Verwaltungsrecht

Asylbewerberin mit türkischer und georgischer Staatsangehörigkeit, Abschiebungsziel Georgien, Anhängerin der Gülen-Bewegung, Antrag auf Zulassung der Berufung (abgelehnt), grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (verneint), Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (verneint)

Aktenzeichen  15 ZB 22.30343

Datum:
12.4.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 8530
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
§§ 3, 4, 78 Abs. 3 Nr. 1
AsylG Nr. 3, Abs. 4 S. 4
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7
VwGO § 138 Nr. 3
GG Art. 103 Abs. 1

 

Leitsatz

Verfahrensgang

Au 6 K 20.30012 2022-01-18 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Die Klägerin trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe und Anwaltsbeiordnung wird abgelehnt.

Gründe

I.
Die Klägerin ist nach eigenen Angaben türkische und georgische Staatsangehörige türkischer Volkszugehörigkeit. Sie wendet sich gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 2. Januar 2020, mit dem ihr Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt, ihr die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wurden, ferner festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, und die Abschiebung nach Georgien oder einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht wurde. Unter Nr. 7 des Bescheidtenors ist ausdrücklich verfügt: „Die Antragstellerin darf nicht in die Türkei abgeschoben werden.“
In der Begründung des Bescheids wird zur Begründung der Ablehnung der Zuerkennung des Flüchtlingsschutzes ausgeführt, die Klägerin habe zwar glaubhaft vorgetragen, dass gegen sie in der Türkei aufgrund ihrer Verbindung zur Gülen-Bewegung ein Strafverfahren anhängig sei. Sie habe jedoch aufgrund ihrer georgischen Staatsangehörigkeit die Möglichkeit, den Schutz Georgiens in Anspruch zu nehmen. Auch eine Auslieferung durch den georgischen Staat an die Türkei müsse die Klägerin nicht befürchten. Nach einer Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 3. Januar 2018 dürfe ein georgischer Staatsangehöriger nach Maßgabe der Verfassung von Georgien und des Strafgesetzbuches von Georgien nicht an einen ausländischen Staat ausgeliefert werden, sofern nicht etwas Anderes in einem völkerrechtlichen Vertrag vereinbart sei. Der Vertrag zwischen Georgien und der Republik Türkei über die gegenseitige Rechtshilfe in zivilen geschäftlichen und strafrechtlichen Angelegenheiten bestimme in Art. 35 Abs. 1a, dass keine Auslieferung erfolge, wenn die Person, deren Auslieferung ersucht werde, die Staatsangehörigkeit der ersuchten Vertragspartei habe. Damit sei die Auslieferung eines georgischen Staatsangehörigen an die Türkei nach dem geltenden georgischen Recht ausgeschlossen. Die weitere türkische Staatsangehörigkeit der betreffenden Person ändere daran nichts. Soweit die Klägerin vortrage, in Georgien sei auch die Mafia aus Aserbaidschan aktiv, die mit dem türkischen Geheimdienst (MIT) zusammenarbeite, weswegen sie Angst davor habe, von diesen entführt zu werden, sei dies nicht beachtlich wahrscheinlich. Es seien dem Bundesamt keine entsprechenden Fälle bekannt. Auch habe die Klägerin keine Fakten vorgetragen, die ein solches Geschehen nahelegten. Es sei ihr auch zuzumuten, sich in Georgien niederzulassen. Sie müsse in Georgien keine Verfolgung befürchten. Sie verfüge über eine ausgezeichnete Bildung. Sie habe das Abitur, habe vier Jahre Wirtschaft / Buchhaltung studiert und 17 Jahre als Apothekenhelferin gearbeitet. Sie sei daher imstande, dort ihre Existenz zu sichern.
