Verwaltungsrecht

Antrag auf Zulassung der Berufung, Feststellungsklage, Gemeindliche Anerkennung eines Mietspiegels als qualifiziert, verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz, Rechtsverhältnis, Klagebefugnis, Schutz des Eigentums, Rechtsschutzgarantie

Aktenzeichen  4 ZB 21.967

Datum:
3.2.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 2007
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124 Abs. 2 Nr. 1, 3 und 5
VwGO § 42 Abs. 2, § 43 Abs. 1 und 2
BGB § 558d Abs. 1 und 3
GG Art. 14 Abs. 1, 19 Abs. 4 S. 1

 

Leitsatz

Eine Klage auf Feststellung, dass es sich bei dem von einer Gemeinde anerkannten Mietspiegel nicht um einen qualifizierten Mietspiegel im Sinne des § 558d BGB handelt, ist unzulässig.

Verfahrensgang

M 12 K 19.2017 2020-10-08 Urt VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 5.000 Euro festgesetzt.

Gründe

I.
Der Kläger, ein eingetragener Verein zur Interessenvertretung der Haus- und Grundbesitzer in M. und Umgebung und selbst Vermieter eines Mehrfamilienhauses in M., wendet sich gegen den M. Mietspiegel 2019.
Der Stadtrat der Beklagten beschloss am 26. Juli 2017, für das Jahr 2019 einen neuen Mietspiegel aufzustellen. Mit der Datenerhebung wurde die K-GmbH und mit der Datenanalyse das Institut für Statistik der Ludwig-Maximilian-Universität beauftragt. Mit Beschluss vom 20. März 2019 anerkannte der Stadtrat der Beklagten den von diesen erstellten Mietspiegel 2019 als qualifizierten Mietspiegel.
Am 26. April 2019 ließ der Kläger Klage zum Verwaltungsgericht München und beantragte, festzustellen, dass es sich bei dem von der Beklagten aufgestellten Mietspiegel für M. 2019 nicht um einen qualifizierten Mietspiegel im Sinne des § 558d BGB handelt.
Zur Begründung trug er vor, die gesetzlichen Anforderungen des § 558d Abs. 1 BGB an die Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen seien nicht erfüllt. Es werde bestritten, dass die Datenbasis gesetzeskonform ermittelt und zugrunde gelegt und das Ergebnis vollständig, verfahrensfehlerfrei, in der Sache vertretbar und willkürfrei erarbeitet worden sei. Der Verwaltungsrechtsweg sei eröffnet und eine Feststellungsklage statthaft. In der Erstellung und Anerkennung eines qualifizierten Mietspiegels liege schlicht-hoheitliches Verwaltungshandeln. Ein qualifizierter Mietspiegel entfalte Rechtswirkungen. Das Anerkenntnis beziehe sich sowohl auf das Verfahren der Erstellung als auch auf die Richtigkeit der konkreten Wertangaben des Mietspiegels. Diese Wirkungen seien der Gemeinde, hier der Beklagten, zuzurechnen, denn sie intendiere die Folgen ihrer Willenserklärung gerade auch in dieser Intensität. Durch die Mietpreisbremse (§ 556d BGB) werde die zulässige Miethöhe bei Vertragsschluss an die ortsübliche Vergleichsmiete gebunden, wie sie durch den qualifizierten Mietspiegel wiedergegeben werde. Durch die widerlegliche Vermutung des § 558d Abs. 3 BGB werde die Orientierung an den Wert des Mietspiegels im privaten Rechtsverkehr faktisch erzwungen. Durch diese Wirkungen begebe der Mietspiegel sich in die Nähe des Normerlasses. Eine Feststellungsklage sei auch ohne konkretes Rechtsverhältnis statthaft und wirke rechtswegübergreifend. Hinreichend verdichte er das Rechtsverhältnis gegenüber demjenigen, dessen konkrete Rechtsposition als Mieter oder Vermieter von den Wirkungen des gemeindlich als qualifiziert anerkannten Mietspiegels erreicht werde. Die Klagebefugnis ergebe sich aus Art. 14 Abs. 1 Satz 1 und Art. 19 Abs. 4 GG. Es müsse für die Mietparteien überprüfbar sein, ob es sich um einen ordnungsgemäß erstellten und anerkannten qualifizierten Mietspiegel handele. Die zivilgerichtliche Inzidenzprüfung setze ein substantiiertes Bestreiten voraus. Auch ohne Bindungswirkung oder Vollstreckungsmöglichkeit sei davon auszugehen, dass sowohl die Gemeinde als auch die Zivilgerichte eine verwaltungsgerichtliche Feststellung respektierten. Eine generelle Überprüfung des qualifizierten Mietspiegels sei einer Vielzahl von zivilrechtlichen Streitverfahren, die die Gefahr sich widersprechender Ergebnisse bergen würde, vorzuziehen.
