Verwaltungsrecht

Albanien als sicherer Herkunftsstaat – Asylantrag als offensichtlich unbegründet abgelehnt

Aktenzeichen  M 17 S 16.32993

Datum:
7.10.2016
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG GG Art. 16a
AsylG AsylG § 3, § 3c, § 3d, §3d, § 4, § 29a Abs. 1, Abs. 2, § 30 Abs. 1, § 36 Abs. 1
AufenthG AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7

 

Leitsatz

Ein Asylantrag iSd Art. 46 Abs. 6 lit. a Var. 1 Asylverfahrens-RL ist im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 Asylverfahrens-RL auch dann offensichtlich unbegründet, wenn das Bundesamt lediglich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und den Antrag auf Asylanerkennung als „offensichtlich unbegründet“ ablehnt, den Antrag auf subsidiären Schutz aber lediglich (als einfach unbegründet) ablehnt (Anschluss an VG Köln BeckRS 2016, 45702; entgegen VG Düsseldorf BeckRS 2016, 42272). (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I.
Der Antrag wird abgelehnt.
II.
Der Antragsteller hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Gründe

I.
Der Antragsteller ist albanischer Staatsangehöriger. Er reiste nach eigenen Angaben auf dem Landweg über Italien und die Schweiz am … Juni oder Juli 2016 in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte am 28. Juli 2016 Asylantrag.
Bei der Anhörung durch das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) am … August 2016 gab der Antragsteller zur Begründung seines Asylantrags im Wesentlichen an, er habe aufgrund der Blutrache sein Heimatland verlassen. Sein Vater habe jemanden umgebracht und über drei Jahre im Gefängnis verbracht. Die Familie, mit der der Antragsteller und seine Eltern im Konflikt seien, habe den Antragsteller und seine Familie bedroht, es werde jemand in der Familie des Antragstellers umgebracht. Aus diesem Grund habe der Antragsteller sein Heimatland Albanien verlassen müssen. Weiterhin trug der Antragsteller vor, er und seine Eltern hätten in einem Dorf gewohnt. Nachdem man Drohungen bekommen habe, seien sie in die Stadt umgezogen. Als der Vater des Antragstellers im Gefängnis gewesen war, sei der Antragsteller gezwungen worden, nach Griechenland zu gehen, um dort Geld zu verdienen. Er habe dort illegal gearbeitet. Der Konflikt mit der Familie sei aufgrund eines Grundstücks (Acker) entstanden. Der Vater des Antragstellers habe einen Familienangehörigen der Konfliktpartei umgebracht. Der Antragsteller sei nach Deutschland gekommen, weil er sein Leben retten möchte. Er sei nicht wegen des Geldes nach Deutschland gekommen. Der Antragsteller wurde zur Befristung eines Einreise- und Aufenthaltsverbotes angehört.
Mit Bescheid vom 5. September 2016, dem Antragsteller gegen Empfangsbestätigung am 8. September 2016 zugestellt, lehnte das Bundesamt die Anträge auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Nr. 1) und auf Asylanerkennung (Nr. 2) als offensichtlich unbegründet ab, erkannte den subsidiären Schutzstatus nicht zu (Nr. 3) und stellte fest, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) nicht vorliegen (Nr. 4). Es forderte der Antragsteller auf, die Bundesrepublik Deutschland innerhalb einer Woche nach Bekanntgabe dieser Entscheidung zu verlassen, anderenfalls wurde ihnen die Abschiebung nach Albanien angedroht (Nr. 5). Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG angeordnet und auf 10 Monate ab dem Tag der Ausreise befristet (Nr. 6). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr. 7).
