Verwaltungsrecht

Asylrecht Uganda, In Deutschland geborenes Kind, Staatsangehörige Guinea-Bissaus

Aktenzeichen  RN 7 K 18.30160

Datum:
28.7.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 31023
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Regensburg
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 16a
AsylG § 3, § 4

 

Leitsatz

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. Gerichtskosten werden nicht erhoben. 
III. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Der streitgegenständliche Bescheid vom 9.1.2018 erweist sich hinsichtlich der Ziffern 1 – 3 als rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin hat im maßgeblichen Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (§ 77 Abs. 1 Satz 1 AsylG) keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Anerkennung als Asylberechtigte und die Zuerkennung des subsidiären Schutzstatus (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
Der Bescheid vom 9.1.2018 ist entgegen der Auffassung der Prozessbevollmächtigten nicht schon deswegen formell rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten, weil die gesetzlichen Vertreter der Klägerin, ihre Eltern, in dem Bescheid nicht genannt sind. Der Bescheid wurde nämlich an die im Verwaltungsverfahren bereits von den gesetzlichen Vertretern der Klägerin beauftragte Prozessbevollmächtigte der Klägerin selbst zugestellt.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§§ 60 Abs. 1 AufenthG, § 3 AsylG).
Nach § 3 Abs. 4 AsylG wird einem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt, wenn er Flüchtling im Sinne von § 3 Abs. 1 AsylG ist. Danach ist ein Ausländer Flüchtling im Sinne des Abkommens vom 28.7.1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559, 560), wenn er sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe (Nr. 1) außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet (Nr. 2), dessen Staatsangehörigkeit er besitzt und dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will (Buchst. a) oder in dem er als Staatenloser seinen vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt hatte und in das er nicht zurückkehren kann oder wegen dieser Furcht nicht zurückkehren will (Buchst. b). Nach § 60 Abs. 1 Satz 1 AufenthG darf ein Ausländer in diesen Fällen nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem er in o.g. Sinne bedroht ist.
Für die Beurteilung der Frage, ob die Furcht vor Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 AsylG begründet ist, gilt unabhängig davon, ob bereits eine Vorverfolgung stattgefunden hat, der einheitliche Maßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011 – 10 C 25.10 – juris Rn. 22). Eine Privilegierung des Vorverfolgten erfolgt aber durch die Beweiserleichterung des Art. 4 Abs. 4 der Qualifikationsrichtlinie (RL 2011/95/EU vom 13.12.2011, ABl. L 337 vom 20.12.2011 S. 9 ff.). Eine bereits erlittene Vorverfolgung, ein erlittener bzw. drohender sonstiger ernsthafter Schaden, sind danach ernsthafte Hinweise darauf, dass die Furcht vor Verfolgung begründet ist, bzw. dass ein Antragsteller tatsächlich Gefahr läuft, einen ernsthaften Schaden zu erleiden. Dies gilt nur dann nicht, wenn stichhaltige Gründe dagegen sprechen, dass der Ausländer erneut von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden bedroht wird. In der Vergangenheit liegenden Umständen ist damit Beweiskraft für ihre Wiederholung in der Zukunft beizumessen (vgl. auch OVG NW, U.v. 21.2.2017 – 14 A 2316/16.A – juris Rn. 24).
