Verwaltungsrecht

Auslegung des Begriffs “tätlicher Angriff” bei der Erfüllungsübernahme von Schmerzensgeldansprüchen

Aktenzeichen  3 ZB 20.591

Datum:
18.1.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 2832
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
BayBG Art. 97 Abs. 1
StGB § 185, § 223

 

Leitsatz

1. Ein „Angriff“ iSd Art. 97 Abs. 1 BayBG umfasst die von einem Menschen ausgehende vorsätzliche Verletzung der Rechtsgüter Leben und körperliche Integrität. Der Angriff erfordert eine objektive unmittelbare räumlich-zeitliche Gefährdung (objektives Element) aufgrund einer zielgerichteten Verletzungshandlung (subjektives Element). „Tätlich“ ist ein Angriff, wenn er auf einen physischen Schaden gerichtet ist; damit werden grundsätzlich nur vollendete körperliche Beeinträchtigungen oder Gesundheitsschädigungen erfasst. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
2. Ehrverletzende Äußerungen oder Verhaltensweisen (unterhalb der Schwelle einer Tätlichkeit) können zwar einen zivilrechtlichen Schmerzensgeldanspruch begründen, sie lösen allein aber nicht schon einen Übernahmeanspruch aus. (Rn. 5) (redaktioneller Leitsatz)
3. Zur Ausfüllung des Begriffs des „tätlichen Angriffs“ in Fällen des Anspuckens kann auch nicht auf die strafrechtliche Abgrenzung zwischen § 185 StGB (bei bloßer Erregung eines Ekelgefühls) und § 223 StGB (bei körperlicher Auswirkung etwa durch Brechreiz) zurückgegriffen werden. (Rn. 9) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 2 K 19.872 2020-01-23 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
III. Der Streitwert für das Zulassungsverfahren wird auf 800,- Euro festgesetzt.

