Verwaltungsrecht

Ausschreibung einer Steller inner- und außerhalb des öffentlichen Dienstes

Aktenzeichen  B 5 E 19.1119

Datum:
27.2.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 10913
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
GG Art. 19 Abs. 4, Art. 33 Abs. 2
BLV § 33 Abs. 1
VwGO § 117 Abs. 3 S. 2, § 123 Abs. 1 S. 1 u. Abs. 3, § 154 Abs. 1, § 162 Abs. 3
BPersVG § 68 Abs. 2 S. 1
GKG  § 40,§ 52 Abs. 6 S. 4
ZPO § 920 Abs. 2

 

Leitsatz

Tenor

1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Die Beigeladene trägt ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Der Streitwert wird auf 17.950,02 EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege der einstweiligen Anordnung gegen die Besetzung der Stelle einer Referentin bzw. eines Referenten im Servicecenter des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit der Beigeladenen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden ist.
Der Antragsteller ist Diplomjurist und steht als Regierungsamtmann im Dienste der Antragsgegnerin. Er ist an der Außenstelle des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge in … beschäftigt und hat ein Amt der Besoldungsgruppe A 11 inne. Der Antragsteller ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100. Zuletzt wurde er im Jahr 2018 über den Beurteilungszeitraum 15.03.2017 bis 28.02.2018 mit einem Gesamtergebnis von 6 Punkten dienstlich beurteilt.
Mit Bewerbungsbogen vom 08.08.2019 bewarb sich der Antragsteller auf die extern sowie im Intranet der Antragsgegnerin ausgeschriebene Stelle eines Referenten oder einer Referentin im Servicecenter des BAMF (Ausschreibungsnummer …). Das Stellenprofil sah gemäß der Ausschreibung ein abgeschlossenes Hochschulstudium auf Masterniveau in den Bereichen Verwaltungs-, Wirtschafts- oder Politikwissenschaften als zwingende Eignungsvoraussetzung vor. Förderlich seien zudem eine mehrjährige Berufserfahrung in der öffentlichen Verwaltung sowie ausgeprägte Kenntnisse in den Aufgabenbereichen des BAMF und nach Möglichkeit rechtliche Kenntnisse. Von Vorteil seien auch kommunikative Fähigkeiten sowie eine gute schriftliche Ausdrucksfähigkeit, die Fähigkeit zu konzeptionellem und selbstständigem Arbeiten, Verhandlungsgeschick und eine gefestigte interkulturelle Kompetenz.
Auf die Stelle bewarben sich 98 Personen. Von diesen wiesen 57 das geforderte Hochschulstudium auf. Unter diesen wurde anhand des Kriteriums „langjährige Berufserfahrung in der öffentlichen Verwaltung“ eine weitere Vorauswahl dergestalt getroffen, dass für mehr als fünf Jahre Erfahrung 3 Punkte, drei bis fünf Jahre 2 Punkte, zwei bis drei Jahre 1 Punkt und weniger als zwei Jahre 0 Punkte verteilt wurden. Die danach punktstärksten Bewerber wurden zu einem Assessment-Center am 02.09.2019 eingeladen. Aus dem Assessment-Center ging die Beigeladene als Besetzungskandidatin hervor. Sie ist Beamtin der Besoldungsgruppe A 13 in Diensten der Antragsgegnerin. In der letzten Regelbeurteilung über den Beurteilungszeitraum 01.02.2016 bis 28.02.2018 hatte sie 8 Punkte erhalten.
Der Antragsteller war nicht zu dem Assessment-Center eingeladen worden. Mit E-Mail vom 04.09.2019 teilte das BAMF ihm mit, dass seiner Bewerbung nicht entsprochen werden könne, weil er nicht das erforderliche Hochschulstudium aufweise. Nach Einlegung eines Widerspruchs und Einleitung eines Eilverfahrens vor dem Bayerischen Verwaltungsgericht Bayreuth (Az.: B 5 E 19.841) sicherte das BAMF dem Antragsteller zu, ihn zum Auswahlverfahren zur Besetzung der streitgegenständlichen Stelle hinzuzuziehen und nach einem Vorstellungsgespräch eine erneute Auswahlentscheidung zu treffen. Das Eilverfahren wurde einvernehmlich für erledigt erklärt und durch Beschluss vom 18.10.2019 beendet.
Mit Schreiben vom 11.10.2019 wurde der Antragsteller zu einem Auswahlverfahren am 28.10.2019 eingeladen. An diesem Tag wurde das mit den übrigen Bewerbern durchgeführte Assessment-Center unter Beteiligung des Antragstellers sowie der Beigeladenen wiederholt.