Zur Begründung wurde u. a. wie folgt ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Zuerkennung internationalen Schutzes und die Anerkennung als Asylberechtigte lägen offensichtlich nicht vor. Der Antragsteller habe nichts glaubhaft vorgetragen oder vorgelegt, was zu der Überzeugung gelangen ließe, dass in seinem Falle, entgegen der Einschätzung der allgemeinen Lage, in seinem Herkunftsstaat die Voraussetzungen für die Annahme einer begründeten Furcht vor Verfolgung oder die Gefahr eines ernsthaften Schadens erfüllt seien. Der Antragsteller hätte Schutz bei örtlichen Polizeibehörden oder höherrangigen Polizeidienststellen erhalten können. Dass es für ihn unmöglich gewesen sein könnte, bei entsprechenden Stellen um Schutz nachzusuchen, sei nicht dargetan und gehe nicht aus dem Sachvortrag des Antragstellers hervor. Da es dem Antragsteller nicht gelungen sei, die Regelvermutung des § 29a AsylG zu widerlegen, sei der Asylantrag als offensichtlich unbegründet abzulehnen.
Die vom Antragsteller individuell vorgetragenen Gründe seien nicht geeignet, seinem Antrag auf Feststellung eines Abschiebungsverbots zum Erfolg zu verhelfen. Die Umstände, die der Antragsteller geltend mache, gingen nicht über das Maß dessen hinaus, was alle Bewohner hinzunehmen hätten, die in vergleichbarer Situation leben. Zur Sicherung des Lebensunterhalts sei der Antragsteller ferner auf seine eigene Arbeitskraft und den Arbeitsmarkt in Albanien zu verweisen.
Die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots auf 10 bzw. 30 Monate sei angemessen. Anhaltspunkte für eine kürzere Fristsetzung aufgrund schutzwürdiger Belange seien weder vorgetragen noch lägen solche nach den Erkenntnissen des Bundesamtes vor.
Der Antragsteller erhob mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten beim Bayerischen Verwaltungsgericht München am 14. September 2016 Klage (M 17 K 16.32992) mit den Anträgen, den Bescheid des Bundesamtes vom 5. September 2016 aufzuheben und diese zu verpflichten, dem Kläger die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise dem Kläger subsidiären Schutz zuzuerkennen, weiter hilfsweise festzustellen, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG gegeben sind. Gleichzeitig beantragte er,
die aufschiebende Wirkung der Klage – gegen die Abschiebungsandrohung nach Albanien – anzuordnen.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, es sei nicht näher begründet, warum der Asylantrag nicht nur als unbegründet, sondern gleich als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde. Es wäre näher zu belegen gewesen, dass und warum vernünftigerweise kein Zweifel an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen besteht und sich die Ablehnung als offensichtlich unbegründet geradezu aufdränge. Es werde auf den Sachvortrag des Antragstellers bei seiner Anhörung Bezug genommen. Die Versagung des subsidiären unionsrechtlichen Schutzes sei nicht für offensichtlich unbegründet erklärt worden. Der Verbleib des Antragstellers sei bis zur Entscheidung des Gerichts über die Klage unmittelbar durch Art. 46 Abs. 5 VerfahrensRL gestattet.
Die Antragsgegnerin übersandte mit Schreiben vom 12. September 2016 die Behördenakten und stellte keinen Antrag.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Verfahren M 17 K 16.32992 sowie auf die vorgelegte Behördenakte verwiesen.
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
1. Der Antrag, die kraft Gesetzes gemäß § 75 Asylgesetz (AsylG) ausgeschlossene aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung im streitgegenständlichen Bescheid des Bundesamtes nach § 80 Abs. 5 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) anzuordnen, ist zulässig. Insbesondere wurde die Wochenfrist des § 36 Abs. 3 Satz 1 AsylG eingehalten.
2. Der Antrag ist jedoch nicht begründet, da keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen (vgl. Art. 16a Abs. 4 Grundgesetz – GG, § 36 Abs. 4 AsylG).
Entsprechend der Gesetzeslage des Art. 16 a GG, § 36 Abs. 4 AsylG kann das Verwaltungsgericht auf Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO die Aussetzung der Abschiebung anordnen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Tatsachen und Beweismittel, die von den Beteiligten nicht angegeben worden sind, bleiben unberücksichtigt, es sei denn, sie sind gerichtsbekannt oder offenkundig. Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts liegen ernstliche Zweifel i. S. v. Art. 16 a Abs. 4 Satz 1 GG vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die Maßnahme einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhält (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1516/93 – BVerfGE 94, 166 ff.).
