Verwaltungsrecht

Asylverfahren, Zulassungsantrag, Asylbewerber, Beweisantrag, Leistungen, Berufung, Ausreise, Erkrankung, Gefahrenabwehr, Zulassung, Abschiebung, Herkunftsland, Gruppenverfolgung, Verletzung, Zulassung der Berufung, erniedrigende Behandlung, Antrag auf Zulassung der Berufung

Aktenzeichen  23 ZB 20.32507

Datum:
1.4.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 7399
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:

 

Leitsatz

Verfahrensgang

RO 16 K 20.30109 2020-11-06 Urt VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
Die geltend gemachten Zulassungsgründe eines Verfahrensmangels gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 Nr. 3 VwGO in Form der Versagung des rechtlichen Gehörs sowie der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG sind nicht i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG dargelegt bzw. liegen nicht vor.
1. Der Zulassungsantrag legt keine Verletzung des rechtlichen Gehörs dar.
Das prozessuale Grundrecht auf rechtliches Gehör, das verfassungsrechtlich in Art. 103 Abs. 1 GG und Art. 91 Abs. 1 BV sowie einfachgesetzlich in § 108 Abs. 2 VwGO garantiert ist, sichert den Beteiligten ein Recht auf Information, Äußerung und Berücksichtigung, so dass sie ihr Verhalten eigenbestimmt und situationsspezifisch gestalten können. Es soll insbesondere gewährleisten, dass die Beteiligten mit ihren Ausführungen und Anträgen vor Gericht gehört werden. Der Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs hat eine zweifache Ausprägung: Zum einen gibt es den Beteiligten Anspruch darauf, dass rechtzeitiges und möglicherweise erhebliches Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und bei der Entscheidung in Erwägung gezogen wird, soweit es aus verfahrens- oder materiell-rechtlichen Gründen nicht ausnahmsweise unberücksichtigt bleiben muss oder kann. Zum anderen untersagt es dem Gericht, der Entscheidung Tatsachen und Beweisergebnisse zugrunde zu legen, zu denen sich die Beteiligten nicht äußern konnten (vgl. BayVGH, B.v. 9.8.2018 – 8 ZB 18.31801 – juris Rn. 12 m.w.N.).
Das rechtliche Gehör ist allerdings erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall klar ergibt, dass das Gericht dieser Pflicht nicht nachgekommen ist, weil es Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder es bei seiner Entscheidung nicht erwogen hat. Grundsätzlich ist deshalb davon auszugehen, dass das Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Das Gericht ist auch nicht verpflichtet, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen.
Das Gericht muss die Parteien auch nicht vorab auf seine Rechtsauffassung oder die beabsichtigte Würdigung ihres Vortrags hinweisen, weil sich die tatsächliche und rechtliche Würdigung regelmäßig erst aufgrund der abschließenden Beratung ergibt. Eine unzulässige Überraschungsentscheidung liegt nur dann vor, wenn es einen bis dahin nicht erörterten rechtlichen oder tatsächlichen Gesichtspunkt zur Grundlage der Entscheidung macht und damit dem Rechtsstreit eine Wendung gibt, mit der auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter nach dem bisherigen Prozessverlauf nicht zu rechnen brauchte. Aus dem Prozessgrundrecht des Art. 103 Abs. 1 GG folgt dagegen keine allgemeine Frage-, Hinweis und Aufklärungspflicht des Gerichts.
Weiter ist die Rüge eines Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 1 GG nur dann hinreichend substantiiert, wenn dem Vorbringen auch entnommen werden kann, was die Partei bei ausreichender Gewährung rechtlichen Gehörs vorgetragen hätte, denn nur dann kann geprüft und entschieden werden, ob die angegriffene Entscheidung auf dem Gehörsverstoß beruht.
Abzugrenzen ist der Anspruch auf rechtliches Gehör von dem Gebot rechtsfehlerfreier Überzeugungsbildung bzw. ordnungsgemäßer Sachverhalts- und Beweiswürdigung. Einwände gegen die tatrichterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung gemäß § 108 Abs. 1 Satz 1 VwGO in Bezug auf den ermittelten Sachverhalt können die Annahme eines Gehörsverstoßes grundsätzlich nicht begründen. Das rechtliche Gehör ist auch nicht schon dann verletzt, wenn das Gericht zu einer unrichtigen Tatsachenfeststellung gekommen ist. Auch die bloße Behauptung, das Gericht habe einem Umstand nicht die zutreffende Bedeutung für weitere tatsächliche oder rechtliche Schlussfolgerungen beigemessen oder es habe es versäumt, Beweis zu erheben, vermag einen Gehörsverstoß nicht zu begründen (vgl. zum Ganzen BayVGH, B.v. 24.3.2021 – 23 ZB 21.30191).
1.1 Soweit der Kläger eine unzulässige Versagung des rechtlichen Gehörs rügt, weil das Verwaltungsgericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag gestellt habe, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Prozessbeteiligter auch unter Beachtung der Vielfalt vertretbarer Rechtsauffassungen nach dem Prozessverlauf nicht habe rechnen müssen, wird damit kein Gehörsverstoß dargelegt.