In der Asylverfahrensakte zum Asylantrag der Klägerin (Bl. 215) findet sich unter dem 23. Dezember 2019 folgender Aktenvermerk:
„Die Schwester wurde bei gleichem Sachvortrag anerkannt. Die Auskunft des AA, dass ein Auslieferungsabkommen zwischen der Türkei und Georgien existiert, wurde offensichtlich so verstanden, dass auch eigene Staatsangehörige durch Georgien ausgeliefert würden. Nach Auskunft des AA vom 3.01.2018 zu 7237104-163 ist das aber nicht der Fall.“
Die Klägerin hat im erstinstanzlichen gerichtlichen Verfahren diverse Unterlagen – zuletzt eine rechtsgutachterliche Stellungnahme einer georgischen Rechtsanwältin vom 24. Dezember 2021 zur Frage der Möglichkeit einer Auslieferung einer Person mit georgischer und türkischer Staatsbürgerschaft von Georgien an die Türkei – vorgelegt, auf die verwiesen wird. Das Bundesamt hat dem Verwaltungsgericht in anderen Verfahren eingeholte Auskünfte des Auswärtigen Amts vom 3. Januar 2018, vom 27. September 2019 und vom 17. November 2019 sowie eine Auskunft des Auswärtigen Amts vom 25. Juni 2021 speziell zum Verfahren der Klägerin zukommen lassen (Bl. 40 f., 42 f., 54 f. und 57 ff. der VG-Akte 6 K 20. 30012). Nach der Auskunft vom 3. Januar 2018 dürfe ein georgischer Staatsangehöriger nach Art. 13 Abs. 4 der Verfassung von Georgien und Art. 6 Abs. 1 des Strafgesetzbuches von Georgien nicht an einen ausländischen Staat ausgeliefert werden, sofern nicht etwas Anderes in einem völkerrechtlichen Vertrag vereinbart sei. Art. 35 Abs. 1a des Vertrags zwischen Georgien und der Republik Türkei über die gegenseitige Rechtshilfe in zivilen, geschäftlichen und strafrechtlichen Angelegenheiten bestimme, dass keine Auslieferung erfolge, wenn die Person, deren Auslieferung ersucht werde, die Staatsangehörigkeit der ersuchenden Vertragspartei habe. Damit sei die Auslieferung eines georgischen Staatsangehörigen von Georgien in die Türkei nach geltendem georgischen Recht ausgeschlossen, eine weitere türkische Staatsangehörigkeit ändere daran nichts. Laut der amtlichen Auskunft vom 7. November 2019 bestehe zwischen Georgien und der Türkei ein Auslieferungsabkommen; zu den Aktivitäten des MIT in Georgien lägen keine Erkenntnisse vor. Der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 27. September 2019 ist zu entnehmen, dass sowohl Georgien als auch die Türkei Unterzeichnerstaaten des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 3. September 1957 seien. Der Umstand, dass eine Person Anhänger der Gülen-Bewegung sei oder die Anhängerschaft dieser Person nachgesagt werde, stelle in Georgien keinen Straftatbestand dar. Es lägen der Botschaft keine Erkenntnisse dazu vor, ob und inwiefern der türkische Geheimdienst türkische Gülen-Anhänger in Georgien entführe.
In der Stellungnahme des Auswärtigen Amts vom 25. Juni 2021 heißt es, die Klägerin sei nach Auskunft der zuständigen georgischen Behörden im Register der Staatlichen Serviceagentur des georgischen Justizministeriums als georgische Staatsangehörige aufgeführt. Sowohl Georgien als auch die Türkei seien Unterzeichnerstaaten des Europäischen Auslieferungsübereinkommens vom 3. September 1957. In welchen Fällen eine Auslieferung in Frage kommen könne, sei in den Art. 2 ff. des Übereinkommens geregelt. Insbesondere komme eine Auslieferung wegen Handlungen in Betracht, die sowohl nach dem Recht des ersuchenden als auch nach dem des ersuchten Staates mit einer Freiheitsstrafe oder die Freiheit beschränkenden Maßregel der Sicherung und Besserung im Höchstmaß von mindestens einem Jahr oder mit einer schwereren Strafe bedroht seien. Der Umstand, dass eine Person Anhänger der Gülen-Bewegung sei oder dieser Person die Anhängerschaft nachgesagt werde, stelle in Georgien keinen Straftatbestand dar. Auslieferungen aus diesem Grund seien dementsprechend nicht bekannt geworden. Zur Frage der Auslieferung eigener Staatsangehöriger sei Art. 6 des Europäischen Auslieferungsübereinkommens relevant. Danach sei jede Vertragspartei berechtigt, die Auslieferung ihrer Staatsangehörigen abzulehnen. Nach Art. 28 des Übereinkommens hebe dieses hinsichtlich der Gebiete, auf die es Anwendung findet, diejenigen Bestimmungen zweiseitiger Verträge, Übereinkommen oder Vereinbarungen auf, die das Auslieferungswesen zwischen zwei Vertragsparteien regelten. Die Vertragsparteien könnten untereinander zwei- oder mehrseitige Vereinbarungen nur zur Ergänzung dieses Übereinkommens oder zur Erleichterung der Anwendung der darin enthaltenen Grundsätze schließen. Der Vertrag zwischen Georgien und der Republik Türkei über die gegenseitige Rechtshilfe in zivilen geschäftlichen und strafrechtlichen Angelegenheiten regele in Art. 35 Abs. 1a, dass keine Auslieferung erfolge, wenn die Person, deren Auslieferung ersucht wird, die Staatsangehörigkeit der ersuchten Vertragspartei habe. Weitere Vereinbarungen zwischen Georgien und der Republik Türkei seien dem Auswärtigen Amt nicht bekannt. Dem Auswärtigen Amt lägen keine Hinweise darauf vor, dass in diesem Zusammenhang die doppelte Staatsangehörigkeit relevant sei. Ferner lägen keine Informationen darüber vor, wonach georgische Staatsangehörige, die – wie die Klägerin – die georgische Staatsangehörigkeit von den Urgroßeltern abgeleitet und keinen gewöhnlichen Aufenthalt in Georgien gehabt hätten, einen rechtlich besonderen Status hätten oder in Auslieferungsverfahren benachteiligt würden. Dem Auswärtigen Amt seien bislang keine Fälle bekannt geworden, in denen Bürger mit georgischer und türkischer Staatsangehörigkeit von Georgien an die Türkei ausgeliefert worden seien. Die georgische Kriminalpolizei habe bestätigt, dass keine georgischen Staatsangehörigen an die Türkei ausgeliefert werden könnten. Es könne aber nicht ausgeschlossen werden, dass es entsprechende Auslieferungen gegeben habe, die dem Auswärtigen Amt nicht bekannt geworden seien.