Im ersten Teil des Assessment-Centers mussten der Antragsteller und die Beigeladene einen Präsentationsvortrag halten und einen Vermerk fertigen sowie ein Mitarbeitergespräch simulieren. Im zweiten Teil fand ein 45-minütiges Auswahlgespräch (Interview) statt. Bewertet wurden die Aufgaben mit Noten von 1 bis 5 Punkten, wobei 1 die beste und 5 die schlechteste Note ist. Die Bewertung erfolgte mittels Beobachtungs- und Bewertungsbögen, in denen zur Präsentation, zur Bürgeranfrage und zur Gesprächssimulation nach Schlüsselkompetenzen (z.B. Argumentationsfähigkeit, Strukturierungsfähigkeit, schriftliche Ausdrucksfähigkeit) und Gesamteindruck gegliedert die Leistung der Bewerber eingeordnet wurde. Die Beobachtungsbögen bieten für jede zu bewertende Schlüsselkompetenz Freitextfelder für die Anmerkungen der Beurteiler. Die Bewertungsbögen sind so aufgebaut, dass für jede Schlüsselkompetenz analog der Beobachtungsbögen die Mindestanforderungen, Verhaltensbeispiele über die Mindestanforderungen hinaus und negative Verhaltensbeispiele genannt werden. Der Beurteiler kreuzt dann an, ob der Bewerber die Anforderungen übertroffen (1 Punkt), teilweise übertroffen (2 Punkte), erfüllt (3 Punkte), teilweise erfüllt (4 Punkte) oder nicht erfüllt hat (5 Punkte). Das Auswahlgespräch verfolgten die Prüfer zudem anhand eines Interviewleitfadens, in dem Fragen und Erwartungshorizont im Einzelnen aufgeführt sind. Das Gesamtvotum erfolgte durch eine horizontal und vertikal gegliederte Benotungstabelle. Dabei sind horizontal die sieben Schlüsselkompetenzen, die sich in den Beobachtungs- und Bewertungsbögen finden, aufgeführt, und vertikal die vier verschiedenen Prüfungsteile (Präsentation, Vermerk, Gesprächssimulation, Interview). Aus den horizontalen Durchschnittsnoten in den Schlüsselkompetenzen und den vertikalen Durchschnittsnoten für die Erfüllung der Aufgabenteile im Gesamteindruck ergibt sich die Durchschnittsgesamtnote. Die Beigeladene erzielte in den Aufgaben Präsentation und Gesprächssimulation jeweils eine Note von 3 Punkten, beim Vermerk und beim Interview jeweils eine Note von 2 Punkten. Die Endpunktzahl belief sich nach Einrechnung der horizontalen Durchschnittsnoten für die Schlüsselkompetenzen auf 2,06 Punkte. Der Antragsteller erhielt in allen Aufgabenteilen, Präsentation, Vermerk, Gesprächssimulation und Interview, eine Note von 4 Punkten. In der Endbewertung ergab sich eine Note von 4,11 Punkten. Durchgeführt wurde das Assessment-Center von der Leiterin des Referats „Öffentlichkeitsarbeit“, einer Sachbearbeiterin des Referats „Personalgewinnung“ sowie als Verfahrensbeobachter dem Örtlichen Schwerbehindertenvertreter und der Gleichstellungsbeauftragten.
Mit Schreiben des BAMF vom 31.10.2019 wurde dem Antragsteller mitgeteilt, dass seiner Bewerbung nicht entsprochen werden könne, weil im Rahmen des Auswahlverfahrens eine besser geeignete Person zum Zuge gekommen sei. Hiergegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 06.11.2019 Widerspruch ein.
Mit Nachricht vom 26.11.2019 erklärte die Gleichstellungsbeauftragte ihre Zustimmung zu der Ernennung der Beigeladenen. Mit Schreiben vom 04.02.2020 stimmte auch der Personalrat zu.
Mit am 21.11.2019 eingegangenen Schriftsatz hat der Antragsteller Eilantrag eingelegt und beantragt,
der Antragsgegnerin im Wege einer einstweiligen Anordnung zu untersagen, die extern sowie im Intranet der Antragsgegnerin ausgeschriebene Stelle einer Referentin bzw. eines Referenten im Servicecenter des Bundesamts (E 13 TV EntgO Bund bzw. A 13h bis 14 nach der Bundesbesoldungsordnung, Kennziffer …), einem anderen Bewerber zu übertragen oder mit einem anderen Bewerber zu besetzen, solange nicht über die Bewerbung des Antragstellers bestandskräftig entschieden ist.
Zur Begründung führt er an, dass ein Anordnungsgrund vorliege, weil mit der endgültigen anderweitigen Besetzung der Stelle das Stellenbesetzungsverfahren grundsätzlich abgeschlossen sein würde, mit der Folge, dass dem Begehren des Antragstellers, die Auswahlentscheidung zu seinen Gunsten vorzunehmen, nicht mehr entsprochen werden könnte. Zumindest sei zu befürchten, dass der ausgewählte Bewerber einen Bewährungsvorsprung erlangen würde.
Auch ein Anordnungsanspruch liege vor, weil aus der Akte hervorgehe, dass die Auswahlentscheidung nicht fehlerfrei getroffen worden sei und sich zumindest die Möglichkeit einer Kausalität des Fehlers für das Auswahlergebnis nicht ausschließen lasse.
