Verwaltungsrecht

Anforderungen an die Begründung dienstlicher Beurteilungen

Aktenzeichen  AN 1 K 16.00783

Datum:
16.11.2016
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2016, 134444
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
LlbG Art. 54, Art. 58 Abs. 1, Art. 60
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 33 Abs. 2

 

Leitsatz

1. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle dienstlicher Beurteilungen nach Art. 54 ff. LlBG hat sich darauf zu beschränken, ob die Verwaltung einen anzuwendenden Begriff oder einen gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. (Rn. 30) (redaktioneller Leitsatz)
2. Soweit der Dienstherr Beurteilungsrichtlinien erlassen hat, ist vom Gericht zudem zu prüfen, ob diese Richtlinien eingehalten sind und ob sie selbst mit den gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen. (Rn. 31) (redaktioneller Leitsatz)
3. Der Dienstherr ist nicht gehindert, zur Einhaltung eines gleichmäßigen Beurteilungsmaßstabs Richtwerte oder Quoten vorzugeben; diese dürfen allerdings lediglich als Orientierung dienen und müssen geringfügige Abweichungen nach oben und unten zulassen. (Rn. 42) (redaktioneller Leitsatz)
4. Ebenso kann der Dienstherr auch einen einheitlichen Richtwert für sämtliche Besoldungsgruppen einer Laufbahn bzw. einen einheitlichen sog. „Orientierungschnitt“ für alle Besoldungsgruppen vorgeben, um die Vergleichbarkeit der dienstlichen Beurteilungen landesweit zu gewährleisten und eine gleichmäßige und gerechte Bewertung im Rahmen eines sog. „Rankings“ sicherzustellen. (Rn. 43) (redaktioneller Leitsatz)
5. Schreiben Beurteilungsrichtlinien vor, dass die für die Bildung des Geamturteils wesentlichen Gründe darzulegen sind, so reicht eine plausibilisierende Darlegung aus, dass das Gesamturteil aus der überwiegenden Bewertung der Einzelmerkmale mit gleicher Punktzahl resultiere und letztere somit als im Wesentlichen gleichwertig angesehen worden seien. (Rn. 53 – 54) (redaktioneller Leitsatz)
6. Im Falle einer fehlenden Begründung kann eine derartige Plausibilisierung – selbst noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren – nachgeholt werden. (Rn. 54) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Insoweit ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.
3. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
4. Die Berufung wird zugelassen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Die periodische dienstliche Beurteilung vom 10. November 2015 für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2014 und der Bescheid des Oberlandesgerichts … vom 25. Februar 2016, mit welchem die Einwendungen des Klägers zurückgewiesen wurden und zugleich das Überprüfungsverfahren nach Art. 60 Abs. 2 LlbG i.V.m. Ziffer 9 JuBeurteilBek abgeschlossen wurde, sind rechtmäßig und verletzen den Kläger nicht in seinen Rechten. Er hat keinen Anspruch auf eine erneute Beurteilung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO analog).
Nach ständiger Rechtsprechung sind dienstliche Beurteilungen von den Verwaltungsgerichten – ihrem Wesen als persönlichkeitsbedingte Werturteile entsprechend – nur beschränkt nachprüfbar (vgl. BVerfG, B.v. 29.5.2002 – 2 BvR 723/99, BayVBl 2002, 697; BVerwG, B.v. 18.6.2009 – 2 B 64.08, BayVBl 2009, 699; U.v. 11.12.2008 – 2 A 7.07, ZBR 2009, 196; U.v. 21.3.2007 – 2 C 2/06, DÖD 2007, 281; U.v. 19.12.2002 – 2 C 31.01, BayVBl 2003, 533; U.v. 13.11.1997 – 2 A 1.97, DVBl 1998, 638; B.v. 17.3.1993 – 2 B 25/93, DVBl 1993, 956; U.v. 27.10.1988 – 2 A 2.87, Buchholz 232.1 § 40 Nr. 12; U.v. 25.6.1980 – 2 C 8/78, BVerwGE 80, 245 ff. = BayVBl 1981, 54 ff.; BayVGH, B.v. 17.3.2011 – 3 ZB 10.1242; B.v. 29.1.1997 – 3 B 95.1662; U.v. 24.11.1993 – 3 B 93.1876).
