 2016, 18 L 589/16.A, juris, Rz. 8 ff).
In diesem Zusammenhang wird an folgenden Aussagen des VG Regensburg im Beschluss vom 13. April 2015, RO 4 S 15.30426, festgehalten:
„Im Übrigen darf wiederholt festgestellt werden, dass dem Bundesamt durch die Aufspaltung des einheitlichen Asylantrags lediglich ein formaler Fehler unterlaufen ist, der aber den Antragsteller nicht in seinen Rechten verletzt (vgl. VG Regensburg vom 17. September 2014, RO 4 S 14.30650, juris, Rz. 13; vom 23. März 2015, RN 4 S 15.30271). Nach § 30 Abs. 1 AsylVfG ist ein Asylantrag offensichtlich unbegründet, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. Da diese Voraussetzungen offensichtlich nicht vorliegen, ist der Asylantrag offensichtlich unbegründet. Asylantrag im Sinne des Asylverfahrensgesetzes ist jedoch, wie sich aus § 13 Abs. 2 AsylVfG ergibt, neben der Anerkennung als Asylberechtigter zugleich die Zuerkennung internationalen Schutzes. Internationaler Schutz ist neben der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch die Zuerkennung des subsidiären Schutzes (vgl. § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylVfG). Liegen nun die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 AsylVfG vor, dann ist der Asylantrag insgesamt, d. h. auch hinsichtlich des subsidiären Schutzes, als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Daraus, dass im Fall des Antragstellers die Ablehnung des subsidiären Schutzes allerdings nicht als offensichtlich unbegründet, sondern nur als einfach unbegründet erfolgte, ergibt sich keine Rechtsverletzung des Antragstellers, denn der Antrag ist bereits unabhängig davon, ob die Ablehnung subsidiären Schutzes als einfach oder offensichtlich unbegründet erfolgte, deshalb offensichtlich unbegründet, weil die Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 AsylVfG gegeben sind. Diese Ausführungen gelten für § 30 Abs. 2 AsylVfG entsprechend.“
Die unterbliebene formale Ablehnung der Zuerkennung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet führt nicht zu einem Anspruch des Betroffenen auf Aufhebung, obwohl auch der subsidiäre Schutz vom Asylantrag umfasst wird. Die Definition des offensichtlich unbegründeten Asylantrags befindet sich in § 30 Abs. 1 AsylG. Die erforderlichen Voraussetzungen sind in § 30 Abs. 2 bis 5 AsylG normiert. Inhaltlich stellt § 29 a AsylG lediglich die Bestimmung einer weiteren Voraussetzung auf der Stufe von § 30 Abs. 2 bis 5 AsylG dar. § 36 Abs. 1 AsylG bezieht sich hinsichtlich der offensichtlichen Unbegründetheit eines Asylantrags auf § 30 Abs. 1 AsylG (vgl. VG Köln vom 7. April 2016, 18 L 589/16.A, juris, Rz. 8 ff; s.a. VG Cottbus vom 3. Mai 2016, 4 L 182/16.A, juris Rz. 10 ff.).
Ein materieller Fehler liegt bei der unterlassenen Ablehnung als offensichtlich unbegründet nicht vor. Berücksichtigt man, dass Basis der Anwendbarkeit des § 36 Abs. 1 AsylG ist, dass die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 AsylG gegeben sind und demnach eine Abschiebungsandrohung nur erlassen werden kann, wenn kein subsidiärer Schutz gewährt wird (vgl. § 34 Abs. 1 Nr. 2 a AsylG), dann gelangt man zu dem Ergebnis, dass das nationale Konzept des sicheren Herkunftsstaats mit den Vorgaben der Verfahrensrichtlinie vereinbar ist und es im Hinblick auf die Frage der Beeinträchtigung eines Antragstellers in seinen Rechten materiell unerheblich ist, ob das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge die Zuerkennung des subsidiären Schutzes als offensichtlich oder als einfach unbegründet ablehnt bzw. ob es eine Rechtsgrundlage für die materielle Ablehnung als offensichtlich unbegründet gibt oder nicht.
