Verwaltungsrecht

Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach dem Prostituiertenschutzgesetz

Aktenzeichen  22 ZB 20.1972

Datum:
30.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BayVBl – 2021, 411
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 113 Abs. 5 S. 2, § 124 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2, Nr. 3
ProstSchG § 12 Abs. 1, § 14 Abs. 2 Nr. 5

 

Leitsatz

Solange die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Bordellbetriebs noch nicht abschließend geklärt ist, besteht ein Sachbescheidungsinteresse an dem Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

W 6 K 20.116 2020-07-22 Urt VGWUERZBURG VG Würzburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Beklagte trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 15.000,- Euro festgelegt.

Gründe

I.
Die Beklagte wendet sich gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Würzburg vom 22. Juli 2020, mit dem sie verpflichtet wurde, über den Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Erlaubnis nach dem Prostituiertenschutzgesetz (ProstSchG) unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden.
Mit Antrag vom 20. Dezember 2018 beantragte die Klägerin die Erteilung einer Erlaubnis nach dem ProstSchG. Die Erlaubnisbehörde der Beklagten beteiligte mit Schreiben vom 31. August 2018 das Bauverwaltungsamt der Beklagten und bat um Auskunft, ob Aussicht auf Erhalt einer Baugenehmigung bestehe oder ein Sachbescheidungsinteresse für eine Erlaubnis nach dem ProstSchG verneint werden müsse. Das Bauverwaltungsamt teilte am 4. September 2018 mit, dass keinerlei Aussicht auf Erhalt einer Baugenehmigung bestehe. Die Erlaubnisbehörde wies die Klägerin mit Schreiben vom 12. Oktober 2018 auf die fehlende baurechtliche Genehmigungsfähigkeit des Betriebes hin und forderte sie auf, den Betrieb bis spätestens 31. Dezember 2019 einzustellen.
Mit Bescheid vom 16. Dezember 2019 lehnte die Beklagte den Antrag auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 ProstSchG ab. Für die Erlaubnis fehle das Sachbescheidungsinteresse, weil durch die baurechtliche Stellungnahme nachgewiesen sei, dass keinerlei Aussicht darauf bestehe, dass die Prostitutionsstätte baurechtlich legal zu betreiben sei.
Mit Urteil vom 22. Juli 2020 hob das Bayerische Verwaltungsgericht Würzburg den Bescheid vom 16. Dezember 2019 auf und verpflichtete die Beklagte, über den Antrag der Klägerin vom 20. Dezember 2017 erneut unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Das Urteil wurde der Beklagten am 11. August 2020 zugestellt.
Mit Schriftsatz vom 17. August 2020, beim Verwaltungsgericht eingegangen am 20. August 2020, beantragte die Beklagte, die Berufung gegen das Urteil vom 22. Juli 2020 zuzulassen. Die Begründung des Zulassungsantrags ging am 8. Oktober 2020 beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof ein. Die Beklagte macht die Zulassungsgründe der ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils, der besonderen rechtlichen und tatsächlichen Schwierigkeiten sowie der grundsätzlichen Bedeutung geltend.
Die Klägerin tritt dem Antrag auf Zulassung der Berufung entgegen.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Behördenakten und die Gerichtsakten verwiesen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist unbegründet. Aus dem der rechtlichen Überprüfung durch den Senat allein unterliegenden Vorbringen im Zulassungsantrag (§ 124a Abs. 4 Satz 4, Abs. 5 Satz 2 VwGO), ergeben sich nicht die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils i.S.d. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.). Die Zulassungsgründe der besonderen Schwierigkeit der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO; 2.) und der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO, 3.) sind schon nicht hinreichend dargelegt.
1. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen dann, wenn nach dem Vortrag des Rechtsmittelführers gegen die Richtigkeit des Urteils gewichtige Gesichtspunkte sprechen. Davon ist immer dann auszugehen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und wenn sich nicht ohne nähere Prüfung die Frage beantworten lässt, ob die Entscheidung möglicherweise im Ergebnis aus einem anderen Grund richtig ist (BVerfG, B.v. 7.10.2020 – 2 BvR 2426.17 – juris Rn. 34; BVerwG, B.v. 10.3.2004 – 7 AV 4.03 – juris Rn. 9). Der Rechtsmittelführer muss konkret darlegen, warum die angegriffene Entscheidung aus seiner Sicht im Ergebnis falsch ist. Dazu muss er sich mit den entscheidungstragenden Annahmen des Verwaltungsgerichts konkret auseinandersetzen und im Einzelnen dartun, in welcher Hinsicht und aus welchen Gründen diese Annahmen ernstlichen Zweifeln begegnen (Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 62 f.). Dies ist vorliegend nicht der Fall.
