Verwaltungsrecht

Anspruch eines Teilnehmers auf Begründung der Bewertung der Prüfungsleistungen im Rahmen eines Auswahlverfahrens

Aktenzeichen  6 B 17.2131

Datum:
11.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 14509
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 19 Abs. 4, Art. 33 Abs. 2
BLV § 35 Abs. 1 S. 2, § 36 Abs. 4
VwVfG § 2 Abs. 3 Nr. 2, § 39

 

Leitsatz

1. Der Anspruch eines Prüflings auf eine Begründung des Prüfungsergebnisses setzt ein Begründungsverlangen voraus, dass nicht pauschal und ins Blaue hinein gestellt wird, sondern Mindestanforderungen an eine kritische Auseinandersetzung mit dem Prüfungsergebnis genügt. (Rn. 30 – 32) (redaktioneller Leitsatz)
2. Die Beurteilung der in einem Assessment-Center abgeprüften Eigenschaften und Fähigkeiten ist von einem weiten prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraum geprägt, der der gerichtlichen Kontrolle nur eingeschränkt unterliegt. (Rn. 36) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

M 21 K 17.257 2017-06-27 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts München vom 27. Juni 2017 – M 21 K 17.257 – wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden‚ sofern nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000‚- Euro festgesetzt.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Die Klägerin steht als Regierungsamtfrau (Besoldungsgruppe A11) im Dienst der Beklagten. Am 11. Januar 2016 bewarb sie sich um die Teilnahme am Verfahren zum Aufstieg in die Laufbahn des höheren nichttechnischen Verwaltungsdienstes gemäß § 39 Abs. 5‚ § 36 BLV. Daraufhin wurde sie zur Teilnahme an dem aus einem schriftlichen und vier mündlichen Prüfungsteilen bestehenden‚ im Assessment-Center für Führungskräfte in der Bunderwehr in Köln durchzuführenden Auswahlverfahren zugelassen.
Mit Schreiben vom 18. Mai 2016 teilte ihr das Bundesamt für das Personalmanagement der Bundeswehr (BAPersBw) mit‚ dass sie das Auswahlverfahren nicht erfolgreich abgeschlossen habe. Die Bewertung durch die Auswahlkommission habe ergeben‚ dass sie das durchschnittliche Gesamtergebnis von mindestens 3‚49 nicht erreicht habe. Sie werde in Kürze Gelegenheit zu einem Feedback-Gespräch mit Vertretern der Auswahlkommission erhalten.
Auf den hiergegen von der Klägerin eingelegten Widerspruch vom 1. Juni 2016 und die darin geäußerte Bitte um eine konkrete schriftliche Erläuterung der Prüfungsentscheidung hin übersandte das BAPersBw ihr mit Schreiben vom 11. Oktober 2016 eine Mappe mit den die Klägerin betreffenden Teilen des Ausschreibungsvorgangs zur Einsichtnahme. Darin befanden sich neben den Bewerbungsunterlagen auch die Tabelle mit den von den jeweiligen Kommissionsmitgliedern für die zu bewertenden Kompetenzen/Fähigkeiten durchschnittlich vergebenen Punktzahlen sowie die handschriftlichen Bemerkungen der beiden Korrektoren zu der von der Klägerin gefertigten Klausur.
Auf die erneute Aufforderung seitens des Klägerbevollmächtigten verwies das BAPersBw auf die bereits übermittelten Unterlagen und erklärte‚ das Auswahlverfahren gliedere sich in einen schriftlichen und vier mündliche Prüfungsteile‚ die zu je 20% in die Gesamtwertung einflössen und mittels einer Notenskala von 1 bis 7 bewertet würden‚ wobei 1 die Bestnote sei. Die Überprüfung der gezeigten Leistungen sei anhand von vorher festgelegten sog. Eignungsmerkmalen erfolgt. Weitere Ausführungen seien nicht beabsichtigt.
Am 19. Januar 2017 erhob die Klägerin durch ihre Bevollmächtigten daraufhin Untätigkeitsklage‚ die damit begründet wurde‚ dass der Anspruch der Klägerin auf konkrete schriftliche Erläuterung der Prüfungsentscheidung nur unzureichend erfüllt worden sei.
Sie beantragte zuletzt‚