Mit Urteil vom 18. Januar 2022 wies das Verwaltungsgericht Augsburg die von der Klägerin erhobene Klage mit den noch anhängigen Anträgen, die Beklagte unter (teilweiser) Aufhebung des Bescheids vom 2. Januar 2020 zu verpflichten, ihr die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise ihr subsidiären Schutz zu gewähren sowie weiter hilfsweise festzustellen, dass für sie Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 AufenthG hinsichtlich Georgien vorliegen, ab.
Mit ihrem Antrag auf Zulassung der Berufung, den sie mit einem Antrag auf „ratenfreie Verfahrenskostenhilfe“ unter Beiordnung ihrer Bevollmächtigten verbunden hat, verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzbegehren weiter.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg. Die von der Klägerin geltend gemachten Berufungszulassungsgründe liegen nicht vor bzw. sind nicht gemäß den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG substantiiert dargelegt worden.
1. Die Berufung ist nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) zuzulassen.
Grundsätzliche Bedeutung in diesem Sinne setzt voraus, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung ist, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Dementsprechend verlangt die Darlegung der rechtsgrundsätzlichen Bedeutung nach § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG, dass eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert und aufgezeigt wird, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist; ferner muss dargelegt werden, worin die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung dieser Frage besteht. Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit und der Entscheidungserheblichkeit muss hinreichend substantiiert dargetan werden, warum die aufgeworfene Frage im Berufungsverfahren anders als nach den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zu entscheiden sein könnte (vgl. BayVGH, B.v. 8.12.2021 – 15 ZB 21.31689 – juris Rn. 4 m.w.N.; B.v. 16.3.2022 – 15 ZB 22.30278 – juris Rn. 17). Eine Grundsatzrüge, die sich auf tatsächliche Verhältnisse stützt, erfordert überdies die Angabe konkreter Anhaltspunkte dafür, dass die für die Entscheidung erheblichen Tatsachen etwa im Hinblick auf hierzu vorliegende gegensätzliche Auskünfte oder abweichende Rechtsprechung einer unterschiedlichen Würdigung zugänglich sind. Insoweit ist es Aufgabe des Rechtsmittelführers, durch die Benennung von bestimmten begründeten Informationen, Auskünften, Presseberichten oder sonstigen Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür darzulegen, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Bewertungen in der Zulassungsschrift zutreffend sind, so dass es zur Klärung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf (BayVGH, B.v. 16.3.2022 a.a.O.; SächsOVG, B.v. 15.9.2021 – 6 A 1078/19 A – juris Rn. 3 m.w.N.).
Hinsichtlich der von der Klägerin als grundsätzlich angesehene Frage,
„ob die Tatsache der doppelten (türkischen und georgischen) Staatsangehörigkeit innerhalb der Bundesrepublik Deutschland und der Europäischen Union uneinheitlich beurteilt wird und daher eine Rechtsunsicherheit und ein Verstoß gegen den Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG) vorliegt“,
wird in der Antragsbegründung ausgeführt, im Asylverfahren ihrer Schwester, die ebenfalls sowohl über die georgische als auch die türkische Staatsangehörigkeit verfüge, habe das Bundesamt die „Verfolgungssicherheit in Georgien abgelehnt und die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt“. Auch „das Hauptkommissariat für Geflüchtete und Staatenlose in Belgien“ habe „mit Bescheid vom 29.06.2021 dem türkischen und georgischen Staatsbürger … … aufgrund seiner Verfolgung wegen Mitgliedschaft in der FETO unter Ablehnung der Verfolgungssicherheit in Georgien die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt.“ Im Einzelnen werde zur Lage der Anhänger der Gülen-Bewegung in Georgien, zum mangelnden Schutz durch die georgische Regierung und zur erlebten Verfolgung durch den türkischen Geheimdienst (MIT) auf einen beigefügten Bericht der vorgenannten Person vom 21. Oktober 2021 verwiesen.
Hiermit vermag die Klägerin eine Berufungszulassung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht zu begründen.