Der Antragsteller sei in seinem Bewerbungsverfahrensanspruch verletzt worden. Ausweislich der Akte sei der Auswahlentscheidung nämlich nur das vorgenommene Auswahlgespräch zu Grunde gelegt worden, sonstige Leistungsgesichtspunkte seien nicht berücksichtigt worden. Insbesondere seien keine dienstlichen Beurteilungen zum Einsatz gekommen. Das widerspreche § 33 Abs. 1 der Bundeslaufbahnverordnung (BLV). Auswahlentscheidungen seien grundsätzlich anhand aktueller dienstlicher Beurteilungen vorzunehmen, die auf das Statusamt bezogen sein müssten und eine Aussage dazu treffen, ob und in welchem Maße der Beamte den Anforderungen seines Amtes und dessen Laufbahn gewachsen sei. Daher hätte die Antragsgegnerin auch hinsichtlich der Beigeladenen eruieren müssen, ob und über welche dienstlichen Beurteilungen diese verfüge. Es sei zwar möglich, dass neben dienstlichen Beurteilungen weitere Auswahlmittel zum Einsatz kommen könnten, völlig auf dienstliche Beurteilungen zu verzichten, sei aber nicht möglich. Nicht nur bei Beförderungs-, sondern auch in Aufstiegsverfahren sei es erforderlich, in Vorauswahl und Überprüfung der Eignung und Befähigung gestufte Verfahren so zu gestalten, dass es hierbei im Ergebnis zu einer gleichrangigen Berücksichtigung der dienstlichen Beurteilungen neben den sonstigen Erkenntnismitteln komme.
Auch mit Blick auf das Assessment-Center selbst sei unklar, wie sich die Durchschnittsnote ergebe. Es ergebe sich aus den Bewertungsbögen zudem nicht, weshalb beim Antragsteller manche der Gesichtspunkte als nicht oder nur unterdurchschnittlich erfüllt betrachtet worden seien. Auch seien nicht alle Bewertungskriterien mit einer Note versehen worden. Dadurch könne der Antragsteller nicht nachvollziehen, weshalb aus Sicht der Antragsgegnerin der Konkurrentin der Vorzug gegeben worden sei. Auch habe die Antragsgegnerin die wesentlichen Auswahlerwägungen nicht schriftlich niedergelegt, so dass nicht erkennbar sei, inwieweit die Besetzungskandidatin das Anforderungsprofil erfülle. Nach welchen Kriterien die Bewerber ausgesondert worden seien, sei deshalb nicht nachvollziehbar und ebenso wenig, weshalb sich die Beigeladene überhaupt gegen die ursprünglichen Bewerberinnen und Bewerber habe durchsetzen können. Der Antragsteller habe den Eindruck gewonnen, dass die ihm gegenüber gestellte Bürgeranfragesimulation deutlich schwerer gestaltet worden sei als bei der Beigeladenen. Soweit die Aufgaben für den Wiederholungstermin umgestaltet worden seien, liege zudem keine Vergleichbarkeit mit dem vorherigen Assessment-Center vor. Die Beigeladene habe auch einen Vorteil gegenüber dem Antragsteller gehabt, weil sie die Aufgabentypen schon aus dem ersten Termin gekannt habe. Es sei auch keines der Mitglieder der Bewertungskommission des Assessment-Centers dem Berufsfeld Arbeits- bzw. Organisationspsychologie zuzuordnen gewesen, daher könne nicht von einem eignungsdiagnostischen Instrument ausgegangen werden. Es sei fraglich, ob die an der Personalauswahlentscheidung für den höheren Dienst beteiligte Sachbearbeiterin aufgrund ihrer Ausbildung und Eingruppierung fachlich hierzu in der Lage sei. Eine ordnungsgemäße Beteiligung der Personalvertretung werde bestritten.
Für die Beklagte beantragt das BAMF, den Antrag abzulehnen.
Der vom Antragsteller angeführte § 33 Abs. 1 BLV greife nicht, weil dieser nur für Beförderungen gelte. Die streitgegenständliche Ausschreibung sei hingegen nicht auf Bewerber des höheren Dienstes begrenzt gewesen, vielmehr habe sich jede Person bewerben können, die die aufgeführten Voraussetzungen erfülle, also auch Beamte des gehobenen Dienstes, die im Falle einer erfolgreichen Bewerbung einen Aufstieg absolviert hätten. Demgemäß handle es sich vorliegend nicht zwingend um eine Beförderung, sondern ggf. um die Verleihung eines neuen Basisamtes. Damit liege ein Aufstiegs- und kein Beförderungsverfahren vor.
Auf die streitgegenständliche Stelle hätten sich 13 Beamte, 34 Tarifbeschäftigte im öffentlichen Dienst und 51 Personen aus der freien Wirtschaft beworben. Daher habe es keine Möglichkeit gegeben, hinsichtlich aller Bewerber dienstliche Beurteilungen und Arbeitszeugnisse so miteinander zu vergleichen, dass man zu einer verlässlichen Entscheidungsgrundlage gekommen wäre. Das Assessment-Center sei ein geeignetes, eignungsdiagnostisches Instrument. Der Bewertungsmaßstab habe sich dabei für alle Absolventen aus vorher festgelegten kompetenzbasierten Anforderungen ergeben. Die Bewertungen könnten aufgrund der in den Beobachtungsbögen enthaltenen Unterstreichungen und handschriftlichen Anmerkungen nachvollzogen werden. Die Vergleichbarkeit des Assessment-Centers sei gewahrt, weil es mit dem Antragsteller und der Beigeladenen anhand des gleichen Bewertungsmaßstabs wiederholt worden sei. Bei der Erstellung der Ersatzaufgaben sei darauf geachtet worden, die Vergleichbarkeit des Schwierigkeitsgrades zu wahren. Die Beteiligung der Personalvertretung sei bei Erteilung der Absage an den Antragsteller noch nicht abgeschlossen gewesen.