Allein der Dienstherr bzw. der für ihn handelnde jeweilige Vorgesetzte soll nach dem erkennbaren Sinn der Regelungen über die dienstliche Beurteilung (Art. 54 ff. LlbG) ein persönliches Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Beamte den – ebenfalls grundsätzlich vom Dienstherrn zu bestimmenden – zahlreichen fachlichen und persönlichen Anforderungen seines Amtes und seiner Laufbahn entspricht. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich gegenüber dieser der gesetzlichen Regelung immanenten Beurteilungsermächtigung darauf zu beschränken, ob die Verwaltung den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem sie sich frei bewegen kann, verkannt hat oder ob sie von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemeingültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche oder persönliche Beurteilung des Beamten durch den Dienstherrn in vollem Umfange nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt (vgl. BVerwG, U.v. 26.6.1980 – 2 C 8/78, a.a.O.; BayVGH, B.v. 29.1.1997 – 3 B 95.1662; U.v. 22.5.1985 – 3 B 94 A.1993).
Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abfassung der dienstlichen Beurteilung erlassen hat, ist vom Gericht zudem zu prüfen, ob diese – den Dienstherrn gegenüber dem Beamten vermittels Art. 3 Abs. 1 GG rechtlich bindenden – Richtlinien eingehalten sind und ob sie selbst mit den gesetzlichen Regelungen, speziell denen des Leistungslaufbahngesetzes über die dienstliche Beurteilung, und auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen (vgl. BVerwG, U.v. 11.12.2008 – 2 A 7.07, a.a.O.; U.v. 21.3.2007 – 2 C 2/06, a.a.O.; U.v. 19.12.2002 – 2 C 31.01, a.a.O.; U.v. 30.4.1981 – 2 C 8/79, DVBl 1981, 1062).
Vorliegend ist auf die zum Zeitpunkt der Erstellung der Beurteilung (vgl. BayVGH, B.v. 17.3.2011 – 3 ZB 10.1242; U.v. 16.5.2011 – 3 B 10.180) gültige Beurteilungsbekanntmachung Justiz (JuBeurteilBek) vom 25. September 2013, geändert durch Bekanntmachung vom 3. November 2014 (JMBl S. 160), abzustellen.
Hiervon ausgehend hält die angefochtene dienstliche Beurteilung der verwaltungsgerichtlichen Prüfung stand. Sie begegnet weder in verfahrensrechtlicher Hinsicht rechtlichen Bedenken noch ist sie unter materiell-rechtlichen Gesichtspunkten rechtswidrig.
Auch steht sie im Einklang mit der oben bezeichneten Beurteilungsrichtlinie, deren Vereinbarkeit mit höherrangigem Recht der Kläger selbst auch nicht in Frage stellt.
Die angefochtene Beurteilung ist formell rechtmäßig.
Sie wurde durch den Präsidenten des Landgerichts …als dem gemäß Art. 60 Abs. 1 Satz 1 LlbG zuständigen Beurteiler erstellt.
Nach den Angaben des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung wurden die Vorgaben der Ziffer 3.6.1 JuBeurteilBek beachtet und die unmittelbare Vorgesetzte des Klägers im Beurteilungsverfahren mit der Erstellung eines Beurteilungsentwurfs beauftragt.