Im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag ist im Hinblick auf den durch Art. 19 Abs. 4 GG gebotenen effektiven Rechtsschutz zu prüfen, ob das Bundesamt zu Recht davon ausgegangen ist, dass der geltend gemachte Anspruch auf Asylanerkennung bzw. auf die Feststellung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG offensichtlich nicht besteht – wobei eine nur summarische Prüfung nicht ausreicht – und ob diese Ablehnung weiterhin Bestand haben kann (BVerfG B.v. 2.5.1984 – 2 BvR 1413/83 – DVBl 84, 673 ff. – juris Rn. 40). Offensichtlich unbegründet ist ein Asylantrag dann, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter (Art. 16 a GG) und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) offensichtlich nicht vorliegen. Dies ist nach ständiger Rechtsprechung dann anzunehmen, wenn an der Richtigkeit der tatsächlichen Feststellungen vernünftigerweise keine Zweifel bestehen, und bei einem solchen Sachverhalt nach allgemein anerkannter Rechtsauffassung sich die Abweisung geradezu aufdrängt (vgl. BVerfG, B.v. 5.2.1993 – 2 BvR 1294/92 – InfAuslR 1993, 196).
Gemessen an diesen Grundsätzen bestehen hier keine ernstlichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Entscheidungen des Bundesamts. Zur Begründung wird zur Vermeidung von Wiederholungen zunächst auf die Ausführungen im Bescheid des Bundesamts vom 5. September 2016 verwiesen (§ 77 Abs. 2 AsylG). Ergänzend ist wie folgt auszuführen:
2.1. Für das Gericht ist offensichtlich, dass dem Antragsteller der geltend gemachte Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht zusteht.
Die Ablehnung des Antrags auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als offensichtlich unbegründet beruht auf § 29 a Abs. 1 AsylG. Nach dieser Vorschrift ist der Asylantrag eines Ausländers aus einem Staat i. S. d. Art. 16 a Abs. 3 Satz 1 GG (sicherer Herkunftsstaat) als offensichtlich unbegründet abzulehnen, es sei denn, die von dem Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründen die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Das Heimatland der Antragstellerin, Albanien, ist ein sicherer Herkunftsstaat in diesem Sinne (vgl. § 29 a Abs. 2 AsylG i. V. m. Anlage II). Die Einstufung Albaniens als sicherer Herkunftsstaat erfolgte aufgrund des Asylverfahrensbeschleunigungsgesetzes vom 20. Oktober 2015 (BGBl I S. 1722) mit Wirkung vom 24. Oktober 2015. Die Gerichte sind an diese Einstufung gebunden, es sei denn, sie sind der Überzeugung, dass sich die Einstufung als verfassungswidrig erweist (BVerfG, U.v. 14.5.1996 – 2 BvR 1507/93 – Rn. 65).
Gegen die Einstufung Albaniens als sicherer Herkunftsstaat bestehen weder verfassungsrechtliche noch europarechtliche Bedenken (VG Berlin, B.v. 22.12.2015 – 33 L 357.15 A – juris Rn. 13-24; VG München, B.v. 01.03.2016 – M 17 S 16.30322).
Der Antragsteller hat die durch § 29 a AsylG normierte Nichtverfolgungsvermutung auch nicht durch den schlüssigen Vortrag von individuellen Verfolgungstatsachen erschüttern können. Die vom Antragsteller angegebenen Tatsachen und Beweismittel begründen gerade nicht die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht.