Der nationale Gesetzgeber hat festgelegt, dass bei einem Antragsteller aus einem sicheren Herkunftsstaat die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet erfolgen muss. Die Ablehnung der Zuerkennung subsidiären Schutzes kann auch nur einfach unbegründet erfolgen. Maßgeblich ist, dass die Umsetzung einer Richtlinie in nationales Recht entsprechend der Zielsetzung der Richtlinie erfolgt. Die formale einheitliche Tenorierung bei der Ablehnung hat gegenüber der unterschiedlichen Tenorierung keinen Mehrwert. Wesentlich ist die zutreffende Einstufung als sicherer Herkunftsstaat entsprechend den Vorgaben der Richtlinie und damit auch unter Berücksichtigung von Aspekten des subsidiären Schutzes. Die Reichweite der Sicherheitsvermutung nach § 29 a Abs. 1 AsylG erstreckt sich nur auf die Anerkennung als Asylberechtigter und auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, nicht hingegen auf die Tatbestände des subsidiären Schutzes. Art. 5 der Verfahrensrichtlinie lässt günstigere nationale Regelungen zu. Eine derartige besteht darin, dass hinsichtlich des subsidiären Schutzes national nicht mit dem Modell Vermutung und Widerlegung der Vermutung, sondern mit einer Vollprüfung durch Bundesamt und Gerichte gearbeitet werde. Deshalb ist die Ablehnung als einfach unbegründet richtlinienkonform und ein Rückgriff auf Art. 46 Abs. 6 Buchstabe a der Verfahrensrichtlinie nicht gesperrt (vgl. VG Düsseldorf vom 13. Januar 2016, 6 L 4047/15.A, BeckRS 2016, 41233).
Die für den Antragsteller negativen Folgen aus der Anwendung des § 36 Abs. 1 AsylG bei Ablehnung eines Asylantrags als offensichtlich unbegründet im Zusammenhang mit § 29 a AsylG treten, wie ausgeführt, unabhängig davon ein, ob der Antrag auf Zuerkennung subsidiären Schutzes formal als offensichtlich oder nur einfach unbegründet abgelehnt wird. Damit kann ein Antragsteller selbst dann, wenn es materiell für die Ablehnung des Antrags auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet keine Rechtsgrundlage geben sollte, bei einer Ablehnung als offensichtlich unbegründet nicht in größerem Umfang in seinen Rechten verletzt sein als dies bei einer Ablehnung als einfach unbegründet der Fall wäre. Es bedarf deshalb keiner vertiefenden Betrachtung, ob die Ablehnung eines Antrags auf Zuerkennung subsidiären Schutzes als offensichtlich unbegründet rechtswidrig ist oder nicht.
b)
Der Asylantrag wurde zu Recht nach § 29 a Abs. 1 AsylG als offensichtlich unbegründet abgelehnt, denn der Senegal ist nach § 29 a Abs. 2 AsylG in Verbindung mit der Anlage II zum Asylgesetz ein sicherer Herkunftsstaat.
Der Asylantrag eines Ausländers aus einem sicheren Herkunftsstaat ist als offensichtlich unbegründet abzulehnen. Kraft Gesetzes wird vermutet, dass ein Ausländer aus einem solchen Staat nicht politisch verfolgt wird, es sei denn, die von ihm angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht (vgl. § 29 a Abs. 1 AsylG).
Die gesetzliche Vermutung bezieht sich auf die Asylberechtigung (Art. 16 a GG) und die Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG).
Es ist dem Antragsteller nicht gelungen, die gesetzliche Vermutung zu widerlegen.
Aufhänger der vom Antragsteller vorgetragenen Verfolgungsgeschichte ist, dass er aus einer Gegend stamme, in der Rebellen für ihre Unabhängigkeit kämpfen würden. Im April 2009 seien von diesen Rebellen sein Vater getötet sowie seine Mutter und seine Schwester gefangen genommen worden. Er selbst sei weggelaufen. Ansonsten habe er im Senegal keine Probleme gehabt. Aus der Klagebegründung wird der Kern seines Vorbringens deutlich. Er habe im Senegal keine Zukunft, diese wolle er hier in Deutschland haben.
Aus dieser Geschichte wird nicht ersichtlich, inwieweit eine politische Verfolgung des Antragstellers gegeben sein könnte. Er kann somit die gesetzliche Vermutung nicht durch sein individuelles Schicksal widerlegen.
c)
Es ist auch nicht ersichtlich, aus welchen Gründen dem Antragsteller subsidiärer Schutz gemäß § 4 AsylG zuerkannt werden könnte. Ein Ausländer ist subsidiär Schutzberechtigter, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vorgebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ernsthafter Schaden droht (vgl. § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG).
Nach § 4 Abs. 1 Satz 2 AsylG gilt als ernsthafter Schaden die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (Nr. 1), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (Nr. 2) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (Nr. 3).