Das Verwaltungsgericht ist in dem angefochtenen Urteil zu der Überzeugung gelangt, dass das Vorbringen des Klägers in der mündlichen Verhandlung am 2. November 2020, er befürchte bei einer Rückkehr nach Äthiopien von Privatleuten, Mitgliedern der ehemaligen Regierung, die jetzt als Geschäftsleute tätig seien, verfolgt zu werden, da ihm diese vor seiner Ausreise, als er noch im Untergrund für die Partei „Ginbot 7“ tätig gewesen sei, Regierungsgeheimnisse anvertraut hätten (Protokoll über die mündliche Verhandlung vom 2.11.2020 S. 19-22), nicht der Wahrheit entspreche. Es hat diesen Sachvortrag als nicht glaubhaft erachtet, weil er nicht nachvollziehbar, oberflächlich, vage und widersprüchlich sei, und dies im Einzelnen näher begründet (UA S. 14 f.). Hiergegen wendet sich der Zulassungsantrag ohne Erfolg.
Ein zur Zulassung der Berufung gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG i.V.m. § 138 VwGO führender Verfahrensfehler in Form einer Gehörsverletzung ist damit nicht dargetan, weil die Glaubhaftigkeit des darauf bezogenen klägerischen Sachvortrags bereits nicht entscheidungserheblich für das angefochtene Urteil des Verwaltungsgerichts war. Es hat auch für den Fall, dass man das Vorbringen insoweit als glaubhaft bewerten würde, einen Anspruch des Klägers auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft (§ 3 AsylG) bzw. auf subsidiären Schutz (§ 4 AsylG) verneint, weil dieser diesbezüglich auf eine inländische Schutzalternative (§ 3e AsylG) zu verweisen sei (UA S. 15, S. 18 f.).
Unabhängig hiervon liegt darin auch kein Gehörsverstoß. Das Verwaltungsgericht hat den diesbezüglichen Vortrag des Klägers zur Kenntnis genommen und in seinem Urteil ausführlich gewürdigt, daraus aber andere Schlussfolgerungen gezogen, als sie der Kläger für richtig hält. Dies begründet jedoch keine Gehörsverletzung. Damit wendet sich der Kläger vielmehr ersichtlich gegen die Sachverhalts- und Beweiswürdigung des Verwaltungsgerichts, der er widerspricht und die er für unzutreffend hält (Zulassungsantrag vom 20.12.2020 S. 2-5), was aber keine Frage des rechtlichen Gehörs darstellt, sondern allenfalls Zweifel an der inhaltlichen Richtigkeit der Entscheidung begründen könnte, die im asylrechtlichen Verfahren aber nicht zur Zulassung der Berufung führen.
Auch legt der Zulassungsantrag keine Anhaltspunkte dafür dar, dass ausnahmsweise zur Vermeidung einer unzulässigen sog. Überraschungsentscheidung ein Hinweis des Verwaltungsgerichts auf die voraussichtliche Würdigung des klägerischen Vortrags im Hinblick auf dessen Glaubwürdigkeit geboten gewesen wäre. Das Gericht ist grundsätzlich nicht verpflichtet darauf hinzuweisen, dass es Vorbringen eines Beteiligten als unplausibel und widersprüchlich erachtet und darauf seine Entscheidung zu stützen beabsichtigt. Das folgt schon daraus, dass i.d.R. die Beweiswürdigung, das daraus folgende Beweisergebnis und die daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen der abschließenden Schlussberatung des Gerichts vorbehalten bleiben und sich deshalb der vorherigen Erörterung mit den Beteiligten entziehen. Dies gilt auch im Asylprozess. Zudem obliegt es im Asylverfahren zunächst dem Asylbewerber, sein Asylvorbringen vollständig, plausibel und widerspruchsfrei zu schildern (vgl. BVerwG, B.v. 26.11.2001 – 1 B 347.01 u.a. – juris Rn. 5). Vielmehr versucht der Kläger nur (Zulassungsantrag vom 20.12.2020 S. 2-5), seine eigene Bewertung der von ihm in der mündlichen Verhandlung geschilderten angeblichen Ereignisse an die Stelle der Beurteilung durch das Verwaltungsgericht zu setzen.
1.2 Auch soweit der Kläger, der neben einer Augenerkrankung (Keratokonus Grad II) an einer Schilddrüsenerkrankung leidet und deshalb auf die dauerhafte Einnahme von L-Thyroxin angewiesen ist, eine Versagung des rechtlichen Gehörs darin sieht, dass das Verwaltungsgericht die beiden von ihm in der mündlichen Verhandlung unbedingt gestellten Beweisanträge, mit denen er beantragt hat,
1. Zum Beweis der Tatsache, dass das Medikament L-Thyroxin in Äthiopien nicht dauerhaft verfügbar ist und die dauerhafte Verfügbarkeit dieses Medikaments aufgrund momentan herrschender Corona-Pandemie und der Heuschreckenplage derzeit und in absehbarer Zeit sehr eingeschränkt ist, eine Auskunft des Auswärtigen Amtes, hilfsweise ein Sachverständigengutachten einzuholen.
2. Zum Beweis der Tatsache, dass es dem Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien nicht möglich sein wird, die finanziellen Mittel aufzubringen, die zum einen für eine lebenslange Behandlung mit dem Medikament L-Thyroxin und zum anderen für die auch in Zukunft regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen anfallen werden, eine Auskunft des Auswärtigen Amtes, hilfsweise ein Sachverständigengutachten hinsichtlich der Kosten für das Medikament L-Thyroxin und der voraussichtlichen Behandlungskosten einzuholen.
prozessordnungswidrig abgelehnt habe, wird damit kein Gehörsverstoß dargelegt.