Das Verwaltungsgericht hat zur Begründung seines Urteils ausgeführt, dass dem Antrag der Klägerin auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG entgegen der Auffassung der Beklagten nicht das Sachbescheidungsinteresse fehle. Die Klägerin habe jedoch keinen feststehenden Anspruch auf Erteilung der beantragten Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG, so dass die Beklagte nicht zu deren Erteilung habe verpflichtet werden können. Die Sache sei im Hinblick auf § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG noch nicht spruchreif im Sinne von § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Auch wenn die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit vorliegend noch von der Beklagten in dem dafür bestimmten Baugenehmigungsverfahren zu prüfen sei, könne die Erteilung der begehrten Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG wegen fehlender Vorgreiflichkeit des Baugenehmigungsverfahrens nicht aus diesem Grund versagt werden. Um sicherzustellen, dass keine Erlaubnis § 12 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG erteilt werde, die möglicherweise dem öffentlichen Interesse widerspreche, könne sie aber nicht uneingeschränkt erteilt werden. Vielmehr sei die Erlaubnis mit einer Nebenbestimmung im Sinne von Art. 36 Abs. 1 2. Alt. BayVwVfG zu versehen, deren Auswahl im pflichtgemäßen Ermessen der Beklagten liege. Der Gesetzgeber habe die Erteilung der Erlaubnis zum Betrieb einer Prostitutionsstätte nicht von einer zuvor erteilten baurechtlichen Genehmigung abhängig machen wollen. Er habe mit § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG eine zu § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG gleichlaufende Regelung schaffen wollen und die anerkannte Auslegung dieser Norm durch das Bundesverwaltungsgericht für das Prostituiertenschutzgesetz übernommen. Demnach widerspreche ein Gaststättenbetrieb insbesondere dann im Hinblick auf seine örtliche Lage dem öffentlichen Interesse, wenn er bauplanungsrechtlich unzulässig sei. Die baurechtliche Entscheidung entfalte jedoch nur dann in einem späteren prostitutionsrechtlichen Verfahren nach § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG Bindungswirkung, wenn die baurechtliche Situation bereits abschließend bewertet worden sei. Demgegenüber könne die Gaststättenbehörde spezifisch baurechtliche Fragen, die sich im Rahmen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG im Zusammenhang mit der örtlichen Lage stellten, nicht vorgreiflich für ein noch ausstehendes Baugenehmigungsverfahren entscheiden, da die bindende Klärung derartiger Fragen in dem darauf zugeschnittenen Baugenehmigungsverfahren durch die Bauaufsichtsbehörde erfolge. Gerade weil die Gaststättenbehörde spezifisch baurechtliche Fragen, die sich im Rahmen des § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG bzw. § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG stellten, nicht mit Bindungswirkung für ein noch ausstehendes Baugenehmigungsverfahren entscheiden könne, sei im Hinblick darauf, dass die Entscheidung der nach GastG oder ProstSchG zur Entscheidung berufenen Behörde keinerlei Bindungswirkung für die Bauaufsichtsbehörde zu entfalten vermöge, aufgrund des Grundsatzes der Verfahrensökonomie eine Abschichtung der Zuständigkeiten vorzunehmen. Soweit die örtliche Lage im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG auch bauplanungsrechtliche Belange umfasse, seien diese ausweislich der Behördenakte weder überprüft noch entschieden worden. Soweit sich die Beklagte auf die Feststellung des Bauamtes berufe, es bestehe keinerlei Aussicht auf Erteilung einer Baugenehmigung, sei schon fraglich, auf welcher Grundlage diese Aussage getätigt worden sei. Jedenfalls sei dies bislang nicht verbindlich und mit Außenwirkung im Rahmen eines Baugenehmigungs- oder Nutzungsuntersagungsverfahren gegenüber der Klägerin festgestellt. Nachdem ausweislich der Einlassungen der Beteiligten im Gerichtsverfahren bereits die bauplanungsrechtliche Einordnung strittig sei, liege auch keine Fallkonstellation vor, die aufgrund ihrer einfachen und eindeutigen Gestaltung der für die Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG zuständigen Behörde ein Offensichtlichkeitsurteil ohne nähere Prüfung erlauben würde. Aus der Mitteilung des Bauamtes vom 5. September 2018 gehe nicht hervor, weshalb die Erteilung einer Baugenehmigung nicht in Betracht komme. Bereits aus der Formulierung der Anfrage vom 31. August 2018 werde deutlich, dass die für das Erlaubnisverfahren nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG zuständige Behörde ausschließlich auf die Klärung des Sachbescheidungsinteresses abziele und es offenkundig nicht um