Auch der Beurteilungszeitraum entspricht den Vorgaben der Beurteilungsbekanntmachung Justiz. Aus Ziffer 3.1.1 S. 1 und 2 i.V.m. Ziffer 3.1.2 Satz 2 und Ziffer 3.1.3 JuBeurteilBek und Art. 56 Abs. 1, 70 Abs. 8 S. 1 LlbG ergibt sich als Ende des Beurteilungszeitraums für das Beurteilungsjahr 2015 der 31. Dezember 2014.
Gegen die in der mündlichen Verhandlung näher erläuterte, in Abschnitt 4 des Schreibens des Präsidenten des Oberlandesgerichts … und des Generalstaatsanwalts in … vom 5. November 2014 zur Beurteilung der Beamtinnen und Beamten im nichtstaatsanwaltlichen Dienst (nachfolgend: Initialschreiben) dargelegte Vorgehensweise zur Sicherstellung eines einheitlichen Beurteilungsmaßstabs auch mit dem Ziel, Korrekturentscheidungen im Rahmen des Überprüfungsverfahren nach Möglichkeit zu vermeiden, sowie die Vorgabe einer Quote und eines Orientierungsrahmens (Abschnitt 3 lit. d des oben genannten Schreibens) bestehen keine rechtlichen Bedenken.
In dem Verfahrensstadium der Erstellung der dienstlichen Beurteilung durch den Leiter der Behörde kann auch bereits die vorgesetzte Behörde eingeschaltet werden, wenn die durch das Leistungslaufbahngesetz vorgegebenen Zuständigkeiten beachtet werden (BayVGH, U.v. 16.5.2011 – 3 B 10.180). Allerdings dürfen dienstliche Beurteilungen nicht vor Eröffnung an den betroffenen Beamten mit der vorgesetzten Dienststelle abgesprochen werden. Insbesondere darf der Beurteiler die Meinungsbildung der vorgesetzten Dienststelle nur als Beurteilungsbeitrag, nicht aber als Weisung auffassen, da dies die Rechtswidrigkeit der Beurteilung zur Folge hat. Denn in diesem Fall ist der Beurteiler in seinem Beurteilungsermessen nicht mehr frei (vgl. BayVGH, a.a.O.; VG Augsburg, Urteil vom 27.10.2011 – Au 2 K 10.117).
Dem wurde im Beurteilungsverfahren, wie sich insbesondere aus den Erläuterungen des Beklagtenvertreters in der mündlichen Verhandlung ergibt, Rechnung getragen. So wurde u.a. dargelegt, dass zunächst auf der Ebene der Landgerichte ein Ranking erstellt wurde, dann eine Abstimmung auf der Ebene der Oberlandesgerichte erfolgte und die zentrale Koordinierungsstelle der Bewährungshilfe der bayerischen Justiz beim Oberlandesgericht … eingebunden wurde. Für die Kammer bestehen kein Anlass, die Richtigkeit dieser Angaben in Zweifel zu ziehen, und keine Bedenken gegen eine derartige Vorgehensweise zur Sicherstellung einer bayernweiten Vereinbarkeit der Beurteilungen der Landesbeamten.
Der Dienstherr ist auch nicht gehindert, zur Einhaltung eines gleichmäßigen Beurteilungsmaßstabs Richtwerte oder Quoten (die allerdings lediglich als Orientierung dienen dürfen sowie geringfügige Abweichungen nach oben und unten zulassen müssen) vorzugeben, die die Anzahl der Noten des Gesamturteils der Beurteilungen anhand einer zuvor erfolgten Reihung festlegen. In hinreichend großen und homogenen Verwaltungsbereichen sind solche Richtwerte grundsätzlich mit Art. 33 Abs. 2 GG vereinbar (BVerwG, U.v. 24.11.2015 – 2 C 34/04, juris Rn. 13). Die dienstliche Beurteilung soll in erster Linie den Vergleich mehrerer Beamter miteinander ermöglichen. Ihre wesentliche Aussagekraft erhält sie daher erst aufgrund ihrer Relation zu Bewertungen in den Beurteilungen anderer Beamter. Beurteilungsmaßstäbe müssen aus diesem Grund gleich sein und gleich angewendet werden (BVerwG, U.v. 26.9.2012 – 2 A 2/10, juris Rn. 9). Richtwerte sind vor allem bei größeren Personalkörpern mit (mehr oder weniger) vergleichbaren Aufgaben- und Personalstruktur sinnvoll, um die Anwendung gleicher Beurteilungsmaßstäbe sicherzustellen, da nur auf diese Weise ein sachgerechter Leistungsvergleich möglich ist (BayVGH, U.v. 7.5.2014 – 3 BV 12.2594, juris Rn. 48).
