Verwaltungsrecht

Ablehnung eines Antrags auf Zulassung der Berufung wegen fehlender Darlegung eines Zulassungsgrundes

Aktenzeichen  21 ZB 16.374

Datum:
9.6.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 49238
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2

 

Leitsatz

1. Die gebotene “Darlegung” eines Zulassungsgrundes gemäß § 124a Abs. 4 S. 4, Abs. 5 S. 2 VwGO erfordert – auch bei der Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils iSv § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO – eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff entsprechend durchdrungen oder aufbereitet wird. Diesen Darlegungsanforderungen genügt der Rechtsmittelführer grundsätzlich nicht, wenn sich sein Vorbringen in einer Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags erschöpft, ohne im Einzelnen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung einzugehen.  (redaktioneller Leitsatz)
2. Nur ausnahmsweise kann eine Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens dem Darlegungsgebot genügen, wenn die Zweifel sich gerade daran entzünden, dass das Verwaltungsgericht dieses erstinstanzliche Vorbringen nicht gewürdigt hat (hier verneint). (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 4 K 15.1715 2016-01-14 GeB VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II.
Der Kläger hat die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen.
III.
Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
IV.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Zulassungsverfahren wird abgelehnt.

Gründe

I. Der Kläger wendet sich gegen den Bescheid der Beklagten vom 7. Oktober 2015, in dem ihm unter Anordnung der sofortigen Vollziehung die Ausübung der tatsächlichen Gewalt über Waffen und Munition jeder Art (sowohl erlaubnispflichtig als auch erlaubnisfrei) untersagt wurde. Das Verwaltungsgericht Regensburg hat die gegen den Bescheid gerichtete Anfechtungsklage mit Gerichtsbescheid vom 14. Januar 2016 abgewiesen. Dagegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung.
Zugleich lässt der Kläger durch seinen Bevollmächtigten die Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung für das Zulassungsverfahren beantragen.
II. Der gegen den Gerichtsbescheid vom 14. Januar 2015 statthafte (§ 84 Abs. 2 Nr. 2 VwGO) und zulässige Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Das vom Kläger innerhalb der Begründungsfrist Dargelegte, auf dessen Prüfung der Senat nach § 124 a Abs. 5 Satz 2 VwGO im Grundsatz beschränkt ist, rechtfertigt nicht die Zulassung der Berufung. Der Kläger hat keinen der Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 VwGO ausdrücklich benannt. Soweit seiner Zulassungsbegründung sinngemäß der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) zu entnehmen ist, wurde dieser Zulassungsgrund nicht hinreichend dargelegt (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO).
Der Kläger hat in seinem Zulassungsantrag ausschließlich und wortwörtlich sein Vorbringen aus dem erstinstanzlichen Klageschriftsatz wiederholt und sich in keiner Weise mit den Entscheidungsgründen des Verwaltungsgerichts, das den erstinstanzlichen Vortrag des Klägers im Einzelnen tatsächlich und rechtlich gewürdigt hat, auseinandergesetzt. Dies genügt dem Darlegungsgebot gemäß § 124 a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO ersichtlich nicht.
Die gebotene “Darlegung” der Zulassungsgründe erfordert eine substantiierte Auseinandersetzung mit der angegriffenen Entscheidung, durch die der Streitstoff entsprechend durchdrungen oder aufbereitet wird. “Darlegen” bedeutet insoweit “erläutern”, “erklären” oder “näher auf etwas einzugehen” (Kopp/Schenke, VwGO, 19. Aufl. 2013, § 124 a Rn. 49). Auch bei der Geltendmachung ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO erfordert das Gebot der Darlegung eine substanzielle Erörterung des in Anspruch genommenen Zulassungsgrundes (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 a Rn. 59, 63). Der Rechtsmittelführer muss insbesondere die konkreten Feststellungen tatsächlicher oder rechtlicher Art benennen, die er mit seiner Rüge angreifen will. Diesen Darlegungsanforderungen wird nicht genügt, wenn sich sein Vorbringen in einer Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags erschöpft, ohne im Einzelnen auf die Gründe der angefochtenen Entscheidung einzugehen (Seibert in Sodan/Ziekow, VwGO, 4. Aufl. 2014, § 124 a Rn. 206; Kopp/Schenke a. a. O., § 124 a Rn. 52; BayVGH, B. v. 20.4.2016 – 15 ZB 14.2686 u. a. – juris Rn. 22; BayVGH, B. v. 20.1.2016 – 22 ZB 15.2277 – juris Rn. 7).
Ausnahmsweise kann eine Wiederholung des erstinstanzlichen Vorbringens dem Darlegungsgebot genügen, wenn die Zweifel sich gerade daran entzünden, dass das Verwaltungsgericht dieses erstinstanzliche Vorbringen nicht gewürdigt hat (Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 a Rn. 65). Ein solcher Ausnahmefall liegt hier nicht vor, da das Verwaltungsgericht die vom Kläger vorgetragenen Argumente, die sich im Wesentlichen im Bestreiten von tatsächlichen Feststellungen und behauptetem Fehlen der tatbestandlichen Voraussetzungen des angeordneten Waffenverbots erschöpfen, in den Entscheidungsgründen des Gerichtsbescheids im Einzelnen tatsächlich und rechtlich umfassend gewürdigt hat.
Für eine ausnahmsweise erfolgende Reduzierung des Darlegungsgebots auf die Behauptung der Fehlerhaftigkeit der Entscheidung bei offensichtlichen Mängeln bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte (Happ in Eyermann, VwGO, a. a. O., § 124 a Rn. 54).
2. Der Kläger hat nach § 154 Abs. 2 VwGO die Kosten des Zulassungsverfahrens zu tragen. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3 GKG, § 52 Abs. 2 GKG.
3. Angesichts der fehlenden Erfolgsaussichten des Zulassungsantrages war auch der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe unter Anwaltsbeiordnung für das Zulassungsverfahren nach § 166 Abs. 1 Satz 1 VwGO i. V. m. § 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO abzulehnen.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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