eine materiell-rechtliche Überprüfung der baurechtlichen Situation gegangen sei. Eine offensichtliche bauplanungsrechtliche Unzulässigkeit ließe sich auch nicht mit der Tatsache vereinbaren, dass die Klägerin seit vielen Jahren die Prostitutionsstätte betreibe, ohne dass die Beklagte hiergegen bauaufsichtlich eingeschritten sei. Da die Beklagte im angefochtenen Bescheid die Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 ProstSchG gerade nicht aus eigener materiell-rechtlicher Überzeugung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG versagt habe, sei auch nicht im gerichtlichen Verfahren zu prüfen, ob dieser angebliche Versagungsgrund vorliege. Da sämtliche Voraussetzungen für die Erteilung der beantragten Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 ProstSchG vorlägen, die Klägerin die Prostitutionsstätte seit vielen Jahren betreibe und nur die Frage, ob die Prostitutionsstätte aufgrund ihrer örtlichen Lage den bauplanungsrechtlichen Vorgaben widerspreche, noch nicht von der zuständigen Baubehörde der Beklagten geprüft worden sei, sei die Erlaubnis unter Nebenbestimmungen zu erteilen. Die Entscheidung über die Beifügung einer Nebenbestimmung liege in den Fällen des Art. 36 Abs. 1 BayVwVfG im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. Dies gelte sowohl für die Frage, mit welchen Nebenbestimmungen konkret die Einhaltung der gesetzlichen Voraussetzungen sichergestellt werden solle, als auch ob überhaupt anstelle der Ablehnung des Antrags die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen durch Nebenbestimmungen sicherzustellen sei. Durch eine Nebenbestimmung im Sinne von Art. 36 Abs. 1 2. Alt. BayVwVfG werde vorliegend sichergestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen der Erlaubnis gewährleistet würden. Der bloße Hinweis zur Klarstellung, dass die Erlaubnis nach § 12 Abs. 7 ProstSchG unbeschadet einer zusätzlich erforderlichen Baugenehmigung ergehe, reiche aufgrund der vorliegend offenen bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit nicht aus. Vorliegend sei das Ermessen hinsichtlich der Entscheidung, ob die Erlaubnis mit Nebenbestimmung erteilt werden müsse, auf null reduziert. Hinsichtlich der Entscheidung, unter welchen Nebenbestimmungen die Erlaubnis erteilt werden könne, werde im Rahmen der Ermessensausübung zunächst einzubeziehen sein, dass mit der Nebenbestimmung gewährleistet werden solle, dass die Klägerin sich überhaupt einem baurechtlichen Verfahren unterziehe. Hierfür erscheine es ausreichend, der Klägerin aufzugeben, einen entsprechenden Bauantrag zu stellen. Auch ein Widerrufsvorbehalt, geknüpft an die bestandskräftige Ablehnung der Baugenehmigung, wäre denkbar; hingegen wäre eine aufschiebende Bedingung, welche die Erlaubnis nach § 12 ProstSchG von der Erteilung einer entsprechenden Baugenehmigung abhängig mache, vor dem Hintergrund, dass die Klägerin die Prostitutionsstätte seit über neun Jahren betreibe, ohne dass die Beklagte diesbezüglich bauaufsichtlich eingeschritten sei, und aufgrund der Tatsache, dass die Beklagte trotz Feststellung der aus ihrer Sicht fehlenden Erlaubnisfähigkeit (Schreiben der Beklagten an die Klägerin vom 12.10.2018) selbst eine Genehmigungsfiktion bis 31. Dezember 2019 ausgesprochen habe, ohne sich veranlasst zu sehen, die baurechtliche Zulässigkeit tatsächlich zu überprüfen, wohl unverhältnismäßig.
Zur Begründung ihres Antrags auf Zulassung der Berufung bringt die Beklagte vor, dass sie durch eine eigene Prüfung die fehlende Genehmigungsfähigkeit eines etwaigen Bauantrages habe feststellen können. Sie sei nicht darauf zu verweisen, dass ein isoliertes Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden müsse. Sie habe ausführlich dargelegt, dass die beabsichtigte Nutzung als Prostitutionsstätte aus bauplanungsrechtlicher Sicht unzulässig sei und insofern keine Aussicht auf Erteilung einer entsprechenden Baugenehmigung bestehe. Diese eindeutige Einschätzung habe sie auch verwerten dürfen, nachdem bindende baurechtliche Vorentscheidungen nicht existierten. Da festgestanden habe, dass eine Baugenehmigung nicht erteilt werden könne, sei der Schluss, dass dann auch kein Interesse an der Erteilung der prostituiertenschutzrechtlichen Erlaubnis bestehen könne, entgegen der Ansicht des Verwaltungsgerichts in formeller und materieller Hinsicht richtig. Soweit das Verwaltungsgericht die darauf gestützte Ablehnung der begehrten Erlaubnis als rechtswidrig ansehe, sei die Entscheidung fehlerhaft und beruhe auf diesem Fehler. Dabei spiele es auch keine Rolle, ob die Versagung der Genehmigung auf ein fehlendes Sachbescheidungsinteresse oder auf § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG gestützt werde.