Die Regelungen in §§ 3 ff. AsylG und § 60 Abs. 5, Abs. 7 AufenthG sind keine Ermessensnormen, die die Beklagte im Rahmen eines verbleibenden behördlichen Ermessens im Sinne einer Selbstbindung der Verwaltung zu einer mit dem Gleichheitssatz zu vereinbarenden Ermessensausübung anhalten. Es handelt sich vielmehr um gebundene Entscheidungen, die bei Einschlägigkeit des Tatbestands entsprechende Ansprüche auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, auf Zuerkennung subsidiären Rechtsschutzes oder auf Feststellung eines Abschiebungsverbots begründen, wenn der Anspruchstatbestand erfüllt ist, bzw. bei denen die Nichterfüllung der tatbestandlichen Voraussetzungen die Antragsablehnung zwingend zur Folge hat. Sollte – so nach Ansicht der Klägerin – der Fall ihrer Schwester vom Bundesamt richtig entschieden worden sein, sodass aufgrund des identischen Grundsachverhalts auch ihr ein Rechtsanspruch auf Zuerkennung eines entsprechenden Status zustünde, wäre allein deswegen eine grundsätzliche Bedeutung nach dem o.g. Begriffsverständnis nicht gegeben, zumal selbst ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (vgl. § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) – sollten diese mit dem Vorbringen der Sache nach dargelegt worden sein – im Asylrecht keinen Berufungszulassungsgrund gem. § 78 AsylG erfüllen. Soweit bei ihrer Schwester – bei unterstellter identischer Situation – zu Unrecht ein Status gem. §§ 3 ff. AsylG oder ein Abschiebungsverbot gem. § 60 Abs. 5 bzw. Abs. 7 Satz 1 AufenthG anerkannt worden sein sollte (vgl. Aktenvermerk des Bundesamts 23. Dezember 2019), erwüchse der Klägerin aus Art. 3 Abs. 1 GG kein subjektiv-öffentliches Recht darauf, ebenfalls – fehlerhaft – einen entsprechenden Status anerkannt zu bekommen. Der Gleichheitssatz vermag sich nicht gegen die Gesetzbindung der Verwaltung (Art. 20 Abs. 3 GG) durchzusetzen („keine Gleichheit im Unrecht“, vgl. BVerwG, U.v. 26.2.1993 – 8 C 20.92 – BVerwGE 92, 153 = juris Rn. 14 m.w.N.; BayVGH, B.v. 23.2.2022 – 6 ZB 21.2880 – juris Rn. 16; Kischel in: Epping/Hillgruber, GG-BeckOK; Stand: Februar 2022, Art. 3 Rn. 115 m.w.N.). Insofern fehlt der aufgeworfenen Frage die Entscheidungserheblichkeit.
Auch soweit die o.g. Frage auf die Klärung einer „Rechtsunsicherheit“ in der Umsetzung eines bestehenden georgisch-türkischen Auslieferungsabkommens bei der Betroffenheit von Anhängern der Gülen-Bewegung, die sich in Georgien aufhalten und die sowohl über die georgische als auch über die türkische Staatsangehörigkeit verfügen, abzielt, ergibt sich hieraus ebenso wie aufgrund der beiden weiteren im Schriftsatz vom 2. März 2022 als grundsätzlich angesehenen (insofern konkretisierenden) Fragen,
„ob eine Auslieferung gemäß Art. 49 des zwischen Georgien und der Türkei abgeschlossenen Vertrages über die gegenseitige Rechtshilfe zwischen der Republik Georgien und der Republik Türkei in Zivil-, Handels- und Strafsachen nicht nur zur Verbüßung der Strafe an die Vertragspartei (…), sondern bereits während des Strafverfahrens auf Ersuchen des türkischen Staates (…) möglich ist“ “, sowie
„wie die doppelte Staatsbürgerschaft in dem Vertrag über die gegenseitige Rechtshilfe der Republik Georgien und der Republik Türkei in Zivil-, Handels- und Strafsachen beurteilt wird“,
kein Grund für eine Berufungszulassung gem. § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG.
Das Verwaltungsgericht ist zu dem Ergebnis gekommen, dass eine Auslieferung der Klägerin durch Georgien an die Türkei nicht beachtlich wahrscheinlich ist (zu diesem Maßstab vgl. BVerwG, U.v. 22.5.2019 – 1 C 11/18 – NVwZ-RR 2019, 1018 = juris Rn. 17; B.v. 10.3.2021 – 1 B 2.21 – NVwZ-RR 2021, 687 = juris Rn. 8 m.w.N.), und hat dies in den Entscheidungsgründen des angegriffenen Urteils vom 18. Januar 2022 (UA S. 10 ff.) unter Auswertung diverser Erkenntnisquellen entscheidungstragend wie folgt begründet:
„bb) Eine Auslieferung der Klägerin durch Georgien an die Türkei ist ebenfalls nicht beachtlich wahrscheinlich.
