Verwaltungsrecht

Anspruch auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zum Aufstellen von Altkleidersammelcontainern

Aktenzeichen  8 ZB 16.2117

Datum:
15.12.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 137010
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 3
BayStrWG Art. 14, Art. 18 Abs. 1

 

Leitsatz

Zur Prüfung des Antrages auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis für die Aufstellung von Altkleidersammelcontainern auf öffentlichen Straßen ist der genaue Standort der jeweiligen Altkleidersammelcontainer – zB durch eine Beschreibung oder Einzeichnung in einen Lageplan – anzugeben. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 6 K 16.380 2016-09-28 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Antragsverfahrens zu tragen.
III. Der Streitwert für das Antragsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Die Klägerin, ein im Bereich der Wiederverwertung von Altkleidern tätiges Unternehmen, erstrebt eine Sondernutzungserlaubnis zum Aufstellen von Altkleidersammelcontainern im Stadtgebiet der Beklagten.
Mit Schreiben vom 16. November 2015 beantragte die Klägerin, ihr eine Sondernutzungserlaubnis zum Aufstellen von jeweils einem Altkleidersammelcontainer an 29 Altglassammelstellen, die mit einem Straßennamen (und z.T. zusätzlich mit einem Parkbzw. Tennis Platz) bezeichnet wurden, zu erteilen. Die Container, deren Maße angegeben waren, sollten „direkt an den dortigen Altglascontainern“ aufgestellt werden.
Die Beklagte erwiderte der Klägerin mit Schreiben vom 24. November 2015, dass zur Antragsprüfung die Vorlage von Plänen erforderlich sei, die den genauen Standort der Container auswiesen.
Das Verwaltungsgericht hat die auf Bescheidung des Antrags gerichtete Klage mit Urteil vom 28. September 2016 abgewiesen.
Hiergegen richtet sich der Antrag auf Zulassung der Berufung der Klägerin.
II.
Der Zulassungsantrag hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wurden nicht hinreichend dargelegt oder liegen nicht vor (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO, § 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO).
1. Aus dem Vorbringen der Klägerin ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechts-sätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden. Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substanziiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16; B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36; B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546 = juris Rn. 19). Dabei kommt es grundsätzlich nicht auf einzelne Elemente der Urteilsbegründung an, sondern auf das Ergebnis der Entscheidung, also auf die Richtigkeit des Urteils nach dem Sachausspruch in der Urteilsformel (vgl. BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – DVBl 2004, 838 = juris Rn. 9; BayVGH, B.v. 19.3.2013 – 20 ZB 12.1881 – juris Rn. 2; B.v. 24.2.2006 – 1 ZB 05.614 – juris Rn. 11).
Ausgehend von diesen Grundsätzen bestehen vorliegend keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung.
1.1 Mit dem zentralen Einwand, der Antrag sei entgegen der Auffassung des Erstgerichts trotz „Nichtbenennung des konkreten Quadratmeters“ für den Standort der einzelnen Altkleidersammelcontainer bescheidungsreif, zeigt die Zulassungsbegründung keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils auf.
Ob mit dem Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis hinreichend prüffähige Unterlagen vorgelegt worden sind, beurteilt sich am materiell-rechtlichen Maßstab des Art. 18 Abs. 1 BayStrWG. Hiernach ist maßgeblich, ob und inwieweit die Benutzung der Straße über den Gemeingebrauch (Art. 14 BayStrWG) hinaus diesen beeinträchtigen kann. Im Blickfeld steht die Straße als Verkehrsfläche, die abweichend von dieser Funktion genutzt werden soll, und die Prüfung, ob die straßenfremde Nutzung nach behördlichem Ermessen mit den Belangen des Straßen- und Wegerechts vereinbar ist (BayVGH, U.v. 20.1.2004 – 8 N 03.3211 – BayVBl 2004, 336 = juris Rn. 78). Im Kern geht es um die Frage, ob die straßenfremde Nutzung mit den Belangen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs vereinbar und insoweit gemeinverträglich ist (BayVGH, B.v. 24.11.2003 – 8 CS 03.2279 – BayVBl 2004, 533 = juris Rn. 6). Die Erlaubnisbehörde muss anhand des Antrags in die Lage versetzt werden, zu prüfen, ob und ggf. inwieweit eine abweichende Nutzung der Verkehrsfläche noch mit den Belangen des Straßenrechts vereinbar ist (BayVGH, B.v. 24.11.2003 – 8 CS 03.2279 – BayVBl 2004, 533 = juris Rn. 6).