Mit diesem Vorbringen zieht die Beklagte die Feststellungen des Verwaltungsgerichts zur Rechtswidrigkeit der Ablehnung des Erlaubnisantrags nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG wegen fehlenden Sachbescheidungsinteresses nicht ernsthaft in Zweifel. Das Verwaltungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Versagungsbescheid vom 16. Dezember 2019 nicht auf mangelndes Antrags- oder Sachbescheidungsinteresse gestützt werden kann. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, U.v. 24.10.1980 – 4 C 3.78 – juris 16) fehlt es am Antrags- oder Sachbescheidungsinteresse für einen Erlaubnisantrag, wenn der Antragsteller an der Verwertung der von ihm beantragten Erlaubnis gehindert ist, die Erlaubnis für ihn also nutzlos wäre. Ein Hindernis für die Ausnutzung der für die Betriebsstätte beantragten Erlaubnis könnte darin liegen, dass die Nutzung der Räume als Prostitutionsstätte bislang baurechtlich nicht genehmigt ist. Dieses baurechtliche Hindernis stünde dem Sachbescheidungsinteresse der Klägerin hinsichtlich ihres Erlaubnisantrags nach dem ProstSchG aber nur dann entgegen, wenn es sich „schlechthin nicht ausräumen“ ließe (vgl. BVerwG, U.v. 6.8.1996 – 9 C 169.95 – juris Rn. 11 m.w.N.; U.v. 24.10.1980 – 4 C 3.78 – juris 16). Das ist hier nicht der Fall. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Bordellbetriebs ist noch nicht abschließend geklärt. Insbesondere hat die Klägerin noch kein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt, in dem rechtsverbindlich festgestellt worden wäre, dass der Bordellbetrieb bauplanungsrechtlich nicht genehmigungsfähig ist. Die „summarische Prüfung“ (siehe Schreiben der Beklagten vom 12. Oktober 2018 an die Klägerin) der Baubehörde genügt insoweit nicht. Diese geht auf die Einwände der Klägerin, die bauplanungsrechtliche Beurteilung habe sich entgegen der Ansicht der Baubehörde nicht an § 34 Abs. 2 BauGB, sondern an § 34 Abs. 1 BauGB zu orientieren bzw. die Eigenart der näheren Umgebung entspreche i.S.d. § 34 Abs. 2 BauGB keinem Misch-, sondern einem Kerngebiet, und der Bordellbetrieb füge sich als Gewerbebetrieb in diese Umgebung ein, nicht weiter ein. Die Feststellungen der Baubehörde im Aktenvermerk vom 4. September 2018 tragen die Aussage „es besteht keinerlei Aussicht auf Erhalt einer Baugenehmigung“ (Bl. 13 der Behördenakte) jedenfalls nicht. Insofern macht es einen Unterschied, ob die Beklagte die Ablehnung der Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 ProstSchG auf das fehlende Sachbescheidungsinteresse oder den Versagungsgrund des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG stützt, weil letzterer eine umfassende baurechtliche Prüfung in Bezug auf die „örtliche Lage“ voraussetzt.
Der Einwand der Beklagten, das Urteil des Verwaltungsgerichts sei deshalb fehlerhaft, weil sie nicht darauf zu verweisen sei, dass ein isoliertes Baugenehmigungsverfahren durchgeführt werden müsse, geht ins Leere. Denn eine solche Feststellung hat das Verwaltungsgericht im angegriffenen Urteil nicht getroffen. Es hat vielmehr ausgeführt, dass es im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG zu einer Zuständigkeitskonkurrenz zwischen Bau- und Gewerbebehörde kommen könne, wenn die inhaltlichen Maßstäbe der „örtlichen Lage“ i.S.d. § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstG mit den baurechtlichen übereinstimmten. Nur für den Fall, dass die baurechtliche Situation bereits abschließend bewertet worden sei, entfalte dies in einem späteren prostitutiertenschutzrechtlichen Verfahren Bindungswirkung. Dagegen könne die Gewerbebehörde spezifisch baurechtliche Fragen, die sich im Zusammenhang mit der örtlichen Lage stellten, nicht vorgreiflich für ein noch ausstehendes Baugenehmigungsverfahren entscheiden, da die bindende Klärung durch die Bauaufsichtsbehörde im Baugenehmigungsverfahren erfolge (UA S. 14/15). Mit dieser Rechtsauffassung folgt das Verwaltungsgericht der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG (U.v. 17.10.1989 – 1 C 18.87 – juris Rn. 24) zu der Frage, ob die die Gaststättenbehörde spezifisch baurechtliche Fragen bindend klären kann. Danach ist es der Gaststättenbehörde nicht verwehrt, solange eine bindende Baugenehmigung nicht erteilt ist, auch spezifisch baurechtliche Fragen, die sich im Rahmen des § 4 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 GastG stellen, zu prüfen und ihrer gaststättenrechtlichen Entscheidung zugrundezulegen. (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1989 – 1 C 18.87 – juris Rn. 19; B.v. 5.2.1996 – 1 B 18.96 – juris). Die im vorliegenden Rechtsstreit einschlägige Regelung in § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG ist § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG nachgebildet (BT-Drs. 18/8556 S. 79); nach dem Willen des Gesetzgebers ist die höchstrichterliche Rechtsprechung zu § 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG auf § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG zu übertragen.