(1) Nach Angaben des Auswärtigen Amtes regelt der Vertrag zwischen Georgien und der Republik Türkei über die gegenseitige Rechtshilfe in zivilen, geschäftlichen und strafrechtlichen Angelegenheiten in Art. 35 Abs. 1a, dass keine Auslieferung erfolgt, wenn die Person, deren Auslieferung ersucht wird, die Staatsangehörigkeit der ersuchten Vertragspartei hat. Die Klägerin hat nach ihrem eigenen Vortrag sowohl die georgische, als auch die türkische Staatsangehörigkeit. Bei einer Rückkehr nach Georgien ist aufgrund dieser vertraglichen Regelung nicht ersichtlich, dass der georgische Staat einen Staatsangehörigen aus seinem Schutzbereich entlässt und in die Türkei ausliefert.
Dem Auswärtigen Amt sind laut Auskunft vom 25. Juni 2021 keine Fälle bekannt geworden, in denen Bürger mit georgischer und türkischer Staatsangehörigkeit von Georgien an die Türkei ausgeliefert worden sind. Dies wurde durch die georgische Kriminalpolizei bestätigt. Auch wenn entsprechende Auslieferungen nicht ausgeschlossen werden könnten, erfüllt dies nicht den vorgenannten Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr.
Aus dem Umstand allein, dass das Auswärtige Amt Auslieferungen georgisch-türkischer Staatsangehöriger von Georgien in die Türkei nicht ausschließen kann, folgt nicht eine beachtliche Verfolgungsgefahr in dem Sinne, dass die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegensprechenden Tatsachen überwiegen (vgl. BVerwG, U.v. 22.5.2019 – 1 C 11/18 – juris Rn. 17). Anhaltspunkte, dass solche Auslieferungen praktiziert wurden, sind im entscheidungserheblichen Zeitpunkt weder substantiiert vorgetragen, noch anderweitig ersichtlich.
(2) Schließlich begründet sich eine Verfolgungsgefahr auch nicht aus der nach Vortrag der Klägerbevollmächtigten in Art. 35 Abs. 2 des Vertrages zwischen Georgien und der Republik Türkei über die gegenseitige Rechtshilfe in zivilen, geschäftlichen und strafrechtlichen Angelegenheiten enthaltenen Regelung, wonach auf Ersuchen eines der beiden Staaten ein Ermittlungsverfahren gegen eine Person im anderen Staat einzuleiten ist. Selbst wenn die Türkei Georgien dazu veranlassen würde, ein Ermittlungsverfahren gegen die Klägerin einzuleiten, würde dieses bereits deswegen nicht zu flüchtlingsrelevanter Verfolgung führen, weil nach aktueller Auskunftslage des Auswärtigen Amtes vom 25. Juni 2021 der Umstand, dass eine Person Anhänger der Gülen-Bewegung ist oder ihr eine solche Anhängerschaft nachgesagt wird, keinen Straftatbestand in Georgien darstellt (Gerichtsakte Bl. 58). Anhaltspunkte, dass Georgien eigene Staatsangehörige nach türkischem Recht verfolgen ließe, sind weder substantiiert vorgetragen noch anderweitig ersichtlich.
(3) Nichts Anderes folgt aus den Ausführungen der georgischen Rechtsanwältin hinsichtlich der Frage, ob georgisch-türkische Staatsangehörige auf Ersuchen in die Türkei ausgeliefert werden können. Es ist bereits nicht erkennbar, inwiefern der angeführte Art. 6.2 des georgischen Strafgesetzbuches auf die Klägerin Anwendung findet: Ausweislich des Wortlauts in der übersetzten Fassung bezieht sich dieser auf ausländische Staatsbürger und Staatenlose, die Klägerin ist aufgrund ihrer doppelten Staatsbürgerschaft aber georgische Staatsangehörige.
Sofern von der georgischen Rechtsanwältin ausgeführt wird, dass gemäß Art. 49 des zwischen Georgien und der Türkei abgeschlossenen Vertrages über die gegenseitige Rechtshilfe zwischen der Republik Georgien und der Republik Türkei in Zivil-, Handels- und Strafsachen, der sowohl bei eigenen als auch ausländischen Staatsbürgern Anwendung finde, Personen, die von einer der Vertragsparteien verurteilt wurden, vorbehaltlich gegenseitiger Vereinbarungen und der in diesem Vertrag vorgesehenen Bedingungen, zur Verbüßung ihrer Strafe an die Vertragspartei, deren Staatsbürger sie sind, überstellt werden, folgt daraus ebenfalls nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit die Gefahr einer Auslieferung der Klägerin von Georgien an die Türkei: Eine Verurteilung in Abwesenheit eines Angeklagten in der Türkei ist unzulässig, es sei denn er wurde zumindest einmal vom Gericht angehört, ansonsten kommen die Fristen für Verfolgungs- und Vollstreckungsverjährung zum Tragen (vgl. Auswärtiges Amt, Bericht über die asyl- und abschiebungsrelevante Lage in der Republik Türkei vom 3.6.2021, S. 13). Auf Nachfrage des Gerichts hat die Klägerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung angegeben, in der Türkei noch nicht von einem Richter verhört bzw. angehört worden zu sein (vgl. Protokoll S. 7). Mangels einer zumindest einmaligen gerichtlichen Anhörung der Klägerin in der Türkei ist eine Verurteilung im Hinblick auf die Anklageschrift aus dem Jahr 2018 aufgrund ihrer seit ihrer Ausreise am 18. Oktober 2018 ununterbrochen Abwesenheit in der Türkei nicht zu erwarten. Belegt wird dies im Übrigen durch die Angabe der Klägerin, das Strafverfahren in der Türkei laufe gegen sie weiter, die Verhandlungstage seien wegen ihrer Abwesenheit verlegt worden (vgl. Protokoll S. 6). Damit fehlt es an der für Art. 49 des zwischen Georgien und der Türkei abgeschlossenen Vertrages über die gegenseitige Rechtshilfe zwischen der Republik Georgien und der Republik Türkei in Zivil-, Handels- und Strafsachen erforderlichen Voraussetzung einer erfolgten Verurteilung.