Die Beklagte beantragte, die Klage abzuweisen; sie sei bereits unzulässig. Die Auslegung eines Mietspiegels unterliege der uneingeschränkten zivilgerichtlichen Nachprüfung. Der Mietspiegel enthalte abstrakte, generelle Angaben der ortsüblichen Vergleichsmieten für allgemein umschriebene Kategorien von Wohnungen. Es handele sich um eine schlicht-verwaltende Tätigkeit ohne bindende Außenwirkung. Die Vermutungswirkung des § 558d Abs. 3 BGB sei nach § 292 ZPO widerlegbar. Ein etwaiges Feststellungsurteil eines Verwaltungsgerichts hätte keine bindende Wirkung für den Zivilprozess über die Miethöhe. Dem Kläger fehle auch die Klagebefugnis; die Vorschriften über die Aufstellung von Mietspiegeln dienten nicht dazu, Rechte der Vermieter zu schützen. Der angegriffene Mietspiegel entspreche den gesetzlichen Vorschriften.
Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 8. Oktober 2020 ab. Sie sei unzulässig. Das Anerkenntnis der Beklagten, dass der von ihm in Auftrag gegebene Mietspiegel ein qualifizierter Mietspiegel sei, sei weder Verwaltungsakt nach Art. 35 Satz 1 BayVwVfG noch eine Allgemeinverfügung nach Art. 35 Satz 2 BayVwVfG. Auch eine Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 Alt. 1 VwGO sei nicht statthaft. Gegenstand der Feststellungsklage müsse ein streitiges konkretes Rechtsverhältnis sein, es müsse also in Anwendung einer Rechtsnorm auf einen bestimmten bereits überschaubaren Sachverhalt streitig sein. Der Kläger sei ohnehin nur als Vermieter eines Mehrfamilienhauses in M. betroffen. Nur insoweit würden ihm durch das Bestehen eines als qualifiziert anerkannten Mietspiegels von Gesetzes wegen Pflichten auferlegt. Insoweit fehle dem Kläger die auch im Rahmen einer Feststellungsklage erforderliche Klagebefugnis. Die Vorschriften über Mietspiegel begründeten keine die Rechtsverfolgung vor den Verwaltungsgerichten ermöglichenden subjektiv-öffentlichen Rechte von Vermietern. Der Kläger möge zwar ein Interesse daran haben, einen qualifizierten Mietspiegel, dessen Angaben der ortsüblichen Vergleichsmieten er für fehlerhaft zu niedrig halte, zu Fall zu bringen. Dies könne er jedoch auch im Zivilprozess erreichen, wodurch Art. 14 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 4 GG Rechnung getragen werde. Die in § 86 Abs. 1 VwGO verankerte Amtsermittlungspflicht führe nicht zu einem Vorrang verwaltungsgerichtlicher Kontrolle, zumal der Kläger auch im Verwaltungsprozess substantiierte Einwendungen gegen den Mietspiegel zu erheben hätte.
Gegen das Urteil wendet sich der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung, dem die Beklagte entgegentritt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichts- und die Behördenakten verwiesen.
II.