Die Entscheidung des Verwaltungsgerichts, die Beklagte zur Erteilung der prostituiertenschutzrechtlichen Erlaubnis mit einer Nebenbestimmung des Inhalts zu verpflichten, dass ein Baugenehmigungsverfahren durchgeführt wurden muss, beruht demgegenüber auf der vom Bundesverwaltungsgericht aufgezeigten Möglichkeit (a.a.O.), die Prüfung spezifisch baurechtlicher Fragen der Bauaufsichtsbehörde zu überantworten, weil diese – anders als die Gewerbebehörde – rechtlich bindend darüber entscheiden kann, sagt aber nichts darüber aus, ob es der Beklagten verwehrt ist, ohne rechtliche Bindung im Rahmen der „örtlichen Lage“ über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens zu entscheiden. Folglich hat das Verwaltungsgericht auch die Möglichkeit der Gewerbebehörde, eine Ablehnung der Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 ProstSchG nach § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG auf eine eigene Prüfung und Bewertung der baurechtlichen Situation zu stützen, nicht ausgeschlossen. Es hat nicht – wie vorgebracht – die Sachverhaltsermittlung der Genehmigungsbehörde auf das Prostituiertenschutzrecht beschränkt, indem es „die Ermittlungen zur baurechtlichen Situation als offensichtlich unerheblich abgetan“ habe. Das Verwaltungsgericht hat seine Entscheidung tragend darauf gestützt, dass die Gewerbebehörde die Erlaubnis gerade nicht aus eigener materiell-rechtlicher Überzeugung gemäß § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG versagt habe, weil sie den Vorgang baurechtlich nicht eigenständig überprüft habe (UA S. 19).
Das Verwaltungsgericht musste auch nicht selbst überprüfen, ob der Bordellbetrieb bauplanungsrechtlich zulässig ist. Es durfte die Klärung der baurechtlichen Fragen ausnahmsweise dem Baugenehmigungsverfahren vorbehalten. Denn das Bundesverwaltungsgericht (U.v. 17.10.1989 – 1 C 18.87 – juris Rn. 24) hat offen gelassen, ob es der Gaststättenbehörde (für § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG der Gewerbebehörde) zusteht, aus Gründen der Verfahrensökonomie – wegen möglicherweise langwieriger Prüfung der bauplanungsrechtlichen Fragen – von deren Prüfung abzusehen und sie über eine aufschiebende Bedingung dem Baugenehmigungsverfahren zu überantworten. Kern der Erwägungen des Bundesverwaltungsgerichts ist die Ökonomie des Verwaltungsverfahrens. Im gerichtlichen Verfahren gibt es eigene Verfahrensregeln dafür, wie im Falle fehlender Entscheidungsreife prozessökonomisch verfahren werden (vgl. etwa § 113 Abs. 2, 3, 5 VwGO) oder auf ausstehende vorgreifliche Entscheidungen reagiert werden kann (vgl. etwa § 94 VwGO). Diesem prozessökonomischen Ansatz ist das Verwaltungsgericht gefolgt, weil nach seiner Auffassung die Beklagte trotz des bislang fehlenden bauaufsichtlichen Verfahrens keine eigene materiell-rechtliche Überprüfung der bauplanungsrechtlichen Situation (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1989 – 1 C 18.87 – juris Rn. 24; OVG Bln-Bbg, U.v. 24.10.2011 – OVG 1 B 60.09 – juris Rn. 27) vorgenommen hat (UA S. 18/19). Das Vorbringen der Beklagten im Zulassungsverfahren, es sei falsch, dass eine Überprüfung des Vorliegens einer Baugenehmigung durch die zuständige Bauaufsichtsbehörde nicht stattgefunden habe, weil der Aussage des Bau-/Umweltamtes, es bestehe „keine Aussicht auf Erhalt einer Baugenehmigung“, auch eine entsprechende Prüfung vorausgegangen sei (Aktenvermerk aus dem Vorgang der Bauaufsichtsbehörde vom 4.9.2018) und sie zudem das Ergebnis der Prüfung der Bauaufsichtsbehörde in der Klageerwiderung vom 5. März 2020 und in der Antwort auf die Hinweise des Verwaltungsgerichts ausführlich dargelegt habe, zieht die Auffassung des Verwaltungsgerichts nicht ernsthaft in Zweifel. Zunächst hat das Verwaltungsgericht zu Recht festgestellt, dass sich die Anfrage der Beklagten vom 31. August 2018 an das Bauamt nur auf eine summarische Prüfung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit bezieht („besteht Aussicht auf“). Das hat die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 12. Oktober 2018 auch in dieser Form mitgeteilt. Der Aktenvermerk vom 4. September 2018, der erstmals im Zulassungsverfahren vorgelegt wird und eine baurechtliche Beurteilung enthält, befand sich nicht in dem dem Verwaltungsgericht vorgelegten Behördenakt der Gewerbebehörde der Beklagten. Er ist vielmehr Bestandteil der Akten des Bauverwaltungsamts der Beklagten. Eine eigene materielle Überprüfung (vgl. BVerwG, U.v. 17.10.1989 – 1 C 18.87 – juris Rn. 24; OVG Bln-Bbg, U.v. 24.10.2011 – OVG 1 B 60.09 – juris Rn. 27) der bauplanungsrechtlichen Situation durch das Gewerbeamt der Beklagten im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG konnte daher schon mangels Kenntnis der Gründe des Bauverwaltungsamtes für die Verneinung der bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit nicht stattfinden. In den Stellungnahmen an das Verwaltungsgericht vom 5. März 2020 und 27. Mai 2020 hat sich die Beklagte zwar nochmals zur bauplanungsrechtlichen Situation geäußert, eine Prüfung im Verwaltungsverfahren ersetzt dies jedoch nicht, zumal nicht nachvollziehbar ist, wie die Beklagte zur Einordnung der Umgebung der Prostitutionsstätte als faktisches Mischgebiet kommt und die Beklagte auch in diesen Stellungnahmen nicht auf eine fehlende Genehmigungsfähigkeit nach § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG, sondern auf das fehlende Sachbescheidungsinteresse abgestellt hat. Folglich geht auch der weitere Einwand der Beklagten, das Verwaltungsgericht habe seine Entscheidung auf einen fehlerhaft ermittelten Sachverhalt gestützt, weil es der Annahme gewesen sei, dass die baurechtliche Prüfung noch nicht stattgefunden habe, ins Leere.
