Verwaltungsrecht

Anspruch auf Aufnahme in eine Liste von Pflegeelternbewerbern

Aktenzeichen  W 3 K 18.67

Datum:
17.1.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 2531
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Würzburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
SGB VIII § 44 Abs. 1, §§ 61 ff., § 72a Abs. 1
AGSG Art. 35
SGB I § 35 Abs. 1

 

Leitsatz

1. Es besteht kein Rechtsanspruch für Pflegeelternbewerber gegenüber dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe darauf, eine Art Unbedenklichkeitsbescheinigung als minus zur Pflegeerlaubnis nach § 44 Abs. 1 SGB VIII für ein bestimmtes Kind zu erhalten.  (Rn. 20) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ein Anspruch auf Aufnahme in die Liste der Pflegeelternbewerber ergibt sich auch nicht aus der konkreten Ausgestaltung der Gewährleistungsverantwortung des öffentlichen Trägers der Jugendhilfe – in Form einer Liste zukünftiger Pflegeelternbewerber – in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung (Art. 3 GG), sofern die Pflegeelternbewerber aufgrund mangelnder Eignung nicht in die Liste der Pflegeelternbewerber aufgenommen werden können, weil das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen in der Pflegestelle anhand der Gesamtumstände nicht gewährleistet ist.  (Rn. 23 – 39) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kläger haben gesamtschuldnerisch die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu voll-streckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Gründe

Gegenstand des Klagebegehrens ist, wie die Kläger in der mündlichen Verhandlung haben klarstellen lassen, zum einen ihr Begehren auf Aufnahme auf die Liste der Pflegeelternbewerber und zum anderen ihr Begehren, dass das Jugendamt Main-Spessart des Beklagten zu unterlassen habe, ge-genüber anderen Trägern der Jugendhilfe zu behaupten, die Kläger seien als potentielle Pflegeeltern ungeeignet.
1. Das Begehren der Kläger auf Aufnahme auf die Liste der Pflegeelternbewerber ist als Leistungsklage zulässig, aber unbegründet, da die Kläger keinen derartigen Anspruch haben.
Die Kläger können ihr Begehren nicht auf § 44 Achtes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 11. September 2012 (BGBl. I S. 2022), zuletzt geändert durch Art. 2 Gesetz zur Weiterentwicklung der Qualität und zur Teilhabe in der Kindertagesbetreuung vom 19. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2696) – SGB VIII – stützen. Die Vorschrift des § 44 SGB VIII differenziert in Abs. 1 danach, ob eine Aufnahme eines Kindes oder eines Jugendlichen über Tag und Nacht in einem Haushalt auf Veranlassung des Jugendamtes oder ohne eine solche Veranlassung erfolgt. Dieser Differenzierung folgend bedarf es einer Erlaubnis nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nur, wenn die Aufnahme eines Pflegekindes ohne Veranlassung durch das Jugendamt erfolgen soll. Demgegenüber sind die Aufnahmen, die auf Vermittlung des Jugendamtes erfolgen, gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII nicht erlaubnispflichtig, da eine Überprüfung des Wohls des Kindes in der Pflegestelle im Vermittlungsverfahren durch das Jugendamt durchgeführt werden kann.
Für die Fälle der erlaubnispflichtigen Aufnahme von Pflegekindern gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ergibt sich zweifelsfrei, dass Pflegepersonen nicht abstrakt und gleichermaßen im Vorfeld bestimmt werden können, sondern jeweils nur bezogen auf ein bestimmtes Kind oder einen bestimmten Jugendlichen (VG Frankfurt, U.v. 7.5.2008 – 7 E 3108/07 – juris Rn. 20; Smessaert/Lakies in Münder/Meysen/Trenczek (Hrsg.), Frankfurter Kommentar SGB VIII, 8. Aufl. 2019, § 44 Rn. 8). Eine Überprüfung der generellen Eignung von potentiellen Pflegeeltern hat die Norm demgemäß nicht im Blick. Soweit die Übernahme eines Pflegekindes konkret im Raum steht, ist der öffentliche Träger der Jugendhilfe verpflichtet zu prüfen, ob einer zu Pflege bereiten Person eine entsprechende Erlaubnis erteilt werden kann. Hierbei ist entscheidend auf das Wohl des pflegebedürftigen Kindes oder Jugendlichen abzustellen. Nach § 44 Abs. 2 SGB VIII ist nämlich eine beantragte Pflegeerlaubnis zwingend zu versagen, wenn das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen in der Pflegestelle nicht gewährleistet ist. Da die Kläger jedoch gerade keine Pflegeerlaubnis für ein bestimmtes Kind oder einen bestimmten Jugendlichen begehren, ist ein Anspruch nach § 44 SGB VIII nicht gegeben. Es besteht auch kein Rechtsanspruch darauf, von dem Beklagten eine Art Unbedenklichkeitsbescheinigung als minus zur Erlaubnis nach § 44 Abs. 1 SGB VIII zu erhalten. Unabhängig davon, dass der Bevollmächtigte der Kläger im Schriftsatz vom 16. April 2018 (Akte Bl. 25) ausdrücklich klarstellt, dass eine solche nicht eingeklagt ist, ergibt sich ein hierauf bezogene Anspruch weder aus § 44 SGB VIII noch aus einer anderen Vorschrift des Achten Buchs Sozialgesetzbuch. Mit deren Erteilung würde sich nämlich der öffentliche Träger der Jugendhilfe unter Zugzwang setzen, tatsächlich an den Inhaber einer solchen Bescheinigung ein Kind oder einen Jugendlichen zu vermitteln (VG Frankfurt, U.v. 7.5.2008 – 7 E 3108/07 – juris Rn. 21). Dies widerspräche aber der von § 44 SGB VIII vorgesehenen kindbezogenen Einzelfallentscheidung (VG Frankfurt, U.v. 7.5.2008 – 7 E 3108/07 – juris Rn. 21 m.w.N.).
Ein Anspruch auf Aufnahme auf die Liste der Pflegeelternbewerber ergibt sich auch nicht aus § 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 i.V.m. § 33 SGB VIII. Gemäß § 44 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 SGB VIII bedarf einer Erlaubnis nicht, wer ein Kind oder einen Jugendlichen im Rahmen von Hilfe zur Erziehung oder von Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche aufgrund einer Vermittlung durch das Jugendamt über Tag und Nacht aufnimmt. Unabhängig davon, dass eine Vermittlung durch das Jugendamt denknotwendigerweise ein konkretes Pflegeverhältnis voraussetzt und folglich ebenso wenig einen Anspruch auf eine generelle Prüfung oder Aufnahme auf eine Liste potentieller Pflegeeltern ermöglicht, fehlt es den Klägern für einen Anspruch auf Berücksichtigung als Pflegeeltern im Rahmen einer Vollzeitpflege gemäß § 33 SGB VIII – als Form der Hilfe zur Erziehung (§ 27 Abs. 1 SGB VIII) – von vornherein schon an den normativ verankerten Voraussetzungen. Der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung gemäß § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII steht dem Inhaber des Personensorgerechts zu (vgl. BayVGH, B.v. 16.10.2013 – 12 C 13.1599 – juris Rn. 30; VG München, U.v. 11.12.2013 – M 18 K 12.5685 – juris Rn. 18; VG Bayreuth, G.v. 20.10.2016 – B 3 K 15.888 – juris Rn. 29) und kann auch nur von diesem gerichtlich geltend gemacht werden (VG Bayreuth, G.v. 20.10.2016 – B 3 K 15.888 – juris Rn. 29 m.w.N.).