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des BAPersBw vom 18. Mai 2016 zu verpflichten, die Gründe für den genannten Bescheid konkret zu erläutern‚ insbesondere die jeweils vergebenen Punktzahlen mit einer Erklärung dazu‚ welchen Stellenwert diese jeweils im Verhältnis zur höchstmöglichen Punktzahl hätten und wie das jeweilige Verhältnis der zu erreichenden Gesamtpunktzahl im Fall der Klägerin konkret begründet werde, hilfsweise die Aufhebung des Bescheides vom 18. Mai 2016.
Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 27. Juni 2017 mit der Begründung ab‚ sie habe das alleinige Ziel‚ eine konkrete Erläuterung für die Gründe für das Prüfungsergebnis‚ nicht aber für den Bescheid vom 18. Mai 2016 zu erhalten. Die Klage habe daher das Begehren einer unselbständigen behördlichen Verfahrenshandlung – nämlich die nachträgliche Begründung der angefochtenen Prüfung – zu einem isolierten Haupt-Verpflichtungsbegehren gemacht. Der so verstandenen Klage fehle das Rechtsschutzbedürfnis; Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen könnten gemäß § 44a VwGO nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden.
Mit der vom Senat zugelassenen Berufung verfolgt die Klägerin das oben bezeichnete Klagebegehren weiter. Zur Begründung trägt die Klägerin insbesondere vor, dass das erstinstanzliche Urteil – auch – im Ergebnis unzutreffend sei‚ da die darin zitierte Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts aus dem Jahr 1982‚ im Aufstiegsverfahren bestehe bei einer ablehnenden Entscheidung ein verwaltungsgerichtlich nur beschränkt nachprüfbarer Beurteilungsspielraum‚ durch die neuere Rechtsprechung insbesondere zum Leistungsgrundsatz (Art. 33 Abs. 2 GG) überholt sei.
Die Beklagte beantragt‚
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung führt sie aus‚ im Rahmen der schriftlichen Prüfung habe eine Leitungsvorlage zur Thematik des Einsatzes eines Systems gegenseitiger kollektiver Sicherheit erstellt werden sollen. Der mündliche Teil habe sich gegliedert in eine Vorstellung‚ eine Gesprächssimulation‚ eine Gruppendiskussion und ein Interview. Durch die einzelnen Prüfungsteile seien insgesamt acht verschiedene Kompetenzen/Fähigkeiten‚ nämlich Urteilsfähigkeit‚ Planungsverhalten‚ Sozialkompetenz‚ Teamkompetenz‚ Führungspotential‚ Leistungsmotivation‚ sprachliches Ausdrucksvermögen und Bewältigungsverhalten geprüft worden. Die Prüfungskommission habe aus dem Vorsitzenden sowie drei Kommissionsmitgliedern des BAPersBw bestanden. Aus den von diesen jeweils für die einzelnen Prüfungsabschnitte vergebenen Einzelnoten für die jeweils gezeigten Kompetenzen/Fähigkeiten seien jeweils Durchschnittswerte (EM-Wert) gebildet worden. Schließlich seien sämtliche von den vier Kommissionsmitgliedern für die zu bewertenden Fähigkeiten/Kompetenzen eines Bewerbers durchschnittlich gegebenen Notenstufen in einer Tabelle zusammengefasst worden. Hieraus sei der durchschnittliche Wert für die gesamte Prüfungskommission errechnet worden.
Die dazu vorhandenen Protokolle und Aufzeichnungen der Kommissionsmitglieder sowie die Klausur der Klägerin und die handschriftlichen Prüferbemerkungen wurden dem Gericht übersandt und von dort an die Klägerin weitergeleitet. Die Beklage erläutert dazu‚ die Protokolle seien allerdings lediglich stichwortartige Gedankenaufzeichnungen der Prüfer und aus dem Zusammenhang gerissen nicht sehr verständlich. Sie dienten nur der Unterstützung des Kurzzeitgedächtnisses des Prüfers. Ein substantiierter Vortrag hinsichtlich eines darüber hinausgehenden Informationsanspruchs fehle bislang.
