Verwaltungsrecht

Asylantrag, Abschiebung, Anfechtungsklage, Einreise, Mitgliedstaat, Leistungen, Erkrankung, Bescheid, Versorgung, Visum, Abschiebungsverbote, Verpflichtungsklage, Reisepass, Verletzung, Kosten des Verfahrens, angefochtene Entscheidung, erniedrigende Behandlung

Aktenzeichen  RN 11 K 21.30693

Datum:
6.10.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 31611
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Klage hat keinen Erfolg.
I. Soweit sich die ausdrücklich erhobene Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) gegen Nr. 2. und 5. des streitgegenständlichen Bescheids richtet, ist sie unzulässig.
Die Anfechtungsklage gegen Nr. 2 des Bescheids ist nicht statthaft. Die Verpflichtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO hinsichtlich der Zuerkennung nationaler Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) ist nämlich neben der Anfechtungsklage gegen die Unzulässigkeitsentscheidung in Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids weiterhin – hilfsweise – statthaft (vgl. BVerwG vom 14.12.2016 Az. 1 C 4/16).
Die Aussetzung der Vollziehung der Abschiebungsandrohung in Nr. 5 des Bescheids ist wohl kein eigenständiger Verwaltungsakt, der mit der Anfechtungsklage angegriffen werden kann. Dies kann aber dahingestellt bleiben, da diese Regelung die Klägerin jedenfalls begünstigt und damit keine Klagebefugnis im Sinne des § 42 Abs. 2 VwGO vorliegt.
II. Die im Übrigen zulässige Anfechtungsklage hat keinen Erfolg. Das Gericht folgt den ausführlichen Feststellungen und der überzeugenden Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes und nimmt zur Vermeidung von Wiederholungen auf diesen Bezug, § 77 Abs. 2 des Asylgesetzes (AsylG). Im Übrigen ist noch auf folgendes hinzuweisen:
1. Nr. 1 des streitgegenständlichen Bescheids ist rechtmäßig. Daher ist die hiergegen gerichtete Anfechtungsklage im gemäß § 77 Abs. 1 Satz 1 Hs. 1 AsylG maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung unbegründet, da der Bescheid insoweit rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
a. Der Asylantrag ist unzulässig, da bei der Klägerin die Voraussetzungen des § 29 Abs. 1 Nr. 4 AsylG vorliegen. Kanada ist ein Staat, der kein Mitgliedsstaat der Europäischen Union und bereit ist, die Klägerin wieder aufzunehmen. Die Übernahmebereitschaft Kanadas ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus der E-Mail der kanadischen „Border Services Agency“ in der kanadischen Botschaft in Berlin vom 22. April 2021. In Kanada besteht auch anderweitige Sicherheit vor politischer Verfolgung insbesondere durch den syrischen Staat.
b. Ob die Beklagte wie bei § 29 Abs. 1 Nr. 2 AsylG über den Wortlaut hinaus zu beachten hat, dass bei einer – drohenden – Verletzung des Art. 3 der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) bzw. des inhaltsgleichen Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (EU-GrCharta) Asylanträge nicht als unzulässig abgelehnt werden dürfen, kann dahingestellt bleiben. Eine solche Verletzung kann hier nämlich nicht festgestellt werden. Inhaltlich nimmt das Gericht zunächst auf folgende Ausführungen in dem Beschluss des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 13. November 2019 (Az. C-540/17) Bezug:
„Nach alledem ist auf die Vorlagefrage zu antworten, dass Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Verfahrensrichtlinie dahin auszulegen ist, dass er es einem Mitgliedstaat verbietet, von der durch diese Vorschrift eingeräumten Befugnis Gebrauch zu machen, einen Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abzulehnen, weil dem Antragsteller bereits von einem anderen Mitgliedstaat die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden ist, wenn die Lebensverhältnisse, die ihn in dem anderen Mitgliedstaat als anerkannter Flüchtling erwarten würden, ihn der ernsthaften Gefahr aussetzen würden, eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta zu erfahren.“
c. Im Fall der Klägerin verletzen die gegenwärtigen Bedingungen in Kanada nicht Art. 3 EMRK bzw. Art. 4 EU-GrCharta, da die nach der Rechtsprechung des EuGH erforderliche besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit nicht erreicht ist. Die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG liegen daher bei ihr nicht vor. Nach dieser Vorschrift darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685; EMRK) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Gemäß Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden.