Zudem erfordert § 3 c Nr. 3 AsylG bei einer von einem nichtstaatlichen Akteur ausgehenden Verfolgung, dass der Staat nicht in der Lage oder nicht willens ist, Schutz zu gewähren. Von einer Unwilligkeit oder Unfähigkeit der albanischen Behörden, ihre Staatsangehörigen vor strafbaren Handlungen zu schützen, ist aber nicht auszugehen. Das Gericht teilt gemessen an den vorliegenden Erkenntnismitteln (vor allem auch des Berichts über die asyl- und abschieberelevante Lage in der Republik Albanien des Auswärtigen Amts vom 16. August 2016 (Stand Mai 2016) – im Folgenden: Lagebericht) die Einschätzung des Bundesamtes, dass der albanische Staat bei einer derartigen Bedrohung, bei der es sich um kriminelles Unrecht eines nichtstaatlichen Akteurs handelte, in der Lage und auch willens ist, hinreichenden Schutz zu gewähren (§ 3c Nr. 3, § 3d Abs. 1 und 2 AsylG; vgl. allgemein zum Schutz durch den albanischen Staat auch: OVG NW, B. v. 23.02.2015 – 11 A 334/14.A – juris Rn. 8 ff.; VG München, B.v. 10.09.2015 – M 2 S 15.31175; VG München, B.v. 4.2.2016 – M 11 S 15.31693; VG München, B.v. 14.01.2016 – M 4 S 15.31618; VG Düsseldorf, B.v. 1.02.2016 – 17 L 95/16.A – juris Rn. 18ff; B.v. 28.10.2015 – 17 L 2938/15.A – juris; VG Arnsberg, B.v. 23.02.2016 – 5 L 242/16.A – juris Rn. 23 ff.).
Ferner ist davon auszugehen, dass ganz offensichtlich – selbst bei hier nicht vorliegender substantiierter Bedrohungs-/Verfolgungslage – eine inländische Fluchtalternative bestehen würde (§ 3e AsylG). Der Antragsteller könnte jedenfalls durch Verlegung seines Wohnsitzes in urbane Zentren anderer – etwa südlicher – Landesteile Albaniens, wo ein Leben in gewisser Anonymität möglich ist und nichtstaatliche Dritte mit asylrechtlich hinreichender Sicherheit nicht ausfindig machen können, eine etwaige Gefahr für Leib oder Leben abwenden. Eine Übersiedelung in andere Teile des Landes unterliegt keinen rechtlichen Einschränkungen (vgl. Lagebericht S. 11; VG Düsseldorf, U.v. 12.03.2015 – 6 K 8197/14.A – juris Rn. 63; VG Düsseldorf, B.v. 23.11.2015 – 17 L 3729/15.A – juris Rn. 38ff.; VG Düsseldorf, B.v. 14.10.2015 – 17 L 3111/15. A – juris, Rn. 20; VG Oldenburg, U.v. 10.4.2015 – 5 A 1688/14 – juris; VG München, B.v. 3.2.2016 – M 5 S 15.31520 – UA S. 7).
2.2 Das Bundesamt hat im Übrigen auch zu Recht die Zuerkennung subsidiären Schutzes (§ 4 AsylG) und das Vorliegen von Abschiebungsverboten gemäß § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG abgelehnt. Das Gericht nimmt daher auch insoweit auf die Begründung des Bundesamts Bezug (§ 77 Abs. 2 AsylG).
2.2.1 Auch bei Annahme einer drohenden erniedrigenden Behandlung im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AsylG durch einen nichtstaatlichen Akteur kommt gemäß § 4 Abs. 3 Satz 1 AsylG i. V. m. der entsprechenden Anwendung des § 3c Nr. 3 AsylG die Gewährung subsidiären Schutzes nicht in Betracht, weil es an der Voraussetzung, dass der Staat erwiesenermaßen nicht schutzfähig oder -willig ist, fehlt.
