Verwaltungsrecht

Auslegung einer “Berufung”

Aktenzeichen  10 B 17.1818

Datum:
2.11.2017
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2017, 133199
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO § 124a Abs. 1 S. 1, § 125 Abs. 2 S. 2, S. 3

 

Leitsatz

Ein ausdrücklich als “Berufung” eingelegtes Rechtsmittel gegen ein Urteil des Verwaltungsgerichts ohne Berufungszulassung durch dieses durch einen nicht postulationsfähigen Kläger nach Ablauf der Frist des § 124a Abs. 4 S. 1 VwGO ist als unzulässig zu verwerfen. (Rn. 7) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

Au 6 K 16.557 2017-02-08 Urt VGAUGSBURG VG Augsburg

Tenor

I. Die Berufung wird verworfen.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
III. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 2.500,- Euro festgesetzt.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.
Mit Bescheid vom 29. Mai 2016 wurden die Abschiebung des Klägers aus der Haft nach Afghanistan angeordnet, für den Fall, dass diese nicht möglich ist, eine einwöchige Ausreisefrist nach der Haftentlassung gesetzt und bei deren Nichtbeachtung die Abschiebung angedroht sowie die Wirkungen der Abschiebung auf fünf Jahre nach Einreise befristet.
Die gegen diesen Bescheid erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht Augsburg mit Urteil vom 8. Februar 2017, der damaligen Bevollmächtigten des Klägers zugestellt am 23. Februar 2017, abgewiesen. Hiergegen hat der anwaltlich nicht mehr vertretene Kläger mit Schreiben vom 4. September 2017, eingegangen beim Verwaltungsgericht Augsburg am 7. September 2017, „Berufung“ eingelegt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat den Kläger mit Schreiben vom 18. September 2017 auf den Vertretungszwang und die Verfristung seiner „Berufung“ hingewiesen und zur Rücknahme des Rechtsmittels aufgefordert.
Ferner wurden die Verfahrensbeteiligten mit Schreiben vom 17. Oktober 2017 zur beabsichtigten Verwerfung der Berufung angehört. Hierzu hat sich der Kläger mit Schreiben vom 20. Oktober geäußert. Er sei noch auf der Suche nach einem Rechtsbeistand.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vorgelegten Unterlagen des Beklagten und die Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof kann nach Anhörung der Beteiligten gemäß § 125 Abs. 2 Satz 2 und 3 VwGO über die Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss entscheiden.
Die nicht statthafte Berufung ist als unzulässig zu verwerfen (§ 125 Abs. 2 Satz 1 VwGO). Zum einen hat der nicht postulationsfähige Kläger trotz zutreffender Rechtsmittelbelehrungden Vertretungszwang nicht beachtet, der auch für Prozesshandlungen gilt, durch die ein Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof eingeleitet wird (§ 67 Abs. 4 Satz 2 VwGO). Zum anderen hat er gegen das Ausgangsurteil ausdrücklich Berufung eingelegt. Den Beteiligten steht die Berufung gegen Endurteile jedoch nur zu, wenn sie vom Verwaltungsgericht oder vom Verwaltungsgerichtshof zugelassen wird (§ 124 Abs. 1 VwGO). Lässt das Verwaltungsgericht – wie hier – die Berufung nicht gemäß § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO zu, hat die unterlegene Partei die Möglichkeit, innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils einen Antrag auf Zulassung der Berufung zu stellen, über den der Verwaltungsgerichtshof entscheidet (§ 124a Abs. 4, Abs. 5 VwGO). Zudem war bereits bei Eingang der „Berufung“ die Frist des § 124a Abs. 4 Satz 1 VwGO verstrichen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.
Die Streitwertfestsetzung ergibt sich aus § 52 Abs. 1, § 47 Abs. 1 GKG.
Die Revision war nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt.


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