1. Der Antrag auf Zulassung der Berufung bleibt ohne Erfolg. Die geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) bestehen nicht. Der Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache) ist nicht ausreichend dargelegt (§ 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO), liegt jedenfalls nicht vor. Die Berufung ist auch nicht wegen eines Verfahrensfehlers (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) zuzulassen.
a) Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit der verwaltungsgerichtlichen Entscheidung im Sinn des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO bestehen nur, wenn einzelne tragende Rechtssätze oder einzelne erhebliche Tatsachenfeststellungen des Verwaltungsgerichts durch schlüssige Gegenargumente infrage gestellt werden (vgl. BVerfG, B.v. 9.6.2016 – 1 BvR 2453/12 – NVwZ 2016, 1243 = juris Rn. 16; B.v. 16.7.2013 – 1 BvR 3057/11 – BVerfGE 134, 106 = juris Rn. 36. Schlüssige Gegenargumente liegen vor, wenn der Antragsteller substantiiert rechtliche oder tatsächliche Umstände aufzeigt, aus denen sich die gesicherte Möglichkeit ergibt, dass die erstinstanzliche Entscheidung unrichtig ist (vgl. BVerfG, B.v. 20.12.2010 – 1 BvR 2011/10 – NVwZ 2011, 546 = juris Rn. 17 m.w.N.).
Der Kläger trägt vor, das Verwaltungsgericht habe ihm zu Unrecht die Klagebefugnis abgesprochen. Er könne sich als Vermieter auf Art. 14 Abs. 1 GG berufen, der als vermögenswertes Recht auch das Recht auf angemessene Mietfestsetzung bzw. -erhöhung bis zur tatsächlichen Vergleichsmiete umfasse. Er sei als Eigentümer von 15 Wohnungen durch den Mietspiegel unmittelbar beeinträchtigt. Auch wenn der Mietspiegel generell-abstrakte Angaben enthalte, ohne selbst Rechtssatz zu sein und damit Rechtsfolgen zu setzen, sei die Möglichkeit einer Verletzung dieses subjektiv-öffentlichen (Grund-)Rechts nicht zu verneinen. Zwar würden die vermögenswerten Rechte des Vermieters auf die ortsübliche Vergleichsmiete nicht unmittelbar durch die Verwaltungshandlung, sondern erst durch ein davon beeinflusstes Verhalten der Mieter (Verweigerung der Zustimmung zur Mieterhöhung, Rückforderung von Mieten nach Neuvermietung) beeinträchtigt. Durch die gemeindliche Anerkennung eines Mietspiegels als qualifiziert werde jedoch das Eigentumsrecht aus Art. 14 Abs. 1 GG mittelbar faktisch beeinträchtigt, sodass daraus eine Klagebefugnis folge. Das Eigentumsrecht des Vermieters werde durch die Mietpreisbremse des § 556d Abs. 1 BGB beschränkt. Der Kontrollanspruch des von einem gemeindlich anerkannten Mietspiegel betroffenen Vermieters richte sich nicht gegen den Mietspiegel insgesamt, sondern nur gegen einzelne in ihm enthaltene, gerade für seine Mietwohnungen bedeutsamen Mietwerte. Die Rechtsstellung des Vermieters aus Art. 14 Abs. 1 GG steuere die Reichweite klagefähiger subjektiv-öffentlicher Rechte, wozu auch das Recht auf angemessene Miete gehöre. Die Erwägungen zu einem doppelten Rechtsschutz seien nicht nachzuvollziehen; ein solcher sei keineswegs selten, z.B. im Ordnungswidrigkeitsrecht.
Aus diesen Ausführungen ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils des Verwaltungsgerichts.
Unabhängig von der Frage des Vorliegens eines Rechtsverhältnisses, zu dem sich das Verwaltungsgericht letztlich im Hinblick auf die Auslegung des Klagebegehrens nicht eindeutig geäußert hat (UA Rn. 20), hat das Verwaltungsgericht die Feststellungsklage zu Recht wegen fehlender Klagebefugnis des Klägers abgewiesen. Bei der Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO ist anerkannt, dass über das dort genannte berechtigte Interesse hinaus eine Klagebefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO erforderlich ist (vgl. BVerwG, U.v. 26.1.1996 – 8 C 19.94 – NJW 1996, 2046/2048).