Zu den weiteren Einzelheiten wird entsprechend § 117 Abs. 3 Satz 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Gerichts- und Behördenakte verwiesen.
II.
1. Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
a) Nach § 123 Abs. 1 Satz 1 VwGO kann das Gericht, gegebenenfalls bereits vor Klageerhebung, eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert wird.
§ 123 Abs. 1 VwGO setzt ein besonderes Bedürfnis für die Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes (Anordnungsgrund) im Interesse der Wahrung des behaupteten Rechts (Anordnungsanspruch) voraus. Beides ist vom Antragsteller glaubhaft zu machen,
§ 123 Abs. 3 VwGO i.V.m. § 920 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO). Maßgebend für die Beurteilung sind die tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung. Ist die geltend gemachte materielle Rechtsposition grundsätzlich sicherungsfähig, hängt die Bejahung eines Anordnungsanspruchs regelmäßig davon ab, welche Erfolgsaussichten im Hauptsacheverfahren bestehen. Die gerichtliche Überprüfung der hier streitgegenständlichen Auswahlentscheidung ist im Hauptsacheverfahren – verfassungsrechtlich unbeanstandet – grundsätzlich darauf beschränkt, ob der Dienstherr ermessens- und beurteilungsfehlerfrei über die Bewerbung entschieden hat. Dagegen kann der unterlegene Bewerber – von dem unwahrscheinlichen Fall einer Reduzierung des Beurteilungsspielraumes bzw. des Ermessens auf Null abgesehen – unter Berufung auf Art. 33 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) nicht gerichtlich feststellen lassen, dass er an Stelle des ihm vorgezogenen Konkurrenten hätte ausgewählt werden müssen. Streitgegenstand ist mithin nicht ein möglicher Anspruch auf den fraglichen Dienstposten, sondern allein das dahinter zurückbleibende Recht auf fehlerfreie Entscheidung über die Bewerbung. Wird dieses subjektive Recht aus Art. 33 Abs. 2 GG durch eine fehlerhafte Auswahlentscheidung des Dienstherrn verletzt, folgt daraus, dass der unterlegene Bewerber eine erneute Entscheidung über seine Bewerbung zumindest dann beanspruchen kann, wenn seine Aussichten, beim zweiten Mal ausgewählt zu werden, offen sind, das heißt wenn seine Auswahl möglich erscheint. Derselbe Maßstab wie im Hauptsacheverfahren ist auch anzulegen, wenn der bei der Auswahl eines Beförderungsbewerbers unterlegene Beamte verwaltungsgerichtlichen Eilrechtsschutz zur vorläufigen Sicherung seines Anspruchs aus Art. 33 Abs. 2 GG begehrt. Da hier effektiver Rechtsschutz letztlich nur im Wege einer einstweiligen Anordnung zu leisten ist, dürfen die Anforderungen an die Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs mit Blick auf Art. 19 Abs. 4 GG nicht über das hinausgehen, was für ein Obsiegen des unterlegenen Bewerbers im Hauptsacheverfahren gefordert werden könnte (BVerfG, B.v. 24.9.2002 – 2 BvR 857/02 – BayVBl 2003, 240).
b) Gemessen daran ist bereits fraglich, ob der Antragsteller einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht hat. Jedenfalls aber fehlt es an einem glaubhaft gemachten Anordnungsanspruch.
aa) Das Bestehen eines Anordnungsgrundes ist fraglich, weil Gegenstand des Rechtsstreits nicht die Vergabe eines statusrechtlichen Amtes ist, die nach dem Grundsatz der Ämterstabilität irreversibel wäre. Nur dann gebietet das Grundrecht auf wirkungsvollen Rechtsschutz nach Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG eine umfassende tatsächliche und rechtliche Prüfung der Auswahlentscheidung im Rahmen des Eilrechtsschutzes, das in diesem Fall die Funktion des Hauptsacheverfahrens übernehmen muss. Geht es hingegen nur um die Besetzung eines Dienstpostens, werden keine irreversiblen Tatsachen geschaffen, wenn der Dienstposten nach erfolgloser Inanspruchnahme vorläufigen Rechtsschutzes mit dem ausgewählten Bewerber besetzt wird. Vielmehr kann die Besetzung rückgängig gemacht werden, wenn der Unterlegene im Hauptsacheverfahren obsiegt (st. Rpsr., vgl. OVG NW, B.v. 18.12.2019 – 1 B 851/19 – juris Ls. 1; BVerwG, B.v. 27.9.2011 – 2 VR 3.11 – juris Rn. 19; BayVGH, B.v. 11.11.2008 – 3 CE 08.2643 – juris Rn. 27; B.v. 20.3.2009 – 3 CE 08.3278 – juris Rn. 32, B.v. 18.10.2011 – 3 CE 11.1479 – juris Rn. 21; B.v. 9.7.2012 – 3 CE 12.872 – juris Rn. 14; B.v. 8.1.2014 – 3 CE 13.2202 – juris Rn. 21).