Zwar kann auch die Ablehnung eines als sachdienlich und erheblich anzusehenden Beweisantrages einen Verstoß gegen das rechtliche Gehör darstellen, wenn sie im Prozessrecht keine Stütze mehr findet, sondern willkürlich ist (vgl. BVerwG, B.v. 20.12.2010 – 5 B 38.10 – juris Rn. 18 m.w.N.). Dass dies vorliegend der Fall war, legt der Zulassungsantrag jedoch nicht substantiiert dar.
a) Das Verwaltungsgericht hat den Beweisantrag zu 1. mit der Begründung abgelehnt, dass das Medikament L-Thyroxin laut Auskunft von MedCOI vom 24. Februar 2020 in Äthiopien verfügbar sei. Damit sei das Gericht hinsichtlich der Frage der Verfügbarkeit des Medikaments ausreichend sachkundig. Die Frage, ob das Medikament dauerhaft verfügbar sein werde, stelle sich im Rahmen eines Abschiebungsverbots nach § 60 Abs. 7 AufenthG so nicht. Hinsichtlich der Frage, ob wegen der herrschenden Corona-Pandemie und der Heuschreckenplage die Verfügbarkeit des Medikaments derzeit eingeschränkt sei, sei nicht substantiiert vorgetragen worden, dass das Medikament L-Thyroxin entgegen der Aussage von MedCOI nur eingeschränkt verfügbar sei. Die hierzu vom Kläger angeführten Erkenntnismittel enthielten lediglich Mutmaßungen und Spekulationen, jedoch keine konkreten Anhaltspunkte.
Auf die Gegenvorstellung des Klägerbevollmächtigten, die Auskunft von MedCOI vom 24. Februar 2020 sei veraltet, da aus dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes, Stand Februar 2019, S. 21, hervorgehe, dass die Medikamentenverfügbarkeit in Äthiopien von der wirtschaftlichen Situation abhängig sei, aufgrund der Corona-Lage sei die Wirtschaft momentan besonders geschwächt, sodass der Import des Medikaments sich als besonders schwierig gestalte, hat das Verwaltungsgericht ergänzend ausgeführt (UA S. 26 f.), dass sich denknotwendig weder aus dem Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 8. April 2019 noch aus dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Artikel aus dem Ethiopian Business Review Magazine vom 15. April 2018 ergeben könne, dass die spätere Auskunft von MedCOI vom 24. Februar 2020 veraltet sei. Dass das Medikament wegen zwischenzeitlich eingetretener Umstände nicht mehr verfügbar sein solle, hätte substantiiert vorgetragen werden müssen. Der pauschale Hinweis auf die Corona-Pandemie und auf die Heuschreckenplage genüge nicht den Anforderungen an einen substantiierten Vortrag. Das vom Kläger vorgelegte ärztliche Attest vom 15. Oktober 2020 sage lediglich aus, dass die Versorgung des Klägers mit dem Medikament L-Thyroxin ggf. nicht gewährleistet sein könne, treffe aber keinerlei definitive Aussage hinsichtlich der Verfügbarkeit des Medikamentes in Äthiopien.
Hiergegen ist rechtlich nichts zu erinnern.
Das Tatsachengericht darf einen auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens oder einer amtlichen Auskunft gerichteten Beweisantrag insbesondere in asylgerichtlichen Verfahren, in denen regelmäßig eine Vielzahl amtlicher Auskünfte und sachverständiger Stellungnahmen über die politischen Verhältnisse im Heimatstaat zum Gegenstand des Verfahrens gemacht werden, im Allgemeinen nach tatrichterlichem Ermessen mit dem Hinweis auf eigene Sachkunde verfahrensfehlerfrei ablehnen und die Gefährdungsprognose im Einzelfall auf der Grundlage einer tatrichterlichen Beweiswürdigung eigenständig vornehmen. Eine solche Würdigung findet ihre Grundlage im Prozessrecht und verletzt weder das rechtliche Gehör noch die richterliche Aufklärungspflicht, wenn die in das Verfahren eingeführten Erkenntnisse zur Beurteilung der geltend gemachten Verfolgungsgefahren ausreichen und dies spätestens im Rahmen der in der Entscheidung vorzunehmenden Beweiswürdigung dargestellt und belegt wird; dann kann das Gericht einen Beweisantrag auf Einholung weiterer Auskünfte unter Berufung auf eigene Sachkunde verfahrensfehlerfrei ablehnen. Auch die Pflicht zur „tagesaktuellen“ Erfassung der entscheidungsrelevanten Tatsachengrundlage ändert dabei nichts daran, dass die Frage, ob das Tatsachengericht die Einholung neuer Erkenntnisse für erforderlich erachtet, seiner nur eingeschränkt überprüfbaren fachgerichtlichen Einschätzung unterliegt (vgl. BVerwG, B.v. 17.9.2019 – 1 B 43.19 – juris Rn. 45 m.w.N.). Es hängt von den Umständen des Einzelfalls, insbesondere den jeweils in tatsächlicher Hinsicht in dem Verfahren in Streit stehenden Einzelfragen, ab, wie konkret das Gericht seine eigene Sachkunde nachweisen muss und inwieweit sich diese aus dem Gesamtinhalt der Entscheidungsgründe und der verarbeiteten Erkenntnisquellen ableiten lässt. Der Nachweis muss jedenfalls plausibel und nachvollziehbar sein. Schöpft das Gericht seine besondere Sachkunde aus vorhandenen Gutachten und amtlichen Auskünften, so muss der Verweis hierauf dem Einwand der Beteiligten standhalten, dass in diesen Erkenntnisquellen keine, ungenügende oder widersprüchliche Aussagen zur Bewertung der aufgeworfenen Tatsachenfragen enthalten sind (BVerwG, B.v. 17.9.2019 a.a.O. Rn. 46). Diese Begründung ist im rechtlichen Ansatz ebenso verfahrensfehlerfrei wie der § 98 VwGO i.V.m. § 412 ZPO entlehnte Maßstab für die Ablehnung der Einholung weiterer bzw. ergänzender Gutachten, es sei nicht substantiiert dargetan, die beantragte Beweiserhebung werde bessere oder andere Erkenntnisse bringen als die zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Materialien (BVerwG, B.v. 17.9.2019 a.a.O. Rn. 48).