Auch der hilfsweise gestellte Antrag auf Aufhebung des Bescheides vom 18. Mai 2016 könne keinen Erfolg haben. Dem Dienstherrn sei eine verwaltungsgerichtlich nur beschränkt nachprüfbare Beurteilungsermächtigung für die Frage eingeräumt‚ ob und ggf. in welchem Maße ein Bewerber die über die Anforderungen der bisherigen Laufbahn wesentlich hinausgehende Eignung für den Aufstieg besitze bzw. erwarten lasse. Das Auswahlverfahren vom 6. April/11. Mai 2016 sei rechtmäßig gewesen. Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen Richtlinien oder etwaige Rechenfehler seien nicht ersichtlich und von der Klägerin auch nicht vorgetragen worden.
Die Klägerin hält dem entgegen‚ es seien bisher Unterlagen für nur wenige Prüfteile vorgelegt worden. Aufgrund der fehlenden Lösungsskizze mit Bewertungsschema für die schriftliche Arbeit sei vollkommen unklar‚ wie „Urteilfähigkeit“ und „sprachliches Ausdrucksvermögen“ als einzige Kriterien aus der Gesamtbewertung in die Prüftabellen eingearbeitet worden seien. Da der Klägerin seit Jahren im Rahmen der dienstlichen Beurteilung sowohl ein besonders stark ausgeprägtes Urteilsvermögen als auch ein in erheblichem Umfang die Leistungserwartungen übertreffender Ausdruck bescheinigt worden seien‚ könne es sich bei der Einschätzung durch das Assessment-Center nur um einen Irrtum gehandelt haben. Gleiches gelte für die nach der Notenskala der Prüfungskommission mit vier Punkten und schlechter bewerteten Kompetenzen wie Sozial- und Teamkompetenz sowie Führungspotential. Auch hier bescheinigten die dienstlichen Beurteilungen hervorragende Leistungen und Befähigungen der Klägerin.
Auf entsprechende Nachfrage des Gerichts hat die Beklagte ergänzend die Lösungshinweise sowie – nochmals – die handschriftlichen Prüferbemerkungen für die schriftliche Arbeit vorgelegt. Weitere Unterlagen über die Prüfung der Klägerin seien bei der Beklagten nicht vorhanden. Eine „Lösungsskizze“ für die persönliche Vorstellung der Kandidaten‚ die Gruppendiskussion und das Interview könne nicht gefordert werden. Diese Prüfungsabschnitte dienten hauptsächlich dazu‚ sich ein Bild über die Persönlichkeit und den sozialen und beruflichen Hintergrund der Bewerber zu machen. Bei der Bewertung gälten dieselben Vorschriften wie in jedem Vorstellungsgespräch. Der Prüfling habe zwar einen Informationsanspruch‚ der auf die mündliche Bekanntgabe der die Meinungsbildung tragenden Gründe ziele. Dieser Anspruch sei im Fall der Klägerin aber durch das erfolgte Feedback-Gespräch in ausreichender Weise erfüllt worden.
Der – hilfsweise – gestellte Antrag auf Aufhebung des Bescheids vom 18. Mai 2016 sei unbegründet. Damit könne das eigentliche Ziel der Klägerin‚ am Aufstiegsverfahren teilzunehmen‚ nicht mehr verwirklicht werden; das Auswahlverfahren sei abgeschlossen‚ die entsprechenden Dienstposten bereits vergeben und die entsprechenden Beförderungen vorgenommen. Der Vortrag zu den dienstlichen Beurteilungen der Klägerin gehe fehl‚ da sich daraus keine Rückschlüsse auf eine punktuelle Prüfungsleistung ziehen ließen. Zudem werde in § 35 Abs. 1 Nr. 3‚ § 36 Abs. 2 Nr. 2 BLV gerade zusätzlich zu einer Beurteilung mit der höchsten oder zweithöchsten Note der bisherigen Besoldungsgruppe das erfolgreiche Durchlaufen des Auswahlverfahrens gefordert.
Abschließend trägt die Klägerin vor‚ das Verfahren sei nun entscheidungsreif. Offensichtlich sei die Beklagte nicht bereit oder in der Lage‚ Unterlagen vorzulegen‚ die eine Plausibilisierung des von der Klägerin erzielten Gesamtergebnisses ermöglichten. Im Übrigen fordere die Klägerin keine Lösungsskizze‚ sondern mache ihren Rechtsanspruch auf Plausibilisierung geltend. Die geschuldete Plausibilisierung sei entgegen den Vermutungen der Beklagten im genannten Telefongespräch (Feedback) nicht gegeben worden. Erneut wies die Klägerin daraufhin‚ dass ihre dienstlichen Beurteilungen seit vielen Jahren den in der Prüfungsbewertung aufgestellten Behauptungen über die Urteilsfähigkeit der Klägerin und ihr sprachliches Ausdrucksvermögen vollständig widersprächen.
