Verwaltungsrecht

Ablehnung eines Antrags eines afghanischen Staatsangehörigen

Aktenzeichen  M 7 S 16.50422

Datum:
29.6.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG AsylG § 27a, § 34a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1
ZPO ZPO § 187 Abs. 1
BGB BGB § 188 Abs. 2
VwGO VwGO § 57

 

Leitsatz

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Gründe

I.
Der Antragsteller, afghanischer Staatsangehöriger, versuchte am 7. Mai 2016 unerlaubt in das Bundesgebiet einzureisen. Er wurde am selben Tag nach Österreich zurückgewiesen. Am 10. Mai 2016 reiste er erneut in das Bundesgebiet ein. Er befindet sich seit 10. Mai 2016 für zwei Monate in Strafhaft. Am 11. Mai 2016 stellte er im Bundesgebiet einen Asylantrag. Bei seiner Beschuldigtenvernehmung durch die Polizei gab er an, dass er in Ungarn und in Österreich erkennungsdienstlich behandelt worden sei.
Eine EURODAC-Abfrage der Antragsgegnerin ergab, dass der Antragsteller in Ungarn registriert worden ist (HU1…) und dort am 22. April 2016 einen Asylantrag gestellt hat. Ein Übernahmeersuchen vom 17. Mai 2016 an Ungarn wurde innerhalb von zwei Wochen nicht beantwortet.
Mit Bescheid vom 8. Juni 2016 lehnte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (im Folgenden: Bundesamt) den Asylantrag als unzulässig ab (Nr. 1 des Bescheides) und ordnete die Abschiebung nach Ungarn an (Nr. 2 des Bescheides). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot gemäß § 11 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) wurde auf sechs Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 3 des Bescheides). Der Asylantrag sei gemäß § 27a Asylgesetz (AsylG) unzulässig, da Ungarn aufgrund des dort bereits gestellten Asylantrages gemäß Art. 3 Dublin-III-VO für die Behandlung des Asylantrages zuständig sei. Außergewöhnliche humanitäre Gründe, die die Bundesrepublik Deutschland veranlassen könnten, ihr Selbsteintrittsrecht gemäß Art. 17 Abs. 1 Dublin-III-VO auszuüben, seien nicht ersichtlich. Die Anordnung der Abschiebung nach Ungarn beruhe auf § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG. Eine Abschiebung habe gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 AufenthG zur Folge, dass der Drittstaatsangehörige nicht erneut in das Bundesgebiet einreisen und sich dort aufhalten dürfe. Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf sechs Monate sei angemessen. Der Bescheid wurde dem Antragsteller mit Postzustellungsurkunde am 14. Juni 2016 in die Justizvollzugsanstalt zugestellt.
Die Bevollmächtigten des Antragstellers beantragten am 23. Juni 2016 beim Bayer. Verwaltungsgericht München den Bescheid des Bundesamtes vom 8. Juni 2016 aufzuheben und gleichzeitig,
die aufschiebende Wirkung der Klage hinsichtlich der Abschiebungsanordnung anzuordnen.
Aufgrund erheblich gestiegener Flüchtlingszahlen sei von einer Überstellung nach Ungarn abzusehen, nachdem es den ungarischen Behörden nicht möglich sei, die Flut an Flüchtlingen mit der gleichen Intensität zu bewältigen wie die Bundesrepublik Deutschland. Der Antragsgegnerin könne nicht unbekannt sein, dass die systemischen Mängel des Asylverfahrens und die Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Ungarn ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme stellten, dass der Antragsteller tatsächlich Gefahr laufen könne, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinn des Art. 4 EU-Grundrechtecharta ausgesetzt zu sein. Aktuell sei davon auszugehen, dass das ungarische Asylsystem systemische Schwachstellen aufweise. Die materielle Prüfung des Asylantrags des Antragstellers in Deutschland sei zwingend erforderlich.
Die Antragsgegnerin übersandte am 21. Juni 2016 vorab die Asylakte.
Ergänzend wird auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen die im Bescheid des Bundesamtes vom 8. Juni 2016 verfügte Abschiebung nach Ungarn hat keinen Erfolg.
Der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO ist bereits unzulässig, da er nicht innerhalb der Antragsfrist gemäß § 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG gestellt wurde.
Nach § 34a Abs. 1 Satz 1 AsylG ordnet das Bundesamt, wenn der Ausländer in einen sicheren Drittstaat (§ 26a AsylG) oder in einen für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen Staat (§ 27a AsylG) abgeschoben werden soll, die Abschiebung in diesen Staat an, sobald feststeht, dass sie durchgeführt werden kann. Anträge nach § 80 Abs. 5 VwGO gegen die Abschiebungsanordnung sind innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe zu stellen (§ 34a Abs. 2 Satz 1 AsylG).
Dem Antragsteller ist der Bescheid des Bundesamtes vom 8. Juni 2016 ausweislich der Postzustellungsurkunde am 14. Juni 2016 zugestellt worden. Die einwöchige Antragsfrist war damit am 21. Juni 2016, 24.00 Uhr, abgelaufen (vgl. § 57 VwGO, § 222 Abs. 1 ZPO, § 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 1. Altern. BGB). Mit dem Eingang seines Antrags am 23. Juni 2016 beim Verwaltungsgericht hat der Antragsteller die einwöchige Antragsfrist versäumt. Wiedereinsetzungsgründe sind weder vorgetragen noch ersichtlich.
Weiter hat der Antragsteller auch die Einhaltung der Klagefrist versäumt. Nach § 74 Abs. 1 Halbsatz 2 AsylG ist, sofern der Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO innerhalb einer Woche zu stellen ist, auch die Klage innerhalb einer Woche zu erheben. Mit der Versäumung der Klagefrist ist der Bescheid des Bundesamtes vom 8. Juni 2016 bestandskräftig geworden.
Das Gericht weist noch darauf hin, dass der Antrag nach der Rechtsprechung der Kammer auch unbegründet gewesen wäre. Das Gericht geht nicht davon aus, dass systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen in Ungarn bestehen, die einer Abschiebung des Antragstellers entgegenstehen (vgl. B.v. 30.3.2016 – M 7 S 16.50059; v. 24.3.2016 – M 7 S 16.50035).
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Das Verfahren ist gemäß § 83b AsylG gerichtskostenfrei.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 80 AsylG).


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