Ein Beweisantrag ist darüber hinaus unzulässig und kann abgelehnt werden, wenn es sich um einen Ausforschungs- und Beweisermittlungsantrag handelt, wenn er also nur zum Ziel hat, erst Zugang zu einer bestimmten Informationsquelle zu erlangen, um auf diesem Wege Anhaltspunkte für neuen Sachvortrag zu gewinnen. Auch Beweisanträge, die so unbestimmt sind, dass im Grunde erst die Beweiserhebung selbst die entscheidungserheblichen Tatsachen und Behauptungen aufdecken kann, müssen regelmäßig dem Gericht eine weitere Sachaufklärung nicht nahelegen und können als unsubstantiiert abgelehnt werden. Das ist dann der Fall, wenn für den Wahrheitsgehalt der Beweistatsache nicht wenigstens eine gewisse Wahrscheinlichkeit spricht, d.h. wenn sie mit anderen Worten ohne greifbare Anhaltspunkte willkürlich „aus der Luft gegriffen“, „ins Blaue hinein“, also „erkennbar ohne jede tatsächliche Grundlage“ behauptet worden sind. Welche Anforderungen vom Tatsachengericht an die Substantiierung gestellt werden dürfen, bestimmt sich zum einen danach, ob die zu beweisende Tatsache in den eigenen Erkenntnisbereich des Beteiligten fällt, und zum anderen nach der konkreten prozessualen Situation (vgl. BVerwG, B.v. 17.9.2019 – 1 B 43.19 – juris Rn. 55 m.w.N.).
Nach diesen Maßstäben hat das Verwaltungsgericht den Beweisantrag zu 1. ohne Verstoß gegen Prozessrecht abgelehnt, weil das Medikament L-Thyroxin laut Auskunft von MedCOI vom 24. Februar 2020 in Äthiopien verfügbar ist und der Kläger nicht substantiiert vorgetragen hat, dass die Verfügbarkeit des Medikaments infolge der Corona-Pandemie und der Heuschreckenplage derzeit eingeschränkt wäre, auf die dauerhafte Verfügbarkeit kommt es insoweit nicht entscheidungserheblich an. Mit dem Zulassungsantrag wiederholt der Kläger lediglich sein bereits durch das Verwaltungsgericht entkräftetes Vorbringen, dass die Auskunft von MedCOI vom 24. Februar 2020 aufgrund des Lageberichts des Auswärtigen Amtes vom Februar 2019 (S. 21), wonach es bei bestimmten Medikamenten immer wieder zu Versorgungsengpässen komme, sowie infolge der derzeitigen Corona-Pandemie und Heuschreckenplage überholt sei. Es liegt auf der Hand, dass eine vom 24. Februar 2020 stammende Auskunft nicht durch eine ein Jahr ältere Auskunft überholt worden sein kann. Für seine pauschale Behauptung, das Medikament L-Thyroxin sei infolge der Corona-Pandemie und der Heuschreckenplage in Äthiopien nicht verfügbar, gibt es keinerlei Anhaltspunkte. Neben der Sache liegt sein Hinweis darauf, dass er vorrangig die Einholung einer Auskunft des Auswärtigen Amtes und keinen Sachverständigenbeweis beantragt habe, den das Verwaltungsgericht mit eigener Sachkunde ablehnen hätte können.
b) Das Verwaltungsgericht hat den Beweisantrag zu 2. mit der Begründung abgelehnt, dass er sowohl hinsichtlich der Frage, ob der Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien die finanziellen Mittel für die lebenslange Behandlung mit dem Medikament L-Thyroxin aufbringen könne, als auch hinsichtlich der Frage, ob dies in Bezug auf die in Zukunft anfallenden regelmäßigen ärztlichen Untersuchungen der Fall sei, unsubstantiiert sei. Allein aufgrund der Tatsache, dass medizinische Leistungen und Behandlungen in Äthiopien vom Patienten zu bezahlen seien, könne nicht angenommen werden, dass diese hohe Kosten verursachen würden bzw. dass sich der Kläger diese nicht leisten könne. Darüber hinaus sei nicht hinreichend dargelegt worden, warum die finanzielle Situation des Klägers in Äthiopien im Falle der Rückkehr schlecht sein solle. Der 1981 geborene Kläger, der zwei Studiengänge in Äthiopien absolviert habe und über 15 Jahre Berufserfahrung verfüge und vor seiner Ausreise trotz seiner Augenerkrankung, die mit Hilfe einer Brille korrigiert worden sei, in hoher Position in einer Bank gearbeitet habe sowie in Deutschland als Helfer in einem Krankenhaus tätig sei, sei erwerbsfähig und verfüge auch über ein familiäres Netzwerk in Äthiopien. Hinsichtlich der ärztlichen Untersuchungen sei nicht substantiiert dargelegt, dass der Kläger auch in Zukunft auf solche angewiesen sei. Die vorgelegten Atteste erfüllten nicht die Anforderungen, die an die Darlegung eines krankheitsbedingten Abschiebungsverbots zu stellen seien.