Der Senat hat die Beteiligten mit Schreiben vom 24. Mai 2018 gemäß § 130a VwGO darauf hingewiesen‚ dass eine Zurückweisung der Berufung durch Beschluss in Betracht kommt‚ weil er die Berufung einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Übrigen und der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Behördenakten Bezug genommen.
II.
Der Senat entscheidet nach Anhörung der Beteiligten über die Berufung der Klägerin durch Beschluss‚ weil er sie einstimmig für unbegründet erachtet und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung nicht für erforderlich hält (§§ 130a, 125 Abs. 2 Satz 3 VwGO).
Die zulässige Berufung der Klägerin ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat das Klagebegehren, das auch auf die Aufhebung des Bescheids des Bundesamts für das Personalmanagement der Bundeswehr vom 18. Mai 2016 und die darin enthaltene negative Auswahlentscheidung gerichtet ist, zwar zu eng gefasst (vgl. Senatsbeschluss vom 24.10.2017 – 6 ZB 17.1494), im Ergebnis aber zu Recht abgewiesen.
1. Die Klage ist wegen Wegfalls des Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig geworden.
Da das im Vorfeld des Aufstiegsverfahrens 2016 durchgeführte streitgegenständliche Auswahlverfahren nach unbestritten gebliebener Auskunft der Beklagten vom 10. April 2018 inzwischen abgeschlossen ist, die entsprechenden Dienstposten bereits vergeben und die entsprechenden Beförderungen vorgenommen worden sind, kann sich die Rechtsstellung der Klägerin durch die streitgegenständliche isolierte Aufhebung der Mitteilung über den erfolglosen Abschluss des Auswahlverfahrens nicht verbessern. Weder aus dem Vorbringen der Klägerin noch aus dem Inhalt des Verwaltungsvorgangs ergeben sich Anhaltspunkte dafür, dass die mit der Klage (letztlich) begehrte Aufhebung der Mitteilung des Ergebnisses des Auswahlverfahrens 2016 für die Klägerin noch rechtlich vorteilhaft sein könnte. Durch sie würde die Klägerin lediglich so gestellt, als hätte sie an dem Auswahlverfahren nicht teilgenommen (vgl. OVG NW, B.v. 6.6.2016 – 6 A 1737/14 – juris Rn. 10). Rechtlich nachteilige Konsequenzen ergeben sich aus dem Umstand, dass die Klägerin erfolglos an diesem Auswahlverfahren teilgenommen hat, nicht. Insbesondere bleibt die Teilnahme an künftigen Auswahlverfahren für den Aufstieg hiervon unberührt. Das wurde der Klägerin in dem angefochtenen Bescheid vom 18. Mai 2016 auch mitgeteilt.
2. Unabhängig davon müsste die Klage auch in der Sache ohne Erfolg bleiben.
a) Der angefochtene Bescheid war nicht etwa bereits deshalb rechtswidrig‚ weil er keine Begründung der jeweils durch die Mitglieder der Auswahlkommission vergebenen Punktzahlen bzw. des von der Klägerin erreichten Gesamtergebnisses enthielt.
Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2‚ § 36 Abs. 4 BLV wird in dem dem Aufstiegsverfahren notwendig vorgeschalteten Auswahlverfahren‚ gemessen an den Anforderungen der künftigen Laufbahnaufgaben‚ die Eignung und Befähigung der Bewerber überprüft. Diese sind mindestens in einer Vorstellung vor einer in der Regel aus vier Mitgliedern besetzten Auswahlkommission nachzuweisen‚ die die Ergebnisse bewertet (§ 36 Abs. 4 Satz 4 BLV). Gemäß § 36 Abs. 4 Satz 7 BLV ist die Teilnahme erfolglos‚ wenn sie nicht mit ausreichendem Ergebnis abgeschlossen wurde. Die Klägerin erhielt durchschnittlich im Gesamtergebnis die Notenstufe 4,08 und hat damit das geforderte durchschnittliche Mindestergebnis von 3,49 nicht erreicht. Für das Auswahlverfahren ist eine Begründung der Bewertung von Prüfungsleistungen weder für schriftliche noch für mündliche Prüfungsteile vorgeschrieben. Nach § 2 Abs. 3 Nr. 2 VwVfG gilt die Regelung des § 39 VwVfG für Leistungs-, Eignungs- oder ähnliche Prüfungen von Personen nicht. Es besteht auch keine zwingende verfassungsrechtliche Vorgabe für eine schriftliche Begründung der Bewertung solcher Prüfungsleistungen (s. BVerwG‚ B.v. 21.12.2016 – 2 B 108.15 – juris Rn. 14 m.w.N.).
