Verwaltungsrecht

Ausreichende Verständigung über den Dolmetscher

Aktenzeichen  15 ZB 19.32051

Datum:
3.6.2019
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2019, 13778
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 78 Abs. 3 Nr. 2, Nr. 3, Abs. 4 S. 4

 

Leitsatz

1. Ein Asylsuchender hat im Asylprozess keinen Anspruch auf einen Dolmetscher, mit dem eine bestmögliche Verständigung gewährleistet ist; vielmehr genügt es grundsätzlich, dass dem Betroffenen eine ausreichende Verständigung über den Dolmetscher möglich ist (vgl. OVG NRW, B.v. 23.5.2018 – BeckRS 2018, 25371; BayVGH, B.v. 8.4.2019 – BeckRS 2019, 7342).     (Rn. 6) (redaktioneller Leitsatz)

Verfahrensgang

RN 13 K 17.34536 2019-04-09 Ent VGREGENSBURG VG Regensburg

Tenor

I. Der Antrag auf Zulassung der Berufung wird abgelehnt.
II. Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.

Gründe

I.
Der Kläger – ein nach eigenen Angaben malischer Staatsangehöriger – wendet sich gegen den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 25. August 2017, mit dem sein Antrag auf Asylanerkennung abgelehnt, ihm die Flüchtlingseigenschaft und der subsidiäre Schutzstatus nicht zuerkannt wurden, ferner festgestellt wurde, dass Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 AufenthG nicht vorliegen, und die Abschiebung nach Mali oder einen anderen aufnahmebereiten Staat angedroht wurde. Mit Urteil vom 9. April 2019 wies das Verwaltungsgericht Regensburg die vom Kläger erhobene Klage mit den Anträgen, die Beklagte unter Aufhebung des Bescheids vom 25. August 2017 zu verpflichten, ihn als Asylberechtigten anzuerkennen und ihm die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen, hilfsweise ihm den subsidiären Schutzstatus zuzuerkennen sowie weiter hilfsweise das Vorliegen von Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und Abs. 7 Satz 1 AufenthG festzustellen, ab. Mit seinem Antrag auf Zulassung der Berufung verfolgt der Kläger sein Rechtsschutzbegehren weiter. Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sach- und Streitstand wird auf die Gerichtsakten und die Behördenakte Bezug genommen.
II.
Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
1. Der in erster Linie geltend gemachte Zulassungsgrund eines Verfahrensfehlers gem. § 78 Abs. 3 Nr. 3 AsylG wegen Versagung des rechtlichen Gehörs ist nicht in einer Weise dargelegt worden, die den Anforderungen des § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG genügt.
Der durch Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistete Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs gibt einem Prozessbeteiligten das Recht, alles aus seiner Sicht Wesentliche vortragen zu können. Ein Verfahrensfehler in Form der Versagung rechtlichen Gehörs liegt nur vor, wenn das Gericht einen entscheidungserheblichen Vortrag der Beteiligten nicht zur Kenntnis genommen bzw. bei seiner Entscheidung nicht erwogen hat (vgl. z.B. BVerwG, U.v. 20.11.1995 – 4 C 10.95 – NVwZ 1996, 378 = juris Rn. 13 m.w.N.) oder einen entsprechenden Vortrag dadurch vereitelt hat, dass es unter Verstoß gegen das Prozessrecht den Beteiligten die Möglichkeit zu weiterem Vortrag abgeschnitten hat, und dieser übergangene bzw. vereitelte Vortrag nach der maßgeblichen Rechtsauffassung des Gerichts entscheidungserheblich war (vgl. BayVGH, B.v. 16.1.2019 – 15 ZB 19.30148 – juris Rn. 3 m.w.N.).
Die Rüge einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör erfordert, dass substantiiert vorgetragen wird, zu welchen entscheidungserheblichen Tatsachen oder Beweisergebnissen sich der Kläger nicht hat äußern können oder welches entscheidungserhebliche Vorbringen das Verwaltungsgericht nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in Erwägung gezogen haben soll. Außerdem muss grundsätzlich dargelegt werden, was der Kläger vorgetragen hätte, wenn ihm ausreichendes Gehör gewährt worden wäre, und inwiefern der weitere Vortrag zur Klärung des geltend gemachten Anspruchs geeignet gewesen wäre (vgl. BVerwG, U.v. 14.11.2016 – 5 C 10.15 D – BVerwGE 156, 229 = juris Rn. 65 m.w.N.; BayVGH, B.v. 8.4.2019 – 8 ZB 18.32811 – juris Rn. 21 m.w.N.).