Die von der Antragsgegnerin getroffene Auswahlentscheidung über die Dienstpostenvergabe könnte die Rechtsstellung des Antragstellers dennoch beeinträchtigen, wenn sie Vorwirkungen auf die nachfolgende Vergabe des Statusamtes entfalten würde. Der fragliche Dienstposten, der nach A 13h/A 14 bewertet ist, stellt sowohl für den Antragsteller (A 11) als auch für die Beigeladene (A 13g) einen höherwertigen Dienstposten dar. Die Übertragung würde daher die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen für einen späteren Aufstieg des Antragstellers bzw. eine Beförderung der Beigeladenen schaffen (BVerwG, B.v. 21.12.2016 – 2 VR 1.16 – juris Rn. 12 f.). Diese Vorwirkung kann zwar vermieden werden, wenn die Antragsgegnerin von der Option Gebrauch machen würde, bei einer – vorläufigen – Besetzung des Dienstpostens mit der Beigeladenen deren Bewährungsvorsprung durch Ausblendung desselben bei einer erneuten Auswahlentscheidung unberücksichtigt zu lassen. Das hat sie jedoch weder im Laufe des Bewerbungs- noch des gerichtlichen Eilverfahrens erklärt (vgl. BVerwG, B.v. 12.12.2017 – 2 VR 2.16 – juris Rn. 21, 28; BayVGH, B.v. 29.10.2018 – 6 CE 18.1868 – juris Rn. 11; B.v. 5.9.2019 – 6 CE19.1508 – juris Rn. 11). Davon unabhängig wäre auch fraglich, ob die Ausblendung des Bewährungsvorsprungs im konkreten Fall überhaupt möglich wäre (vgl. OVG SH, B.v. 7.2.2020 – 2 MB 12/19 – juris Ls. 1 und Rn. 10).
Allerdings ist hinsichtlich des streitgegenständlichen Dienstpostens nicht ersichtlich, dass in naher Zukunft eine korrelierende Beförderungsentscheidung überhaupt ansteht, sodass zweifelhaft ist, ob eine Vorgreiflichkeit der Dienstpostenvergabe überhaupt zu besorgen ist. Dass der Dienstpostenvergabe unmittelbar auch die Einweisung des ausgewählten Bewerbers in ein Amt der Besoldungsstufe A 14 nachfolgen sollte, geht weder aus der Stellenausschreibung, noch der Verwaltungsakte oder dem Vortrag der Beteiligten im gerichtlichen Verfahren hervor.
bb) Die Zweifel hieran können aber dahinstehen, weil der Antragsteller jedenfalls keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht hat. Ohne im Einzelnen auf den grundsätzlichen Stellenwert und die Maßgeblichkeit dienstlicher Beurteilungen für beamtenrechtliche Auswahlentscheidungen einzugehen, hätte vorliegend aufgrund der besseren Beurteilung der Beigeladenen im höheren Statusamt der Antragsteller auch bei deren Heranziehung das Nachsehen (dazu unter (1)). Überdies spricht jedenfalls einiges dafür, dass die Heranziehung dienstlicher Beurteilungen zumindest vorliegend nicht geboten war (dazu unter (2)). Das stattdessen als Auswahlverfahren herangezogene Assessment-Center weist nach summarischer Prüfung keine Fehler auf, die zu durchgreifenden Bedenken hinsichtlich der Wahrung des Bewerberverfahrensanspruchs des Antragstellers führen würden (dazu unter (3)).
(1) Selbst, wenn der Antragsteller damit durchdringen würde, dass für die Auswahlentscheidung zur Besetzung des streitgegenständlichen Dienstpostens zwingend dienstliche Beurteilungen hätten herangezogen werden müssen, würde das voraussichtlich nicht zum Vorzug des Antragstellers vor der Beigeladenen führen. Denn die – wie der Antragsteller – im Dienst der Antragsgegnerin stehende Beigeladene ist in der letzten Regelbeurteilung in einem um zwei Stufen höheren Statusamt um zwei Punkte besser beurteilt worden. Während der Antragsteller im Amt A 11 in der letzten Regelbeurteilung 6 Punkte erhalten hat, erzielte die Beigeladene in einem Amt der Besoldungsgruppe A 13 im fast identischen Beurteilungszeitraum 8 Punkte. Daraus ergibt sich nach Leistungsgesichtspunkten ein wesentlicher Vorsprung der Beigeladenen. Die Auswahlentscheidung würde sich auch unter Zugrundelegung der letzten Regelbeurteilungen als richtig erweisen. Der Antragsteller hat bereits deshalb keinen Anspruch auf erneute Entscheidung über seine Bewerbung glaubhaft gemacht, weil der geltend gemachte Verfahrensfehler – so er überhaupt besteht – nicht dazu führt, dass bei einer erneuten Entscheidung die Erfolgsaussichten der Bewerbung des Antragstellers offen wären.
(2) Dessen ungeachtet spricht überdies einiges dafür, dass der geltend gemachte Auswahlverfahrensfehler nicht vorliegt, weil bei der Auswahlentscheidung zur Besetzung der streitgegenständlichen Stelle auf dienstliche Beurteilungen als Erkenntnismittel ganz verzichtet werden durfte.