Der Kläger ist für seinen Klageantrag, festzustellen, dass es sich bei dem von der Beklagten aufgestellten Mietspiegel für M. 2019 nicht um einen qualifizierten Mietspiegel im Sinne des § 558d BGB handelt, nicht klagebefugt. Das gilt auch, soweit der Kläger in der Zulassungsbegründung sein Rechtsschutzbegehren auf die in dem angegriffenen Mietspiegel für seine Mietwohnungen ausgewiesenen ortsüblichen Vergleichsmieten beschränken will. Eine Klagebefugnis liegt nur vor, wenn der Kläger geltend machen kann, in seinen Rechten verletzt zu sein, entweder, weil er an dem festzustellenden Rechtsverhältnis selbst beteiligt ist oder weil von dem Rechtsverhältnis eigene Rechte abhängen. Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches über die Aufstellung, Veröffentlichung und Verwendbarkeit von Mietspiegeln begründen jedoch keine die Rechtsverfolgung vor den Verwaltungsgerichten ermöglichenden subjektiv-öffentlichen Rechte von Vermietern. Sie dienen neben der Hinweispflicht eines Mieterhöhungsverlangens auf die örtliche Vergleichsmiete nach dem (qualifizierten) Mietspiegel (§ 558a Abs. 3 BGB) sowohl der Erleichterung als auch der Begrenzung von Mieterhöhungsverlangen (§ 558 BGB) und mögen faktisch eine gewisse Schutzfunktion für Mieter und Vermieter haben (vgl. BVerwG, a.a.O.). Dafür, dass diese Vorschriften unmittelbar einklagbare Rechte für Mieter und Vermieter enthalten, und insbesondere dafür, dass der Gesetzgeber den Vermietern (und Mietern) einen doppelten Rechtsweg sowohl zu den Verwaltungsgerichten als auch zur ordentlichen Gerichtsbarkeit hinsichtlich dieser Beurteilung einräumen wollte, gibt es keine Anhaltspunkte. Bei der Frage, ob ein Mietspiegel die ortsüblichen Vergleichsmieten richtig ausweist, handelt es sich ebenso wie bei der Frage, ob die Gemeinde den Mietspiegel zu Recht als qualifiziert anerkannt hat, um Vorfragen eines Prozesses über die zivilrechtlich zulässige Miethöhe zwischen zwei (in der Regel) privaten Personen vor den ordentlichen Gerichten, denen daher inzidenter auch die Prüfung dieser Fragen vorbehalten ist.
Die Rechtsschutzgarantie des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG ist im Hinblick auf das Grundrecht des Klägers aus Art. 14 Abs. 1 GG (Schutz des Eigentums) gewahrt. Der Prüfungsmaßstab hinsichtlich dieser Fragen ist im verwaltungsgerichtlichen und im zivilrechtlichen Prozess derselbe. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs obliegt in einem Prozess vor der ordentlichen Gerichtsbarkeit dem Tatrichter die Prüfung, ob die konkret vom Vermieter verlangte Mieterhöhung tatsächlich berechtigt ist; dabei darf die ortsübliche Vergleichsmiete (vgl. § 558 Abs. 2 BGB) nur auf der Grundlage von Erkenntnisquellen bestimmt werden, die die tatsächlich und üblicherweise gezahlten Mieten für vergleichbare Wohnungen in einer für die freie tatrichterliche Überzeugungsbildung hinreichenden Weise ermittelt haben (vgl. BGH, U.v. 6.11.2013 – VIII ZR 346/12 – juris Rn. 13). Voraussetzung für das Eingreifen der gesetzlichen Vermutung des § 558d Abs. 3 BGB ist, dass der vom Tatrichter herangezogene Mietspiegel die Tatbestandsmerkmale des § 558d Abs. 1 BGB unstreitig, offenkundig oder nachweislich erfüllt. Auf eine Prüfung dieser Anforderungen kann nicht schon deswegen verzichtet werden, weil der Mietspiegel von seinem Ersteller als qualifizierter Mietspiegel bezeichnet oder von der Gemeinde anerkannt und veröffentlicht worden ist. Denn diese Umstände beweisen noch nicht, dass die Anforderungen des § 558d Abs. 1 BGB auch tatsächlich vorliegen, der Mietspiegel also nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt worden ist. Einwendungen gegen die Wissenschaftlichkeit der Datenerhebung und -auswertung ist daher nicht erst im Rahmen der Widerlegung der gesetzlichen Vermutung des § 558d Abs. 3 BGB nachzugehen, sondern schon bei der Prüfung, ob die – für das Eingreifen der Vermutung erforderlichen Voraussetzungen des § 558d Abs. 1 BGB gegeben sind (vgl. BGH, a.a.O. Rn. 15 f. m.w.N.).