Jedenfalls folgt das Gericht nicht der Rechtsprechung des VG Düsseldorf (B.v. 2.2.2016 – 7 118/16. A – und vom 22.12.2015 – 7 L 3863/15. A – (beide in juris), wonach bei einer Asylantragstellung nach dem 20. Juli 2015 derzeit deshalb immer die aufschiebende Wirkung einer Klage anzuordnen ist, weil die deutschen Rechtsvorschriften nicht im Einklang mit Art. 46 der Verfahrensrichtlinie (2013/32/EU) stünden. Es schließt sich der Rechtsprechung des VG Köln an, das in seinem Beschluss vom 7. April 2016 (18 L 589/16.A – juris Rn. 7 ff.) folgendes ausgeführt hat:
„Entgegen dieser Rechtsprechung ist nach Auffassung des Einzelrichters ein Asylantrag i. S. d. Art. 46 Abs. 6 Buchstabe a Variante 1 der Verfahrensrichtlinie im Einklang mit Art. 32 Abs. 2 der Richtlinie auch dann offensichtlich unbegründet, wenn das Bundesamt lediglich die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft und den Antrag auf Asylanerkennung als „offensichtlich unbegründet“ ablehnt, den Antrag auf subsidiären Schutz aber lediglich (als einfach unbegründet) ablehnt.
Gemäß Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie können die Mitgliedstaaten einen Antrag im Falle von dessen Unbegründetheit bei Vorliegen eines der in Art. 31 Abs. 8 (hier wegen der Herkunft des Antragstellers aus Serbien als sicherem Herkunftsstaat: Buchstabe b) der Verfahrensrichtlinie aufgeführten Umstände als „offensichtlich unbegründet“ betrachten, wenn dies so in den nationalen Rechtsvorschriften vorgesehen ist. Das ist in Deutschland bereits der Fall, weshalb der deutsche Gesetzgeber jedenfalls insoweit die Verfahrensrichtlinie nicht eigens umzusetzen hatte. Denn § 30 Abs. 1 AsylG bestimmt (bereits), dass der (gemäß §§ 13 Abs. 2 Satz 1 und 31 Abs. 2 Satz 1 AsylG sowohl die Asylanerkennung als auch die Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes als auch die Zuerkennung subsidiären europarechtlichen Schutzes umfassende, also der gesamte) Asylantrag „offensichtlich unbegründet“ ist, wenn die Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft offensichtlich nicht vorliegen. § 30 Abs. 1 AsylG setzt demnach für die Ablehnung des (gesamten) Asylantrags als „offensichtlich unbegründet“ nicht voraus, dass auch die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären Schutzes offensichtlich nicht vorliegen, obwohl dieser Regelungsgegenstand nach der Konzeption des Asylgesetzes (gemäß §§ 13 Abs. 2 Satz 1 und 31 Abs. 2 Satz 1 AsylG) ebenfalls vom Asylantrag umfasst wird.
§ 30 Abs. 1 AsylG ist auch für die Fälle des § 29a Asylgesetz einschlägig, auf den sich das Bundesamt hier konkret gestützt hat und nach dessen Abs. 1 der Asylantrag eines Ausländers aus einem sicheren Herkunftsstaat als „offensichtlich unbegründet“ abzulehnen ist, es sei denn, die vom Ausländer angegebenen Tatsachen oder Beweismittel begründeten die Annahme, dass ihm abweichend von der allgemeinen Lage im Herkunftsstaat politische Verfolgung droht. Dass § 29a AsylG nicht in einem alternativen Verhältnis zu § 30 Abs. 1 AsylG steht, ergibt sich aus der systematischen Auslegung des insoweit rechtstechnisch nicht gelungenen Asylgesetzes. Danach befindet sich die Definition eines offensichtlich unbegründeten Asylantrags in § 30 Abs. 1 AsylG, während die dafür erforderlichen Voraussetzungen in § 30 Abs. 2 bis 5 AsylG normiert sind. Inhaltlich stellt § 29a AsylG lediglich die Bestimmung einer weiteren Voraussetzung dafür dar, einen Asylantrag nicht nur (als einfach unbegründet) abzulehnen, sondern als „offensichtlich unbegründet“ abzulehnen, und steht deshalb systematisch auf einer Stufe nur mit § 30 Abs. 2 bis 5 AsylG, nicht aber mit § 30 Abs. 1 AsylG.