Ein solcher Anspruch ergibt sich auch nicht aus § 79 Abs. 1 und 2 SGB VIII. Nach Absatz 1 der Vorschrift haben die Träger der öffentlichen Jugendhilfe zunächst die Gesamtverantwortung einschließlich der Planungsverantwortung für die Erfüllung der Aufgaben des Achten Buches Sozialgesetzbuch (Eger in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 2. Aufl. 2018, § 79 Rn. 6). Nach Absatz 2 sollen die Träger der öffentlichen Jugendhilfe – im Sinne einer Konkretisierung der Gesamtverantwortung – gewährleisten, dass die zu dieser Aufgabenerfüllung erforderlichen und geeigneten Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen den verschiedenen Grundrichtungen der Erziehung entsprechend rechtzeitig und ausreichend zur Verfügung stehen (Eger in Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VIII, 2. Aufl. 2018, § 79 Rn. 6; Kunkel/Kepert in Kunkel/Kepert/Pattar (Hrsg.), Sozialgesetzbuch VIII, 7. Aufl. 2018, § 79 Rn. 3). Weitergehende Vorgaben enthält § 79 Abs. 2 SGB VIII bezüglich der konkreten Erfüllung der Gewährleistungsverpflichtung nicht. Unabhängig von der konkreten Ausgestaltung der Wahrnehmung der Gesamtverantwortung im Einzelfall ist § 79 SGB VIII jedoch in seinem Rechtsgehalt lediglich objektiv-rechtlicher Natur (BVerwG, U.v. 17.7.2009 – 5 C 25/08 – NVwZ-RR 2010, 19/24 Rn. 44; Tammen in Münder/Meysen/Trenczek (Hrsg.), Frankfurter Kommentar SGB VIII, 8. Aufl. 2019, § 79 Rn. 7; Wiesner in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 79 Rn. 7a; Kunkel/Kepert in Kunkel/Kepert/Pattar (Hrsg.), Sozialgesetzbuch VIII, 7. Aufl. 2018, § 79 Rn. 24). Es besteht kein einklagbares subjektives Recht, mit dem die öffentlichen Jugendhilfeträger gerichtlich gezwungen werden können, die Verantwortung wahrzunehmen und etwa bestimmte Einrichtungen, Dienste und Veranstaltungen bereitzustellen (Tammen in Münder/Meysen/Trenczek (Hrsg.), Frankfurter Kommentar SGB VIII, 8. Aufl. 2019, § 79 Rn. 7), weshalb ein Anspruch auf Aufnahme auf die Liste potentieller Pflegeelternbewerber auf der Grundlage dieser Norm ausscheiden muss.
Ein Anspruch auf Aufnahme auf die Liste der Pflegeelternbewerber ergibt sich auch nicht aus der konkreten Ausgestaltung der Gewährleistungsverantwortung – in Form einer Liste zukünftiger Pflegeelternbewerber – in Verbindung mit dem Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung (Art. 3 GG).
Der Vertreter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung erläutert, dass zu Erfüllung der aus § 79 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB VIII entspringenden Gewährleistungsverantwortung eine Liste geführt werde, auf der potentielle Pflegeelternbewerber vermerkt werden, um im Bedarfsfalle einen schnellen Rückgriff auf diese zu ermöglichen. Pflegeelternbewerber würden nach Prüfung der grundsätzlichen Eignung auf die Liste aufgenommen werden (Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 17.1.2019, S. 4). Ein solches Vorgehen kann nicht beanstandet werden, da § 79 Abs. 2 SGB VIII bezüglich der Art und Weise der Wahrnehmung der Gewährleistungsverantwortung keine weiteren Vorgaben macht. Demgemäß teilt auch die von dem Beklagten geführte Liste der Pflegeelternbewerber den Rechtscharakter des § 79 Abs. 2 SGB VIII als objektiv-rechtliches Verwaltungsinternum und ist insoweit isoliert für sich betrachtet nicht geeignet, einen subjektiv-rechtlichen Anspruch auf Aufnahme auf diese zu vermitteln.
Allenfalls bei Verletzung des Gleichheitsgebotes in der Verwaltungspraxis (Grundsatz der Selbstbindung der Verwaltung) kann sich ein Anspruch auf Aufnahme auf die Liste der Pflegeelternbewerber ergeben (vgl. zum Gleichheitsgebot in der Verwaltungspraxis grundsätzlich BVerwG, U.v. 21.08.2003 – 3 C 49/02 – BVerwGE 118, 379). Hat der Träger der öffentlichen Jugendhilfe die Aufnahme von Pflegeelternbewerbern auf die Liste in einer bestimmten Art und Weise praktiziert, so darf er hiervon in einem gleichliegenden Fall zulasten anderer Pflegelternbewerber grundsätzlich nur bei genereller Aufgabe der bisherigen Praxis abweichen (vgl. allgemein hierzu BVerwG, U.v. 21.08.2003 – 3 C 49/02 – BVerwGE 118, 379). Maßstab hierfür ist die tatsächliche Verwaltungspraxis (vgl. grundsätzlich BVerwG, U.v. 21.08.2003 – 3 C 49/02 – BVerwGE 118, 379). In solchen Fällen ist durch das vorangegangene Verhalten der Verwaltung eine Bindung eingetreten, der im Hinblick auf die Gleichheit vor dem Gesetz nur durch eine praxiskonforme Teilhabe Rechnung getragen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 21.08.2003 – 3 C 49/02 – BVerwGE 118, 379).