Stichhaltige Gründe dafür, dass dem Antragsteller im Senegal ein derartiger ernsthafter Schaden droht, bestehen nach gegenwärtiger Auskunftslage nicht. Dies hat das Gericht bereits im Urteil vom 24. Juli 2015, RN 5 K 14.30820, juris, und im Beschluss vom 10. Februar 2016, RN 5 S 16.30160, juris, umfassend begründet. Auf die die dortigen Ausführungen darf Bezug genommen werden.
d)
Das Gericht hat auch keine ernstlichen Zweifel an der Feststellung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge, dass Gründe für die Zuerkennung nationalen Schutzes nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen. Allein aus dem Vorbringen, die Familie des Antragstellers lebe nicht mehr dort, ergibt sich insbesondere keine im Sinne des § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG erhebliche Gefährdungslage.
e)
Der Antragsteller ist auch nicht im Besitz eines Aufenthaltstitels (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 AsylG). Deshalb durfte die Ausreisefrist nach § 36 Abs. 1 AsylG auf eine Woche festgesetzt werden.
2.
Der Gesetzgeber hat in § 84 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 AufenthG geregelt, dass die Klage gegen die Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 AufenthG keine aufschiebende Wirkung hat. Diese Vorschrift stellt ein Bundesgesetz im Sinne des § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 VwGO dar und betrifft damit, da sie sich auf § 80 Abs. 1 VwGO bezieht, die Einlegung einer Anfechtungsklage. Diese ist im Fall der Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots aber die unzutreffende Klageart. Folge der Aufhebung der Befristungsentscheidung ist nach Meinung des VG Aachen (Beschluss vom 30. Oktober 2015, 6 L 807/15.A, juris, Rz. 8), dass das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot unbefristet gilt. Damit würde ein Betroffener schlechter dastehen als mit der Befristung. Für eine Anfechtungsklage würde ihm demnach das Rechtsschutzinteresse fehlen, weil die ihn begünstigende Befristung entfiele und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot unbefristet gelten würde.
Eine Verkürzung der Befristung wäre somit im Wege der Verpflichtungsklage zu erreichen; vorläufiger Rechtsschutz insoweit über § 123 VwGO.
§ 84 AufenthG ist jedoch eine seit langer Zeit bestehende Vorschrift aus dem allgemeinen Ausländerrecht, welche quasi als Paradefall auch für die Verpflichtungsklage auf „Erteilung“ eines Aufenthaltstitels anordnet, dass diese keine aufschiebende Wirkung hat. Im allgemeinen Ausländerrecht gibt es seit langer Zeit unter bestimmten Umständen das Zusammen-treffen von Verpflichtungsklage und des vorläufigen Rechtsschutzes nach § 80 Abs. 5 VwGO. Bei der Erteilung eines Aufenthaltstitels kann es sein, dass bei gerichtlicher Anordnung der aufschiebenden Wirkung ein Betroffener so zu behandeln ist, wie wenn eine Fik-tionswirkung nach § 81 AufenthG gelten würde (vgl. z. B. VGH Bad.-Württ. vom 20. November 2007, 11 S 2364/07, juris, Rz. 3). Übertragen auf die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG misst demnach der Gesetzgeber, auch wenn er dies in der Gesetzesbegründung nicht zum Ausdruck bringt, der behördlichen Entscheidung über die Befristung eine Wirkung zu, welche nicht durch die Klage aufgeschoben werden soll. Die sog. Rückführungsrichtlinie (Richtlinie 2008/115/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2008 über gemeinsame Normen und Verfahren in den Mitgliedstaaten zur Rückführung illegal aufhältiger Drittstaatsangehöriger, ABl. L Nr. 348 vom 24. Dezember 2008, S. 98) kennt nur ein von Anfang an befristetes Einreiseverbot (vgl. zur Problematik Zeitler, HTK-AuslR, § 11 AufenthG, zu Abs. 2, Stand: 10/2015, Nr. 4). Eine Trennung von gesetzlichem Einreiseverbot und behördlicher Befristung ist ihr fremd. Das nationale gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot bedarf daher, um europarechtskonform zu sein, der Befristung. Da diese nicht im Gesetz selbst enthalten ist, ist zwingend eine behördliche Befristungsentscheidung erforderlich. In europarechtskonformer Auslegung der entsprechenden nationalen Vorschriften wird somit das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 1 AufenthG erst dann einem Betroffenen gegenüber wirksam, wenn diesem dessen Befristung bekanntgegeben wurde (vgl. § 43 Abs. 1 VwVfG). Insofern stellt sich die Befristung als belastender Verwaltungsakt dar. Mit der Aufhebung der Befristung könnte damit die Unwirksamkeit des Einreise- und Aufenthaltsverbots erreicht werden. Einer Anfechtungsklage gegen eine aus Sicht des Betroffenen zu lange Befristung käme aufschiebende Wirkung zu, d. h. Folge wäre die vorübergehende Unwirksamkeit des Einreise- und Aufenthaltsverbots. Da es aber prozessunökonomisch wäre, eine zu lange Befristung lediglich aufzuheben, ist angezeigt, eine kürzere Befristung im Wege der Verpflichtungsklage geltend zu machen. Aufgrund der o.g. ausländerrechtlichen Besonderheiten ist aber dennoch abweichend von der allgemeinen Regel, hinsichtlich der Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes nicht § 123 VwGO, sondern § 80 Abs. 5 VwGO einschlägig.