Da sich § 36 Abs. 1 AsylG demgemäß hinsichtlich der offensichtlichen Unbegründetheit eines Asylantrags auf § 30 Abs. 1 AsylG bezieht, setzt auch § 36 Abs. 1 AsylG nicht voraus, dass die Ablehnung als „offensichtlich unbegründet“ nicht nur den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter und auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, sondern auch die Zuerkennung subsidiären europarechtlichen Schutzes i. S. d. § 4 AsylG umfasst.
Dieser gesetzlichen Systematik folgt auch die Tenorierung des hier in Rede stehenden Bescheids des Bundesamts. Sie folgt in ihrem Aufbau (sprachlich abweichend) insoweit der Definition des § 30 Abs. 1 AsylG, als sie in Ziffern 1 und 2 des angefochtenen Bescheids die für die Folge des § 30 Abs. 1 AsylG, dass der (gesamte) Asylantrag „offensichtlich unbegründet“ ist, erforderlichen Einzelentscheidungen aufführt, nämlich dass die Voraussetzungen sowohl für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (Ziffer 1) als auch für die Anerkennung als Asylberechtigter (Ziffer 2) „offensichtlich“ nicht vorliegen („wird als offensichtlich unbegründet abgelehnt“), und sodann die nach anderen Vorschriften des Asylgesetzes erforderlichen Einzelentscheidungen trifft, nämlich dass die Voraussetzungen für die Zuerkennung subsidiären europarechtlichen Schutzes (Ziffer 3) und des nationalen subsidiären Schutzes (Ziffer 4) nicht vorliegen, woraufhin die Abschiebungsanordnung samt Ausreisefrist (Ziffer 5), die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 7 AufenthG (Ziffer 6) und die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots gemäß § 11 Abs. 1 AufenthG (Ziffer 7) folgen.
Die in dem Beschluss des VG Düsseldorf (vom 2.2.2016 – 7 L 118/16. A – juris Rn. 36) aufgezeigten Weiterungen sind nach Auffassung des Einzelrichters nicht zu befürchten. Wegen der eindeutigen Voraussetzungen des § 30 Abs. 1 AsylG kann nämlich selbst eine Ablehnung etwa des Antrags auf Gewährung subsidiären europarechtlichen Schutzes als „offensichtlich unbegründet“ bei gleichzeitiger Ablehnung der Asylgewährung bzw. der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als (lediglich einfach) unbegründet nicht dazu führen, dass einem Antragsteller in Deutschland kein wirksamer Rechtsschutz im Sinne des Art. 46 Abs. 6 der Verfahrensrichtlinie zur Verfügung steht. Abgesehen davon, dass der zitierte Beschluss bereits selbst – wegen der Normierung in § 30 Abs. 1 AsylG auch zu Recht – davon ausgeht, dass das Asylgesetz keine Rechtsgrundlage zur Ablehnung eines Antrags als „offensichtlich unbegründet“ bietet, soweit der subsidiäre (europarechtliche bzw. nationale) Schutz in Rede steht, würde selbst eine solche Ablehnung des Antrags auf Gewährung subsidiären Schutzes (als „offensichtlich unbegründet“) seitens des Bundesamts bei gleichzeitiger Ablehnung einer Asylanerkennung und Ablehnung der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als (lediglich einfach) unbegründet gemäß § 36 Abs. 1 i. V. m. § 30 Abs. 1 AsylG materiell-rechtlich nicht zur Ausreisefrist von einer Woche führen, weil diese Frist aus den oben erläuterten Gründen allein dann gilt, wenn das Bundesamt entscheidet, dass die Voraussetzungen für eine Asylanerkennung und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft „offensichtlich“ nicht vorliegen, in diesem Sinne also Asylanerkennung und Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnt werden.