Auch insoweit ist rechtlich nichts zu erinnern. Wenn der Kläger gegen die Ablehnung des Beweisantrags zu 2. vorträgt, dieser sei darauf gerichtet gewesen, die Höhe der Medikamenten- und Behandlungskosten in Erfahrung zu bringen, da diese bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht bekannt gewesen seien, ist ihm entgegen zu halten, dass sein anwaltlicher Vertreter keinen derartigen Beweisantrag gestellt hat. Vielmehr hat er die Tatsache unter Beweis gestellt, dass es dem Kläger bei Rückkehr nach Äthiopien nicht möglich sein werde, die Kosten für das Medikament L-Thyroxin bzw. für ärztliche Untersuchungen aufzubringen. Diesbezüglich ist es aber nicht zu beanstanden, dass das Verwaltungsgericht den Beweisantrag zu 2. als unsubstantiiert abgelehnt hat, da die unter Beweis gestellten Tatsachen ohne greifbare Anhaltspunkte schlicht von ihm behauptet wurden. Wenn sich der Kläger gegen die Annahme des Verwaltungsgerichts wendet, dass er nach seiner Rückkehr nach Äthiopien trotz seiner Augenerkrankung und seiner langen Abwesenheit wieder erwerbstätig sein bzw. auf die Unterstützung seiner Geschwister zurückgreifen könne, sind diese Angriffe gegen die Beweiswürdigung nicht geeignet, die Prozessordnungswidrigkeit der Ablehnung des Beweisantrags zu 2. zu belegen.
2. Der Zulassungsantrag legt auch keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache dar.
Der Zulassungsgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG setzt voraus, dass der Rechtsmittelführer erstens eine konkrete und gleichzeitig verallgemeinerungsfähige Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert, zweitens ausführt, aus welchen Gründen diese klärungsfähig ist, also für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts entscheidungserheblich war, und drittens erläutert, aus welchen Gründen sie klärungsbedürftig ist, mithin aus welchen Gründen die ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zur Weiterentwicklung des Rechts geboten ist und ihr eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt. Die Grundsatzfrage muss zudem anhand des verwaltungsgerichtlichen Urteils rechtlich aufgearbeitet sein. Dies erfordert regelmäßig, dass der Rechtsmittelführer die Materie durchdringt und sich mit den Erwägungen des Verwaltungsgerichts auseinandersetzt. Bei einer auf tatsächliche Verhältnisse gestützten Grundsatzrüge muss der Rechtsmittelführer zudem Erkenntnisquellen zum Beleg dafür angeben, dass die Feststellungen, Erkenntnisse und Einschätzungen des Verwaltungsgerichts unzutreffend oder zumindest zweifelhaft sind (vgl. BayVGH, B.v. 10.12.2020 – 23 ZB 20.32264 – Rn. 10 m.w.N.). Dem wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht.
2.1 Soweit die Klägerseite die Frage aufwirft,
„ob sich die politische Situation in Äthiopien seit 2019 in einer Weise verändert und verschlechtert hat, dass eine Ausnahme von der Beweiserleichterung für Vorverfolgte gem. Art. 4 Abs. 4 der RL 2011/95/EU unter Verweis auf die in den Entscheidungen des BayVGH vom 13.2.2019 – 8 B 17.31645 und vom 12.03.2019 – 8 B 18.30274 festgestellte Verbesserung der Lage nicht mehr gerechtfertigt ist“,
fehlt es jedenfalls an der Klärungsbedürftigkeit der gestellten Frage.
Das Verwaltungsgericht hat offengelassen, ob das Vorbringen vor dem Bundesamt, der Kläger befürchte eine Verfolgung wegen seiner Mitgliedschaft in der Partei „Ginbot 7“ und dem Sammeln von Spenden für diese, als glaubhaft anzusehen sei und ob die von ihm geschilderten Geschehnisse als Vorverfolgung i.d.S. zu bewerten seien, da der Kläger in der mündlichen Verhandlung erklärt hat, er habe deshalb keine Probleme in Äthiopien gehabt, sondern das Land aus medizinischen Gründen verlassen.
Es hat vielmehr unter Verweis auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs darauf abgestellt, dass auch bei Wahrunterstellung einer Vorverfolgung dies nicht zur Annahme einer beachtlich wahrscheinlichen Verfolgungsgefahr führe, da aufgrund der positiven Veränderungen in Äthiopien die sich aus Art. 4 Abs. 4 RL 2011/95/EU ergebende Vermutung widerlegt sei (UA S. 10 ff.). Die gestellte Frage war somit für das Erstgericht entscheidungserheblich.