In der streitgegenständlichen Konkurrenzsituation wären dienstliche Beurteilungen als Erkenntnismittel von vornherein nur begrenzt geeignet gewesen. Diese können zwar grundsätzlich besonders fundiert Auskunft über die Eignung, Befähigung und fachliche Leistung eines Bewerbers geben, weil sie einen langfristigen Eindruck der Leistung eines Beamten vermitteln (BVerfG, B.v. 16.12.2015 – 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 58). Doch sind sie als Erkenntnismittel nur heranzuziehen, wenn sie ihre Funktion als Maßstab des Eignungs- und Leistungsvergleichs im Auswahlverfahren auch erfüllen können (BVerwG, B.v. 12.4.2013 – 1 WDS-VR 1.13 – juris Rn. 33). Dafür müssen sie inhaltlich aussagekräftig sein (BVerfG, B.v. 16.12.2015 – 2 BvR 1958/13 – juris Rn. 58; BVerwG, U.v. 1.3.2018 – 2 A 10.17 – juris Rn. 30). Allerdings treffen dienstliche Beurteilungen eine Aussage im Wesentlichen nur darüber, inwiefern ein Beamter den Anforderungen seines konkreten Amtes und dessen Laufbahn im Beurteilungszeitraum entsprochen hat (vgl. BVerwG, B.v. 20.6.2013 – 2 VR 1.13 – juris Rn. 22; B.v. 19.12.2014 – 2 VR 1.14 – juris Rn. 23). Daher vermindert sich die Aussagekraft einer dienstlichen Beurteilung immens, wenn ein Aufstieg in eine höhere Laufbahngruppe in Frage steht, weil mit der Gliederung in den mittleren, gehobenen und höheren Dienst Erwartungen an den Ertrag der jeweils vorausgesetzten Schul- und Ausbildung für das Niveau der Dienstverrichtung verbunden sind, zu denen sich die dienstlichen Beurteilungen nicht verhalten (OVG Berlin-Bbg, B.v. 18.1.2019 – 10 S 45.17 – juris Rn. 11; B.v. 11.1.2018 – 4 S 40.17 – juris Rn. 8). So liegt es hier, weil die dienstliche Beurteilung des Antragstellers eine Aussage nur über seine Leistung in einem Amt der Besoldungsgruppe A 11 (gehobener Dienst, vgl. Nr. 15 der Anlage 1 zur BLV) trifft. Für seine Verwendungseignung auf dem streitgegenständlichen, nach A 13h/A 14 bewerteten Dienstposten (höherer Dienst, vgl. Nr. 20 Anl. 1 zur BLV) ist die Beurteilung – wenn überhaupt – nur sehr eingeschränkt aussagekräftig.
Zudem wäre angesichts des heterogenen Bewerberfeldes auf die streitgegenständliche Stelle die Vergleichbarkeit der Bewerber nicht gegeben, wenn man dienstliche Beurteilungen als Erkenntnismittel hätte heranziehen wollen. Denn die Bewerber stammten sowohl aus der Privatwirtschaft als auch öffentlichen Angestelltenverhältnissen oder dem Beamtenverhältnis zu anderen Dienstherren. Die Beamten und Angestellten im öffentlichen Dienst unter den Bewerbern waren dabei in ganz unterschiedlichen Positionen tätig, gehörten unterschiedlichen Besoldungs- bzw. Entgeltgruppen an, oder waren sogar im Öffentlichen Dienst des Auslands tätig. Namentlich finden sich unter den Arbeitgebern bzw. Dienstherren der Bewerber neben der Bundesrepublik Deutschland z.B. auch die Schweizerische Eidgenossenschaft, die Länder Thüringen, Nordrhein-Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg und Berlin sowie die Städte Landshut, Sindelfingen, Neuruppin, Neckarsulm und Neumarkt in der Oberpfalz. Damit lagen für einen wesentlichen Teil des Bewerberfeldes, nämlich alle Nicht-Beamten, gar keine dienstlichen Beurteilungen vor und für die bewerbenden Beamten je nach Dienstherr unterschiedlich gestaltete dienstliche Beurteilungen, die nicht per se miteinander vergleichbar sind. Denn es liegt im grundsätzlich weiten Organisationsermessen jedes Dienstherrn, wie er das Beurteilungssystem für seine Beamten regelt (BVerwG, U.v. 9.5.2019 – 2 C 1/18 – juris Rn. 39). Zwar ist der Antragsgegnerin grundsätzlich zuzumuten, für Bewerber außerhalb des Beamtenverhältnisses mit den dienstlichen Beurteilungen vergleichbare aussagekräftige Leistungseinschätzungen – insbesondere Arbeitszeugnisse – einzuholen (vgl. BVerwG, B.v. 27.4.2010 – 1 WB 39/09 – juris Rn.37 f.) und an sich nicht vergleichbare dienstliche Beurteilungen mittels eines einheitlich gebildeten Vergleichsmaßstabs vergleichbar zu machen (vgl. NdsOVG, B.v. 21.12.2015 – 5 ME 196/15 – juris Rn. 13 f.). Aber abgesehen davon, dass unter Umständen von Bewerbern aus der Privatwirtschaft gar keine vergleichbaren Leistungseinschätzungen eingeholt werden können, weil sie etwa vor der Bewerbung selbstständig tätig oder arbeitslos waren (vgl OVG Berlin-Bbg, B.v. 18.1.2019 – 10 S 45.17 – juris Rn. 14), stünde der hierfür erforderliche Aufwand jedenfalls außer Verhältnis zu der verringerten Aussagekraft, den dienstliche Beurteilungen oder vergleichbare Leistungseinschätzungen für die Eignung zum Aufstiegs- bzw. Einstellungsamt hätten. Die Durchführung des Auswahlverfahrens muss auch bei einem großen und heterogenen Bewerberfeld für die Behörde noch handhabbar sein und das verfassungsrechtliche Ziel – die Bestenauslese – bestmöglich verfolgen. Zudem wären mit dienstlichen Beurteilungen vergleichbare Leistungseinschätzungen zumindest für Berufseinsteiger, die sich erstmals bewerben, jedenfalls nicht zu erhalten. Auch solchen steht aber ausweislich des Ausschreibungstextes die Bewerbung auf die Stelle offen.