Gründe

Der auf die Zulassungsgründe des § 124 Abs. 2 Nr. 1 bis 3 und Nr. 5 VwGO gestützte Antrag bleibt ohne Erfolg, weil die von dem Kläger vorgetragenen Zulassungsgründe zum Teil bereits nicht in einer den Erfordernissen des § 124a Abs. 4 Satz 4 VwGO genügenden Weise dargelegt wurden, im Übrigen nicht vorliegen.
1. Aus dem Vorbringen des Klägers ergeben sich keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des verwaltungsgerichtlichen Urteils im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO. Ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils sind dann zu bejahen, wenn ein einzelner tragender Rechtssatz oder eine einzelne erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und die Zweifel an der Richtigkeit einzelner Begründungselemente auf das Ergebnis durchschlagen. Das ist hier nicht der Fall.
1.1 Das Verwaltungsgericht hat die Klage des Klägers auf Verpflichtung, den ihm durch Versäumnisurteil des Amtsgerichts Sonthofen vom 22. September 2017 zugesprochenen Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 800,- Euro (§ 253 Abs. 2 BGB) zu übernehmen und den entgegenstehenden Bescheid des Landesamtes für Finanzen vom 8. Oktober 2018 aufzuheben, zu Recht abgewiesen. Es ist zutreffend zu dem Schluss gekommen, dass der Kläger nicht die Erfüllung eines Anspruchs auf Schmerzensgeld begehrt, der durch einen „tätlichen rechtswidrigen Angriff“ des Schädigers im Sinn von Art. 97 Abs. 1 Satz 1 BayBG entstanden ist. Vielmehr liegt der Schwerpunkt des Sachverhalts, aus dem das Amtsgericht den Schmerzensgeldanspruch abgeleitet hat, im Bereich einer Beleidigung (§ 185 StGB), nicht dagegen einer Straftat gegen die körperliche Unversehrtheit (§§ 223 f. StGB). In diesem Zusammenhang ist es ohne Belang, dass der Schädiger strafrechtlich für sein Verhalten mangels Schuldfähigkeit wegen fahrlässigen Vollrausches (§ 323a Abs. 1 StGB) verurteilt wurde.
1.2 Der unbestimmte Rechtsbegriff des „tätlichen rechtswidrigen Angriffs“ bestimmt als Eingangsmerkmal des Art. 97 BayBG die geschützten Rechtsgüter, zu denen in erster Linie die körperliche Unversehrtheit des Beamten zählt (Buchard in BeckOK, Beamtenrecht Bayern, Brinktrine/Voitl, Stand 30.12.2019, Art. 97 BayBG Rn. 12, 13.3). Der Gesetzgeber wollte – vor dem Hintergrund der ihm aus § 45 BeamtStG obliegenden Fürsorgepflicht – mit der zum 1. Januar 2015 eingeführten Vorschrift den jeweiligen Dienstherrn verpflichten, einen in dienstlichem Zusammenhang erlangten (uneinbringlichen und rechtskräftig festgestellten) Schmerzensgeldanspruch seines Beamten zu übernehmen. Die Vorschrift sollte im Rahmen eines auf schwerwiegende Übergriffe beschränkten Ausnahmetatbestands Fälle erfassen, in denen der Beamte ein erhebliches Sonderopfer für die Allgemeinheit erbracht hat (Begründung des Gesetzentwurfs, LT-Drs. 17/2871, S. 48; Conrad in Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Stand: August 2020, Art. 97 BayBG Rn. 3).
Ein „Angriff“ im Sinne des Art. 97 Abs. 1 BayBG umfasst die von einem Menschen ausgehende vorsätzliche Verletzung der Rechtsgüter Leben und körperliche Integrität. Der Angriff erfordert eine objektive unmittelbare räumlich-zeitliche Gefährdung (objektives Element) aufgrund einer zielgerichteten Verletzungshandlung (subjektives Element; BayVV-Versorgung Nr. 46.4.1). „Tätlich“ ist ein Angriff, wenn er auf einen physischen Schaden gerichtet ist; damit werden grundsätzlich nur vollendete körperliche Beeinträchtigungen oder Gesundheitsschädigungen erfasst. In der Gesetzesbegründung (LT-Drs., a.a.O.) wird an mehreren Stellen erkennbar, dass der Gesetzgeber die Formulierung „tätlicher Angriff“ gewählt hat, um nur auf den Körper zielende, gewaltsame Einwirkungen zu erfassen und lediglich verbale Angriffe vom Anwendungsbereich der Norm auszuschließen (Buchard in BeckOK, a.a.O. Rn. 13; VG Stuttgart, U.v. 3.9.2020 – 9 K 2068/20 – juris Rn. 25 zum gleichen Begriff in § 80a Abs. 1 LBG-BW). Auch nach dem allgemeinen Wortverständnis sind die Begriffe „tätlich“ und „verbal“ als Gegensatzpaar zu verstehen. Auch wenn – wie hier – ehrverletzende Äußerungen oder Verhaltensweisen (unterhalb der Schwelle einer Tätlichkeit) einen zivilrechtlichen Schmerzensgeldanspruch begründen können, wird allein damit nicht schon ein Übernahmeanspruch ausgelöst.