Gemessen an diesen Grundsätzen kann vorliegend kein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot in der Verwaltungspraxis festgestellt werden. Der Vertreter des Beklagten hat in der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass grundsätzlich alle Pflegeelternbewerber nach Überprüfung deren grundsätzlicher Eignung durch den Beklagten auf die Liste aufgenommen werden würden. Im vorliegenden Fall ist der Beklagte allerdings zu Recht zu dem Ergebnis gekommen, dass die Kläger aufgrund mangelnder Eignung nicht auf die Liste der Pflegeelternbewerber aufgenommen werden können. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Es spricht zunächst einiges dafür, dass dem Beklagten bei der abstrakten weil von einem konkreten Pflegeverhältnisses losgelösten Überprüfung der Eignung potentieller Pflegeeltern – bezüglich der Aufnahme auf die Liste der Pflegeelternbewerber – ein nur eingeschränkt gerichtlich überprüfbarer Beurteilungsspielraum zustehen kann (so selbst für die Prüfung der Geeignetheit der Pflegeperson i.S.d. §§ 27, 33 SGB VIII im konkreten Einzelfall VG Augsburg, U.v. 3.8.2016 – Au 3 K 15.1172 – juris Rn. 44; wohl auch VG Frankfurt, U.v. 7.5.2008 – 7 E 3108/07 – juris Rn. 22). Dafür spricht nicht zuletzt, dass eine Nichtaufnahme auf die Liste gerade nicht zu einem endgültigen Ausschluss der Tätigkeit als Pflegeelternbewerber im Rahmen einer Vollzeitpflege führt. Vielmehr bleibt es den Pflegeelternbewerbern unbenommen, unabhängig von der Aufnahme auf die Liste ein konkretes Pflegeverhältnis zu benennen und dadurch zu einer konkreten Prüfung im Einzelfall anhand des Maßstabes des § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII zu gelangen. Hierbei verkennt die Kammer jedoch auch die faktische Wirkung einer solchen Liste nicht. Die Wahrscheinlichkeit, als Pflegeeltern zum Zuge zu kommen, kann – auch unter Berücksichtigung der Aussage des Vertreters des Beklagten in der mündlichen Verhandlung, dass nicht jede Pflegeperson auf der Liste tatsächlich auch berücksichtigt werden könne – bei einer Aufnahme auf die Liste als deutlich höher eingeschätzt werden als bei einem eigenständigen Vermittlungsversuch der potentiellen Pflegeeltern. Letztlich kann die Frage des gerichtlichen Prüfungsmaßstabes jedoch dahinstehen, da sich selbst ohne die Anerkennung eines gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraums hinsichtlich der grundsätzlichen Eignung potentieller Pflegeeltern und unter Zugrundelegung des Maßstabs nach § 44 Abs. 2 SGB VIII die Entscheidung des Beklagten als rechtlich tragfähig erweist. Nach dieser Vorschrift kommt es nämlich auf die Frage an, ob das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen in der Pflegestelle gewährleistet ist oder nicht.
Dies setzt voraus, dass bei der Gesamtwürdigung des konkreten Einzelfalls von der Pflegeperson keine Gefährdung für das Wohl des Kindes bzw. Jugendlichen ausgeht.
Nach § 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII i.V.m. § 72a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII wäre das Wohl eines Kindes bzw. Jugendlichen bei den Pflegeeltern unter keinen Umständen gewährleistet, wenn die Pflegeperson wegen einer Straftat rechtskräftig nach den §§ 171, 174 bis 174c, 176 bis 180a, 181a, 182 bis 184g, 184i, 201a Abs. 3, den §§ 225, 232 bis 233a, 234, 235 oder 236 des Strafgesetzbuchs (StGB) verurteilt worden ist.
Darüber hinaus sind in Bayern bei der Frage der Gewährleistung des Wohls des Kindes oder des bzw. der Jugendlichen in der Pflegestelle maßgeblich die Versagungsgründe aus Art. 35 Gesetz zur Ausführung der Sozialgesetze vom 8. Dezember 2006 (GVBl. S. 942, BayRS 86-7-A/G), zuletzt geändert durch Gesetz vom 31 Juli 2018 (GVBl. S. 670) – AGSG – zu berücksichtigen. Diese landesgesetzliche Regelvermutung steht mit Bundesrecht im Einklang (vgl. BayVGH, B.v. 19.8.2009 – 12 C 09.953 – juris Rn. 6). § 49 SGB VIII bestimmt ausdrücklich, dass das Landesrecht das Nähere über die Pflege eines Kindes in Familien und in Einrichtungen regelt.
Gemäß Art. 35 Satz 1 AGSG ist die Pflegeerlaubnis nach § 44 Abs. 1 SGB VIII zu versagen, wenn das Wohl des Kindes oder des bzw. der Jugendlichen in der Pflegestelle nicht gewährleistet ist. Sie ist nach Art. 35 Satz 2 AGSG insbesondere zu versagen, wenn
1.eine Pflegeperson nicht über ausreichende erzieherische Fähigkeiten verfügt, die dem Entwicklungsstand und den jeweiligen erzieherischen Bedürfnissen des Kindes oder des bzw. der Jugendlichen gerecht werden,
2.…
3.…
4.Anhaltspunkte bestehen, dass eine Pflegeperson oder eine in ihrem Haushalt lebende Person das sittliche Wohl des Kindes oder des bzw. der Jugendlichen gefährden könnte,
5.…
6.…
7.…
Art. 35 AGSG enthält somit einen nicht abschließenden Katalog von Gründen, bei deren Vorliegen die Pflegeerlaubnis nach § 44 Abs. 1 SGB VIII zu versagen ist. Art. 35 AGSG bezieht sich zwar ausdrücklich nur auf § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII, sein Grundgedanke kann aber auch auf den vorliegenden Fall als allgemeingültiger Mindeststandard angewendet werden.
Bei einer Gesamtwürdigung des Einzelfalls ist die Auffassung des Beklagten, dass bei den Klägern nach den Kriterien von § 44 Abs. 2 SGB VIII in i.V.m. Art. 35 AGSG das Wohl eines Kindes bzw. eines Jugendlichen nicht gewährleistet ist, fachlich vertretbar und rechtlich nicht zu beanstanden. Dies ergibt sich aus Folgendem:
Zwar steht ein Ausschluss aus dem Kreis potentieller Pflegepersonen des Klägers zu 2) mangels Vorliegens einer rechtskräftigen Verurteilung zu einer in § 72a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII aufgezählten Katalogstraftat (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII) nicht fest. Gemäß § 44 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 72a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII ist eine Erlaubnis zur Vollzeitpflege zu versagen, wenn die Pflegeperson rechtskräftig wegen einer Straftat aus den Bereichen der Straftaten gegen den Personenstand (§§ 171, 174 StGB), Straftaten gegen die sexuelle Selbstbestimmung (§§ 174 ff. StGB), der Verletzung des höchstpersönlichen Lebensbereichs durch Bildaufnahmen (§ 201a StGB), Straftaten gegen die körperliche Unversehrtheit (§§ 223 ff. StGB) sowie Straftaten gegen die persönliche Freiheit (§§ 232 ff. StGB) verurteilt wurde. Zwar wurde der Kläger zu 2) vom Amtsgericht Würzburg rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe verurteilt, die dieser auch vom 1. Juli 2004 bis zum 2. Dezember 2005 in der Justizvollzugsanstalt Würzburg verbüßt hat, jedoch handelte es sich bei den rechtskräftigen Straftaten, die der Haftstrafe zu Grunde lagen (Versicherungsbetrug, Diebstahl, mehrfaches Führen oder Zulassen/Anordnen des Führens eines Kfz ohne Fahrerlaubnis, Urkundenfälschung) (Behördenakte Heftung 1, Bl. 28), nicht um solche Katalogstraftaten, die in § 72a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII vorausgesetzt werden. Im Übrigen waren die genannten Straftaten verbüßt und zum Zeitpunkt der erstmaligen Antragstellung der Kläger auf Aufnahme auf die Liste im August 2014 – nach Ablauf der Tilgungsfrist – aus dem Führungszeugnis gelöscht (§§ 45 ff. BZRG), sodass – entgegen der Auffassung des Beklagten – dem Kläger zu 2) die Taten und die Verurteilung im Rahmen des § 44 Abs. 2, § 72a Abs. 1 Satz 1 und 5 SGB nicht mehr vorgehalten und auch nicht zu seinem Nachteil verwertet werden dürfen (Vorhalte- und Verwertungsverbot, § 51 Abs. 1 BZRG) (Schindler/Smessaert in Münder/Meysen/Trenczek (Hrsg.), Frankfurter Kommentar SGB VIII, 8. Aufl. 2019, § 72a Rn. 25). Aus diesen Gründen konnten die Straftaten aus den Jahren 2000 bis 2004 nicht als rechtlich tragfähige Begründung für eine fehlende Eignung der Kläger herangezogen werden. Aber auch die seit Mai 2008 eingeleiteten Ermittlungsverfahren können hierfür nicht herangezogen werden. Zwar wurde unter anderem am 1. Januar 2010 ein Ermittlungsverfahren wegen Misshandlung eines Kindes, am 12. April 2013 ein Ermittlungsverfahren wegen vorsätzlicher Körperverletzung, am 1. Januar 2015 ein Ermittlungsverfahren wegen Misshandlung eines Kindes und am 26. September 2015 ein Ermittlungsverfahren wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen gegen den Kläger zu 2) eingeleitet, allerdings erfolgte bei diesen Straftaten keine rechtskräftige Verurteilung, sodass auch hier der Tatbestand des § 72a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII nicht eingreift.