Nach der Rechtsprechung des EuGH kommt eine Verletzung des Art. 3 EMRK nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen in Betracht. Es muss eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreicht werden. Zu den Anforderungen hieran hat sich der EuGH in seinem Urteil vom 19. März 2019 (Az. C-297/17, C-318/17, C-319/17 und C-438/17) wie folgt geäußert:
„Daher ist das Gericht, das mit einem Rechtsbehelf gegen eine Entscheidung befasst ist, mit der ein neuer Antrag auf internationalen Schutz als unzulässig abgelehnt wurde, in dem Fall, dass es über Angaben verfügt, die der Antragsteller vorgelegt hat, um das Vorliegen eines solchen Risikos in dem bereits subsidiären Schutz gewährenden Mitgliedstaat nachzuweisen, verpflichtet, auf der Grundlage objektiver, zuverlässiger, genauer und gebührend aktualisierter Angaben und im Hinblick auf den durch das Unionsrecht gewährleisteten Schutzstandard der Grundrechte zu würdigen, ob entweder systemische oder allgemeine oder aber bestimmte Personengruppen betreffende Schwachstellen vorliegen (vgl. entsprechend Urteil vom heutigen Tag, Jawo, C-163/17, Rn. 90 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Insoweit ist festzustellen, dass die in der vorstehenden Randnummer des vorliegenden Urteils genannten Schwachstellen nur dann unter Art. 4 der Charta, der Art. 3 EMRK entspricht und nach Art. 52 Abs. 3 der Charta die gleiche Bedeutung und Tragweite hat, wie sie ihm in der EMRK verliehen wird, fallen, wenn sie eine besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit erreichen, die von sämtlichen Umständen des Falles abhängt (Urteil vom heutigen Tag, Jawo, C-163/17, Rn. 91 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Diese besonders hohe Schwelle der Erheblichkeit wäre erreicht, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Mitgliedstaats zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubte, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen, wie insbesondere, sich zu ernähren, sich zu waschen und eine Unterkunft zu finden, und die ihre physische oder psychische Gesundheit beeinträchtigte oder sie in einen Zustand der Verelendung versetzte, der mit der Menschenwürde unvereinbar wäre (Urteil vom heutigen Tag, Jawo, C-163/17, Rn. 92 und die dort angeführte Rechtsprechung).
Diese Schwelle ist daher selbst in durch große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person gekennzeichneten Situationen nicht erreicht, sofern sie nicht mit extremer materieller Not verbunden sind, aufgrund deren die betreffende Person sich in einer solch schwerwiegenden Situation befindet, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung gleichgestellt werden kann (Urteil vom heutigen Tag, Jawo, C-163/17, Rn. 93).
Im Hinblick auf die insoweit vom vorlegenden Gericht gestellten Fragen ist festzustellen, dass unter Berücksichtigung der Bedeutung, die der Grundsatz des gegenseitigen Vertrauens für das Gemeinsame Europäische Asylsystem hat, Verstöße gegen Bestimmungen des Kapitels VII der Anerkennungsrichtlinie, die nicht zu einer Verletzung von Art. 4 der Charta führen, die Mitgliedstaaten nicht daran hindern, ihre durch Art. 33 Abs. 2 Buchst. a der Verfahrensrichtlinie eingeräumte Befugnis auszuüben.
Der vom vorlegenden Gericht ebenfalls genannte Umstand, dass subsidiär Schutzberechtigte in dem Mitgliedstaat, der dem Antragsteller diesen Schutz gewährt hat, keine oder im Vergleich zu anderen Mitgliedstaaten nur in deutlich eingeschränktem Umfang existenzsichernde Leistungen erhalten, ohne jedoch anders als die Angehörigen dieses Mitgliedstaats behandelt zu werden, kann nur dann zu der Feststellung führen, dass dieser Antragsteller dort tatsächlich der Gefahr ausgesetzt wäre, eine gegen Art. 4 der Charta verstoßende Behandlung zu erfahren, wenn dieser Umstand zur Folge hat, dass sich dieser Antragsteller aufgrund seiner besonderen Verletzbarkeit unabhängig von seinem Willen und seinen persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die den in den Rn. 89 bis 91 des vorliegenden Urteils genannten Kriterien entspricht.