1.3 Im vorliegenden Fall ist für die Frage, welches Rechtsgut des Klägers in einer das zugesprochene Schmerzensgeld begründenden Art und Weise verletzt wurde, der das Versäumnisurteil vom 22. September 2017 tragende Sachverhalt in den Blick zu nehmen, wie dies im angefochtenen Urteil (UA Rn. 32) zu Recht geschieht. Danach beruht der zuerkannte Schmerzensgeldanspruch darauf, dass der Schädiger zum einen den Kläger vor und während des Transports in ein Krankenhaus immer wieder „mit Ausdrücken wie: Arschlöcher, Dreckschweine, Scheißbullen“ (vgl. a. Klageschrift v. 3.9.2019, S. 3, 4) belegt und ihm zum anderen „unvermittelt mitten in das Gesicht“ gespuckt hat, wodurch der Kläger ein „erhebliches Ekelgefühl und körperliches Unwohlsein erlitt“. Das so umrissene Geschehen, das das Amtsgericht für den Schmerzensgeldausspruch als feststehend angenommen hat, ist demnach auch im vorliegenden Verfahren als maßgeblich zugrunde zu legen. Im Rahmen einer (einheitlichen) Gesamtschau des Geschehensablaufs ergibt sich, dass das Verhalten des Schädigers seinen Beweggrund in der gezielten Herabsetzung der Ehre des Klägers hatte, ohne eine darüberhinausgehende Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit des Beamten – auch nicht infolge des Anspuckens – zu beabsichtigen. Eine solche ist auch tatsächlich nicht eingetreten, insbesondere nicht durch die als möglich bezeichnete Verbreitung einer ansteckenden Krankheit.
Dass allein die festgestellten verbalen Beleidigungen den Tatbestand des Art. 97 Abs. 1 BayBG nicht erfüllen, bedarf nach den Ausführungen unter 1.2 keiner näheren Erläuterung. Der Senat vermag aber auch im zweiten Teil des den Schmerzensgeldanspruch auslösenden Verhaltens keinen bewussten Angriff auf die körperliche Unversehrtheit des Klägers zu erkennen, und zwar unabhängig davon, ob das Anspucken beim Kläger über ein naturgemäß entstehendes Ekelgefühl hinaus zu einem pathologischen Zustand etwa in Form des (behaupteten) Brechreizes geführt hat. Auch in letzterem Fall ist die damit verbundene Beeinträchtigung des körperlichen Wohlbefindens von nur kurzfristiger Dauer und in ihrer Auswirkung zu marginal, um einen über die gezielte Verletzung der Ehre hinausgehenden „tätlichen Angriff“ in einer dem Normzweck gerecht werdenden Weise begründen zu können (so im Ergebnis auch Conrad, a.a.O. Rn. 4; für eine Anlehnung an die strafrechtliche Rechtsprechung: Buchard in BeckOK, a.a.O. Rn. 13.5). Entscheidend ist, dass das Schwergewicht der für das Schmerzensgeld und seine Bemessung maßgeblichen Einwirkungen in der Empörung über die ehrverletzenden Beleidigungen liegt, während das körperliche Wohlbefinden kaum berührt ist.
Darüber hinaus fehlt es – ungeachtet der vom Strafgericht im Hinblick auf die Verurteilung wegen fahrlässigen Vollrausches (§ 323a Abs. 1 StGB) angenommene Schuldunfähigkeit des Schädigers im fraglichen Zeitraum – auch an einer zielgerichteten, gerade auf eine Körperverletzung ausgerichteten Handlung. Der Beklagte weist darauf hin, dass sich aus dem Versäumnisurteil des Amtsgerichts vom 22. September 2017 keine Feststellungen zum subjektiven Tatbestand ergeben; ob die in diesem Zusammenhang geäußerte Auffassung des Beklagten zutrifft, dass auch die Beurteilung der subjektiven Tatseite ausschließlich aufgrund der Feststellungen der den Schmerzensgeldanspruch titulierenden gerichtlichen Entscheidung vorgenommen werden dürfe und „nachgeschobene“ subjektive Elemente nicht mehr berücksichtigungsfähig seien, muss im vorliegenden Fall nicht entschieden werden. Denn auch aus dem aus den Akten bekannten äußeren Geschehensablauf und dem ihm zugrundeliegenden natürlichen Handlungsvorsatz lassen sich keine Indizien dafür entnehmen, dass der Schädiger mit der Spuckattacke eine vorsätzliche Körperverletzung beabsichtigte.