Der Argumentation der Klägerin, durch die „Nichtbenennung des konkreten Quadratmeters“ des Standorts der Altkleidersammelcontainer werde das straßenrechtliche Prüfprogramm weder unmöglich gemacht noch in relevanter Weise erschwert, folgt der Senat nicht. Im Gegenteil kann die Erlaubnisbehörde ohne eine genaue Angabe des beabsichtigten Standorts nicht prüfen und abwägen, ob und inwieweit die streitgegenständlichen Sammelcontainer den straßenrechtlichen Gemeingebrauch beeinträchtigen (vgl. BayVGH, B.v. 1.8.2017 – 8 ZB 17.1015 – juris Rn. 7). Das Verwaltungsgericht hat deshalb zu Recht angenommen, dass die Klägerin gehalten war, den genauen Standort der jeweiligen Altkleidersammelcontainer – z.B. durch eine Beschreibung oder Einzeichnung in einen Lageplan – anzugeben (BayVGH, B.v. 1.8.2017 – 8 ZB 17.1015 – juris Rn. 7; OVG NW, B.v. 27.1.2014 – 11 A 1986/13 – juris Rn. 9). Ob es – wie die Zulassungsbegründung meint – möglich gewesen wäre, Beeinträchtigungen der Sicherheit und Leichtigkeit des Verkehrs im Verwaltungsverfahren (z.B. durch Ortsbegehung) auszuräumen, ist unerheblich, weil sich die Klägerin entschieden hat, umgehend eine Untätigkeitsklage zu erheben. Im Übrigen hat das Erstgericht zu Recht darauf abgestellt, dass es nicht Aufgabe der Erlaubnisbehörde sei, zu ermitteln, welchen genauen Standort die Antragstellerin gemeint haben könnte. Der Einwand, der vom Erstgericht angeführten Entscheidung des OVG Nordrhein-Westfalen liege ein gänzlich anderer Sachverhalt zugrunde, ist nicht nachvollziehbar; ausweislich der Entscheidungsgründe des Beschlusses vom 27. Januar 2014 waren auch im dort zugrunde liegenden Antrag die Standorte mit „neben Glascontainer“ benannt (OVG NW, B.v. 27.1.2014 – 11 A 1986/13 – juris Rn. 9). Abgesehen davon entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Senats, dass es bei Anträgen nach Art. 18 BayStrWG in erster Linie Aufgabe des Antragstellers ist, mögliche Standorte – z.B. in einer Lageplanskizze oder Beschreibung – konkret aufzuzeigen (BayVGH, B.v. 1.8.2003 – 8 CE 03.1972 – juris Rn. 7; B.v. BayVGH, B.v. 1.8.2017 – 8 ZB 17.1015 – juris Rn. 7). Der Einwand der Zulassungsbegründung, die Vorlage eines detaillierten Lageplans mit verzeichneter Standfläche erhöhe die Möglichkeiten für die Beklagte, den Antrag abzulehnen, geht deshalb fehl. Im Übrigen stünde es der Klägerin frei, in ihrem Antrag mögliche Alternativstandorte aufzuzeigen (vgl. BayVGH, B.v. 1.8.2003 – 8 CE 03.1972 – juris Rn. 7).
1.2 Das Vorbringen der Klägerin, die Beklagte habe von vorneherein beabsichtigt, ihren Antrag abzulehnen, und die Anforderungen zur genauen Standortbeschreibung als „Fehlerquelle“ eingesetzt, führt ebenfalls nicht zur Zulassung der Berufung. Die Klägerin kann sich in der Sache nicht auf einen Ermessensfehlgebrauch berufen, weil sie eine (ablehnende) Entscheidung nicht abgewartet, sondern sogleich Untätigkeitsklage erhoben hat. Im Übrigen lässt sich der behördeninternen E-Mail vom 23. September 2015 (S. 36 Behördenakt) nicht entnehmen, dass die Beklagte von Beginn an die Antragsablehnung aus sachfremden Gründen beschlossen hätte. Der Einwand, zahlreiche andere Kommunen würden keine vergleichbar hohen Anforderungen an die Mitwirkungspflicht von Antragstellern stellen, ist unerheblich, weil die Verwaltungspraxis anderer Kommunen die Beklagte nicht bindet. Die Behauptung der Zulassungsbegründung, die massive Anhebung der Mitwirkungspflichten sei willkürlich, wird durch nichts belegt. Für die von der Beklagten verlangte Konkretisierung der Containerstandorte lagen – wie unter Nr. 1.1 aufgezeigt – sachliche Gründe vor.
2. Eine Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) scheidet ebenfalls aus.
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) liegt nur dann vor, wenn die im Zulassungsantrag dargelegte Rechts- oder Tatsachenfrage für die Entscheidung der Vorinstanz von Bedeutung war, für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich ist, bisher höchstrichterlich oder durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts nicht geklärt ist und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist (BayVGH, B.v. 3.8.2017 – 8 ZB 15.2642 – juris Rn. 29; vgl. auch Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124 Rn. 36). Der Rechtsmittelführer muss daher eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formulieren und darlegen, weshalb diese Frage für den Rechtsstreit entscheidungserheblich (klärungsfähig) und klärungsbedürftig ist, sowie aufzeigen, weshalb der Frage eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (BayVGH, B.v. 3.8.2017 – 8 ZB 15.2642 – juris Rn. 29; B.v. 14.5.2014 – 14 ZB 13.2658 – Rn. 18; Happ in Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, § 124a Rn. 72). Daran fehlt es hier. Im Übrigen ist die von der Zulassungsbegründung angeführte „Frage der Reichweite der Mitwirkungspflicht bei Stellung eines Antrags auf Erteilung von Sondernutzungserlaubnissen“ nicht klärungsbedürftig, weil sie – wie unter Nr. 1 aufgezeigt – ohne Weiteres anhand der Rechtsprechung geklärt werden kann.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertentscheidung ergibt sich aus § 47 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 3, § 52 Abs. 2 GKG.
Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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