Doch ist die vom Kläger formulierte Frage nicht mehr klärungsbedürftig, da sie auf der Grundlage der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs auch ohne Durchführung eines (nochmaligen) Berufungsverfahrens beantwortet werden kann. Danach sprechen aufgrund der grundlegenden Änderung der politischen Verhältnisse in Äthiopien seit April 2018 und infolge der daraus resultierenden Situation für (frühere) Oppositionelle stichhaltige Gründe dagegen, dass sich die behauptete Vorverfolgung wiederholt, sodass der Kläger allein aufgrund seiner tatsächlichen oder vermeintlichen politischen Überzeugung oder wegen angeblich regierungskritischer Handlungen nicht mehr mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung i.S.d. § 3a AsylG bzw. einen ernsthaften Schaden i.S.d. § 4 Abs. 1 AsylG befürchten muss (vgl. etwa BayVGH, U.v. 13.2.2019 – 8 B 18.30257; B.v. 1.9.2020 – 23 ZB 20.31436); eine Feststellung der Dauerhaftigkeit dieser Änderung wird dabei nicht vorausgesetzt (vgl. BVerwG, B.v. 17.9.2019 – 1 B 43.19 – juris Rn. 9 ff.).
An dieser Einschätzung vermag der Vortrag der Klägerseite nichts zu ändern. Soweit der Kläger hierzu auf diverse Berichte (Amnesty International „Beyond Law Enforcement, Human Rights violations by Ethiopian security forces in Amhara and Oromia“ vom 29.5.2020, vom 14.4.2020 und 18.7.2020; UNHCR (Rupert Colville), Press Briefing Note on Ethiopia vom 3.7.2020; Der Spiegel, Ethnische Gewalt nach Tod von Hachalu Hundeessa vom 20.7.2020; Gesellschaft für bedrohte Völker vom 1.7.2020 und vom 3.7.2020; Interview mit Abiy Ahmed im Economist; www.giga-hamburg.de vom Oktober 2019; ayyaaantuu.org (ohne Datum); Finnfinne Tribune vom 2.7.2020; bpb.de vom 21.9.2020) hinweist, ohne diese jedoch dem Senat vorzulegen, wonach es zu extralegalen Tötungen, willkürlichen Verhaftungen und Inhaftierungen, Folter und anderen Misshandlungen, Vertreibungen und Zerstörungen in Oromia sowie in Amharia gekommen sei, legt er damit schon nicht dar, inwiefern er selbst von den Auseinandersetzungen betroffen gewesen sein sollte und deshalb (erneut) ins Visier der Sicherheitskräfte geraten könnte.
Im Übrigen ergibt sich aus den von ihm zitierten Erkenntnisquellen nicht, wie von ihm behauptet, dass die bisherige Einschätzung des Senats hinsichtlich der Gefahr einer politisch bedingten Verfolgung von Rückkehren in Äthiopien als Folge einer früheren Verfolgung durch eine grundlegende Verschlechterung der maßgeblichen Umstände in einem Berufungsverfahren einer erneuten Prüfung zu unterziehen wäre. Die vom Kläger angeführten Berichte enthalten auch keinerlei Aussagen dazu, dass Personen wegen einer früheren oppositionellen Tätigkeit oder einer Flucht ins Ausland Nachteile zu befürchten hätten. Auch die Zulassungsschrift verhält sich dazu nicht. Verhaftungen auch einer größeren Anzahl von Personen nach erheblichen gewaltsamen Unruhen stellen für sich noch keine Verfolgung dar und belegen insbesondere keine allgemeine Verfolgungsgefahr für den Kläger. Ansonsten wird in der Zulassungsschrift v.a. auf ethnische Konflikte im Zusammenhang mit Oromos abgestellt, die jedoch in keinem Zusammenhang mit einer konkreten Verfolgungsgefahr für den Kläger, bei dem es sich im Übrigen um einen Amharen handelt, stehen.
Unabhängig hiervon liegt der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bereits zugrunde, dass es sich bei den vom Kläger angeführten Vorkommnissen in erster Linie um ethnische Konflikte zwischen Oromo und anderen Volksgruppen sowie um Auseinandersetzungen zwischen militanten Oromo und Sicherheitskräften handelt, auf die der äthiopische Staat im Rahmen der allgemeinen Gefahrenabwehr bzw. der Strafverfolgung reagiert, nicht aber um die gezielte Verfolgung oppositioneller Oromo (vgl. BayVGH, B.v.12.5.2020 – 23 ZB 20.30635 – Rn. 8; B.v. 3.9.2020 – 23 ZB 20.31624 – Rn. 12; B.v. 30.9.2020 – 23 ZB 20.31855 – Rn. 9). Auch gibt es keine Anhaltspunkte für eine Gruppenverfolgung von Oromo (vgl. BayVGH, B.v. 1.9.2020 – 23 ZB 20.31436 – Rn. 18; B.v. 30.9.2020 – 23 ZB 20.31855). Ebenso ist in der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs bereits berücksichtigt, dass sich der Konflikt zwischen der äthiopischen Regierung und der „Oromo Liberation Front“ (OLF) in der Vergangenheit zwischenzeitlich verschärft hatte und es dabei auch zu gewalttätigen Zusammenstößen gekommen war (vgl. BayVGH, U.v. 13.2.2019 – 8 B 17.31645 – juris Rn. 45; B.v. 3.7.2019 – 8 ZB 19.32327 – Rn. 11), ebenso wie die Würdigung, dass es sich bei diesen Auseinandersetzungen – unter anderem – von Angehörigen der OLF mit staatlichen Stellen beziehungsweise dem Militär nicht um eine gezielte Verfolgung gegen Oppositionelle allein wegen ihrer politischen Überzeugung handelt, sondern um Maßnahmen zur Ahndung kriminellen Unrechts oder zur Abwehr allgemeiner Gefahren (vgl. BayVGH, B.v. 30.9.2020 – 23 ZB 20.31855 – Rn. 9).