Der Senat vermag nicht der Auffassung (etwa Buchard in BeckOK, a.a.O. Rn. 13.5) zu folgen, wonach für die Ausfüllung des Begriffs des „tätlichen Angriffs“ in Fällen des Anspuckens auf die strafrechtliche Abgrenzung zwischen § 185 StGB (bei bloßer Erregung eines Ekelgefühls) und § 223 StGB (bei körperlicher Auswirkung etwa durch Brechreiz) zurückgegriffen werden könne (vgl. BGH, B.v. 18.8.2015 – 3 StR 289/15 – juris Rn. 4). Ungeachtet der damit verbundenen tatsächlichen Schwierigkeiten eines Nachweises verbietet sich eine einfache Übertragung dieser Abgrenzung schon im Hinblick auf die vollkommen unterschiedlichen Schutzzwecke, die zum einen mit den beiden Straftatbeständen des Strafgesetzbuches verfolgt werden, zum anderen mit der als Ausfluss des beamtenrechtlichen Fürsorgeprinzips geschaffenen Ausnahmebestimmung zur Übernahme eines nicht einbringlichen Schmerzensgeldanspruchs durch den Dienstherrn. Aus demselben Grund scheidet auch der in der Zulassungsbegründung vorgeschlagene Rückgriff auf die für § 114 Abs. 1 StGB („Tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte“) vorliegende Definition aus. Vor diesem Hintergrund kann auch dahinstehen, wie sich der den Straftatbestand der Beleidigung qualifizierende Begriff der „Tätlichkeit“ in § 185, 2. Alt. StGB zu dem des (beamtenrechtlichen) „tätlichen Angriffs“ in Art. 97 Abs. 1 BayBG verhält.
Das Verwaltungsgericht hat das Vorliegen des Ausnahmetatbestands des Art. 97 BayBG zu Recht verneint, weil der Kläger nicht Opfer eines schwerwiegenden Übergriffs geworden ist, mit dem er ein erhebliches Sonderopfer für die Allgemeinheit erbracht hat.
1.4 Das Zulassungsvorbringen vermag demgegenüber keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit dieser Annahme des Verwaltungsgerichts aufzuwerfen.
Die Ausführungen im Zulassungsvorbringen übersehen durchgehend, dass im vorliegenden Verfahren nicht das gesamte Verhalten des Schädigers im fraglichen Zeitraum zur Beurteilung des Begriffs des tätlichen Angriffs herangezogen werden kann, sondern nur derjenige Sachverhalt, der dem Versäumnisurteil zugrunde lag, mit dem der Schmerzensgeldanspruch rechtskräftig festgestellt wurde, dessen Verpflichtung zur Übernahme durch den Dienstherrn hier begehrt wird. Der Umstand, dass der Schädiger vor und während seiner Überführung in das Krankenhaus in alkoholisiertem Zustand Widerstand (durch „Umsichschlagen“ und aggressives Verhalten) geleistet hat, sodass er schließlich gefesselt werden musste, war gerade nicht Gegenstand der Klage auf Schmerzensgeld und daher für seine Bemessung nicht maßgeblich. Für die Begründung eines tätlichen Angriffs auf den Kläger scheidet es aus. Im Übrigen ist es dem Schädiger offenbar nicht gelungen, den Kläger hierdurch körperlich zu schädigen, sodass die insoweit möglicherweise bestehende, jedoch im Versuchsstadium steckengebliebene Verletzungsabsicht auch deshalb nicht zur Begründung des Übernahmeanspruchs dienen kann. Damit ist im vorliegenden Zusammenhang auch ohne Belang, ob der Schädiger eine „Körperverletzung zumindest billigend in Kauf genommen“ hat, wie vom Kläger im Zulassungsverfahren vorgetragen wird.
Das Vorliegen einer Körperverletzung kann auch nicht damit begründet werden, dass „das Speichelsekret grundsätzlich medizinisch geeignet sei, Krankheitserreger…zu übertragen“. Denn – wie bereits unter 1.3 dargestellt – reicht die theoretisch bestehende Möglichkeit, über den Speichel Krankheitserreger auf eine andere Person zu übertragen, zur Erfüllung des unbestimmten Rechtsbegriffs des „tätlichen Angriffs“ nicht aus, solange nicht ausnahmsweise entsprechende Krankheitserreger beim Schädiger festgestellt worden sind und eine entsprechende Erkrankung beim Opfer der Spuckattacke ausgebrochen ist.
Das Zulassungsvorbringen stützt sich weiter darauf, dass das Verwaltungsgericht zu Unrecht von einem „rein verbalen Angriff“ ausgegangen sei. Diese Behauptung trifft nicht zu. Vielmehr hat das Verwaltungsgericht die Vielzahl der den Schmerzensgeldanspruch begründenden Handlungen – neben den verbalen Beleidigungen auch die Spuckattacke – dargestellt und rechtlich gewürdigt (vgl. UA Rn. 32), wenn auch nicht mit dem vom Kläger gewünschten Ergebnis. Zu Recht hat es allerdings das „Umsichschlagen“ des Schädigers vor seinem Transport in das Krankenhaus aus den bereits dargestellten Gründen außer Acht gelassen.