Die Ausführungen in der Zulassungsbegründung zum Rechtsschutzbedürfnis des Klägers für die „Anfechtung“ des Mietspiegels 2017 wegen Anerkennung des Mietspiegels 2019 sind (hier) nicht einschlägig. Das Verwaltungsgericht hat die Abweisung der Klage als unzulässig hinsichtlich des Mietspiegels 2019 nicht auf ein fehlendes Rechtsschutzbedürfnis des Klägers gestützt.
b) Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen.
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung setzt voraus, dass eine konkrete, bisher höchstrichterlich oder obergerichtlich nicht beantwortete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert wird, die für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts von Bedeutung (entscheidungserheblich) war, deren Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und der eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (vgl. Happ in Eyermann, VwGO, 15. Aufl. 2019, § 124a Rn. 72).
Der Kläger hält die Frage für grundsätzlich bedeutsam, ob es trotz der geänderten, nämlich gesteigerten (Vermutungs-)Wirkung qualifizierter Mietspiegel gemäß § 558d Abs. 3 BGB bei der älteren verwaltungsgerichtlichen Rechtsprechung zum Ausschluss einer verwaltungsgerichtlichen Kontrolle von Mietspiegeln nach altem Recht bleiben soll.
Zur Begründung trägt der Kläger vor, Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG und § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO eröffneten den Rechtsweg gegen die öffentliche Gewalt. Die Fokussierung auf Handlungsformen der Verwaltung wie insbesondere den Verwaltungsakt als Sachentscheidungsvoraussetzung sei schon vom Ansatz her verfehlt. Es stelle die grundrechtliche Garantie „auf den Kopf“, wenn unmittelbar auf Verwaltungshandeln bezogener verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz unter Verweis auf eine mittelbare zivilgerichtliche Kontrolle für besonders rechtfertigungsbedürftig erklärt werde. Eine solche Argumentation finde im Gesetz keine Stütze. Für das Anerkenntnis eines kommunalen Mietspiegels sei stets dasselbe Verwaltungsgericht zuständig. Im Verwaltungsprozess sei die Prüfung nicht auf das konkrete Mietverhältnis begrenzt, sondern der Eigentümer könne mit all seinen Wohnungen argumentieren. Weder für den Gesetzgeber noch für die Rechtsprechung stehe in Frage, dass für die Mietparteien überprüfbar sein müsse, ob es sich um einen ordnungsgemäß erstellten und anerkannten qualifizierten Mietspiegel handele. Die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts sei nicht auf einen qualifizierten Mietspiegel übertragbar. Zwar besitze eine verwaltungsgerichtliche Entscheidung keine Bindungswirkung für die Zivilgerichte; diese müssten die Frage erneut prüfen. Dennoch besitze der Vermieter ein schutzwürdiges Interesse an einer verwaltungsgerichtlichen Feststellungsklage, da die Inzidentkontrolle des Mietspiegels im Mieterhöhungsprozess zu spät komme, um die dargestellten mittelbaren Beeinträchtigungen durch einen als qualifiziert bezeichneten, aber unrichtigen Mietspiegel abzuwehren. Zudem setze die zivilgerichtliche Inzidentprüfung substantiiertes Bestreiten voraus. Ein verwaltungsgerichtliches Feststellungsurteil sei auch nicht nutzlos und überflüssig, weil von einem Verwaltungsträger angesichts der verfassungsmäßig verankerten Bindung an Recht und Gesetz die Respektierung von Gerichtsurteilen auch ohne dahinterstehenden Vollstreckungsdruck zu erwarten sei.