Ebenso kann der Dienstherr auch einen einheitlichen Richtwert für sämtliche Besoldungsgruppen einer Laufbahn bzw. einen einheitlichen sog. „Orientierungschnitt“ für alle Besoldungsgruppen vorgeben, um die Vergleichbarkeit der dienstlichen Beurteilungen bayernweit zu gewährleisten und eine gleichmäßige und gerechte Bewertung der individuellen Leistung, Eignung und Befähigung der Beamten im Rahmen eines sog. „Rankings“ sicherzustellen (BayVGH, B.v. 24.6.2010 – 3 ZB 09.231, juris Rn. 3 f.).
Hiervon ausgehend hat die Kammer keine rechtlichen Bedenken gegen das vom Beklagten gewählte Modell von Quote und Orientierungsrahmen.
Dies gilt auch insoweit, als ein Wert von maximal 25% für den Punkterahmen „11 Punkte und mehr“ in Abschnitt 3 lit. d des Initialschreibens unter Bezugnahme auf Ziffer 3.2.2 VV-BeamtR festgelegt wird. Denn aus der Formulierung „grundsätzlich“ ergibt sich bereits, dass in Ausnahmefällen gleichwohl eine Abweichung zugunsten der zu beurteilenden Beamten der Vergleichsgruppe möglich ist.
Ein Verfahrensfehler ist insbesondere auch nicht aufgrund eines vom Kläger gerügten Verstoßes gegen Ziffer 2.5 VV-BeamtR wegen nicht durchgeführter Mitarbeitergespräche im Beurteilungszeitraum anzunehmen. Zum einen macht schon die Formulierung von deren Satz 5 deutlich, dass die Leistungsbeobachtung unabhängig vom Verfahren der dienstlichen Beurteilung zu erfolgen hat. Zum anderen wurde nachvollziehbar dargelegt, dass beim Kläger keine Leistungsdefizite erkennbar waren, die eine Erläuterung durch Vorgesetzte erforderlich gemacht hätten. Dies zeigt sich bereits in der Beurteilung aller Einzelmerkmale mit mindestens 10 Punkten, aber auch in den gegenüber den vorhergehenden dienstlichen Beurteilungen unverändert gebliebenen (positiven) Einschätzungen des Dienstherrn von der Leistung des Klägers.
Auch materiell-rechtlich unterliegt die angefochtene periodische dienstliche Beurteilung unter Berücksichtigung des eingeschränkten Prüfrahmens des Verwaltungsgerichts keinen rechtlichen Bedenken.