Die weiter aufrechterhaltene Behauptung, der Schädiger habe es keinesfalls nur auf die „bloße Beleidigung“, sondern auf eine körperliche Verletzung des Klägers abgesehen, zeigt keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit der gegenteiligen Auffassung im angefochtenen Urteil auf, sondern setzt dieser lediglich die abweichende eigene Auffassung entgegen. Schließlich führt auch der Hinweis darauf, das Strafverfahren sei von der Staatsanwaltschaft unter dem Betreff „Beleidigung und vorsätzliche Körperverletzung“ geführt worden, nicht weiter, denn rechtliche Folgerungen für Zivil- und Verwaltungsgerichte lassen sich nur aus der rechtskräftigen Entscheidung des Strafrichters ziehen.
2. Die Rechtssache weist nicht die behaupteten besonderen tatsächlichen und rechtlichen Schwierigkeiten im Sinn von § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO auf. Der pauschal erhobene Vorwurf, das Verwaltungsgericht habe auf der Grundlage eines unzutreffenden Sachverhalts entschieden, führt nicht auf die Darlegung einer besonderen tatsächlichen Schwierigkeit. Rechtliche Schwierigkeiten ergeben sich nicht aus dem Vortrag des Klägers, das Verwaltungsgericht habe den entscheidungserheblichen Begriff des „tätlichen Angriffs“ falsch ausgelegt; insoweit kann auf die vorstehenden Ausführungen zum geltend gemachten Zulassungsgrund ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils verwiesen werden.
3. Der Rechtssache fehlt auch die behauptete grundsätzliche Bedeutung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO). Eine Rechts- oder Tatsachenfrage ist dann grundsätzlich bedeutsam, wenn sie für die Entscheidung im Berufungsverfahren erheblich ist, höchstrichterlich oder durch die Rechtsprechung des Berufungsgerichts noch nicht geklärt und über den zu entscheidenden Einzelfall hinaus bedeutsam ist. Die Frage muss ferner im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts einer berufungsgerichtlichen Klärung zugänglich sein und dieser Klärung auch bedürfen (vgl. BVerwG, B.v. 16.11.2010 – 6 B 58.10 – juris Rn. 3; B.v. 17.12.2010 – 8 B 38.10 – juris Rn. 7f.).
Vor diesem Hintergrund ist es nicht ausreichend, als „Rechtsfrage“ zu benennen, ob im Falle von „Anspucken und Erregen von Ekel und körperlicher Beeinträchtigung ein tätlicher Angriff im Sinne des Art. 97 Abs. 1 BayBG vorliegt“. Zum einen fehlt es bereits an einer grundsätzlichen Klärungsfähigkeit des unbestimmten Rechtsbegriffs „tätlicher Angriff“, denn die Frage kann angesichts der vielgestaltigen Umstände nur abhängig vom jeweiligen Einzelfall beantwortet werden und entzieht sich daher einer allgemeingültigen Beantwortung. Zum anderen unterstellt die Frage das Vorliegen einer hier weder festgestellten noch erkennbaren physischen Beeinträchtigung.
4. Schließlich liegt auch der geltend gemachte Verfahrensfehler (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) in Form eines Verstoßes gegen § 86 Abs. 1 VwGO nicht vor. Mit dem Hinweis auf die unterlassene Berücksichtigung der „Tatsache, dass der Kläger körperliche Beeinträchtigungen erlitten hat“, vermag der Kläger keinen zur Zulassung der Berufung führenden Aufklärungsmangel darzutun. Ein Gericht verletzt seine Pflicht zur erschöpfenden Aufklärung des Sachverhalts (§ 86 Abs. 1 Satz 1 VwGO) grundsätzlich nicht, wenn es von einer Beweiserhebung absieht, die ein anwaltlich vertretener Beteiligter in der mündlichen Verhandlung nicht ausdrücklich beantragt hat. Die Aufklärungsrüge dient nicht dazu, Beweisanträge zu ersetzen, die ein Beteiligter hätte stellen können, jedoch zu stellen unterlassen hat. Dass ein Beweisantrag – wie vorliegend – nicht gestellt wurde, ist nur dann unerheblich, wenn sich dem Gericht auch ohne ausdrücklichen Beweisantrag eine weitere Ermittlung des Sachverhalts hätte aufdrängen müssen (st. Rspr., vgl. BVerwG, B.v. 16.3.2011 – 6 B 47.10 – juris Rn. 12). Das Zulassungsvorbringen zeigt nicht auf, dass sich dem Verwaltungsgericht auf der Grundlage seiner Rechtsauffassung eine weitere Aufklärung des Sachverhalts im Hinblick auf die behauptete körperliche Beeinträchtigung des Klägers durch das Anspucken aufdrängen müssen.
5. Der Zulassungsantrag war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 2 VwGO abzulehnen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG.
Mit der Ablehnung des Antrags auf Zulassung der Berufung wird die Entscheidung des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).


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