(4) Schließlich ist eine befürchtete Auslieferung der Klägerin von Georgien an die Türkei auch nicht aufgrund der in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Dokumente beachtlich wahrscheinlich:
Die Artikel über die Entführung des „Zentralasien-Chefs“ aus Kirgisistan durch den türkischen Geheimdienst (vgl. Internetartikel „Anklage gegen FETOs sogenannten Zentralasien-Chef … … angenommen“ vom 27. Juli 2021) bzw. einer Auslieferung von Georgien an Russland (vgl. Internetartikel „Georgischer Staatsbürger an Russland ausgeliefert – Fall … …“ vom 10. April) sind ersichtlich nicht auf Auslieferungen Georgiens an die Türkei bezogen.
Auch aus dem vorgelegten Dokument des „Hauptkommissariats für Geflüchtete und Staatenlose – Anerkennung des Flüchtlingsstatus“ vom 29. Juni 2021 geht nicht hervor, aus welchen Gründen dem darin bezeichneten Georgier der Flüchtlingsstatus zuerkannt wurde.
Unter den im Artikel „Auslieferungsverkehr mit 109 Ländern für flüchtige FETO-Mitglieder“ vom 14. Juli 2021 bezeichneten 28 Ländern, die Personen an die Türkei ausgeliefert haben, ist nicht dargelegt, dass sich auch Georgien unter diesen befindet.
Auch aus den weiteren vorgelegten Dokumenten, die Aussagen des Sprechers des türkischen Präsidenten (vgl. Internetartikel „Kalin: FETO wird nirgendwo auf der Welt leicht atmen können“ vom 13. Juli 2018), der türkischen Botschafterin in Georgien (vgl. Internetartikel „Türkischer Botschafter in Tiflis Yazgan: FETO fühlt sich unwohl mit der Zusammenarbeit zwischen der Türkei und Georgien“ vom 15. Juli 2021) sowie des türkischen Premierministers (vgl. Internetartikel „Premierminister Yildirim: Wir werden die FETO-Frage in Georgien verfolgen“ vom 23. Mai 2017) beinhalten, folgt nicht, dass entgegen der Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 25. Juni 2021 Auslieferungen georgischer Staatsangehöriger an die Türkei erfolgen. Es ist entgegen der Angaben der Klägerin aus dem Artikel über die türkische Botschafterin in Tiflis nicht ersichtlich, dass eine Abmachung mit der Türkei bestehe, die problemlose Auslieferungen von Anhängern der Gülen-Bewegung ermögliche; vielmehr wird darin die Fortsetzung der gemeinsamen Arbeit mit der georgischen Seite betont (vgl. Internetartikel „Türkischer Botschafter in Tiflis Yazgan: FETO fühlt sich unwohl mit der Zusammenarbeit zwischen der Türkei und Georgien“ vom 15. Juli 2021). Gleiches gilt für die Artikel „Wir verurteilen die Entführung mutmaßlicher Gülenisten“ vom 17. November 2018 bzw. „Die Lizenz einer anderen FETOverbundenen Schule in Georgia wurde widerrufen“ vom 10. Juni 2020, in denen lediglich Ausführungen über Schließungen von Gülen-Schulen in Georgien enthalten sind und nicht über Auslieferungen georgischer Staatsangehöriger von Georgien an die Türkei sowie den Bericht „Verbundene IV- und V-Institutionen haben 52 Personen, die in Georgien Asyl beantragt haben, an ihre Heimatadressen gemeldet“ vom 22. Oktober 2020, dass Angaben zu Asylantragstellern in Georgien an deren Heimatadressen übermittelt wurden; die Klägerin ist insofern selbst (…) georgische Staatsangehörige und hat dort auch nicht Asyl beantragt.