Der Ausschluss der Kläger aus dem Kreis potentieller Pflegeeltern ergibt sich jedoch aus einer Anwendung des Rechtsgedankens aus § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII i.V.m. Art. 35 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 4 AGSG. Hierbei ergibt eine Gesamtwürdigung des konkreten Einzelfalls, dass das Wohl eines zukünftigen Kindes oder Jugendlichen in der Pflegestelle nicht gewährleistet ist.
Vorliegend ist bereits im Hinblick auf Art. 35 Satz 2 Nr. 1 AGSG ein Ausschluss der Kläger aus dem Kreis potentieller Pflegeeltern gerechtfertigt. Hiernach ist das Wohl eines Kindes oder Jugendlichen in der Pflegestelle nicht gewährleistet, wenn eine Pflegeperson nicht über ausreichende erzieherische Fähigkeiten verfügt, die den Entwicklungsstand und den jeweiligen erzieherischen Bedürfnissen des Kindes oder des bzw. der Jugendlichen gerecht werden. Eine solche erzieherische Fähigkeit ist nach Überzeugung der Kammer nicht gewährleistet.
Vorliegend sind beide leiblichen Söhne der Klägerin zu 1) aus dem Haushalt der Kläger ausgezogen. Beide leiblichen Söhne lehnen den Kontakt zu den Klägern gänzlich ab und geben als Grund für das innerfamiliäre Zerwürfnis Streit und Gewalterfahrungen mit den Klägern an. Die Kläger weisen die Schuld für die Probleme innerhalb der eigenen Familie einzig den beiden leiblichen Söhnen der Klägerin zu 1) zu und sehen keinerlei eigene Anteile, die zu einem solchen einschneidenden Bruch geführt haben. Zwar mag es stimmen, dass Jugendliche gerade in der Pubertät auch innerfamiliär ein gesteigertes Konfliktpotenzial erzeugen können, genauso wie es zutreffend sein kann, dass es innerhalb einer Familie mit einem sogenannten „Problemkind“ häufiger Schwierigkeiten geben kann. Alleine hiermit lässt sich jedoch die innerhalb der Familie der Kläger vorgefundene Eskalation auf höchster Stufe zwischen den Klägern und den leiblichen Söhnen der Klägerin zu 1) nicht erklären. Aus den wiederholten Vorkommnissen innerhalb der Familie in dieser Hinsicht ist aus Sicht des erkennenden Gerichts eine deutliche Überforderung der Kläger hinsichtlich der pädagogischen und sachgerechten Klärung auftretender Konfliktlagen mit Kindern und Jugendlichen nicht auszuschließen. Die Kläger haben damit zweimal sowohl die aufgetretenen Erziehungsherausforderungen als auch die hieraus resultierende Eskalation nicht ordnungsgemäß bewältigt. Sie haben weder im Verwaltungsverfahren noch in der mündlichen Verhandlung die schwierigen Situationen selbstkritisch hinterfragt und auch im gesamten Verfahren keine Einsicht dahingehend erkennen lassen, dass sie sich bei derartigen Problemsituationen zukünftig pädagogischen Rat einholen wollen. Vor diesem Hintergrund zeigt die einseitige Schuldzuweisung durch die Kläger ein unreflektiertes Verhalten, das die Fähigkeit zu Kommunikation, aber auch zur Selbstkritik vermissen lässt, sodass aus diesem Grund davon auszugehen ist, dass die Kläger nicht über ausreichende erzieherische Fähigkeiten verfügen, die dem Entwicklungsstand und den jeweiligen erzieherischen Bedürfnissen des Kindes oder des bzw. der Jugendlichen gerecht werden.
