Verwaltungsrecht

Asyl, Georgien: Georgischer Staat ist bei Übergriffen privater Dritter schutzfähig und -willig

Aktenzeichen  B 1 K 17.32877

Datum:
26.4.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 17196
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3, § 4

 

Leitsatz

1 Durch umfassende Reformen der georgischen Polizei, verbunden mit einem Austausch von großen Teilen des Polizeipersonals und der Einrichtung des Amts eines Ombudsmanns für Bürgerbeschwerden und Menschenrechtsverletzungen, wurden erhebliche Fortschritte in den Bereichen Verwaltungskontrolle, Korruptionsbekämpfung und Strafverfolgung erzielt. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)
2 Es ist davon auszugehen, dass der georgische Staat bei Übergriffen privater Dritter schutzwillig und -fähig ist. (Rn. 12) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klagen werden abgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens als Gesamtschuldner zu tragen.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

1. Die zulässigen Klagen haben in der Sache keinen Erfolg. Der Bescheid des … vom … ist rechtmäßig und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten. Diese haben weder einen Anspruch auf Asylanerkennung, auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft noch auf die Zuerkennung subsidiären Schutzes oder die Feststellung von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 VwGO).
Auf die Gründe des angefochtenen Bescheides vom …, denen das Gericht folgt, wird gem. § 77 Abs. 2 AsylG zur Vermeidung von Wiederholungen verwiesen. Die Klägerin zu 1) hat bei ihrer Anhörung vor dem … sich im Wesentlichen auf die Verfolgung ihres Ehemanns gestützt. Dies gilt auch für die Kläger zu 2) und zu 3). Aus dem Vortrag des Ehemanns bzw. Vaters ergeben sich aber keinerlei Anhaltspunkte, die zur Gewährung eines Schutzstatus bzw. zur Feststellung von Abschiebungsverboten führen könnten, weshalb auf die Entscheidung im Verfahren B 1 K 17.32876 Bezug genommen wird.
Ergänzend wird ausgeführt, dass die Klägerin zu 1) in der mündlichen Verhandlung angegeben hat, dass sie seit der damaligen Ausreise ihres Ehemanns aus Georgien (zumindest nachdem ihr die Haftbefehle überreicht worden seien) unbehelligt habe leben können. Ihr Ehemann habe sie nach seiner Rückkehr aus allem herausgehalten. Es ist somit nicht ersichtlich, dass sie aus Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe ihr Heimatland verlassen hat (§ 3 AsylG).
Es ist auch nicht erkennbar, dass ihr in ihrem Heimatland ein ernsthafter Schaden droht (§ 4 AsylG). Zwar gab sie an, Schwierigkeiten mit ihrem Ex-Ehemann gehabt zu haben. Hierbei ist nicht zu erkennen, dass eine asylerhebliche Schwelle einer Verfolgung durch einen nichtstaatlichen Akteur gegeben wäre. Zudem ist die Klägerin zu 1) auf die Schutzfähigkeit des georgischen Staats zu verweisen (§ 3c Nr. 3 AsylG, § 4 Abs. 3 AsylG). Nach der Auskunftslage arbeiten die Sicherheitsbehörden im Sinne ihres Auftrags (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in Georgien vom 10.11.2016, S. 4). Das georgische Polizei- und Justizwesen hat in den letzten Jahren einen drastischen Wandel erfahren. Durch umfassende Reformen, verbunden mit einem Austausch von großen Teilen des Polizeipersonals und der Einrichtung des Amts eines Ombudsmanns für Bürgerbeschwerden und Menschenrechtsverletzungen, wurden erhebliche Fortschritte in den Bereichen Verwaltungskontrolle, Korruptionsbekämpfung und Strafverfolgung erzielt. Die Umgestaltung der Polizei hin zu einem transparenten, serviceorientierten Verwaltungsorgan hat für die georgische Regierung hohe Priorität (vgl. die Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 19.07.2012 an das VG Sigmaringen, Gz. 508-9-516.80/47214). Nach den zur Verfügung stehenden Erkenntnismitteln ist davon auszugehen, dass der georgische Staat bei Übergriffen privater Dritter schutzwillig und schutzfähig ist (ebenso VG Augsburg, B.v. 06.06.2016 – Au 6 S 16.30662 – juris Rn. 25).
National begründete Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG liegen ebenfalls nicht vor. Zutreffend ist das … insoweit davon ausgegangen, dass die Klägerin zu 1) mit Hilfe ihres Ehemanns prognostisch dazu in der Lage sein wird, sich eine zumindest existenzsichernde Lebensgrundlage zu erwirtschaften. Die Kläger zu 2) und zu 3) sind auf die Unterstützung durch ihre Eltern zu verweisen. Dass den Klägern eine konkrete, erhebliche und individuelle Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit droht (vgl. § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG), ist nicht ersichtlich.
Der Bescheid des … vom … gibt schließlich auch hinsichtlich der Abschiebungsandrohung in Nr. 5 keinen Anlass zu Bedenken. Diese entspricht den gesetzlichen Anforderungen des § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG und § 38 Abs. 1 AsylG.
Auch die nach § 11 Abs. 2 Satz 1 AufenthG von Amts wegen vorzunehmende Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG auf 30 Monate ab dem Tag der Abschiebung begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Sie hält sich im Rahmen des § 11 Abs. 3 AufenthG. Ermessensfehler sind nicht erkennbar (vgl. VG Düsseldorf, B.v. 11.3.2016 – 17 L 472/16.A – juris).
2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1, § 159 S. 2 VwGO. Gerichtskosten werden gemäß § 83b AsylG nicht erhoben. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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