Etwas Anderes folgt schließlich auch nicht aus den Berichten „Antrag auf Auslieferung des FETÖ-Mitglieds Cabuk in die Türkei von der georgischen Generalstaatsanwaltschaft“ vom 5. Februar 2018 bzw. „Die FETO-Operation, die in Georgien Steine in Filme verwandeln wird, von einem speziellen Team von 15 Personen!“ vom 5. Juni 2017. Aus diesen geht bereits nicht hervor, dass die bezeichneten Personen georgische Staatsangehörige sind. Weiterhin datieren die Artikel auf den 5. Juni 2017 bzw. den 5. Februar 2018, sind daher nicht mehr aktuell und folgt allein aus einem etwaigen Antrag auf Auslieferung eines Gülen-Mitglieds in die Türkei nicht die Durchführung einer solchen: Ausweislich der Auskunft vom 25. Juni 2021 sind dem Auswärtigen Amt keine Auslieferungen georgischer Staatsangehöriger an die Türkei bekannt geworden.
d) Im Übrigen hat die Beklagte angeordnet, dass die Klägerin nicht in die Türkei abgeschoben werden darf.“
Dem hat die Klägerin nichts Substanzielles entgegengesetzt. Ihre Bevollmächtigte führt in der Antragsbegründung aus, das Auswärtige Amt habe die Anfrage diesbezüglich nicht zureichend beantwortet. Nach der rechtlichen Beurteilung der georgischen Rechtsanwältin bestehe aufgrund der nicht eindeutigen Regelung der doppelten Staatsbürgerschaft in diesen Fällen eine Rechtsunsicherheit. Aufgrund der doppelten Staatsbürgerschaft könnte sie – die Klägerin – nach georgischem Recht als türkische Staatsbürgerin behandelt werden. Hiermit vermag die Klägerin eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache in einer den Anforderungen gem. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügenden Art und Weise nicht darzulegen. Bei einer maßgeblich auf tatsächliche Umstände gestützten Grundsatzrüge – hier bezüglich der Frage, ob in der Rechtspraxis der Umsetzung eines Auslieferungsabkommens zwischen Georgien und der Türkei eine Anhängerin der Gülen-Bewegung mit doppelter resp. georgischer und türkischer Staatsangehörigkeit nach dem relevanten Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit mit einer Verfolgung wegen der Gefahr ihrer Auslieferung von Georgien in die Türkei rechnen muss – genügt es nicht, die Feststellungen und Bewertungen des Ausgangsgerichts zu den Gegebenheiten im Herkunftsland (hier: Auslieferungspraxis in Georgien) bloß in Zweifel zu ziehen oder schlicht gegenteilige Behauptungen oder Mutmaßungen aufzustellen. Vielmehr muss durch Benennung bestimmter Erkenntnisquellen zumindest eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür dargelegt werden, dass nicht die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts, sondern die gegenteiligen Behauptungen in der Antragsbegründung zutreffend sind, sodass es zur Klärung der sich insoweit stellenden Fragen der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf (vgl. BayVGH, B.v. 31.1.2019 – 11 ZB 19.30197 – juris Rn. 2 m.w.N.; B.v. 2.10.2020 – 15 ZB 20.31851 – juris Rn. 10; OVG NW, B.v. 14.3.2018 – 13 A 341/18.A – juris Rn. 5 f.; vgl. auch BayVGH, B.v. 22.2.2018 – 20 ZB 17.30393 – juris Rn. 11; NdsOVG, B.v. 8.2.2018 – 2 LA 1784/17 – juris Rn. 4). Im vorliegenden Fall hat die Klägerin mit ihrer Antragsbegründung allerdings nicht substantiiert unter Berufung auf konkrete Erkenntnisquellen dargelegt, dass die Einschätzung des Verwaltungsgerichts zur mangelnden beachtlichen Wahrscheinlichkeit ihrer Auslieferung von Georgien in die Türkei falsch ist. Das trifft auch für den im Zulassungsverfahren vorgelegten (nicht unterzeichneten und in englischer Sprach verfassten) Bericht des als Absender angegebenen Prof. Dr. I. C. mit dem angegebenen Datum „October 21, 2021“ zu. Hierin geht es um die Betroffenheit von Bildungseinrichtungen in Georgien, die der Gülen-Bewegung nahestehen, um durch Geschehnisse und Begegnungen mit bestimmten Personen ausgelöste Befürchtungen des Autors vor einer Entführung durch den türkischen Geheimdienst MIT sowie allgemein um den von Türkei auf Georgien ausgeübten politischen Druck hinsichtlich Anhänger der Gülen-Bewegung in Georgien resp. auf deren Auslieferung an die Türkei. Dieses Schreiben enthält aber keine Aussage zu den in der Antragsbegründung als entscheidungsrelevant angesehenen Fragen mit der Zielrichtung, ob nach Maßgabe eines zwischen Georgien und der Türkei geschlossenen Vertrags die Auslieferung eines Anhängers der Gülen-Bewegung mit georgischer und türkischer Staatsangehörigkeit von Georgien an die Türkei, wahrscheinlich, möglich oder auch nur theoretisch möglich ist.