Darüber hinaus kann der Ausschluss der Kläger aus dem Kreis potentieller Pflegeeltern auf Art. 35 Satz 2 Nr. 4 AGSG gestützt werden. Hiernach ist das Wohl des Kindes oder des bzw. der Jugendlichen in der Pflegestelle nicht gewährleistet, wenn Anhaltspunkte bestehen, dass eine Pflegeperson oder eine in ihrem Haushalt lebende Person das sittliche Wohl des Kindes oder des bzw. der Jugendlichen gefährden könnte. Zur hierfür vorausgesetzten Vorbildfunktion zählt insoweit auch die Haltung der Pflegeperson gegenüber Recht und Gesetz als den Regeln des gesellschaftlichen Zusammenlebens (VG München, U.v. 11.12.2013 – M 18 K 12.5685 – juris Rn. 24). Die mit rechtskräftigen Urteilen geahndeten Straftaten des Klägers zu 2) haben einen Ausschluss aus dem Kreis der potentiellen Pflegepersonen zwar isoliert betrachtet noch nicht rechtfertigen können, da zum einen kein zum Tätigkeitsausschluss nach § 72a Abs. 1 Satz 1 SGB VIII führendes Delikt begangen worden ist (§ 44 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII) und zum anderen zumindest die rechtskräftigen Vorverurteilungen rechtmäßig im Bundeszentralregister getilgt waren, sodass diese im Rechtsverkehr nicht mehr vorgehalten und nicht mehr zu seinem Nachteil verwertet werden dürfen (§ 51 Abs. 1 BZRG). Die fehlende Verurteilung aufgrund von Straftaten nach § 72a SGB VIII ist jedoch nur eine notwendige, aber keine hinreichende Voraussetzung für die persönliche Eignung im Sinne von § 44 SGB VIII (VG München, U.v. 12.6.2013 – M 18 K 12.4679 – juris Rn. 88 m.w.N.; VG Freiburg, U.v. 11.11.2009 – 2 K 2260/08 – juris Rn. 39). Die Annahme der fehlenden Eignung einer Pflegeperson setzt für sich genommen keine Anklageerhebung oder gar eine Verurteilung im strafrechtlichen Sinne voraus. Im Rahmen der Eignungsprüfung gemäß § 44 SGB VIII geht es entsprechend der präventiven, auf die Vermeidung eines künftigen Schadenseintritts gerichteten und daher vom Zweck des strafgerichtlichen Verfahrens abweichenden Zielsetzung des Erlaubnisvorbehalts (VG München, U.v. 2.5.2012 – M 18 K 11.1341 – juris Rn. 34; VG München, U.v. 12.6.2013 – M 18 K 12.4679 – juris Rn. 88) um eine Risikoeinschätzung für eine jugendhilferechtliche Entscheidung, die grundsätzlich auch aufgrund deutlich niedrigschwelligerer Hinweise und Anhaltspunkte für eine Gefährdung der betreuten Kinder getroffen werden kann (VG München, U.v. 12.6.2013 – M 18 K 12.4679 – juris Rn. 88). Nicht jedes Verhalten, das kindeswohlgefährdend ist, ist auch strafbar. Ob eine Kindeswohlgefährdung vorliegt, ist eine Frage der prognostischen Wahrscheinlichkeit, bei der nicht der strafrechtliche Grundsatz „in dubio pro reo“ („Im Zweifel für den Angeklagten“) Anwendung findet, sondern die Formel „in dubio pro infante“ („Im Zweifel für das (Klein-)Kind“) (vgl. Mörsberger in Wiesner, SGB VIII, 5. Aufl. 2015, § 44 Rn. 18). Die Beurteilung der Kindeswohlgefährdung ist damit nicht notwendig abhängig von dem Ausgang eines etwaigen strafrechtlichen Verfahrens vorzunehmen. Der Träger öffentlicher Jugendhilfe und das Gericht müssen im Rahmen des § 44 SGB VIII prüfen, ob sich entweder aufgrund einer strafrechtlichen Verurteilung oder der Bewertung der ihm vorliegenden Anhaltspunkte Verdachtsmomente von einigem Gewicht ergeben, die es ausschließen, den Kindern die Pflegeeltern als „ohne Risiken und Gefahren für Kinder geeignet“ zuzumuten (VG München, U.v. 12.6.2013 – M 18 K 12.4679 – juris Rn. 88). Die hierfür erforderliche und verschuldensunabhängige Gefahrenabschätzung ist anhand der Gesamtumstände zu treffen. Dabei sind nach Auffassung des erkennenden Gerichts keine zu hohen Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Gefahreneintritts zu stellen, weil das Wohl der zu betreuenden Kinder und der Schutz von deren körperlicher Unversehrtheit besonders hoch zu gewichten sind.
Unter Berücksichtigung obiger Vorgaben und Grundsätze besteht im vorliegenden Fall kein Anspruch der Kläger auf Aufnahme auf die Liste potentieller Pflegeeltern. Bei Abwägung aller Umstände des Einzelfalls konnte sich das Gericht nicht davon überzeugen, dass das Wohl von Pflegekindern in der Familie der Kläger auf jeden Fall gewährleistet ist.
Vorliegend kann zwar folglich nicht die verbüßte Haftstrafe des Klägers zu 2) und die hiermit in Zusammenhang stehenden Straftaten aus den Jahren 2000 bis 2004 als tragfähige Begründung herangezogen werden, allerdings bestehen seit Mai 2008 zahlreiche weitere Ermittlungsverfahren gegen den Kläger zu 2), aus denen sich hinreichende Anhaltspunkte für eine Prognose ergeben, dass eine Gefährdung des sittlichen Wohls von Pflegekindern in der Familie des Klägers zu 2) nicht mit hinreichender Sicherheit ausgeschlossen werden kann.
Zunächst stehen die schwerwiegenden Vorwürfe des leiblichen Sohns der Klägerin zu 1) im Raum, die zu einem Ermittlungsverfahren wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen geführt haben. Der Stiefsohn hat am 28. September 2015 bei der Polizeiinspektion Karlstadt ausgesagt, dass sowohl er als auch das damalige Pflegekind der Kläger – welches den Klägern im Rahmen der Vollzeitpflege nach § 33 SGB VIII (Hilfe zur Erziehung) von dem Beklagten vermittelt wurde – in deren Haushalt geschlagen werde (Behördenakte Heftung 2, Bl. 244). Diese Vorwürfen für sich allein betrachtet bieten grundsätzlich solche Anhaltspunkte, die eine Gefährdung des sittlichen Wohls des Kindes oder des bzw. der Jugendlichen nahe legen. Hierbei verkennt die Kammer nicht, dass dieses Ermittlungsverfahren mit Verfügung vom 12. Oktober 2016 gemäß § 170 der Strafprozessordnung (StPO) eingestellt wurde und die ursprüngliche Aussage des leiblichen Sohns der Klägerin zu 1) bei der Polizei nicht mit den Berichten, die er bei der Inobhutnahmestelle vorgetragen hat, übereinstimmte. Die Einstellung des gegen den Kläger zu 2) geführten staatsanwaltlichen Ermittlungsverfahrens nach § 170 Abs. 2 StPO kann jedoch nicht zu einer Verneinung einer Kindeswohlgefährdung führen. Die Beurteilung der Kindeswohlgefährdung ist nicht notwendig abhängig von dem Ausgang eines etwaigen strafrechtlichen Verfahrens vorzunehmen (VG München, U.v. 27.11.2013 – M18 K 11.2013 – juris Rn. 29). Zwar darf der Beklagte nach der Wertung des Art. 54 des Polizeiaufgabengesetzes (PAG) in den Fällen, in denen Strafverfahren gegen die Pflegeperson oder eine andere während der Pflege anwesenden Person gemäß § 170 Abs. 2 StPO wegen vollständigen Entfallens des Tatverdachts im Sinne eines strafprozessualen Anfangsverdachts eingestellt wurde, den im strafrechtlichen Ermittlungsverfahren erhobenen Vorwurf nicht weiterhin aufrechterhalten und ohne weitere Risikoaspekte allein aus diesem eine Gefährdung für Kinder bzw. Jugendliche ableiten (BayVGH, B.v. 20.2.2013 – 10 ZB 12.2455 – juris Rn. 3; BayVGH, B.v. 10.6.2013 – 10 C 13.62 – juris Rn. 4; VG München, U.v. 12.6.2013 – M 18 K 12.4679 – juris Rn. 88). Vermögen hier die Vorwürfe des Stiefsohns zwar nicht für eine strafrechtliche Ahndung ausreichen, so bleibt der Sachverhalt dennoch ungeklärt offen. Die Aussagen des Stiefsohns haben sich gerade nicht als unwahr herausgestellt, vielmehr steht Aussage gegen Aussage, sodass ein vollständiges Entfallen des Tatverdachts gerade nicht vorliegt. Angesichts der schwerwiegenden Vorwürfe und des hohen bedrohten Schutzguts sind nach Auffassung des erkennenden Gerichts keine hohen Anforderungen an die Wahrscheinlichkeit eines Gefahreintritts zu stellen, weil das Wohl der zu betreuenden Kinder besonders hoch zu gewichten ist und die Tragweite einer körperlichen Misshandlung solcher Kinder besonders gravierend ist (vgl. VG Würzburg, U.v. 22.3.2012 – W 3 K 11.463 – juris Rn. 26). Die Kammer hat insbesondere die Überzeugung gewonnen, dass die von dem Stiefsohn des Klägers zu 2) erhobenen Vorwürfe als nicht völlig aus der Luft gegriffen oder als inszeniertes Mittel, um ein eigenständiges Leben außerhalb der Familie der Kläger führen zu können, anzusehen sind. Die Einschätzung des erkennenden Gerichts stützt sich auch auf die im Folgenden aufgezählten weiteren laufenden Ermittlungsverfahren gegen den Kläger zu 2), die aufgrund der Einschlägigkeit der vorgeworfenen Straftaten geeignet sind, die Vorwürfe zu bekräftigen.