Die bloße Feststellung der erfolglosen Teilnahme am Auswahlverfahren im Bescheid vom 18. Mai 2016 entspricht somit formell den gesetzlichen Bestimmungen.
b) Ein Erfolg der Klage auf Aufhebung der Prüfungsentscheidung hätte vorausgesetzt, dass die Klägerin – als unselbständigen verfahrensrechtlichen Bestandteil ihres materiell-rechtlichen Anspruchs auf eine unter Beachtung des Leistungsprinzips erfolgte rechtmäßige Bewertung ihrer Prüfungsleistungen – einen Anspruch auf die nachträgliche Bekanntgabe der Gründe gehabt hätte, die die einzelnen Prüfer dazu bewogen haben, ihre Prüfungsleistung insgesamt mit dem Ergebnis „nicht erfolgreich absolviert“ zu bewerten (aa), und dass dieser Anspruch durch die Beklagte nicht erfüllt worden wäre oder dass die mitgeteilte Begründung die Entscheidung über das Nichtbestehen nicht tragen würde (bb). An letzterem fehlt es.
aa) Ein derartiger Informationsanspruch eines Prüflings ist zwar dem Grunde nach anerkannt. Er ergibt sich letztlich aus Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG zur Sicherung des Gebots einer Gewährung effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes. Auch ein im Auswahlverfahren für die Aufstiegszulassung erfolglos gebliebener Bewerber muss danach grundsätzlich in die Lage versetzt werden, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Bewertung der gezeigten Prüfungsleistungen bestehen und er daher gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nehmen will. Da es ihm allein aufgrund des ihm mitgeteilten Ergebnisses nicht möglich ist, Einwände gegen das Ergebnis der Prüfung effektiv vorzubringen, benötigt er ausreichende Informationen über die Erwägungen‚ die die Prüfer ihrer Entscheidung zugrunde gelegt haben (vgl. BVerwG‚ U.v. 6.9.1995 – 6 C 18.93 – juris Rn. 18).
Der so grundsätzlich bejahte Informationsanspruch eines Prüflings besteht aber insbesondere bei mündlichen Prüfungen nicht voraussetzungslos. Denn bei diesen ist es in besonderem Maße erforderlich‚ den Aufwand‚ der für die Prüfer mit jeglicher Begründung ihrer Bewertung von Prüfungsleistungen verbunden ist‚ auf dasjenige Maß zu beschränken‚ das nach den im Einzelfall gegebenen Umständen notwendig‚ weil durch den Anspruch des betreffenden Prüflings auf wirksamen Schutz in seinem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG konkret bedingt ist. Hingegen ist es unnötig und folglich auch nicht geboten‚ bei mündlichen Prüfungen in jedem Fall eine schriftliche oder auch nur mündliche Begründung der Bewertung sämtlicher Prüfungsleistungen ohne Rücksicht darauf zu verlangen‚ ob der jeweilige Prüfling überhaupt erwägt‚ Einwände gegen die Bewertung seiner Prüfungsleistung vorzubringen. Vielmehr hängt der konkrete Inhalt des Anspruchs eines Prüflings auf eine Begründung und damit korrespondierend die Pflicht der Prüfer‚ ihre Bewertung von mündlichen Prüfungsleistungen zu begründen‚ davon ab‚ ob der jeweilige Prüfling eine Begründung verlangt‚ wann er dies tut und mit welchem konkreten Begehren und mit welcher Begründung. Erst durch eine solche Spezifizierung durch den Prüfling wird aus seinem verfassungsrechtlich nur dem Grunde nach gewährten allgemeinen Informationsanspruch ein konkreter Anspruch‚ der auf die Begründung näher bezeichneter‚ für den Prüfling nicht ohne weiteres durchschaubarer Bewertungen in einem bestimmten Fach gerichtet ist (vgl. BVerwG‚ B.v. 8.3.2012 – 6 B 36.11 – juris Rn. 7-9). Nur wenn der Prüfling bereits konkrete Einwände erhoben hat‚ muss der Dienstherr auf diese konkret eingehen.