2.2 Hinsichtlich der weiter von Klägerseite aufgeworfenen Frage,
„ob die Bewertung eines klägerischen Vortrags in der mündlichen Verhandlung als unglaubwürdig anhand bestimmter Kriterien wie „Vagheit“, „Oberflächlichkeit“ oder „Präzision“ zulässig ist, wenn keinerlei Maßstäbe für die Bewertung dieser Kriterien offengelegt werden,“
fehlt es bereits an der Klärungsfähigkeit der darin enthaltenen Fragen, denn die Frage der Glaubhaftigkeit des klägerischen Vorbringens war bereits nicht entscheidungserheblich für das angefochtene Urteil. Das Verwaltungsgericht hat in den Entscheidungsgründen ausdrücklich offengelassen, ob der Vortrag des Klägers über das, was ihm angeblich in Äthiopien wiederfahren sei, als glaubhaft anzusehen sei und ob diese Geschehnisse als Vorverfolgung zu bewerten seien (UA S. 10, S. 15). Es hat seine Entscheidung vielmehr tragend darauf gestützt, dass infolge der positiven Veränderungen in Äthiopien stichhaltige Gründe die Wiederholungsträchtigkeit einer solchen Verfolgung entkräften (UA S. 10 ff.).
Darüber hinaus hat das Verwaltungsgericht unter Verweis auf die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts objektive Maßstäbe dargelegt, um die Glaubwürdigkeit des Klägers zu bewerten (UA S. 10). Das Gericht hat seine Einschätzung des Vortrags als unglaubwürdig nach Maßgabe dieser obergerichtlichen Rechtsprechung begründet (vgl. UA S. 14 f.). Das Vorbringen des Klägers hiergegen stellt damit lediglich einen im Gewand einer Grundsatzfrage vorgebrachten Angriff auf die richterliche Sachverhalts- und Beweiswürdigung dar.
2.3 Auch hinsichtlich der weiteren von Klägerseite aufgeworfenen Fragen,
„ob aufgrund der Einschränkungen aufgrund der Corona-Pandemie im Zusammenhang mit den Folgen der andauernden Heuschreckenplage in Äthiopien Einzelpersonen wie der Antragsteller im Falle erzwungener Rückkehr in Äthiopien Verhältnisse vorfinden, die mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK befürchten lassen und
ob anzunehmen ist, dass diese unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.d. Art. 3 EMRK von einem der in § 3c AsylG genannten Akteure ausgeht.“
fehlt es an der Klärungsfähigkeit im Sinne der vorstehend genannten Maßgaben.
Unabhängig davon, dass die konkrete Fragestellung nicht verallgemeinerbar ist, weil es für die Beantwortung der Frage, ob eine Person wie der Kläger im Rückkehrfall eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung auf Grund der im Heimatland herrschenden allgemeinen Verhältnisse zu gewärtigen hätte, auf die konkreten Umstände des Einzelfalls der jeweiligen Person und die individuellen Auswirkungen der in der Frage genannten Umstände ankommt, weswegen die Fragestellung so, wie sie gestellt ist, nicht beantwortet werden könnte, würde sich die Fragestellung in einem Berufungsverfahren nicht stellen. Denn die Fragestellung setzt voraus, dass die Verhältnisse in Äthiopien, wenn sie im Sinne der Fragestellung und deren Begründung beurteilt würden, zu einem Anspruch des Klägers auf Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von subsidiärem Schutz auf der Grundlage von § 4 Abs. 1 Satz Nr. 2 AsylG führen könnten (vgl. BayVGH, B.v. 30.9.2020 – 23 ZB 20.31855 – Rn. 13). Das ist jedoch im Zulassungsantrag nicht hinreichend dargelegt i.S.v. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG. Es ist höchstrichterlich geklärt, dass eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung wegen der schlechten humanitären Situation im Herkunftsland nur dann einen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG begründet, wenn sie zielgerichtet von einem Akteur i.S.d. § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3c AsylG ausgeht (BVerwG, U.v. 20.5.2020 – 1 C 11.19 – juris Rn. 9 ff.; B.v. 13.2.2019 – 1 B 2.19 – juris Rn. 13). Dass hier aber die Umstände, die nach der Auffassung der Klägerseite zu einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung wegen der schlechten humanitären Situation führen würden, zielgerichtet von einem der Akteure i.S.d. § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3c AsylG ausgehen, wird nicht dargelegt. Es wird vielmehr in der Zulassungsbegründung eingeräumt, dass die schlechte humanitäre Situation auf „Naturgewalten (Heuschreckenplage, Überschwemmung, Pandemie)“ beruhe und keinem Akteur i.S.v. § 3c AsylG zugeschrieben werden könne. Diese Einflüsse führten jedoch nach klägerischer Auffassung zu einer Situation, die aufgrund der Handlungen der Regierung für den Kläger die Schwelle zur unmenschlichen und erniedrigenden Behandlung überschreite. Die aktiven Maßnahmen der Regierung, wie Kontaktbeschränkungen, Einschränkungen der Mobilität und des Alltags, Quarantäneanordnungen usw. sowie das Unterlassen von Unterstützungsleistungen im Bereich der Grundversorgung für Rückkehrer stellten – trotz der nicht dahingehenden Absichten der Regierung – eine erniedrigende und unmenschliche Behandlung und damit eine Verletzung von Art. 3 EMRK dar. Die Handlungen seien zielgerichtet, z.B. darauf gerichtet, dass Rückkehrer wie der Kläger in ihrer Mobilität eingeschränkt würden, was dazu führe, dass diese ihren Lebensunterhalt nicht sichern könnten.