Die Tatsache, dass der Antragsteller hinsichtlich der Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots bislang lediglich eine sog. isolierte Anfechtungsklage erhoben hat, ändert daran nichts, denn er kann im Hauptsacheverfahren, ggf. nach entsprechendem richterlichen Hinweis, ohne Probleme von der isolierten Anfechtungsklage zur Verpflichtungsklage übergehen (vgl. BayVGH vom 28. Mai 2008, 11 C 08.889, juris, Rz. 67).
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist somit statthaft hinsichtlich der Befristung nach § 11 Abs. 2 AufenthG. Er ist im konkreten Fall zulässig, aber unbegründet.
Die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots hat von Amts wegen zu erfolgen (§ 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG). Die Befristung soll zusammen mit der Abschiebungsandrohung erfolgen (vgl. § 11 Abs. 2 Satz 4 AufenthG). Wie oben dargelegt ist die Befristung sogar Wirksamkeitsvoraussetzung für das Einreise- und Aufenthaltsverbot. Die Länge der Frist wird nach pflichtgemäßem Ermessen festgelegt (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG) und darf maximal fünf Jahre betragen (vgl. § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG). Zuständige Behörde ist das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (vgl. § 75 Nr. 12 AufenthG).
Die Befristungsentscheidung stellt sich als rechtmäßig dar. Ein Grund, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, findet sich nicht.
Bei in behördlichem Ermessen liegenden Entscheidungen hat das Gericht unter Berücksichtigung von § 114 VwGO grundsätzlich nur zu prüfen, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen des Verwaltungsaktes – hier der behördlichen Befristungsentscheidung – gegeben sind, ob der Erlass des Verwaltungsaktes auf Ermessensfehlern beruht und ob eine rechts- oder ermessensfehlerhafte Entscheidung der Behörde beim betroffenen Ausländer zu einer Rechtsverletzung führt. Nachdem das für den Fall einer Abschiebung kraft Gesetz bestehende Einreise- und Aufenthaltsverbot nach § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG von Amts wegen zu befristen ist, liegen die tatbestandlichen Voraussetzungen für die Bestimmung einer Sperrfrist ab dem Tag der angedrohten Abschiebung vor. Die Entscheidung, das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung zu befristen, lässt im Rahmen des gegenständlichen Verfahrens auf vorläufigen Rechtsschutz auch keine Ermessensfehler erkennen. Das Bundesamt ist dabei weder von unzutreffenden Tatsachen ausgegangen noch hat es die widerstreitenden Interessen unvertretbar gewichtet, zumal im Bundesgebiet keine spezifischen, besonderen Schutz erfordernden Bindungen des Antragstellers bestehen. Die auf 30 Monate bestimmte Frist liegt in der Mitte des von § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG vorgesehenen gesetzlichen Regelrahmens von fünf Jahren. Die solchermaßen vorgenommene Befristung auf 30 Monate begegnet im gegenständlichen Verfahren keinen Bedenken, nachdem besondere Umstände weder vom Antragsteller vorgetragen noch sonst ersichtlich sind (vgl. VG Oldenburg vom 2. Oktober 2015, 5 B 3636/15, juris, Rz. 40 f.; VG Regensburg vom 30. Oktober 2015, RN 9 S 15.31876; VG Regensburg vom 2. November 2015, RO 9 S 15.31886; VG Regensburg vom 8. Dezember 2015, RN 4 S 15.31994).
3.
Kosten: §§ 154 Abs. 1 VwGO, 83 b AsylG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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