Hinsichtlich der Aufgabenbeschreibung ist nach Auffassung der Kammer auch unter Beachtung der Vorgaben der Art. 58 Abs. 1 LlbG und Ziffer 2.2.1 S. 2 JuBeurteilBek nichts gegen die Bezeichnung „Bewährungshelfer“ einzuwenden. Zum einen ist die Tätigkeit des Bewährungshelfers in § 56d Abs. 3 StGB hinreichend beschrieben, sodass sich hinsichtlich der generellen Tätigkeiten in diesem Beruf keine Unklarheiten hinsichtlich der prägenden Aufgaben ergeben können. Auch innerhalb des Berufsfeldes des Bewährungshelfers ergeben sich im Falle des Klägers keine derartigen Besonderheiten, die eine ergänzende Erläuterung notwendig machten. Soweit der Kläger insoweit geltend macht, seine Tätigkeit sei durch seinen Einsatz in einem ländlich strukturierten Bezirk geprägt und unterscheide sich damit wesentlich von der Tätigkeit seiner Kollegen in …, ergeben sich für die Kammer bereits Zweifel, ob diese individuelle und eigenverantwortlich gestaltete Wahrnehmung vergleichbar gelagerter Aufgaben eine unterschiedliche Tätigkeitsbeschreibung rechtfertigen könnte. Jedenfalls ergibt sich die vom Kläger reklamierte Prägung unzweifelhaft aus den ergänzenden Bemerkungen unter Ziffer 3 der dienstlichen Beurteilung vom 10. November 2015, so dass es einer bloßen Förmelei gleich käme, wenn diese Besonderheit zusätzlich in der Aufgabenbeschreibung genannt werden müsste.
Soweit der Kläger rügt, seine besondere Arbeitsbelastung durch die Spezifika der Tätigkeit als „Landbewährungshelfer“ und einer Betreuung einer hohen Zahl an Risikoprobanden sei nicht ausreichend gewürdigt worden, hat der Beklagte substantiiert dargelegt, dass diese Mehrbelastung im Beurteilungsverfahren berücksichtigt worden ist. Durch Vorlage detaillierter Statistiken für die Fallbelastung der Bewährungshelfer im Bereich des OLG-Bezirkes wurde für die Kammer nachvollziehbar dargelegt, wie von Beklagtenseite die Einschätzung der etwas überdurchschnittlichen (aber nicht wesentlich überdurchschnittlichen) Arbeitsbelastung ermittelt worden ist. Dieser Mehrbelastung wurde durch die (im Vergleich zu den sonstigen Einzelmerkmalen überdurchschnittlichen) Punktbewertung in der Ziffer 2.1.1 (Erbrachte Arbeitsmenge) Rechnung getragen.
Bei der Bewertung der Einzelmerkmale wurde auch die Orientierungshilfe gemäß Abschnitt B Ziffer 3.2.2 VV-BeamtR zu Grunde gelegt. Danach sind 3 bis 6 Punkte zu vergeben, wenn die Anforderungen des einzelnen Merkmals teilweise oder im Wesentlichen durchschnittlich erfüllt werden. 7 bis 10 Punkte sind zu vergeben, wenn die Erfüllung des einzelnen Merkmals in jeder Hinsicht den Anforderungen genügt oder diese übersteigt. 11 bis 14 Punkte sind zu vergeben, wenn das einzelne Merkmal erheblich über den Anforderungen liegend oder besonders gut erfüllt wird. Diese Einteilung wurde auch im Anhang zum Initialschreiben (Indikatoren zur Erleichterung einer einheitlichen Maßstabsanwendung bei der Beurteilung nach Anlage 1 zur JuBeurteilBek) übernommen und nur noch weiter ausformuliert.
Damit ist für den Kläger hinreichend erkennbar, welche inhaltliche Bewertung der Beurteiler mit der Vergabe der jeweiligen Einzelpunkte verbunden hat.
Auch hinsichtlich des Gesamtergebnisses und seiner Erläuterung ergeben sich aus Sicht der Kammer keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken. In der Gesamtschau hat der Beklagte im Beurteilungsverfahren bzw. in der mündlichen Verhandlung hinreichend plausibel dargelegt, dass der Kläger mit einem Gesamturteil von 10 Punkten leistungsgerecht beurteilt worden ist. Auf eine abweichende Selbsteinschätzung des Klägers kann es demgegenüber nicht ankommen.