Jedenfalls kann der bloße Umstand, dass in dem Mitgliedstaat, in dem der neue Antrag auf internationalen Schutz gestellt worden ist, die Sozialhilfeleistungen und/oder die Lebensverhältnisse günstiger sind als in dem bereits subsidiären Schutz gewährenden Mitgliedstaat, nicht die Schlussfolgerung stützen, dass die betreffende Person im Fall ihrer Überstellung in den zuletzt genannten Mitgliedstaat tatsächlich der Gefahr ausgesetzt wäre, eine gegen Art. 4 der Charta verstoßende Behandlung zu erfahren (vgl. entsprechend Urteil vom heutigen Tag, Jawo, C-163/17, Rn. 97).“
Es ist weder vorgebracht noch erkennbar, dass die Aufnahmebedingungen für Zurückkehrende nach Kanada gegen Art. 3 EMRK verstoßen. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Gleichgültigkeit der Behörden eines Staates zur Folge hätte, dass eine vollständig von öffentlicher Unterstützung abhängige Person sich unabhängig von ihrem Willen und ihren persönlichen Entscheidungen in einer Situation extremer materieller Not befände, die es ihr nicht erlaubt, ihre elementarsten Bedürfnisse zu befriedigen (vgl. auch BVerwG vom 17.6.2020 Az. 1 C 35/19). Hier geht es insbesondere um die elementaren Grundbedürfnisse wie Ernährung, Hygiene und Unterbringung, was man mit den Schlagworten „Brot, Seife und Bett“ umschreiben kann. Die Situation darf außerdem nicht dazu führen, dass die physische oder psychische Gesundheit der Person beeinträchtigt wird und sie in einen Zustand der Verelendung versetzt wird, der mit der Menschenwürde unvereinbar ist (vgl. EuGH vom 19.3.2019 a.a.O.). Große Armut oder eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der betreffenden Person führen jedoch noch zu keinem Verstoß gegen Art. 3 EMRK, sofern die Situation nicht mit der ernsthaften Gefahr extremer materieller Not verbunden ist. Die betreffende Person muss sich in einer derart schwerwiegenden Situation befinden, dass sie einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung ausgesetzt wird, die sie nicht aus eigener Kraft wieder abwenden kann (vgl. EuGH vom 19.3.2019 a.a.O.). Ein Anspruch auf vergleichbare Verhältnisse und Rechte wie in Deutschland besteht nicht. Der Umstand, dass in Deutschland die Sozialhilfeleistungen und/oder die Lebensverhältnisse möglicherweise günstiger sind als diesem Land, rechtfertigt nicht die Schlussfolgerung, dass die betreffende Person im Falle ihrer Überstellung eine gegen Art. 3 EMRK verstoßende Behandlung zu erfahren hätte (vgl. EuGH vom 19.3.2019 a.a.O.).
Es ist nicht anzunehmen, dass nach Kanada rückgeführten Personen dort eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung im Sinne dieser Vorschrift droht. Auch lassen sich den Angaben der Klägerin zu ihrem Aufenthalt in Kanada keine Erkenntnisse entnehmen, dass sie sich in einer solchen Situation extremer materieller Not befand. Soweit sie familiäre Probleme mit ihrem Ehemann geltend macht, sind diese nicht dem kanadischen Staat zuzurechnen. Die erwachsene Klägerin muss im Übrigen nicht bei ihrem Ehemann wohnen, zumal sich dieser nach ihren Angaben mit ihrer Ausreise abgefunden hat. Kanada ist so groß, dass ausreichende Ausweichmöglichkeiten bestehen. Gegebenenfalls muss sie sich auch auf die kanadischen Sicherheitsbehörden und auf das kanadische Sozialsystem verweisen lassen, zumal es sich bei Kanada um einen hoch entwickelten demokratischen Rechtsstaat mit einer funktionierenden Justiz handelt.