Es ist dabei Sache des Ausländers, die Gründe für seine Furcht vor politischer Verfolgung schlüssig vorzutragen (§ 25 Abs. 1 und 2 AsylG, Art. 4 Abs. 3 RL 2011/95/EU). Der Ausländer hat dazu unter Angabe genauer Einzelheiten einen in sich schlüssigen Sachverhalt zu schildern, aus dem sich bei Wahrunterstellung ergibt, dass bei verständiger Würdigung politische Verfolgung droht. Hierzu gehört u.a., dass der Ausländer zu den in seine Sphäre fallenden Ereignissen, insbesondere zu seinen persönlichen Erlebnissen, eine Schilderung abgibt, die geeignet ist, den behaupteten Anspruch lückenlos zu tragen. Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass der Schutzsuchende sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darlegen muss. Es obliegt dabei dem Schutz vor Verfolgung Suchenden, die Voraussetzungen hierfür glaubhaft zu machen. Er muss nachvollziehbar ma-chen, wieso und weshalb gerade er eine Verfolgung befürchtet. An der Glaubhaftmachung von Verfolgungsgründen fehlt es regelmäßig, wenn er im Laufe des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe unglaubhaft erscheinen oder er sein Vorbringen im Laufe des Asylverfahrens steigert, insbesondere, wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maß-gebend bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst spät in das Asylverfahren einführt. In der Regel kommt deshalb dem persönlichen Vorbringen des Asylbewerbers, seiner Persönlichkeit und Glaubwürdigkeit sowie der Art seiner Einlassung besondere Bedeutung zu (vgl. VG Augsburg, U.v. 13.12.2017 – Au 7 K 17.30060 unter Verweis auf BayVGH, U.v. 26.1.2012 – 20 B 11.30468 – jeweils zitiert nach juris).
Die Klägerin ist kein Flüchtling im Sinne der obigen Definition. Dem Sachvortrag der Klägerin ist nicht zu entnehmen, dass sie sich aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung außerhalb Ugandas befindet.
Auf der Grundlage ihres Vorbringens beim Bundesamt und in der mündlichen Verhandlung am 28.7.2021 bzw. des Vorbringens ihrer gesetzlichen Vertreter konnte die Klägerin nicht darlegen, dass sie vor ihrer Ausreise aus Uganda eine flüchtlingsrelevante Verfolgung erlitten hat oder ihr eine solche mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit unmittelbar droht.
Die am …2013 in P … in Deutschland geborene Klägerin kann sich offensichtlich nicht auf eine erlittene Vorverfolgung in Uganda, dem Herkunftsland ihrer Mutter berufen, nachdem sie hier in Deutschland geboren worden ist.
2. Auch die Voraussetzungen der Asylanerkennung der Klägerin gemäß Art. 16a Abs. 1 Grundgesetz (GG) sind nicht gegeben, da sich die Asylanerkennung und die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft lediglich dadurch unterscheiden, dass der Schutzbereich des § 3 AsylG weiter gefasst ist. Die strengeren Voraussetzungen für eine Anerkennung als Asylberechtigte liegen somit nach Ablehnung des Flüchtlingsschutzes ebenfalls nicht vor.
3. Die Klägerin besitzt auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 60 Abs. 2 AufenthG i.V.m. § 4 Abs. 1 AsylG.
Subsidiären Schutz erhält ein Ausländer, wenn er stichhaltige Gründe für die Annahme vor-gebracht hat, dass ihm in seinem Herkunftsland ein ernsthafter Schaden droht. Als ernsthaf-ter Schaden gilt die Verhängung oder Vollstreckung der Todesstrafe (§ 4 Abs. 1 Nr. 1 AsylG), Folter oder unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung (§ 4 Abs. 1 Nr. 2 AsylG) oder eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson infolge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts (§ 4 Abs. 1 Nr. 3 AsylG). Nach dem Vortrag der gesetzlichen Vertreter der Klägerin sind hierfür keine Anhaltspunkte gegeben und für das Gericht auch nicht ersichtlich.
Im Übrigen folgt das Gericht zur Vermeidung von Wiederholungen den Feststellungen der Begründung des angefochtenen Bescheids vom 9.1.2018 (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Soweit sich die Klage gegen Ziffern 4 – 6 des Bescheids vom 9.1.2018 richtet, wurde das Verfahren von dem streitgegenständlichen Verfahren abgetrennt und unter dem neuen Aktenzeichen RN 7 K 21.31001 fortgeführt.
Nach alledem war die Klage daher mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Gerichtskostenfreiheit folgt aus § 83b AsylG; deshalb ist auch die Festsetzung eines Streitwertes nicht veranlasst.
Die Entscheidung im Kostenpunkt war gemäß § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO für vorläufig vollstreckbar zu erklären.


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