Mit diesen Ausführungen wird eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache nicht dargelegt im Sinne von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO. Der Kläger schildert zwar sein Interesse an einer verwaltungsgerichtlichen Entscheidung über einen kommunalen Mietspiegel, legt aber nicht in Auseinandersetzung mit dem Urteil des Verwaltungsgerichts zu den rechtlichen Voraussetzungen für die Zulässigkeit einer Feststellungsklage nach der Verwaltungsgerichtsordnung dar, warum die geänderten Vorschriften hinsichtlich der Bedeutung eines qualifizierten Mietspiegels (Vermutungsregelung des § 558d Abs. 3, Hinweispflicht gemäß § 558a Abs. 3 BGB) entgegen der – bisherigen – Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts im Hinblick auf das Vorliegen eines Rechtsverhältnisses und im Hinblick auf die erforderliche Klagebefugnis zur Zulässigkeit einer verwaltungsgerichtlichen Feststellungsklage nach § 43 Abs. 1 VwGO führen könnten.
Die vom Kläger gestellte Frage ist darüber hinaus nicht klärungsbedürftig. Die Frage, ob der qualifizierte Mietspiegel im Sinne des § 558d BGB verwaltungsgerichtlich überprüft werden kann, lässt sich auf der Grundlage des Urteils des Bundesverwaltungsgerichts vom 26. Januar 1996 (a.a.O.) ohne weiteres verneinen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts haben sich rechtliche Beziehungen nur dann zu einem Rechtsverhältnis im Sinne des § 43 Absatz ein VwGO verdichtet, wenn die Anwendung einer bestimmten Norm des öffentlichen Rechts auf einem bereits übersehbaren Sachverhalt streitig ist (vgl. BVerwG, a.a.O., S. 2046 m.w.N.). Der Streit über einen kommunalen Mietspiegel betreffe weder die Bedeutung und Tragweite einer Vorschrift des öffentlichen Rechts noch einen konkreten Sachverhalt. Diese Feststellung des Bundesverwaltungsgerichts kann uneingeschränkt auf einen qualifizierten Mietspiegel übertragen werden. Auch dieser begründet kein konkretes Rechtsverhältnis. Dies gilt gerade auch für die vom Kläger zum Gegenstand des Verfahrens gemachte Frage, ob der Mietspiegel nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt (vgl. BVerwG, a.a.O., „methodische Fehler“) und damit qualifiziert im Sinne des § 558d BGB ist (vgl. OVG NW, B.v. 22.8.2006 – 14 A 428/04 – juris Rn 4). Denn das ist eine allgemeine Vorfrage und betrifft noch nicht die konkrete Feststellung der ortsüblichen Miete hinsichtlich der klägerischen Wohnungen.
Zwar kommt – anders als im Fall des Bundesverwaltungsgerichts – einem qualifizierten Mietspiegel nunmehr (Gesetz vom 19. Juni 2001, BGBl. S. 1149/1155) die widerlegliche Vermutung der Richtigkeit nach § 558d Abs. 3 BGB zu; er hat damit eine weitergehende rechtliche Wirkung. In Bezug auf die Frage des Bestehens eines Rechtsverhältnisses im Sinne von § 43 Abs. 1 VwGO durch einen qualifizierten Mietspiegel gibt diese zivilrechtliche Beweisregelung jedoch nichts her. Dasselbe gilt für die Frage des Vorliegens einer Klagebefugnis entsprechend § 42 Abs. 2 VwGO für eine Feststellungsklage (vgl. OVG NW, a.a.O., Rn 4). Dass der Gesetzgeber im Falle der Anerkennung eines Mietspiegels als qualifiziert durch die zuständige Gemeinde insbesondere nach Einführung der Beweisregelung des § 558d Abs. 3 BGB etwas anderes, nämlich die Überprüfbarkeit des Anerkenntnisses der Gemeinde durch die Verwaltungsgerichtsbarkeit, wollte, ist nicht ersichtlich. Eine allgemeine verwaltungsgerichtliche Überprüfung des Mietspiegels im Hinblick auf diese – abstrakte – rechtliche Frage wäre schon im Hinblick auf die ebenfalls mittelbar betroffenen Mieter, die an dem Verwaltungsprozess nur im Wege der Beiladung beteiligt werden könnten, problematisch (vgl. bereits BayVGH, U.v. 14.6.1994 – 24 B 93.3620 – juris Rn. 31).