Die Einholung dienstlicher Beurteilungen oder vergleichbarer Leistungseinschätzungen auf das nach der Vorauswahl begrenzte Bewerberfeld, oder diejenigen Bewerber, für die dienstliche Beurteilungen vorlagen, zu beschränken, ist ebenfalls weder möglich noch geboten. Denn eine einheitliche Entscheidung kann in konsistenter Weise nicht ergehen, wenn sie in eine Vielzahl bi- und multilateraler Einzelentscheidungen zerlegt wird (OVG NW, B.v. 29.5.2018 – 6 B 229/18 – juris Rn. 19).
(3) Das stattdessen durchgeführte Auswahlverfahren weist keine erkennbaren Verfahrensfehler auf (dazu unter (a)). Die Antragsgegnerin ist ihren Dokumentationspflichten nachgekommen (dazu unter (b)) und hat den ihr zustehenden weiten prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraum in rechtlich nicht zu beanstandender Weise gewahrt (dazu unter (c)).
(a) Das Auswahlverfahren weist keine erkennbaren Verfahrensfehler auf. Insbesondere hat die Antragsgegnerin die Personalvertretung nach § 76 Abs. 1 Nr. 2 des Bundespersonalvertretungsgesetzes (BPersVG) beteiligt. Diese hat am 04.02.2020 der Besetzung des Dienstpostens mit der Beigeladenen zugestimmt. Es ist dabei unschädlich, dass die Zustimmung des Personalrats erst nach der Absage an den Antragsteller erfolgte. Der zeitliche Anknüpfungspunkt für die rechtzeitige Unterrichtung der Personalvertretung nach § 68 Abs. 2 Satz 1 BPersVG ist nämlich die Vornahme der beabsichtigten Maßnahme. Maßgeblich ist hier, dass die Beteiligung des Personalrats mindestens zehn Tage vor der – bislang nicht erfolgten – Vergabe des ausgeschriebenen Dienstpostens an die Beigeladene erfolgt ist, nicht hingegen vor Erteilung der Absage an den Antragsteller. Die Mitteilung an den Antragsteller, dass beabsichtigt sei, der Beigeladenen die streitgegenständliche Stelle zu übertragen, enthält lediglich das Ergebnis des Auswahlverfahrens. Teilt der Dienstherr dem unterlegenen Bewerber schon vor Zustimmung des Personalrats das Ergebnis der verwaltungsinternen Meinungsbildung mit, so liegt hierin keine Verletzung des Bewerbungsverfahrensanspruchs (vgl. HessVGH, B.v. 21.3.1995 – 1 TG 2377/94 – juris Ls. 1 und Rn. 6).
(b) Ihren Dokumentationspflichten bezüglich der Vorauswahl und des Assessment-Centers als gewählter Erkenntnisgrundlage wurde die Antragsgegnerin gerecht.
Aus dem sich aus Art. 33 Abs. 2 GG in Verbindung mit Art. 19 Abs. 4 GG ergebenden Anspruch entstehen Vorwirkungen für das Verwaltungsverfahren. Insbesondere folgt daraus die Verpflichtung, die wesentlichen Auswahlerwägungen schriftlich niederzulegen. Das dem gerichtlichen Rechtsschutz vorgelagerte Verwaltungsverfahren darf nicht so ausgestaltet sein, dass es den gerichtlichen Rechtsschutz vereitelt oder unzumutbar erschwert. Nur durch eine schriftliche Fixierung der wesentlichen Auswahlerwägungen – deren Kenntnis sich der unterlegene Bewerber gegebenenfalls durch Akteneinsicht verschaffen kann – wird der Mitbewerber in die Lage versetzt, sachgerecht darüber befinden zu können, ob er die Entscheidung des Dienstherrn hinnehmen soll oder ob Anhaltspunkte für einen Verstoß gegen den Anspruch auf faire und chancengleiche Behandlung seiner Bewerbung bestehen und er daher gerichtlichen Eilrechtsschutz in Anspruch nehmen will. Überdies eröffnet erst die Dokumentation der maßgeblichen Erwägungen auch dem Gericht die Möglichkeit, die angegriffene Entscheidung eigenständig nachzuvollziehen (BVerfG, B.v. 25.11.2015 – 2 BvR 1461/15 – BayVBl 2016, 375/376; BayVGH, B.v. 8.2.2018 – 3 CE 17.2304 – juris Rn. 4).
