Verwaltungsrecht

Aufenthaltserlaubnis, Sicherung des Lebensunterhalts, Ausnahme von einer Regelerteilungsvoraussetzung, Darlegungsanforderungen bei Mehrfachbegründung durch Verwaltungsgericht

Aktenzeichen  10 CS 21.1973

Datum:
22.3.2022
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2022, 8502
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 146 Abs. 4 S. 3 und 6
AufenthG § 5 Abs. 1 Nr. 1

 

Leitsatz

Verfahrensgang

M 25 S 21.1984 2021-06-23 Bes VGMUENCHEN VG München

Tenor

I. Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
II. Die Antragstellerinnen tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
III. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
IV. Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.

Gründe

Die Antragstellerinnen verfolgen mit ihrer Beschwerde ihren Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer beim Verwaltungsgericht anhängigen Klage (M 25 K 21.1983) gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 11. März 2021 weiter, mit dem dieser die Erteilung von Aufenthaltserlaubnissen abgelehnt und ihnen unter Bestimmung einer Ausreisefrist die Abschiebung angedroht hat.
Die Beschwerde bleibt erfolglos. Die zur Begründung dargelegten Gründe, auf die der Verwaltungsgerichtshof gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO seine Prüfung zu beschränken hat, rechtfertigen nicht die Aufhebung oder Abänderung des angefochtenen Beschlusses.
Die Beschwerde erfüllt schon nicht die Darlegungsanfordernisse des § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO.
Das Verwaltungsgericht hat jeweils selbständig tragend ausgeführt, die Verlängerung des Aufenthaltstitels scheitere bereits an der allgemeinen Erteilungsvoraussetzung des nicht gesicherten Lebensunterhalts nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 2 Abs. 3 AufenthG, aber auch die speziellen Erteilungsvoraussetzungen für eine Aufenthaltserlaubnis (gemeint: Tatbestandsmerkmale) lägen nicht vor. Im Falle einer solchen Mehrfachbegründung kann die Beschwerde nur Erfolg haben, wenn im Hinblick auf jeden der für das Verwaltungsgericht entscheidungserheblichen Gründe in der Beschwerde substantiiert etwas vorgetragen wird (vgl. z.B. BayVGH, B.v. 7.5 2020 – 10 CS 20.842 – juris Rn. 4). Daran fehlt es hier.
Die Beschwerdebegründung schildert – unter Wiederholung des erstinstanzlichen Vortrags – im Wesentlichen lediglich die persönlichen Lebensumstände der Antragstellerinnen und setzt sich damit schon nicht, wie von § 146 Abs. 4 Satz 3 VwGO gefordert, mit den Gründen der angefochtenen Entscheidung auseinander. Aus dem Hinweis, dass die Antragstellerin zu 1 „mit allen anderen ausländischen Müttern in gleicher Lebenssituation, die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts beziehen,“ nicht vergleichbar sei, kann zugunsten der Antragstellerinnen geschlossen werden, dass eine Ausnahme von der Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 1 AufenthG geltend gemacht werden soll. Jedoch fehlt es auch hierfür an weiteren Darlegungen, denn nach ständiger Rechtsprechung ist der Umstand, dass ein Betroffener aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen – wie etwa Krankheit oder Behinderung – nicht imstande ist, seinen Lebensunterhalt zu sichern, nicht in dem Sinn atypisch, dass damit ein Abweichen von der Regelerteilungsvoraussetzung zu begründen wäre (BayVGH, B.v. 22.3.2021 – 10 CS 20.2358 – juris Rn. 28; BayVGH, B.v. 6.3.2020 – 10 C 20.139 – juris Rn. 8; BayVGH, U.v. 9.12.2015 – 19 B 15.1066 – juris Rn. 44; Maor in Kluth/Heusch, BeckOK AuslR, Stand 1.1.2022, AufenthG § 5 Rn. 20e; Samel in Bergmann/Dienelt, AuslR, 13. Aufl. 2020, AufenthG § 5 Rn. 27).
Selbst wenn jedoch im Fall der Antragstellerinnen ausnahmsweise von der Regelerteilungsvoraussetzung der Sicherung des Lebensunterhalts abzusehen wäre, wird in der Beschwerdebegründung nicht dargelegt, auf welcher Rechtsgrundlage eine Erteilung bzw. Verlängerung eines Aufenthaltstitels in Betracht kommen sollte. Das Verwaltungsgericht hat (ebenso wie die Ausländerbehörde in dem streitgegenständlichen Bescheid) alle in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen geprüft und jeweils deren (spezielle) Tatbestandsvoraussetzungen verneint. Auf diese weitere tragende Begründung des Verwaltungsgerichts geht die Beschwerdebegründung nicht ein.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 und 2 GKG in Verbindung mit dem Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe war abzulehnen, weil die Beschwerde aus den dargelegten Gründen keine hinreichende Aussicht auf Erfolg hat (§ 166 Abs. Abs. 1 Satz 1 VwGO i.V.m. §§ 114 ff. ZPO).
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).


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