Verwaltungsrecht

Ablehnung des Berufungszulassungsantrags – hier: Ruhestandsversetzung wegen Dienstunfähigkeit

Aktenzeichen  3 ZB 15.182

Datum:
31.1.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 1346
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBG Art. 65, Art. 66, Art. 71 Abs. 1 S. 2
BayVwVfG Art. 37 Abs. 1, Art. 39
BeamtStG § 26, § 29 Abs. 1, Abs. 2
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4 S. 4

 

Leitsatz

Bei dem Hinweis in einem Bescheid über die Zurruheversetzung aufgrund Dienstunfähigkeit nach § 26 BeamtStG auf die Möglichkeit einer nach einem Jahr durchzuführenden Nachuntersuchung und einer Reaktivierung handelt es sich lediglich um eine informatorische Mitteilung und nicht um eine gesetzlich nicht vorgesehene zeitliche Begrenzung der Ruhestandsversetzung im Sinne einer unzulässigen Bedingung oder Auflage. (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 5 K 14.2534 2014-12-10 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 48.361,64 €
festgesetzt.

Gründe

1. Der auf den Zulassungsgrund des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils) gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts i.S.v. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens nicht. Solche sind zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat die Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 28. Mai 2014, mit dem der Kläger, der als Verwaltungsamtmann (BesGr A 11) im Dienst der Beklagten stand, zum 31. Mai 2014 wegen Dienstunfähigkeit „vorübergehend für ein Jahr“ in den Ruhestand versetzt wurde, zu Recht abgewiesen. Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Bescheid, der dem Kläger nach Art. 71 Abs. 1 Satz 2 Hs. 1 BayBG am 28. Mai 2014 zugestellt wurde und dem entsprechend Nr. 5.2.1.4 8. Abschnitt VV-BeamtR eine vom ersten Bürgermeister unterzeichnete Urkunde beigefügt war, wonach der Kläger im Namen der Beklagten gemäß Art. 66 BayBG in den Ruhestand versetzt werde, nicht widersprüchlich und damit zu unbestimmt i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG ist. Aus der Gesamtschau der Verfügung und der Urkunde sowie der Begründung des Bescheids ergebe sich, dass eine Ruhestandsversetzung aufgrund Dienstunfähigkeit nach § 26 BeamtStG i.V.m. Art. 65, 66 BayBG erfolgt sei und eine Nachuntersuchung nach einem Jahr durchzuführen sei. Eine gesetzlich nicht vorgesehene zeitliche Beschränkung der Verfügung sei dadurch nicht erfolgt.
Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Ruhestandsversetzungsverfügung als rechtsgestaltender (statusändernder) Verwaltungsakt ist zwar bedingungs- und grundsätzlich auch auflagenfeindlich. Die mit einer Bedingung oder einer im Gesetz nicht ausdrücklich zugelassenen Auflage verbundene Versetzung in den Ruhestand ist deshalb nichtig. Der in eine Ruhestandsversetzungsverfügung aufgenommene Vorbehalt einer späteren Wiederernennung nach Maßgabe des § 29 Abs. 1 und 2 BeamtStG stellt aber weder eine Bedingung noch eine – ggf. unzulässige – Auflage dar, sondern enthält lediglich die informatorische Mitteilung über die insoweit dem Dienstherrn bzw. dem Beamten zustehenden Rechte. Das gilt auch für Hinweise auf die durch § 29 Abs. 5 BeamtStG begründete Pflicht des in den Ruhestand versetzten Beamten, sich künftig ggf. auf die Wiederherstellung der Dienstfähigkeit untersuchen zu lassen (vgl. v. Roetteken in: v. Roetteken/Rothländer, BeamtStG, 21. Update 11/17, § 26 Rn. 235 m.w.N.). Demgemäß ist nichts dagegen zu erinnern, wenn das Verwaltungsgericht die in Ziff. 1 der Verfügung enthaltene Formulierung „Sie werden wegen Dienstunfähigkeit vorübergehend für ein Jahr in den Ruhestand versetzt“ vor dem Hintergrund der Ausführungen im Bescheid zu § 26 Abs. 1 BeamtStG sowie Art. 65 Abs. 1 und Art. 66 Abs. 1 BayBG und zu der Möglichkeit einer Reaktivierung innerhalb eines Jahres als Ruhestandsversetzung nach § 26 BeamtStG i.V.m. Art. 65, 66 BayBG, verbunden mit dem (bloßen) Hinweis darauf, dass nach einem Jahr ggf. eine Nachuntersuchung durchzuführen ist, und nicht als gesetzlich nicht vorgesehene zeitliche Begrenzung der Ruhestandsversetzung angesehen hat.
Dabei war der so verstandene Regelungsinhalt der Verfügung für den Kläger als Adressaten des Bescheids auch hinreichend bestimmt i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Der Regelungsinhalt einer Verfügung muss hinreichend klar, verständlich und in sich widerspruchsfrei sein. Die Verfügung muss für den Adressaten nach Art und Umfang aus sich heraus verständlich sein und diesen in die Lage versetzen zu erkennen, was genau geregelt wird. Es ist jedoch nicht erforderlich, dass sich der Inhalt eines Verwaltungsakts aus der Verfügung selbst eindeutig ergibt. Es genügt, dass aus dem gesamten Inhalt des Verwaltungsakts und aus dem Zusammenhang, insbesondere aus der von der Behörde gegebenen Begründung (Art. 39 BayVwVfG) des Verwaltungsakts, und aus den den Beteiligten bekannten Umständen und unter Berücksichtigung von Treu und Glauben hinreichende Klarheit über den Inhalt der Regelung gewonnen werden kann (vgl. BayVGH, U.v. 13.1.1993 – 23 B 90.144 – BayVBl 1993, 345; Kopp/Ramsauer, VwVfG, 18. Auflage 2017, § 37 Rn. 12 m.w.N.).
Die hiergegen innerhalb der Frist des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO vorgebrachten Einwände des Klägers vermögen keine ernstlichen Zweifel an der Ergebnisrichtigkeit des Ersturteils i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zu begründen. Der Kläger wiederholt insoweit lediglich sein erstinstanzliches Vorbringen, ohne sich mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts inhaltlich auseinanderzusetzen. Nach der vom Erstgericht vorgenommenen zulässigen Auslegung von Ziff. 1 des Bescheids vom 28. Mai 2014 ist die von der Beklagten darin getroffene Regelung gerade nicht widersprüchlich und damit unbestimmt i.S.d. Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG. Der Hinweis darauf, dass eine vorübergehende Versetzung in den Ruhestand gesetzlich in Art. 64 ff. BayBG nicht vorgesehen sei und die Voraussetzungen der Art. 68 ff. BayBG nicht vorlägen, liegt insoweit neben der Sache. Gleiches gilt für das Vorbringen, eine zeitlich befristete Statusänderung sei dem Beamtenrecht außerhalb der gesetzlichen Regelungen fremd (vgl. OVG NRW, B.v. 25.2.2008 – 6 B 1896/07 – juris).
Dagegen, dass das Verwaltungsgericht auch eine Dienstunfähigkeit des Klägers i.S.d. § 26 Abs. 1 Satz 1 und 2 BeamtStG i.V.m. Art. 65 Abs. 1 BayBG bejaht hat, wendet sich der Kläger ausdrücklich nicht.
2. Der Zulassungsantrag war deshalb mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 GKG (wie Vorinstanz).
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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