Seit Mai 2008 laufen diverse andere Ermittlungsverfahren gegen den Kläger zu 2), aus denen auf eine missachtende Grundhaltung des Klägers zu 2) gegenüber Gesetz und Recht geschlossen werden kann.
Im Einzelnen wurden folgende Strafverfahren eingeleitet:
6. Mai 2008 Nötigung/Bedrohung,
4. Juli 2008 OWIG – unzulässige Lärm,4. Juli 2009 Herbeiführen einer Brandgefahr,
1. Januar 2010 Misshandlung – Kind,
29. September 2011 unerlaubter Umgang mit gefährlichen Abfällen,
12. April 2013 Körperverletzung – vorsätzlich -,
1. Januar 2015 Misshandlung – Kind,
17. Februar 2015 Unterschlagung,
26. September 2015 Misshandlung – Schutzbefohlener,
6. Januar 2016 Nötigung, September 2016 Beleidigung in vier Fällen und üble Nachrede in zwei Fällen.
Bei der hierbei vorzunehmenden Gewichtung der Verdachtsmomente hat die Kammer berücksichtigt, dass der Kläger zu 2) bislang in diesen Verfahren strafrechtlich nicht verurteilt worden ist. Allerdings ergeben sich auch nach der unabhängig von der strafrechtlichen Beurteilung gebotenen Würdigung hinreichende Anhaltspunkte, die eindeutig gegen den Kläger und für eine von ihm ausgehende Gefahr für anvertraute Pflegekinder sprechen. Gerade die Häufigkeit, die Konstanz, die Qualität und vor allem der unmittelbare Bezug zu der Tätigkeit als Pflegeperson einiger vorgeworfener Straftaten lassen gerade vor dem Schutzzweck des § 44 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII i.V.m. Art. 35 Satz 2 Nr. 4 SGB VIII die Gefährdungslage potentieller Pflegekinder erkennen. Verstärkt wird dieser Eindruck dadurch, dass der Kläger zu 2) auch bei einem Gespräch im Jugendamt am 29. September 2015 – laut eines Aktenvermerks vom 1. Oktober 2015 (Behördenakte Heftung 2, S. 248) und der Einräumung des Sachverhalts durch den Klägers zu 2) in der mündlichen Verhandlung – aufgrund der Konfrontation mit den Vorwürfen seines Stiefsohns wutentbrannt mit den Worten „ich habe mich sonst nicht mehr unter Kontrolle“ aufgestanden ist und dabei seiner leiblichen Tochter derart grob die Jacke anzog, dass sich ihre Hand verdrehte. Erst durch vehemente Hinweise seitens der Klägerin zu 1) hat der Kläger zu 2) auf die verdrehte Hand geachtet. Ein weiteres Indiz für die Grundhaltung des Klägers zu 2) und einer hieraus resultierende zumindest potentielle Gefährdungslage für künftige Pflegekinder ergibt sich aus der schriftlichen Stellungnahme des Klägers zu 2) in seiner Bewerbung um ein Pflegekind aus dem Jahre 2014. Hier weist er selbst darauf hin, dass seine damalige Freundin mit seiner leiblichen Tochter ins Frauenhaus gegangen sei. Das Gericht berücksichtigt darüber hinaus jedoch auch, dass es bei der Vollzeitpflege des damaligen Pflegekinds F. zu keiner Beanstandung gekommen ist.
Gleichwohl ist die Kammer in der Gesamtabwägung aller vorstehend aufgeführten Umstände zu der Überzeugung gelangt, dass es sich insbesondere aus den eingangs genannten Gründen zwar nicht als überwiegend wahrscheinlich, andererseits aber – was letztlich entscheidend ist – auch wiederum nicht als völlig unwahrscheinlich darstellt, dass eine Gefährdung des sittlichen Wohls von potentiellen Pflegekindern stattfinden könnte.
Aus diesen Gründen kann auch gegenüber der Klägerin zu 1) eine Ablehnung der Aufnahme auf die Liste der Pflegeelternbewerber gemäß Art. 35 Satz 2 Nr. 4 AGSG erfolgen. Hierfür genügen Anhaltspunkte, dass eine Pflegeperson oder eine in ihrem Haushalt lebende Person (Hervorhebung durch das Gericht) das sittliche Wohl des Kindes oder des bzw. der Jugendlichen gefährden könnte. Zu den für die Entwicklung der aufgenommenen Pflegekinder schädlichen Risiken oder Gefährdungen zählen auch solche, die zwar nicht unmittelbar in der Pflegeperson selbst ihre Ursache finden, die aber letztlich dennoch der Sphäre der Pflegeperson zuzurechnen sind (BayVGH, B.v. 11.12.2012 – 12 CS 12.2406 – juris Rn. 15 m.w.N.). Ein solches Risiko für Pflegekinder geht von dem mit der Klägerin zu 1) zusammen wohnenden Kläger zu 2) aus den oben genannten Gründen aus. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger zu 2) keinen Kontakt zu künftigen Pflegekindern haben wird, da er gerade gemeinsam mit der Klägerin zu 1) die Pflege übernehmen will.
Nach alledem war der Klageantrag in Ziffer 1 abzuweisen.
2. Gegenstand des Klageantrags in Ziffer 2 ist das Begehren der Kläger, den Beklagten zu verurteilen, es zu unterlassen, gegenüber anderen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe zu behaupten, die Kläger wären als potentielle Pflegeeltern ungeeignet bzw. nicht berücksichtigungsfähig. Der geltend gemachte Unterlassungsanspruch richtet sich also nicht darauf, gegenüber jedwedem Dritten die streitgegenständliche Aussage zu unterlassen, sondern nur gegenüber anderen Trägern der der öffentlichen Jugendhilfe.
Der so verstandene Klageantrag in Ziffer 2 ist als Unterlassungsklage zulässig, in der Sache jedoch unbegründet.
Die Klage ist zulässig.
Für das Begehren des Antragstellers ist der Verwaltungsrechtsweg gemäß § 40 Absatz 1 Satz 1 VwGO eröffnet.