Das könnte im Falle einer dennoch seitens des Bundesamts festgesetzten Ausreisefrist von einer Woche im Wege des Eilrechtsschutzes auch gerichtlich gewährleistet werden. Nach § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung (nur) angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Mit der (Anfechtungs-)Klage kann die Abschiebungsandrohung (samt Ausreisefrist) als eigenständiger Verwaltungsakt angefochten werden. Erkennt das Verwaltungsgericht deshalb ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des (mit der Klage) angegriffenen Verwaltungsakts, weil die Abschiebungsandrohung wegen der zu kurzen Ausreisefrist (aufgrund des fehlerhaften Verdikts der Offensichtlichkeit der Unbegründetheit bei der Ablehnung subsidiären Schutzes bzw. wegen der Ablehnung der Asylanerkennung und der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lediglich als einfach unbegründet) rechtswidrig ist, hat es die Aussetzung der Abschiebung anzuordnen.
Im Übrigen könnte ebenso im Rahmen des Eilrechtsschutzes gewährleistet werden, dass im Fall einer Ablehnung einer Asylanerkennung und eines Antrags auf Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes als „offensichtlich unbegründet“ durch das Bundesamt bei entweder gleichzeitiger Ablehnung subsidiären Schutzes als einfach unbegründet oder bei gleichzeitigem Fehlen einer ausdrücklichen Entscheidung zum subsidiären Schutz eine Abschiebungsandrohung, die trotz erheblicher Zweifel am Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung subsidiären (europarechtlichen bzw. nationalen) Schutzes mit einer Ausreisefrist von einer Woche versehen ist, vom Gericht ausgesetzt wird. Ausgangspunkt ist wiederum § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG, wonach die Aussetzung der Abschiebung (nur) angeordnet werden darf, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Die Abschiebungsandrohung kann mit der (Anfechtungs-)Klage angegriffen werden. Geht das Gericht vom Vorliegen der Voraussetzungen subsidiären (europarechtlichen oder nationalen) Schutzes aus (bzw. hat es – was ausreicht – erhebliche Zweifel am Nichtvorliegen der dafür erforderlichen Voraussetzungen), gilt trotz offensichtlicher Unbegründetheit des Asylantrags i. S. d. § 30 Abs. 1 AsylG (also bei offensichtlichem Fehlen der Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft) nicht gemäß § 36 Abs. 1 AsylG gegenüber dem Ausländer eine Ausreisefrist von (nur) einer Woche. Denn die Ausreisefrist kann nur innerhalb einer Abschiebungsandrohung bestimmt werden, die indes gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a bzw. Nr. 3 AsylG überhaupt nicht ergehen darf, wenn dem Ausländer subsidiärer (europarechtlicher bzw. nationaler) Schutz zu gewähren ist. Nach § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG wird eine Abschiebungsandrohung nämlich nur erlassen, wenn die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen kumulativ („und“ am Ende der Nr. 3) vorliegen, wozu nach Nr. 2a bzw. Nr. 3 aber gehört, dass dem Ausländer k e i n subsidiärer (europarechtlicher bzw. nationaler) Schutz gewährt wird.
Erst recht gilt dieses Ergebnis, sollte das Bundesamt ausdrücklich feststellen, dass ein Antragsteller subsidiären Schutz erhält, aber wegen einer als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnten Asylanerkennung und einer als „offensichtlich unbegründet“ abgelehnten Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes zu Unrecht eine Abschiebungsandrohung mit einer Ausreisefrist von einer Woche erlassen. Gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG darf die Aussetzung der Abschiebung (nur) angeordnet werden, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen. Da trotz offensichtlicher Unbegründetheit des Asylantrags i. S. d. § 30 Abs. 1 AsylG (also bei offensichtlichem Fehlen der Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigter und für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft) gegen den Ausländer nach den obigen Ausführungen gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2a bzw. Nr. 3 AsylG überhaupt keine Abschiebungsandrohung ergehen darf, wenn dem Ausländer subsidiärer (europarechtlicher bzw. nationaler) Schutz zu gewähren ist, hat das Gericht auch in einem solchen Fall gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 AsylG wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angegriffenen Abschiebungsandrohung die Aussetzung der Abschiebung anzuordnen.