Selbst der Anspruch des Prüflings auf eine erste allgemeine‚ auf die wesentlichen Punkte beschränkte Begründung setzt jedoch ein Begründungsverlangen voraus‚ das nicht pauschal und gleichsam ins Blaue hinein gestellt wird‚ sondern Mindestanforderungen an eine kritische Auseinandersetzung mit dem Prüfungsergebnis genügt. Der dem Prüfling dem Grunde nach gewährte allgemeine Informationsanspruch wird überhaupt erst dadurch zu einem konkreten Anspruch‚ der sich auf die Begründung (vom Prüfling) näher bezeichneter Bewertungen in einem bestimmten Fach bezieht‚ dass der Prüfling sein Begründungsverlangen entsprechend spezifiziert und für sein Begründungsverlangen „sachlich vertretbare Gründe“ angibt. Nur ein solches Begründungsverlangen löst die Verpflichtung des Prüfungsausschusses aus‚ überhaupt eine nach Form oder Inhalt qualifizierte Begründung der Prüfungsentscheidung abzugeben (vgl. BFH‚ U.v. 21.1.1999 – VII R 35/98 – juris Rn. 22).
bb) Das völlig unspezifizierte, pauschale erste Begründungsverlangen der Klägerin im Hinblick auf die Bewertung ihrer gesamten Prüfungsleistungen im Assessment-Center hat die Beklagte durch das von einem Kommissionsmitglied telefonisch mit der Klägerin geführte Feedback-Gespräch, die ihr mit Schreiben vom 11. Oktober 2016 übersandten sowie die im gerichtlichen Verfahren vorgelegten Unterlagen in ausreichender Weise erfüllt. Dies gilt insbesondere auch im Hinblick darauf, dass die Bewertung in einem Assessment-Center-Verfahren nur in einem eingeschränkten Maß plausibel zu machen ist‚ da dort nicht die Prüfung von Fähigkeiten‚ Wissen oder Kenntnissen im Vordergrund steht‚ sondern die naturgemäß subjektive Bewertung der Kompetenzen und der Persönlichkeit des Bewerbers‚ die sich einer Einordnung in die Kategorien „richtig“ oder „falsch“ weitgehend entzieht und exakter tatsächlicher Erkenntnis nicht zugänglich ist (vgl. OVG NW‚ B.v. 3.8.2017 – 6 B 829/17 – juris Rn. 8 und 10 m.w.N.).
Weder auf das Feedback-Gespräch noch auf die Bekanntgabe der Gesamtpunktzahl oder die der – ihr nach ihrem Widerspruch zur Verfügung gestellten Tabelle zu entnehmenden – Einzelnoten für die bewerteten Kompetenzen/Fähigkeiten hin hat die Klägerin geltend gemacht, in bestimmten Prüfungsteilen zu schlecht bewertet worden zu sein. Dass sie hierzu ohne weitere „konkrete Begründung der jeweiligen Punktzahlen im Einzelnen“ nicht in der Lage gewesen wäre, trifft nicht zu. Die ihr gegenüber bekannt gemachten Unterlagen hätten es ihr jedenfalls ermöglicht‚ ihre Leistungen an Hand ihrer Erinnerung oder ihrer eigenen Aufzeichnungen selbstkritisch zu überprüfen und ggf. darzulegen‚ weshalb sie meint‚ ihre Leistungen seien mit den vergebenen Punkten nicht zutreffend bewertet worden. Mit diesen Anforderungen wird von der Klägerin nichts Unmögliches‚ Unzumutbares oder ihrem Grundrecht aus Art. 19 Abs. 4 GG Unangemessenes verlangt. Denn sie kennt ihre eigene Prüfungsleistung; ihre Erinnerung an sie wird zumindest in der Regel kaum schlechter sein als die Erinnerung der Prüfer. Daher hätte es ihr möglich sein müssen‚ den Prüfern die erforderlichen Anhaltspunkte dafür zu liefern‚ in welcher Hinsicht sie ihre Prüfungsentscheidung erläutern und rechtfertigen sollen. Die Klägerin hat aber weder geltend gemacht‚ in bestimmten Prüfungsabschnitten zu schlecht bewertet worden zu sein noch etwa spezifiziert die Begründung einer bestimmten Einzelnote verlangt.