Mit allen drei aufgeworfenen Fragen greift die Klägerin letztlich ausschließlich die konkrete Rechtsanwendung / Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts an, das in Auswertung der vom Bundesamt beim Auswärtigen Amt eingeholten Stellungnahmen sowie der weiteren vorgelegten Erkenntnisquellen zu dem Ergebnis kam, dass im Falle ihrer Rückkehr nach Georgien keine beachtliche Wahrscheinlichkeit dafür bestehe, dass sie wegen ihrer Gülen-Anhängerschaft und des deswegen gegen sie in der Türkei eröffneten Strafverfahrens in die Türkei ausgeliefert wird und dass deswegen auch Ansprüche gem. §§ 3 ff. AsylG sowie § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG ausscheiden. Mit ihren Einwendungen wendet sich die Klägerin in der Sache mithin im Gewand einer Grundsatzrüge ausschließlich gegen die Richtigkeit der Entscheidung des Verwaltungsgerichts, was aber keinen im Asylverfahren vorgesehenen Zulassungsgrund darstellt (vgl. BayVGH, B.v. 22.5.2018 – 15 ZB 18.31025 – juris Rn. 9; B.v. 22.2.2022 – 15 ZB 22.30197 – juris Rn. 5; B.v. 16.3.2022 – 15 ZB 22.30278 – juris Rn. 22).
2. Auch der vorgebrachte Zulassungsgrund der Versagung rechtlichen Gehörs (§ 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V. mit § 138 Nr. 3 VwGO) liegt nach Maßgabe des gem. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG ausschlaggebenden Vortrags in der Antragsbegründung nicht vor.
Das rechtliche Gehör als prozessuales Grundrecht (Art. 103 Abs. 1 GG) sichert den Parteien ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung mit der Folge, dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können, insbesondere, dass sie mit ihren Ausführungen und Anträgen gehört werden (vgl. BVerfG, B.v. 30.4.2003 – 1 PBvU 1/02 – BVerfGE 107, 395 = juris Rn. 42). Es gewährleistet im Sinn der Wahrung eines verfassungsrechtlich gebotenen Mindestmaßes, dass ein Kläger die Möglichkeit haben muss, sich im Prozess mit tatsächlichen und rechtlichen Argumenten zu behaupten (vgl. BVerfG, B.v. 21.4.1982 – 2 BvR 810/81 – BVerfGE 60, 305 = juris Rn. 15). Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gibt einem Prozessbeteiligten das Recht, alles aus seiner Sicht Wesentliche vortragen zu können. Eine Verletzung des Grundsatzes liegt vor, wenn das Gericht einen entscheidungserheblichen Vortrag der Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen bzw. bei seiner Entscheidung nicht erwogen hat (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 20.11.1995 – 4 C 10.95 – NVwZ 1996, 378 = juris Rn. 13 m.w.N.; B.v. 2.5.2017 – 5 B 75.15 D – juris Rn. 11) oder einen entsprechenden Vortrag dadurch vereitelt hat, dass es unter Verstoß gegen das Prozessrecht den Beteiligten die Möglichkeit zu weiterem Vortrag abgeschnitten hat, und dieser übergangene bzw. vereitelte Vortrag nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des Gerichts entscheidungserheblich war (zum Ganzen – jeweils m.w.N. – vgl. BayVGH, B.v. 16.1.2019 – 15 ZB 19.30148 – juris Rn. 3; B.v. 5.12.2019 – 15 ZB 19.34099 – juris Rn. 9; B.v. 18.6.2020 – 15 ZB 20.30954 – juris Rn. 21; B.v. 16.3.2022 – 15 ZB 22.30278 – juris Rn. 11).
Die Klägerin begründet in ihrer Antragsbegründung die vermeintliche Verletzung des rechtlichen Gehörs mit der vom Verwaltungsgericht unterbliebenen Berücksichtigung ihres Vortrags hinsichtlich der ungleichen Rechtsanwendung von Trägern doppelter (georgischer und türkischer) Staatsangehörigkeit hinsichtlich der Gefahr der Auslieferung von Georgien in die Türkei. Es ist aber bereits oben unter 1. dargestellt worden, dass dieser Vortrag für ihr Klagebegehren schon nicht entscheidungserheblich ist. Schon deshalb scheidet eine Berufungszulassung wegen Verletzung des rechtlichen Gehörs aus.
Eine ausdrückliche oder implizite Rüge sonstiger Verfahrensverstöße i.S. von § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V. mit § 138 VwGO ist der Antragsbegründung nicht zu entnehmen.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).
4. Der zulässige Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe (§ 166 VwGO, § 114 ZPO) und Beiordnung ihrer Bevollmächtigten (§ 121 ZPO) ist nicht begründet. Das Ziel der Klägerin, die Zulassung der Berufung zu erreichen, hat aus den unter 1. und 2. genannten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg (§ 114 Abs. 1 Satz 1 ZPO).


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