Rechtsschutzbegehren auf Unterlassung behördlicher Äußerungen sind öffentlich-rechtliche Streitigkeiten im Sinn dieser Bestimmung, wenn die angegriffene Äußerung von einem Träger öffentlicher Gewalt bei der Erfüllung öffentlicher Aufgaben, gestützt auf vorhandene oder vermeintliche öffentlich-rechtliche Befugnisse, abgegeben wird, also in einem funktionalen Zusammenhang mit der öffentlichen Aufgabenerfüllung steht (vgl. BGH, B.v. 28.2.1978 – VI ZR 246/76 – juris Rn. 12 ff.; HessVGH, B.v. 14. 6.2012 – 8 E 1101/12 – juris Rn. 16). Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die streitgegenständlichen Äußerungen wurden im Rahmen der Tätigkeit des Beklagten als Träger der öffentlichen Jugendhilfe getätigt. Sie waren damit ersichtlich Gegenstand staatlichen Informationshandelns mit Bezug zu der hoheitlichen Tätigkeit der Beklagten.
Die auf Unterlassung gerichtete Klage ist unbegründet, da die Übermittlung der fachlichen Einschätzung bezüglich der fehlenden Eignung der Kläger als potentielle Pflegeeltern an andere Träger der Jugendhilfe durch den Beklagten rechtmäßig erfolgt.
Die Voraussetzungen des öffentlich-rechtlichen Anspruchs auf Unterlassung der streitgegenständlichen Äußerung durch den Beklagten gegenüber anderen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe, die Kläger wären als potentielle Pflegeltern ungeeignet bzw. nicht berücksichtigungsfähig, liegen nicht vor.
Der von den Klägern geltend gemachte öffentlich-rechtliche Anspruch auf Unterlassung setzt voraus, dass ein rechtswidriger hoheitlicher Eingriff in eine grundrechtlich geschützte Rechtsposition oder ein sonstiges subjektives Recht vorliegt und die konkrete Gefahr der Wiederholung droht. Diese Voraussetzungen sind allgemein anerkannt (vgl. BayVGH, U.v. 22.10.2015 – 10 B 15.1609 – juris Rn. 17; SächsOVG, B.v. 7.8.2013 – 4 B 383/12 – juris Rn. 6; OVG MV, B.v. 25.1.2008 – 2 M 43/07 – juris Rn. 910), weshalb die Kammer insoweit offen lassen kann, ob ein solcher Anspruch unmittelbar aus den Grundrechten (so bspw.: BVerwG, U.v. 21.5. 2008 – 6 C 13/07 – juris Rn. 13/16) oder aus einer entsprechenden Anwendung von § 1004 Abs. 1 BGB herzuleiten ist (so z.B.: OVG MV, B.v. 25.1.2008 – 2 M 43/07 – juris Rn. 9 f.).
Als vom öffentlich-rechtlichen Unterlassungsanspruch geschütztes Rechtsgut kommt hier allein das in § 35 Erstes Buch Sozialgesetzbuch vom 11. Dezember 1975 (BGBl. I S. 3015), zuletzt geändert durch Art. 5 Betriebsrentenstärkungsgesetz vom 17. August 2017 (BGBl. I S. 3214) – SGB I – normierte Sozialgeheimnis in Betracht (vgl. § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII). Nach der Legaldefinition des Sozialgeheimnisses in § 35 Abs. 1 Satz 1 SGB I hat jeder Anspruch darauf, dass die ihn betreffenden Sozialdaten (§ 67 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 18. Januar 2001 (BGBl. I S. 130), zuletzt geändert durch Art. 16 Gesetz zur Umsetzung des Gesetzes zur Einführung des Rechts auf Eheschließung für Personen gleichen Geschlechts vom 18. Dezember 2018 (BGBl. I S. 2639) – SGB X -) von den Leistungsträgern nicht unbefugt erhoben, verarbeitet oder genutzt werden. Die Wahrung des Sozialgeheimnisses umfasst die Verpflichtung, auch innerhalb des Leistungsträgers sicherzustellen, dass die Sozialdaten nur Befugten zugänglich sind oder nur an diese weitergegeben werden (§ 35 Abs. 1 Satz 2 SGB I). Sozialdaten sind hierbei personenbezogene Daten, die von einer in § 35 SGB I genannten Stelle im Hinblick auf ihre Aufgaben nach diesem Gesetzbuch verarbeitet werden (§ 67 Abs. 2 Satz 1 SGB X, § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII), mithin also alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person beziehen (Hoffmann in Münder/Meysen/Trenczek (Hrsg.), Frankfurter Kommentar SGB VIII, 8. Aufl. 2019, § 61 Rn. 6).
Eine Verletzung des Sozialgeheimnisses liegt jedoch dann nicht vor, wenn die Übermittlung der Sozialdaten durch den Beklagten an andere öffentliche Jugendhilfeträger rechtmäßig erfolgt, folglich keine unbefugte Nutzung der Sozialdaten vorliegt (vgl. § 35 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 SGB I, § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII). Als Übermitteln gilt das wissentliche und gewollte Bekanntgeben von Sozialdaten zur Kenntnis eines Dritten (Diering/Seidel in Diering/Timme (Hrsg.), Sozialgesetzbuch X, 4. Aufl. 2016, § 67 Rn. 14). Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer solchen Übermittlung ist zunächst, dass die erhobenen Sozialdaten zutreffend sind, mithin die fachliche Einschätzung rechtmäßig ist. Weiterhin muss die Übermittlung der Sozialdaten rechtlich zulässig sein, was eine rechtliche Grundlage voraussetzt, welche eine Übermittlung von Sozialdaten erlaubt (§ 35 Abs. 2 Satz 1 SGB I, § 67b Abs. 1 Satz 1 SGB X, § 61 Abs. 1 Satz 1 SGB VIII) (vgl. Hoffmann in Münder/Meysen/Trenczek (Hrsg.), Frankfurter Kommentar SGB VIII, 8. Aufl. 2019, § 64 Rn. 35). Denn übermittelt eine Behörde bei ihr gespeicherte personenbezogene Daten an eine andere öffentliche Stelle, liegt in der Übermittlung ein Eingriff in das Grundrecht des Betroffenen auf informationelle Selbstbestimmung, der seinerseits einer normklaren und bereichsspezifischen gesetzlichen Grundlage bedarf (BayVGH, B.v. 5.12.2012 – 12 BV 12.526 – juris Rn. 36 m.w.N.). Hierbei trägt die übermittelnde Stelle die Verantwortung für die Zulässigkeit der Bekanntgabe von Sozialdaten durch ihre Weitergabe an einen Dritten oder durch die Einsichtnahme oder den Abruf eines Dritten von zur Einsicht oder zum Abruf bereit gehaltenen Daten (§ 67d Abs. 1 Satz 1 SGB X). Eine solche rechtliche Grundlage stellt § 64 Abs. 1 SGB VIII i.V.m. § 69 Abs. 1 SGB X dar. Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 3 SGB X ist eine Übermittlung von Daten an einen anderen Sozialleistungsträger bzw. eine andere verantwortliche Organisationseinheit im Jugendamt zulässig, soweit die Daten für das Erfüllen einer Aufgabe der empfangenden SGB-Stelle erforderlich sind (Hoffmann in Münder/Meysen/Trenczek (Hrsg.), Frankfurter Kommentar SGB VIII, 8. Aufl. 2019, § 64 Rn. 41).