Die Vermeidung eines doppelten Rechtswegs insoweit entspricht im Übrigen auch dem Rechtsgedanken der Subsidiarität einer Feststellungsklage zu Leistungs- und Gestaltungsklagen (vgl. § 43 Abs. 2 VwGO), die rechtswegübergreifend gilt. § 43 Abs. 2 Satz 1 VwGO will unnötige Feststellungsklagen vermeiden, wenn für die Rechtsverfolgung eine andere sachnähere und wirksamere Klageart zur Verfügung steht. Der einem Kläger zustehende Rechtsschutz soll aus Gründen der Prozessökonomie auf ein einziges Verfahren, nämlich dasjenige, das seinem Anliegen am wirkungsvollsten gerecht wird, konzentriert werden (vgl. BVerwG, U.v. 12.7.2000 – 7 C 3.00 – juris Rn. 12). Diesem Ziel dient auch § 44a Satz 1 VwGO, wonach Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelfen geltend gemacht werden können.
Dass im Verwaltungsgerichtsprozess gemäß § 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Amtsermittlungsgrundsatz gilt, während im Zivilprozess grundsätzlich die Dispositionsmaxime Anwendung findet, kann den Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nicht begründen. Im Übrigen hat bereits das Verwaltungsgericht (UA S. 14) zutreffend darauf hingewiesen, dass es auch im Verwaltungsgerichtsprozess dem Kläger obläge, substantiierte Einwendungen gegen den Mietspiegel zu erheben. Das ist auch gegen jedes sonstige Gutachten einer entsprechend qualifizierten, sachverständigen Stelle, das eine Partei vorlegt, erforderlich, um die Einholung eines Obergutachtens zu erreichen. Dass der Kläger zum Zwecke der Überprüfung eines Mietspiegels Anspruch auf Herausgabe bestimmter Daten über die Mietspiegelerstellung hat, hat der Senat bereits rechtskräftig für die Parteien entschieden (U.v. 13.5.2019 – 4 B 18.1515 – juris).
Der – an sich richtige – Vortrag des Klägers, dass auch ein Feststellungsurteil ohne Vollstreckungsmöglichkeit eine an Recht und Gesetz gebundene Kommune bindet, übersieht die Problematik, wenn zur selben Frage anderslautende zivilgerichtliche Entscheidungen vorliegen. Entgegen dem klägerischen Vortrag, kann die Grundsatzfrage, ob der Mietspiegel zu Recht als qualifizierter Mietspiegel anerkannt wurde, auch in einem (zivilrechtlichen) Musterprozess geklärt werden. Es sind insoweit keine Vielzahl von Klagen erforderlich. Dass eine Inzidentkontrolle des Mietspiegels im Mieterhöhungsprozess „zu spät käme“, wie in der Zulassungsbegründung (lediglich) behauptet, ist nicht ersichtlich.
c) Die Berufung ist auch nicht wegen der in der Zulassungsschrift angesprochenen Verfahrensfehler zuzulassen.