Soweit die Beklagte die Richtigkeit der Entscheidung deshalb in Zweifel zieht, weil das Verwaltungsgericht sie zur Neuverbescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts verpflichtet habe, andererseits aber eine Ermessensreduzierung auf Null bezüglich des Anspruchs auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 Satz 1 ProstSchG angenommen habe, es jedenfalls widersprüchlich sei, wenn einerseits eine Ermessensreduzierung auf Null konstatiert werde, andererseits festgehalten werde, dass die Prüfung hinsichtlich § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG noch nicht abgeschlossen sei und zugleich der Inhalt der Nebenbestimmung exakt vorgegeben werde, führt dies nicht zur Zulassung der Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Die Verpflichtung der Beklagten zur Neuverbescheidung beruht darauf, dass das Verwaltungsgericht von einer fehlenden Spruchreife bezüglich des Vorliegens des Versagungsgrunds des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG in Bezug auf die „örtliche Lage“ ausgegangen ist. Zwar ist das Gericht wie bei der Anfechtungsklage auch im Rahmen der Verpflichtungsklage grundsätzlich verpflichtet (§ 86 Abs. 1 S. 1, § 113 Abs. 5 S. 1 VwGO), die Sache spruchreif zu machen. Dabei bedeutet „Spruchreife“, dass das Gericht aufgrund der von ihm getroffenen Feststellungen und Überlegungen eine abschließende Entscheidung über das Klagebegehren, hier den geltend gemachten Anspruch auf Erteilung einer Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 ProstSchG, treffen kann. Dazu ist es erforderlich, dass das Gericht den entscheidungserheblichen Sachverhalt vollständig feststellt und etwaige behördliche Aufklärungsdefizite (hier die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit) selbst behebt (BVerwG, U.v. 10.2.1998 – 9 C 28.97 – juris Rn. 9) sowie unklare Rechtsfragen selbstständig entscheidet. Anders ist es dann, wenn die Voraussetzungen eines sog. Bescheidungsurteils (§ 113 Abs. 5 Satz 2 VwGO) erfüllt sind. Dann führt die Rechtswidrigkeit des ablehnenden Bescheides zwar nicht zum vollen (Verpflichtungs-)Klageerfolg, aber sie zwingt doch zu einer Art Zurückverweisung, um der zuständigen Verwaltungsbehörde Gelegenheit zur erneuten Bescheidung des Antrages zu geben. Ein Bescheidungsurteil darf aber nur erlassen werden, wenn – wie insbesondere bei einer Ermessensentscheidung – von der zuständigen Verwaltungsbehörde eine Entscheidungsbildung nachgeholt werden muss. Aber auch bei gebundenen Entscheidungen besteht eine Ausnahme von der Verpflichtung des Gerichts, die Sache spruchreif zu machen, wenn die Behörde z.B. die Genehmigung eines Vorhabens, ohne seine Vereinbarkeit mit öffentlich-rechtlichen Vorschriften umfassend zu prüfen, wegen eines bestimmten Rechtsverstoßes ablehnt und im Verwaltungsverfahren noch nicht behandelte komplexe Fragen erstmals im gerichtlichen Verfahren erschöpfend geprüft werden müssten (sog. „steckengebliebenes“ Genehmigungsverfahren; OVG NW, U.v. 3.2.2011 – 2 A 1461/09 – juris Rn . 131 ff. m.w.N.; Wolff in Sodan/Ziekow, VwGO, 5. Aufl. 2019, § 13 Rn. 430 ff.). Die Verpflichtung zur Neubescheidung setzt bei einer solchen Fallgestaltung allerdings voraus, dass der von der Behörde herangezogene Versagungsgrund die Ablehnung des Antrags nicht trägt und die Genehmigung nach dem im Zeitpunkt der Entscheidung des Verwaltungsgerichts vorliegenden Erkenntnisstand nicht schon aus anderen Gründen offensichtlich zu versagen ist (vgl. NdsOVG, U.v. 15.2.2009 – 12 LC 55/07 – juris Rn. 31 m.w.N.). So verhält es sich hier, weil der Versagungsgrund des „fehlenden Sachbescheidungsinteresses“ die Ablehnung des Antrags auf Erteilung der prostituiertenschutzrechtlichen Erlaubnis nicht trägt (s.o.) und über die baurechtliche Zulässigkeit der Prostitutionsstätte noch nicht abschließend entschieden werden konnte, weil bauplanungsrechtliche Fragen und der über einen Zeitraum von 20 Jahren unbeanstandet geduldete Betrieb des Bordells noch nicht im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens oder Nutzungsuntersagungsverfahrens bewertet worden sind. Zwar ist die Annahme eines „steckengebliebenen Genehmigungsverfahrens“ auf besondere Ausnahmefälle zu beschränken und ein gerichtliches „Zurückverweisen“ an die Behörde aus prozessökonomischen Gründen zu vermeiden. Ein solcher Ausnahmefall liegt hier aber vor, weil selbst dann, wenn das Verwaltungsgericht die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit geprüft, im Rahmen eines Augenscheins Feststellungen zum Gebietscharakter der Umgebung der Prostitutionsstätte getroffen und die langjährige Duldung des Gewerbebetriebs durch die Beklagte dabei berücksichtigt