Zwar sieht Ziffer 3.5.3 Satz 4 i.V.m. Ziffer 2.5 JuBeurteilBek ausdrücklich vor, dass die für die Bildung des Gesamturteils wesentlichen Gründe darzulegen sind, was in der dienstlichen Beurteilung vom 10. November 2015 selbst nicht erfolgt ist. Eine entsprechende Verpflichtung zur Erläuterung des Gesamturteils nimmt das Bundesverwaltungsgericht in seiner jüngeren Rechtsprechung (vgl. U.v. 17.9.2015 – 2 C 27/14, juris Rn. 30 ff.) als aus Art. 33 Abs. 2 GG resultierend an.
Aus dem Einwendungsbescheid des Präsidenten des Oberlandesgerichts … vom 25. Februar 2016 ergibt sich insoweit jedoch, dass das Gesamturteil von 10 Punkten aus der überwiegenden Bewertung der Einzelmerkmale mit 10 Punkten resultiert und letztere somit als im Wesentlichen gleichwertig angesehen wurden. Diese Einschätzung wurde auch vom Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung nochmals betont. Eine Plausibilisierung kann selbst noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nachgeholt werden (vgl. zuletzt BayVGH, U.v. 12.11.2015 – 3 B 14.2012, juris Rn. 24), weshalb die erst in der Entscheidung über die Einwendungen kommunizierte Einschätzung noch zur rechtzeitigen Erläuterung der wesentlichen Gründe geeignet ist. Diese Gesamtwürdigung steht auch nicht in unlösbarem Widerspruch zu den Einzelmerkmalen (vgl. BayVGH, B.v. 31.1.2008 – 3 B 04.3385 und B.v. 6.8.2007 – 3 ZB 04.3385), nachdem lediglich ein Einzelmerkmal mit 12 Punkten, wenige Merkmale mit 11 Punkten und der Rest mit 10 Punkten beurteilt wurde. Die Findung des Werturteils selbst ist keinem Beweis zugänglich (vgl. BVerwG, U.v. 26.6.1980 – 2 C 8/78, BVerwGE 60, 245; U.v. 2.4.1981 – 2 C 34/79, BVerwGE 62, 135).
Die vom Beklagten genannte Plausibilisierung mittels Gleichbewertung der Einzelmerkmale widerspricht auch nicht der im Initialschreiben beschriebenen Bildung der Superkriterien (vgl. Ziffer 3 lit. g des Initialschreibens). Diese Superkriterien sind einzig für die Ausschöpfung einer dienstlichen Beurteilung bei der Reihung von Beförderungsbewerbern anzuwenden. Insofern ist dem Beklagten zuzustimmen, dass eine (notwendige) besondere Berücksichtigung der Superkriterien bei der Bildung des Gesamturteils zu einer doppelten Berücksichtigung dieser Kriterien führen würde, wenn sie schon auf der vorherigen Ebene der Erstellung der dienstlichen Beurteilung zu berücksichtigen wären.
Soweit vom Kläger mehrfach eine Geschlechter- und Altersdiskriminierung zu seinen Lasten moniert wurde, leitet er diesen Vorwurf vor allem aus der bisherigen Beförderungspraxis ab, die im Verfahren der dienstlichen Beurteilung ohnehin nicht Streitgegenstand sein kann. Darüber hinaus ergeben sich allein aus dem bloßen Vortrag, es könne ja nicht sein, dass vier von vier Vorgesetzten Frauen seien, keinerlei Anhaltspunkte, dass der Kläger wegen seines Alters oder wegen seines Geschlechts leistungswidrig benachteiligt worden sein sollte.
Demnach war die Klage abzuweisen.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO sowie § 167 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 11 ZPO.
Die Berufung wird nach §§ 124a Abs. 1, 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Fragen nach den Anforderungen an die Begründung des Gesamturteils der dienstlichen Beurteilung und der Nachholbarkeit einer fehlenden Begründung eines Gesamturteils im Hinblick auf die aktuelle Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (U.v. 17.9.2015 – 2 C 27.14, juris und U.v. 17.3.2016 – 2 A 4/15, juris) zugelassen.


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