Der Kläger trägt vor, es sei nicht auszuschließen, dass die Entscheidung des Verwaltungsgerichts auf Verfahrensmängeln beruhe. So sei insbesondere zweifelhaft, ob die Entscheidung noch auf der mündlichen Verhandlung vom 8. Oktober 2020 beruhe. Zum einen sei das vollständige Urteil mit Gründen erst wenige Tage vor Ablauf der Fünf-Monats-Frist zugestellt worden. Zum anderen sei die Vorsitzende Richterin, die die mündliche Verhandlung noch geleitet habe, wegen Eintritts in den Ruhestand an der Unterschriftleistung gehindert gewesen. Ob sie an der Abfassung der Entscheidungsgründe überhaupt noch mitgewirkt habe, könne vom Kläger nicht beurteilt werden.
Mit diesen Ausführungen wird kein Verfahrensfehler dargelegt im Sinne von § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO.
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist davon auszugehen, dass ein bei seiner Verkündung noch nicht vollständig abgefasstes Urteil als nicht mit Gründen versehen gilt, wenn Tatbestand und Entscheidungsgründe nicht binnen fünf Monaten nach Verkündung schriftlich niedergelegt, von den Richtern besonders unterschrieben und der Geschäftsstelle übergeben worden sind (BVerwG, B.v. 3.5.2004 – 7 B 60.04 – juris Rn. 4; U.v. 10.11.1999 – 6 C 30.98 – BVerwGE 110, 40, 47; zurückgehend auf Gemeinsamer Senat der obersten Gerichtshöfe des Bundes, B.v. 27.4.1993 – GmS-OGB 1/92 – BVerwGE 92, 367 = juris). Dasselbe ist in den Fällen des § 116 Abs. 2 VwGO anzunehmen, in denen das Urteil anstelle der Verkündung zugestellt wird (BVerwG, B.v. 3.5.2004 – 7 B 60.04 – juris Rn. 4; B.v. 11.6.2001 – 8 B 17.01 – Buchholz 310 § 116 VwGO Nr. 26; B.v. 20.9.1993 – 6 B 18.93 – Buchholz 310 § 116 VwGO Nr. 21). Die Frage, ab wann die Fünfmonatsfrist des § 117 Abs. 4 Satz 2 Halbs. 2 VwGO zu laufen beginnt, wenn ein Fall des Verkündungsersatzes nach § 116 Abs. 2 VwGO gegeben ist, wird unterschiedlich beantwortet (vgl. BayVGH, B.v. 23.4.2019 – 13a ZB 18.32206 – juris Rn. 5 f.). Hier kann offenbleiben, ob die Frist ab der mündlichen Verhandlung, ab der Niederlegung des Urteils oder erst nach Ablauf der gesetzlichen Zweiwochenfrist für die Niederlegung zu laufen beginnt, weil die Fünf-Monats-Frist hier jedenfalls beachtet wurde. Die mündliche Verhandlung war am 8. Oktober 2020. Das Urteil wurde dem Bevollmächtigten des Klägers mit Postzustellungsurkunde am 5. März 2021 zugestellt.
Ein Verfahrensfehler ergibt sich auch nicht daraus, dass die Vorsitzende Richterin, die die mündliche Verhandlung geleitet hat, die Entscheidungsgründe nicht unterschrieben hat. Sie hat jedenfalls an dem Urteil mitgewirkt, wie der von ihr unterschriebene Tenor der Entscheidung vom 8. Oktober 2020 belegt. Es ist rechtlich ohne Bedeutung, inwiefern sie an der Abfassung der Entscheidungsgründe noch mitgewirkt hat. Sie war jedenfalls nach ihrem Ausscheiden aus dem Amt nicht mehr in der Lage, die Entscheidungsgründe zu unterschreiben. Für diesen Fall sieht das Gesetz in § 117 Abs. 1 Satz 2 VwGO die Anbringung eines Verhinderungsvermerks vor. Der entsprechende Vermerk vom dienstältesten beisitzenden Richter unter dem Urteil wurde angebracht. Dieser Verhinderungsvermerk ersetzt die fehlende Unterschrift (vgl. Kraft in Eyermann, VwGO, § 117 Rn. 28).
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47, 52 Abs. 2 GKG.
3. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO). Mit ihm wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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