hätte, eine Aussage des Verwaltungsgerichts zur bauplanungsrechtlichen Zulässigkeit des Bordells im Rahmen des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG keine Bindungswirkung für ein etwaiges baurechtliches Baugenehmigungsverfahren oder ein Verfahren auf bauaufsichtliches Einschreiten entfaltet hätte bzw. dieses nicht ersetzt hätte. Die Verpflichtungsklage auf Erteilung der prostituiertenschutzrechtlichen Erlaubnis ist bezüglich des Versagungsgrundes des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG wegen der fehlenden baurechtlichen Überprüfung noch nicht spruchreif. Da aber die übrigen Erteilungsvoraussetzungen vorliegen und durch eine Nebenbestimmung in der Erlaubnis gewährleistet werden kann, dass die „örtliche Lage“ nicht dem öffentlichen Interesse widerspricht, besteht zwischen der fehlenden Spruchreife und der Ermessensreduzierung auf Null in Bezug auf die Erteilung der Erlaubnis mit Nebenbestimmung entgegen dem Vorbringen der Beklagten kein Widerspruch.
Auch mit ihrem Einwand, die Verurteilung zur Neubescheidung unter Berücksichtigung der fehlerhaften Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts, wonach die Erlaubnis unter Nebenbestimmungen zu erteilen sei, führe letztendlich zur Verpflichtung zur Erteilung einer rechtswidrigen Erlaubnis, weil eine Nebenbestimmung, wonach ein Bauantrag einzureichen sei, ermessensfehlerhaft sei, wenn bereits von vornherein feststehe, dass der Antrag nicht genehmigungsfähig sei, zieht die Beklagte die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts nicht ernsthaft in Zweifel. Die Beklagte führt zwar zutreffend aus, dass das Verwaltungsgericht sie zur Erteilung der beantragten Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 ProstSchG mit einer Nebenbestimmung verpflichtet hat, auch wenn im Tenor nur die Verpflichtung zur Neubescheidung ausgesprochen ist. Denn die Behörde ist bei einer Verpflichtung zur Neubescheidung nach § 113 Abs. 5 S. 2 VwGO nicht nur an den Tenor der Entscheidung gebunden, sondern auch an deren tragende Gründe, weil sich erst aus ihnen die gerichtliche Rechtsauffassung ergibt. Folglich ist die Beklagte verpflichtet, der Klägerin die beantragte prostituiertenschutzrechtliche Erlaubnis mit einer Nebenbestimmung zu erteilen. Fehl geht die Beklagte jedoch mit ihrer Annahme, dass die vom Verwaltungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegte Rechtsauffassung sie zur Erteilung einer rechtswidrigen prostituiertenschutzrechtlichen Erlaubnis verpflichtet. Bislang hat keine Überprüfung der baurechtlichen Zulässigkeit des Prostitutionsbetriebs der Klägerin durch die Bauaufsichtsbehörde im Rahmen eines Baugenehmigungsverfahrens stattgefunden, sondern lediglich eine summarische Prüfung unter dem Gesichtspunkt des fehlenden Sachbescheidungsinteresses. Deshalb soll nach Auffassung des Verwaltungsgerichts durch eine entsprechende Nebenbestimmung in der Erlaubnis nach dem ProstSchG sichergestellt werden, dass die spezifisch baurechtliche Überprüfung im Rahmen des Versagungsgrundes des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG in einem Baugenehmigungsverfahren erfolgt. Durch welche Nebenbestimmung dies erfolgen soll, hat das Verwaltungsgericht in das Ermessen der Beklagten gestellt (UA S. 21). Es hat sich zwar zu verschiedenen möglichen Nebenbestimmungen geäußert (erschiene, denkbar, wohl, wäre), es letztlich aber offengelassen, wie die Beklagte die nach Auffassung des Verwaltungsgerichts erforderliche Verknüpfung zwischen einer bindenden baurechtlichen Überprüfung und dem Versagungsgrund des § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG herstellen will. Eine Nebenbestimmung des Inhalts, dass die Klägerin eine Baugenehmigung zu beantragen hat, führt auch nicht per se zur Rechtswidrigkeit der Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 ProstSchG. Denn das Verwaltungsgericht ist anders als die Beklagte gerade nicht der Ansicht, dass „von vornherein feststeht, dass der Bauantrag nicht genehmigungsfähig“ ist. Dies soll verbindlich in einem bauaufsichtlichen Verfahren geklärt werden. Daran ändert auch die Mitteilung der Beklagten im Zulassungsverfahren, dass nach Erlass des verwaltungsgerichtlichen Urteils gegenüber dem Vermieter des Gebäudes, in dem die Klägerin das Bordell betreibt, eine Nutzungsuntersagung ausgesprochen und gegenüber der Klägerin eine Duldungsverfügung erlassen wurde, nichts. Denn aus dem Vorbringen der Beklagten ergibt sich nicht, dass es sich hierbei um eine abschließende und verbindliche baurechtliche Prüfung handelt. Insbesondere ist nicht vorgetragen, dass die Nutzungsuntersagung und Duldungsverfügung bereits bestandskräftig sind.