Insoweit wird zwar eine Verknüpfung der vom Kläger geltend gemachten Einschränkungen auf Grund der Corona-Pandemie im Zusammenspiel mit einer Heuschreckenplage sowie Überschwemmungen mit einem Akteur i.S.d. § 4 Abs. 3 i.V.m. § 3c AsylG, nämlich mit der äthiopischen Regierung, behauptet. Jedoch wird nicht dargelegt, dass die dort genannten Maßnahmen zielgerichtet ergriffen werden, um einen ernsthaften Schaden in Gestalt einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung hervorzurufen; vor dem Hintergrund der Regelung in § 4 Abs. 3 Satz 2 AsylG könnte das dann der Fall sein, wenn die tatsächliche Gefahr eines ernsthaften Schadens in der Form einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung zielgerichtet von der äthiopischen Regierung durch den Erlass von Maßnahmen zum Umgang mit der Pandemie hervorgerufen würde. Solches legt die Zulassungsbegründung jedenfalls nicht dar.
Dass die Regeln zum Umgang mit dem SARS-Covid-Virus bzw. mit der Covid-19 Erkrankung zielgerichtet erlassen wurden, um einen ernsthaften Schaden hervorzurufen, ist auch nicht anderweitig ersichtlich (vgl. BayVGH, B.v. 21.9.2020 – 23 ZB 20.31803 – Rn. 13; B.v. 30.9.2020 – 23 ZB 20.31855 – Rn. 15). Der insoweit dargelegten Auffassung, die zur Abwehr der Corona-Pandemie ergriffenen Maßnahmen der äthiopischen Regierung – um diese allein kann es sich handeln, da weder die Heuschreckenplage noch Überschwemmungen zu konkreten Handlungen in der von Klägerseite darge Art führen können und auch der Kläger nichts dahin ausgeführt hat – stellten eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung des Klägers dar, kann daher nicht gefolgt werden. Zwar werden dadurch die Handlungsmöglichkeiten der Einwohner des Landes eingeschränkt; derartige Einschränkungen stellen jedoch selbst dann, wenn ihre Berechtigung im Einzelfall zweifelhaft sein sollte, nicht schon grundsätzlich eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung dar. Dass die von der äthiopischen Regierung getroffenen Maßnahmen die Schwelle des § 4 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 AsylG überschreiten würden, ist von Klägerseite jedenfalls in keiner Weise dargelegt. Bloße Schwierigkeiten des täglichen Lebens, auch wenn diese von einigem Gewicht sind, und die im Übrigen die gesamte Bevölkerung betreffen, erreichen jedenfalls diese Schwelle bei Weitem nicht.
Daran ändert sich auch unter Berücksichtigung der von Klägerseite dargestellten spezifischen Probleme im Zusammenhang mit einer Rückkehr des Klägers nach Äthiopien zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts (Zulassungsschrift S. 14 f.).
Der Kläger hat dazu ausgeführt, dass Einreisende entweder eine Covid-19-Negativbescheinigung vorlegen oder sich einer insgesamt 14 Tage dauernden Quarantäne unterziehen müssen, die in einem Hotel zugebracht werden muss, sofern nicht für die zweite Woche eine private Unterkunft zur Verfügung steht. Eine derartige Maßnahme ist weder unmenschlich noch erniedrigend. Es handelt sich vielmehr nur um Erschwernisse der Einreise, die zunächst einmal nach gegenwärtiger Erkenntnislage nur von vorübergehender Dauer sein werden. Darüber hinaus wären sie gegebenenfalls im Rahmen einer Abschiebung zu berücksichtigen. Hierzu könnte beispielsweise dem Kläger eine geeignete Negativbescheinigung bezüglich der Covid-19-Infektion bzw. Erkrankung mitgegeben werden, so dass sich die Frage einer Quarantäne nach eigener Darstellung gar nicht stellen würde.
Die im folgenden Absatz der Zulassungsschrift weiter angeführten Probleme haben nach eigener Darstellung nur spekulativen Charakter, da nahezu alle Sätze auf Vermutungen beruhen, („es ist anzunehmen“, „praktisch unmöglich“, „voraussichtlich“, „es ist davon auszugehen“, „verfügen dürfte“) und können daher nicht als Grundlage herangezogen werden.
Schließlich handelt es sich bei den weiteren Ausführungen ebenfalls nur um die Erörterungen möglicherweise denkbarer allgemeiner Gefahren. Es wird dabei in keiner Weise nachvollziehbar dargelegt, dass die angespannte Versorgungslage und die Heuschreckenplage den Kläger konkret betreffen. Das gilt auch für die referierten Befürchtungen hinsichtlich einer weiteren Ausbreitung des neuartigen Corona-Virus. Jedenfalls ist nicht erkennbar, inwiefern der Kläger, wie behauptet, „mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung i.S.d. § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 2 AsylG befürchten“ müsste.
Letztlich geht es dem Kläger darum, der Würdigung der in seinem Fall gegebenen Umstände durch das Verwaltungsgericht eine abweichende Bewertung entgegenzustellen, was aber im asylgerichtlichen Verfahren nicht zur Berufungszulassung führen kann.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nach § 83b AsylG nicht erhoben.
Mit dieser gemäß § 80 AsylG unanfechtbaren Entscheidung wird das Urteil des Verwaltungsgerichts gemäß § 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG rechtskräftig.


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