Unter Berücksichtigung obiger Vorgaben und Grundsätze besteht im vorliegenden Fall kein Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Aussage des Beklagten gegenüber anderen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe, da eine Verletzung des Sozialgeheimnisses nicht vorliegt.
Zunächst handelt es sich entgegen der Auffassung der Kläger bei den streitgegenständlichen Äußerungen nicht um Behauptungen, sondern um fachliche Einschätzungen, die rechtlich nicht zu beanstanden sind (vgl. die Ausführungen zum Klageantrag in Ziffer 1). Diese Einschätzungen basieren auf personenbezogenen Daten, die von dem Beklagten aufgrund seiner Aufgabe nach §§ 27 ff. SGB VIII und dem damit zusammenhängenden Schutzauftrag aus § 1 Abs. 3 Nr. 3 SGB VIII (vgl. hierzu Nonninger in Kunkel/Kepert/Pattar (Hrsg.), SGB VIII, 7. Aufl. 2018, § 44 Rn. 2) rechtmäßig erhoben worden sind (§ 62 Abs. 3 Nr. 2a SGB VIII). Solche relevanten personenbezogenen Daten können insbesondere sein: Name, Geschlecht, Anschrift, Familienstand, Geburtsdatum, Alter, Staatsangehörigkeit, die beruflichen, wirtschaftlichen, familiären, gesundheitlichen Verhältnisse, Konfession, äußeres Erscheinungsbild und Charaktereigenschaften (Hoffmann in Münder/Meysen/Trenczek (Hrsg.), Frankfurter Kommentar SGB VIII, 8. Aufl. 2019, § 61 Rn. 9). Die fachliche Einschätzung beruht auf solchen personenbezogenen Daten, nämlich auf den familiären Verhältnissen der Kläger hinsichtlich der Vorkommnisse mit den leiblichen Söhnen der Klägerin zu 1) und den Vorkommnissen gegenüber dem Pflegekind F. , den Charaktereigenschaften des Klägers zu 2) in Form der Häufung von Ermittlungsverfahren. Folglich handelt es sich in der Gesamtschau hierbei um Sozialdaten im Sinne des § 67 Abs. 2 Satz 1 SGB X. Diese Daten wurden von der Beklagten auch rechtmäßig erhoben. Die Sozialdaten durften gemäß § 62 Abs. 1 SGB VIII erhoben werden, da ihre Kenntnis zu Erfüllung der Aufgabe des Beklagten erforderlich war. Erforderlich ist das Erheben der Daten, die notwendig sind, um die gesetzliche Aufgabe rechtmäßig, vollständig und in angemessener Zeit erfüllen zu können (Hoffmann in Münder/Meysen/Trenczek (Hrsg.), Frankfurter Kommentar SGB VIII, 8. Aufl. 2019, § 62 Rn. 9). Vor diesem Hintergrund war gerade die schriftliche Anfrage des Beklagten an die Polizeistation G. bezüglich der strafrechtlichen Erscheinungen des Klägers zu 2) (Behördenakte Heftung 1, Bl. 26) und die daraufhin ergangene Auskunft der Polizeistation G. (Behördenakte Heftung 1, Bl. 27 f.) notwendig, um dem Schutzauftrag gerecht zu werden. Weiterhin gilt zwar der Grundsatz, dass die Daten zunächst beim Betroffenen selbst zu erheben sind (vgl. § 62 Abs. 2 Satz 1 SGB VIII), jedoch greift vorliegend die Ausnahme hiervon gemäß § 62 Abs. 3 Nr. 2 c) SGB VIII. Insbesondere war eine umfassende Kenntnis der strafrechtlichen Vorgänge bezüglich des Klägers zu 2) notwendig, um eine grundsätzliche Eignung der Kläger vor dem Hintergrund des Schutzauftrages nach den §§ 42 bis 48a SGB VIII überprüfen zu können, weshalb die Erhebung der Daten bei der Polizeistation G. erforderlich war.
Auch die Voraussetzungen für eine Datenübermittlung des Beklagten an andere Träger der öffentlichen Jugendhilfe gemäß § 69 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 3 SGB X liegen vor. Die Übermittlung von Sozialdaten ist zulässig, da die Daten für die Erfüllung einer Aufgabe der empfangenden SGB-Stelle, vorliegend der anderen Träger der öffentlichen Jugendhilfe, erforderlich sind. Die Aufgabe der empfangenden Stellen ergibt sich ebenfalls aus dem Schutzauftrag unmittelbar aus § 1 Abs. 3 Nr. 3 SGB VIII (vgl. zu diesem Schutzauftrag Nonninger in Kunkel/Kepert/Pattar (Hrsg.), SGB VIII, 7. Aufl. 2018, § 44 Rn. 2). Die streitgegenständlichen Informationen wurden von anderen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe bei dem Beklagten immer dann abgefragt, wenn die Kläger bei diesen einen Antrag auf Vermittlung eines Pflegekindes im Rahmen der Vollzeitpflege gestellt haben. Der Beklagte ist seiner Verantwortung aus § 67d Abs. 1 Satz 1 SGB X nachgekommen. Die Normen der §§ 33, 44 SGB VIII sowie Art. 34 ff. AGSG dienen dem Schutz eines Pflegekindes vor ungeeigneten Pflegeeltern und konkretisieren insoweit den Schutzauftrag aus § 1 Abs. 3 Nr. 3 SGB VIII. Um diesem Schutzauftrag bei einer konkreten Anfrage bei den anderen Trägern der öffentlichen Jugendhilfe durch die Kläger nachzukommen, konnte die fachliche Einschätzung der Beklagten zu Recht angefordert werden. Dass ein Austausch zwischen örtlichen Trägern der Jugendhilfe bei einer möglichen Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen von Seiten des Gesetzgebers gewünscht ist, zeigt auch § 8a Abs. 5 SGB VIII. Hiernach sind beim Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bei einem örtlichen Träger dem für die Gewährung von Leistung zuständigen örtlichen Träger die Daten mitzuteilen, deren Kenntnis zur Wahrnehmung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a erforderlich ist.
Nach alledem erfolgt die Weitergabe der Daten an andere Träger der öffentlichen Jugendhilfe im Rahmen konkreter Anfragen anderer Jugendämter zu Recht. Eine Verletzung des Sozialgeheimnisses liegt nicht vor, sodass auch kein Anspruch auf Unterlassung der Weitergabe der fachlichen Einschätzung an andere Träger der öffentlichen Jugendhilfe besteht.
Die Klage war somit vollumfänglich mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Das Verfahren ist gemäß § 188 Satz 2 1. Halbsatz VwGO gerichtskostenfrei. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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