Soweit die Beklagte ausführt, das Urteil führe dazu, dass die Kreisverwaltungsbehörde einerseits eine Erlaubnis in Kenntnis der Nutzlosigkeit erteilen müsse und andererseits die gleiche Kreisverwaltungsbehörde die gewährte Rechtsposition wieder entziehen müsse, trifft dies nicht zu. Denn die Beklagte hat grundsätzlich die Möglichkeit, durch die Beifügung entsprechender Nebenbestimmungen gegenüber der Klägerin klarzustellen, dass die erteilte prostituiertenschutzrechtliche Erlaubnis unter dem Vorbehalt gilt, dass der Gewerbebetrieb am bisherigen Standort auch baurechtlich zulässig ist. Ein widersprüchliches Handeln liegt darin nicht, weil schon die Regelung des § 12 Abs. 7 ProstSchG klarstellt, dass die baurechtliche Erlaubnispflicht von der Erlaubnis nach § 12 Abs. 1 ProstSchG unberührt bleibt.
2. Die Berufung ist auch nicht wegen besonderer rechtlicher Schwierigkeiten zuzulassen. Das Zulassungsvorbringen genügt bereits nicht den Darlegungsanforderungen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Zur Darlegung der besonderen rechtlichen Schwierigkeiten sind die entscheidungserheblichen rechtlichen Fragen, die diese Schwierigkeiten aufwerfen, in fallbezogener Auseinandersetzung mit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts konkret zu benennen, und es ist anzugeben, dass und aus welchen Gründen die Beantwortung dieser Fragen besondere Schwierigkeiten bereitet. Es ist eine Begründung dafür zu geben, weshalb die Rechtssache an den entscheidenden Richter wesentlich höhere Anforderungen stellt als im Normalfall (Roth in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.1.2021, § 124a Rn. 75 m.w.N.). Der Hinweis darauf, dass der Zusammenhang zwischen § 14 Abs. 2 Nr. 5 ProstSchG und dem öffentlichen Baurecht sowie das Verhältnis zu § 12 Abs. 7 ProstSchG einer obergerichtlichen Klärung und einer vertieften inhaltlichen Prüfung bedürften, genügt diesen Anforderungen nicht.
3. Auch der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist nicht hinreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO). Zur Darlegung der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache ist eine bestimmte ober- oder höchstrichterlich noch ungeklärte Rechts- oder Tatsachenfrage zu formulieren, ferner die Entscheidungserheblichkeit der betreffenden Frage im Zulassungsverfahren und ihre Klärungsbedürftigkeit aufzuzeigen sowie anzugeben, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besteht (Roth in Posser/Wolff, BeckOK VwGO, Stand 1.1.2021, § 124a Rn. 76 m.w.N.). Vorliegend formuliert die Beklagte schon keine konkrete Rechtsfrage. Der Verweis auf die nach Auffassung der Beklagten divergierende Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts Regensburg genügt hierfür nicht. Soweit sich dem Vorbringen die Frage entnehmen lässt, ob die für das Erlaubnisverfahren nach dem ProstSchG zuständige Behörde bei ihrer Entscheidung auch baurechtliche Belange prüfen darf, besteht kein Klärungsbedarf in einem Berufungsverfahren. Diese Frage ist durch das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 17. Oktober 1989 zu
§ 4 Abs. 1 Nr. 3 GastG (1 C 18.87) und die hierzu ergangene obergerichtliche Rechtsprechung (OVG Bln-Bbg, U.v. 24.10.2011; OVG NW, U.v. 23.5.2018 – 4 A 2588/14; OVG NW, B.v. 28.5.2019 – 4 B 672/128 – alle juris) geklärt. Danach ist es der Verwaltungsbehörde nicht verwehrt, solange eine Baugenehmigung nicht erteilt ist, im gaststättenrechtlichen Erlaubnisverfahren die dem Betrieb entgegenstehenden baurechtlichen Belange zu prüfen. Die Frage wäre im Übrigen auch nicht entscheidungserheblich, weil das Verwaltungsgericht entscheidungstragend darauf abgestellt hat, dass die Beklagte bei der Prüfung der Erlaubnisfähigkeit des Betriebs der Klägerin nach dem ProstSchG gerade keine eigenständige Prüfung der baurechtlichen Zulässigkeit des Bordellbetriebs vorgenommen hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und Abs. 3, § 63 Abs. 2, § 52 Abs. 1 GKG i.V.m. Nr. 54 Abs. 1 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit analog.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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