Dem genügt das Vorbringen im Zulassungsantrag nicht. Soweit der Kläger geltend macht, es habe in der mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht Verständigungsprobleme mit dem französisch sprechenden Dolmetscher gegeben, weil er – der Kläger -, wie er in der mündlichen Verhandlung auch erklärt habe, nicht so gut Französisch könne, sondern Bambara und Soninke spreche, zeigt er eine Verletzung des Gehörsanspruchs nicht auf. Zum einen hat ein Asylsuchender im Asylprozess keinen Anspruch auf einen Dolmetscher, mit dem eine bestmögliche Verständigung gewährleistet ist; vielmehr genügt es grundsätzlich, dass dem Betroffenen eine ausreichende Verständigung über den Dolmetscher möglich ist (vgl. OVG NRW, B.v. 23.5.2018 – 19 A 70/18.A – juris Rn. 7 ff. m.w.N.; BayVGH, B.v. 8.4.2019 – 8 ZB 18.32811 – juris Rn. 24). Dass hier eine zumindest ausreichende Verständigung mit dem Dolmetscher nicht möglich gewesen ist, hat der Kläger aber im Zulassungsantrag schon nicht substantiiert vorgetragen. U.a. hat sich der Zulassungsantrag nicht mit dem in der mündlichen Verhandlung am 9. April 2019 erfolgten Vorhalt des Gerichts auseinandergesetzt, dass die Anhörung vor dem Bundesamt in französischer Sprache erfolgt sei und der Kläger dort ausdrücklich bestätigt habe, dass die Verständigung ohne Probleme gewesen sei. Zum anderen greift die Gehörsrüge auch deshalb nicht durch, weil im Zulassungsantrag in keiner Weise dargelegt wird, was der Kläger bei einer besseren Verständigung mit dem Dolmetscher vorgetragen hätte und inwiefern dies entscheidungserheblich gewesen wäre (vgl. BVerwG, B.v. 14.6.2013 – 5 B 41.13 – juris Rn. 3 m.w.N.; BayVGH, B.v. 3.1.2018 – 11 ZB 17.31234 – juris Rn. 5; B.v. 30.10.2018 – 15 ZB 18.31200 – juris Rn. 7; B.v. 8.4.2019 – 8 ZB 18.32811 – juris Rn. 25).
2. Auch hinsichtlich des behauptete Zulassungsgrund einer grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache (§ 78 Abs. 3 Nr. 1 AsylG) wird der Zulassungsantrag den Anforderungen an eine hinreichend substantiierte Geltendmachung gem. § 78 Abs. 4 Satz 4 AsylG nicht gerecht. Der Kläger zeigt nicht im Einzelnen auf, dass für die Entscheidung des Verwaltungsgerichts eine konkrete, jedoch fallübergreifende Rechts- oder Tatsachenfrage von Bedeutung wäre, deren noch ausstehende obergerichtliche Klärung im Berufungsverfahren zu erwarten ist und zur Erhaltung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder zu einer bedeutsamen Weiterentwicklung des Rechts geboten erscheint. Der Kläger hat mit seinem Zulassungsantrag weder eine konkrete Rechts- oder Tatsachenfrage formuliert noch aufgezeigt, weshalb die Frage im Interesse der Einheitlichkeit der Rechtsprechung oder der Fortentwicklung des Rechts klärungsbedürftig und entscheidungserheblich (klärungsfähig) ist (vgl. BayVGH, B.v. 3.4.2019 – 15 ZB 19.31245 – juris Rn. 4).
3. Inwieweit – wie der Kläger behauptet – die angefochtene Entscheidung von obergerichtlicher Rechtsprechung abweichen soll (vgl. § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG), gibt der Zulassungsantrag nicht substantiiert an. Der Zulassungsgrund der Divergenz setzt voraus, dass das verwaltungsgerichtliche Urteil von einer Entscheidung eines der in § 78 Abs. 3 Nr. 2 AsylG genannten Gerichte abweicht und auf dieser Abweichung beruht. Eine Abweichung liegt vor, wenn das Verwaltungsgericht mit einem seine Entscheidung tragenden abstrakten Rechtssatz von einem in der Rechtsprechung der genannten Gerichte aufgestellten ebensolchen Rechtssatz in Anwendung derselben oder einer inhaltsgleichen Rechtsvorschrift ausdrücklich oder konkludent abrückt. Zwischen den Gerichten muss ein prinzipieller Auffassungsunterschied über den Bedeutungsgehalt einer bestimmten Rechtsvorschrift oder eines Rechtsgrundsatzes bestehen. Im Zulassungsantrag muss daher ein abstrakter Rechtssatz des angefochtenen Urteils herausgearbeitet werden und einem Rechtssatz des anderen Gerichts unter Darlegung der Abweichung gegenübergestellt werden (BayVGH, B.v. 7.4.2017 – 15 ZB 17.30355 – juris Rn. 7 m.w.N.). Diese Anforderungen erfüllen der Zulassungsantrag und seine Begründung nicht.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO. Gerichtskosten werden nicht erhoben (§ 83b AsylG). Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags wird das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 78 Abs. 5 Satz 2 AsylG).


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