Eine Verletzung des Art. 3 EMRK liegt auch nicht im Hinblick auf die schizoaffektive Störung (F25.8 G) der Klägerin vor. Nach den Angaben der Klägerin und ihrer Tochter in der mündlichen Verhandlung ist nämlich auch in Kanada eine medikamentöse Behandlung erfolgt. Es ist davon auszugehen, dass in Kanada grundsätzlich ausreichende Behandlungsmöglichkeiten – insbesondere die Versorgung mit den für die Behandlung der Erkrankung erforderlichen Medikamente – bestehen. Diese sind in Kanada verfügbar und für die Klägerin auch erreichbar. Sie kann daher auf die Behandlungsmöglichkeiten des in Kanada vorhandenen – gut entwickelten – Gesundheitswesen verwiesen werden. Dies reicht nach der Auffassung des Gerichts um eine gegen Art. 3 EMRK verstoßende Lage zu vermeiden, zumal zu der Behandlung der attestierten schizoaffektiven Störung auch in Deutschland eine medikamentöse Behandlung erfolgt (vgl. Attest des Dr. med. E* … vom 29. April 2021), die auch in Kanada durchgeführt werden kann. Hinzu kommt, dass das vorgelegte Attest des Dr. E* … eine nachvollziehbare Anamnese vermissen lässt. Es beruht offensichtlich auf einem einmaligen Besuch am 29. April 2021 und den nicht näher hinterfragten Angaben der Klägerin und ihrer Tochter, auch hinsichtlich des Angewiesenseins auf ihre Tochter. Weitere Atteste konnte die Klägerin nicht vorlegen. Eine starke Verschlechterung der Lebensverhältnisse der Klägerin genügt jedoch nicht für die Annahme eines Verstoßes gegen Art. 3 EMRK. Dass Suizidgefahr besteht wurde behauptet, jedoch nicht nachvollziehbar belegt. Für das Gericht ist daher nicht erkennbar, dass die psychische Gesundheit der Klägerin beeinträchtigt und sie in einen Zustand der Verelendung versetzt wird, der mit der Menschenwürde unvereinbar ist.
2. Die Anfechtungsklage gegen Nr. 3 Sätze 1 bis 3 des Bescheids ist ebenfalls unbegründet. Das Bundesamt durfte eine schriftliche Abschiebungsandrohung erlassen, da die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG vorliegen. In dem Fall des § 29 Abs. 1 Nr. 4 AsylG droht das Bundesamt dem Ausländer gemäß § 35 AsylG die Abschiebung in den Staat an, in dem er vor Verfolgung sicher war. Dies ist hier Kanada.
3. Die Anordnung und Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots begegnen ebenfalls keinen rechtlichen Bedenken. Das Bundesamt ist gemäß § 75 Nr. 12 AufenthG bei Abschiebungsandrohungen nach den §§ 34, 35 AsylG für die Anordnung eines Einreise- und Aufenthaltsverbots nach § 11 Abs. 1 AufenthG zuständig. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist gemäß § 11 Abs. 2 Satz 3 AufenthG von Amts wegen zu befristen. Über die Länge der Frist wird nach Ermessen entschieden, § 11 Abs. 3 Satz 1 AufenthG. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten, § 11 Abs. 3 Satz 2 AufenthG. Die tatbestandlichen Voraussetzungen liegen hier vor. Die Zeitdauer der Befristung hält sich im gesetzlich vorgegebenen Rahmen und lässt bei der erwachsenen Klägerin keine Ermessensfehler erkennen. Insoweit wird auch auf den Bescheid Bezug genommen.
III. Ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass eine – hilfsweise erhobene – Verpflichtungsklage auf Zuerkennung nationaler Abschiebungsverbote gemäß § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG auch nicht begründet wäre, da der Bescheid in Nr. 2 rechtmäßig ist und die Klägerin nicht in ihren Rechten verletzt, § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO. Sie hat keinen Anspruch auf die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG hinsichtlich Kanadas.
Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Feststellung der Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 AufenthG (s.o.). Ihr steht auch kein Abschiebungsschutz nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG zu. Danach soll von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. Gefahren im Sinne dieser Vorschrift, denen die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind gemäß § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG nur bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG zu berücksichtigen. Eine solche Anordnung liegt für Kanada im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung nicht vor.
Eine Verdichtung allgemeiner Gefahren zu einer ernsthaften individuellen Bedrohung besteht im Fall der Klägerin bei einer Rückführung nicht. Da es an einer Anordnung nach § 60a Abs. 1 Satz 1 AufenthG fehlt, wäre die Sperrwirkung des § 60 Abs. 7 Satz 6 AufenthG ausnahmsweise nur dann unbeachtlich, wenn der Ausländer ansonsten sehenden Auges dem sicheren Tod oder schwersten Verletzungen ausgeliefert würde (vgl. BVerwG vom 14.11.2007 Az. 10 B 47/07 m.w.N.). Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt gemäß § 60 Abs. 7 Satz 3 AufenthG nur bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden, vor. Es ist jedoch nicht erkennbar, dass die Klägerin relevante Erkrankungen aufweisen, die bei einer Abschiebung nach Kanada zum sicheren Tod oder zumindest schwersten Gesundheitsschäden führen würden (s.o.).
Die Klägerin hat gemäß § 154 Abs. 1 die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei, § 83b AsylG.
Der Gegenstandswert ergibt sich aus § 30 Abs. 1 RVG.


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