Substantiierte Einwendungen gegen die jeweiligen Bewertungen ihrer erbrachten Leistungen hat die Klägerin nicht vorgebracht und eine Abwägungsfehleinschätzung ist nicht ersichtlich. Allein der von der Klägerin hervorgehobene Umstand‚ dass ihr in ihren dienstlichen Beurteilungen seit Jahren sowohl ein besonders stark ausgeprägtes Urteilsvermögen als auch ein in erheblichem Umfang die Leistungserwartungen übertreffender Ausdruck bescheinigt worden sei‚ lässt bei den in hohem Maße subjektiv geprägten Bewertungen von sozialer Kompetenz und Ausdrucksvermögen für sich genommen noch nicht auf einen Bewertungsfehler schließen‚ zumal zu bedenken ist‚ dass die dienstlichen Beurteilungen sich auf die gezeigten Leistungen der Klägerin im Rahmen der von ihr erreichten Laufbahn beziehen‚ im Auswahlverfahren aber die Eignung der Bewerber an den Anforderungen der künftigen Laufbahnaufgaben gemessen wird. Darüber hinaus wird eine hinreichende Verlässlichkeit und Objektivität des Bewertungsergebnisses durch das Mehr-Augen-Prinzip sowie die Überprüfung der Kompetenzen in verschiedenen Stationen erzielt.
Im Übrigen ist zu berücksichtigen‚ dass es in einem Assessment-Center keine vor-festgelegten Erwartungen gibt‚ wie man es von sonstigen Prüfungen kennt‚ da es hier um die Ermittlung von Kompetenzen‚ Auftreten und Persönlichkeit des Bewerbers geht‚ was sich einer exakten tatsächlichen Erkenntnis entzieht. Die Beurteilung der insoweit bedeutsamen Eigenschaften und Fähigkeiten ist vielmehr von einem weiten prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraum geprägt‚ der der gerichtlichen Kontrolle nur eingeschränkt unterliegt (vgl. dazu BVerfG‚ B.v. 17.4.1991 – 1 BvR 419/81 – BVerfGE 84‚ 34/59 ff.; VGH BW‚ U.v. 16.2.2009 – 4 S 1071/08 – juris Rn. 29). Gegenstände dieses prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraums sind etwa auch die Punktevergabe und Notengebung‚ soweit diese nicht mathematisch determiniert sind‚ die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung‚ bei Stellung verschiedener Aufgaben deren Gewichtung zu einander‚ die Würdigung der Qualität der Darstellung‚ die Gewichtung der Stärken und Schwächen der Bearbeitung sowie die Gewichtung der Bedeutung eines Mangels (s. dazu VGH BW‚ B.v. 3.7.2012 – 9 S 2189/11 – juris Rn. 9 m.w.N.). In diesen Bereich des prüfungsspezifischen Bewertungsspielraums dürfen die Gerichte grundsätzlich nicht eindringen (vgl. BVerwG‚ B.v. 16.8.2011 – 6 B 18.11 – juris Rn. 16; BayVGH‚ B.v. 3.2.2014 – 7 ZB 13.2221 – juris Rn. 8).
Auch das Vorbringen der Klägerin im Berufungsverfahren gibt keinen Anlass für weitere Erläuterungen der Entscheidung über die erfolglose Teilnahme der Klägerin am Auswahlverfahren. Denn auch hier verlangte die Klägerin weiterhin lediglich generell und pauschal eine „konkrete Erläuterung“ des angefochtenen Bescheides vom 18. Mai 2016. Das genügt jedoch nicht‚ um eine weitergehende Begründungspflicht auszulösen.
3. Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO; der Ausspruch über ihre vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 708 Nr. 10‚ § 711 ZPO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 47‚ § 52 Abs. 2 GKG.
Die Revision ist nicht zuzulassen‚ weil kein Zulassungsgrund nach § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.


Ähnliche Artikel

Bankrecht

Schadensersatz, Schadensersatzanspruch, Sittenwidrigkeit, KapMuG, Anlageentscheidung, Aktien, Versicherung, Kenntnis, Schadensberechnung, Feststellungsziele, Verfahren, Aussetzung, Schutzgesetz, Berufungsverfahren, von Amts wegen
Mehr lesen

IT- und Medienrecht

Abtretung, Mietobjekt, Vertragsschluss, Kaufpreis, Beendigung, Vermieter, Zeitpunkt, Frist, Glaubhaftmachung, betrug, Auskunftsanspruch, Vertragsurkunde, Auskunft, Anlage, Sinn und Zweck, Vorwegnahme der Hauptsache, kein Anspruch
Mehr lesen


Nach oben