Ob dieses Ergebnis sich auch aus den Gründen des VG Düsseldorf (B.v. 13.1.2016 – 6 L 4047/15.A -, juris) ergibt, kann hier deshalb unerörtert bleiben. Der Einzelrichter hat jedoch an den dortigen Ausführungen deshalb Zweifel, weil nach seinem Verständnis mit einem „beschleunigten Verfahren“ i. S. d. § 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie ein eigenständig ausgestaltetes Verfahren gemeint ist. Art. 32 Abs. 2 der Verfahrensrichtlinie eröffnet nach dem Verständnis des Einzelrichters kein „beschleunigtes Verfahren“, sondern stellt für die eröffnete Möglichkeit, einen Asylantrag als „offensichtlich unbegründet“ abzulehnen, allein auf die Voraussetzungen des Art. 31 Abs. 8 der Verfahrensrichtlinie f ü r ein beschleunigtes Verfahren ab, nicht aber a u f ein beschleunigtes Verfahren selbst. Der deutsche Gesetzgeber hat indes erst nach Ergehen der zitierten Entscheidung mit dem am 17.3.2016 in Kraft getretenen Art. 1 Nr. 6 (§ 30a AsylG) des Gesetzes zur Einführung beschleunigter Asylverfahren vom 11.3.2016 ein „beschleunigtes Verfahren“ eingeführt, ohne allerdings § 36 AsylG auch darauf zu erstrecken.“
Entgegen der Auffassung des Antragstellers ergibt sich die aufschiebende Wirkung der Klage nicht unmittelbar aus Art. 46 Abs. 5 der VerfahrensRL (vgl. VG Gelsenkirchen, B.v. 15.3.2016 – 2a L 557/16.A – juris; VG Aachen, B.v. 1.3.3016 – 4 A I 35/16.A – juris; VG Düsseldorf, B.v. 13.1.2016 – 6 L 4047/15.A).
2.2.2 Allein wegen der harten Lebensbedingungen und allgemein bestehenden ärmlichen Verhältnisse in Albanien vermag sich der Antragsteller weder auf § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG noch auf § 60 Abs. 5 AufenthG unter Berücksichtigung von Art. 3 EMRK zu berufen. Die Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse kann nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschlich oder erniedrigende Behandlung zu bewerten sein und die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG i. V. m. Art. 3 EMRK erfüllen (BVerwG, U.v. 31.01.2013 – 10 C 15.12 – NVwZ 2013, 1167ff. – juris Rn. 23 – 26 sowie Rn. 38; VGH BW, U.v. 24.07.2013 – A 11 S 697/13 m. w. N.). Anhaltspunkte dafür, dass dem Antragsteller eine Existenzgrundlage bei seiner Rückkehr gänzlich fehlen würde, sind nicht ersichtlich. Die humanitären Bedingungen für Rückkehrer sind grundsätzlich nicht als derart schlecht zu bewerten, dass diese den Schweregrad einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne des Art. 3 EMRGK aufweisen (VG München, B.v. 23.11.2015 – M 2 S 15.31322 – UA S. 12f.; U.v. 17.11.2015 – M 2 K 15.31226; vgl. dazu den streitgegenständlichen Bescheid, § 77 Abs. 2 AsylG).
3. Vor diesem Hintergrund ist die nach Maßgabe der §§ 34, 36 Abs. 1 Satz 1 AsylG i. V. m. § 59 AufenthG erlassene Abschiebungsandrohung nicht zu beanstanden. Die gesetzte Ausreisefrist entspricht der Regelung in § 36 Abs. 1 AsylG.
4. Der Antrag gemäß § 80 Abs. 5 VwGO war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO, § 83 b AsylG abzulehnen.
5. Dieser Beschluss ist nach § 80 AsylG unanfechtbar.


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