Verwaltungsrecht

Antrag auf einstweilige Anordnung bei beendeter Abschiebung

Aktenzeichen  10 CE 19.444

Datum:
8.4.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 7294
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 123 Abs. 1
AufenthG § 11

 

Leitsatz

Im Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nach § 123 Abs. 1 VwGO ist ein Fortsetzungsfeststellungsantrag entsprechend § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO nicht statthaft.

Verfahrensgang

M 24 E 19.923 2019-02-27 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.250,- Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Mit der Beschwerde verfolgt der Antragsteller, ein nigerianischer Staatsangehöriger, seinen in erster Instanz erfolglosen Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO gegen seine Abschiebung weiter.
Der Antragsteller wurde am 27./28. Februar 2019 auf dem Luftweg nach Nigeria abgeschoben. Sein Antrag, den Antragsgegner durch eine einstweilige Anordnung zur Einstellung der laufenden Abschiebung zu verpflichten, wurde durch den angefochtenen Beschluss des Verwaltungsgerichts vom 27. Februar 2019 abgelehnt. Der Antragsteller erhob hiergegen am 28. Februar 2019 Beschwerde.
Nach Mitteilung des Antragsgegners war die Abschiebung zum Zeitpunkt des Eingangs der Beschwerde bereits beendet und der Antragsteller den nigerianischen Behörden übergeben worden. Der Antragsteller stellte daraufhin seinen Antrag um und beantragt nunmehr,
unter Aufhebung des Beschlusses des Bayerischen Verwaltungsgerichts München festzustellen, dass die Abschiebung rechtswidrig war und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt hat.
Er ist der Meinung, dass die Trennung von seiner Familie, die sich noch in Deutschland befindet, unzumutbar sei.
II.
Die Beschwerde bleibt ohne Erfolg. Die dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof seine Prüfung nach § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO zu beschränken hat, rechtfertigen weder die Aufhebung noch eine Abänderung des angefochtenen Beschlusses.
Nach dem Vollzug der Abschiebung des Antragstellers am 28. Februar 2019 hat sich der vor dem Verwaltungsgericht gestellte Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO mit seinem ursprünglichen Begehren erledigt‚ weil die Aussetzung bzw. Einstellung der Abschiebung nach ihrer Durchführung und Beendigung objektiv unmöglich geworden ist. Dementsprechend hat der Antragsteller im Beschwerdeverfahren seinen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz nunmehr dahingehend geändert, dass festgestellt werden soll‚ dass die Abschiebung rechtswidrig war und den Antragsteller in seinen Rechten verletzt hat.
In dieser Form, als Fortsetzungsfeststellungsantrag, ist der Antrag nach § 123 Abs. 1 VwGO unzulässig, weil er in einem Verfahren auf Erlass einer einstweiligen Anordnung nicht statthaft ist. Eine entsprechende Anwendung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO kommt schon deswegen nicht in Betracht, weil das Feststellungsinteresse, das einen solchen Antrag allein rechtfertigt, in einem Eilverfahren nicht befriedigt werden kann. Die aufgrund summarischer Prüfung ergehende einstweilige Anordnung dient der Sicherung eines Rechts oder der vorläufigen Regelung eines Rechtsverhältnisses; sie führt jedoch nicht zu einer rechtskräftigen Klärung einer Rechtmäßigkeit oder Rechtswidrigkeit hinsichtlich eines Verwaltungsaktes. Eine verbindliche Entscheidung über diese Frage trotz zwischenzeitlicher Erledigung der Hauptsache herbeizuführen, ist aber gerade Sinn der Regelung des § 113 Abs. 1 Satz 4 VwGO; sie ist daher nur ein einem Hauptsacheverfahren möglich (BVerwG, B.v. 27.1.1995 – 7 VR 16/94 – juris Rn. 27; BayVGH, B.v. 16.8.2012 – 8 CE 11.2759 – juris Rn. 19; OVG NW, B.v. 15.3.2007 – 18 B 257/07 – juris Rn. 10; Schoch in Schoch/Schneider/ Bier, VwGO, Stand Sept. 2018, § 123 Rn. 36).
Auch ist nicht dargelegt oder erkennbar‚ welches subjektiv-öffentliche Recht des Antragstellers durch den Erlass der beantragten Feststellung im Wege der einstweiligen Anordnung vorläufig gesichert werden müsste‚ um der Gefahr einer Veränderung des bestehenden Zustandes zu begegnen (vgl. § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die Feststellung der Rechtswidrigkeit einer zwangsweisen Durchsetzung der Ausreisepflicht im Wege der Abschiebung kann bei Vorliegen eines Feststellungsinteresses nach § 43 Abs. 1 VwGO grundsätzlich nur in einem Klageverfahren erreicht werden. Die Rechtmäßigkeit der Abschiebung kann darüber hinaus inzident im Rahmen eines anderen Klageverfahrens als Vorfrage geprüft werden, etwa hinsichtlich der Frage, ob durch die Abschiebung die Wirkungen des § 11 Abs. 1 AufenthG ausgelöst wurden und wie sie ggf. nach § 11 Abs. 2 AufenthG zu befristen sind (BayVGH, B.v. 28.1.2016 – 10 CE 15.2653 – juris Rn. 16).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO
Die Streitwertfestsetzung für das Beschwerdeverfahren beruht auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1, Abs. 2 GKG i.V.m. dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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