Die Kriterien und das Vorgehen der Vorauswahl gehen schlüssig aus der Kriterienmatrix zur Bewerbendenvorauswahl (Blätter 42 und 43 der Verwaltungsakte) hervor. Diese enthält eine Reihung aller Bewerber, bezeichnet die Kriterien, nach denen diese sortiert wurden und enthält auch das Punktesystem, mit dem die Berufserfahrung gewürdigt wurde.
Auch das Assessment-Center wurde ordnungsgemäß dokumentiert. Werden Auswahlgespräche oder Assessment-Center der Auswahlentscheidung zugrunde gelegt, müssen diese hinreichend schriftlich nachvollzogen werden können, um effektiven Konkurrentenrechtsschutz gem. Art. 33 Abs. 2 i.V.m. Art. 19 Abs. 4 GG zu ermöglichen. Dabei ist zu unterscheiden, ob das Assessment-Center nur die Grundlage einer nachfolgenden Auswahlentscheidung ist, oder die Auswahlentscheidung im Rahmen des Assessment-Centers selbst getroffen wird. Im ersten Fall reicht es aus, dass der Gegenstand des Assessment-Centers und die erteilten Bewertungen in Grundzügen nachvollziehbar dokumentiert sind, ähnlich wie dies im Prüfungsrecht für den Gegenstand mündlicher Prüfungen anerkannt ist. Wird im Rahmen des Assessment-Centers die Auswahlentscheidung selbst getroffen, reichen die Dokumentationspflichten weiter. Dann müssen auch die wesentlichen tatsächlichen Grundlagen, z.B. die gegebenen Antworten, die Gesprächsinhalte und ähnliches, schriftlich fixiert sein (vgl. zum Ganzen ausführlich m.w.N. OVG NW, B.v. 9.7.2019 – 6 B 344/19 – juris Rn. 3 ff.).
Welcher Fall hier vorliegt, kann dahinstehen, weil die Dokumentation des durchgeführten Assessment-Centers auch den gesteigerten Anforderungen genügt. In den Beobachtungsbögen und dem Interviewleitfaden sind neben den jeweils gestellten Fragen auch stichpunktartig die gegebenen Antworten vermerkt und Bemerkungen zum Verhalten des jeweiligen Bewerbers notiert. Die schriftliche Bearbeitung der simulierten Bürgeranfragen ist ebenfalls in der Akte enthalten. Damit lässt sich der Gesprächs- und Prüfungsverlauf inhaltlich detailliert nachvollziehen. Im Zusammenspiel mit den Bewertungsbögen und dem Gesamtvotum ergibt sich das Leistungsbild, das seinen Ausdruck in der Endnote gefunden und zur Entscheidung zugunsten der Beigeladenen geführt hat.
(c) Die Gestaltung und Durchführung des Auswahlverfahrens, wie sie sich aus den in den Akten befindlichen Bewerberlisten, Beobachtungs- und Bewertungsbögen sowie den Gesamtvoten ergibt, ist im Rahmen der gerichtlichen Überprüfbarkeit nicht zu beanstanden.
Das Auswahlverfahren ist nur dahingehend überprüfbar, ob es generell geeignet ist, aussagekräftige Erkenntnisse für die anstehende Auswahlentscheidung beizutragen, was grundsätzlich der Fall ist, wenn bestimmte Kompetenzen, die für die angestrebte Verwendung von Bedeutung sind, in wissenschaftlich basierten Eignungsverfahren geprüft werden (BayVGH, B.v. 16.4.2015 – 3 CE 15.815 – juris Rn. 37; vgl. auch BVerwG, U.v. 22.9.1988 – 2 C 35/86 – juris Rn. 23).
Daran gemessen ist zunächst die Vorauswahl nicht zu beanstanden. Die Bewerber, die das zwingende Einstellungskriterium „Wissenschaftliches Hochschulstudium auf Masterniveau im Bereich Wirtschafts-, Politik- oder Verwaltungswissenschaften“ ausweislich ihrer Bewerbungsunterlagen erfüllten, wurden nach dem in der Ausschreibung genannten Hilfskriterium „Erfahrung im Öffentlichen Dienst“ und damit den aus der Ausschreibung ersichtlichen Anforderungen entsprechend bewertet.
Auch das mit den danach punktstärksten Bewerbern durchgeführte Assessment-Center ist nach summarischer Prüfung nicht zu beanstanden. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Bewertung in einem Assessment-Center nur in einem eingeschränkten Maß durch den Dienstherrn plausibel zu machen ist, weil dort nicht die Prüfung von Fähigkeiten, Wissen oder Kenntnissen im Vordergrund steht, sondern die naturgemäß subjektive Bewertung der Kompetenzen und der Persönlichkeit der Bewerber, die sich einer Einordnung in die Kategorien „richtig“ oder „falsch“ weitgehend entzieht und exakter tatsächlicher Kenntnis nicht zugänglich ist (BayVGH, B.v. 11.6.2018 – 6 B 17.2131 – juris Rn. 33; OVG NW, B.v. 3.8.2017 – 6 B 829/17 – juris Rn. 8 und 10 m.w.N.). Die Beurteilung der Eigenschaften, der das Assessment-Center dient, ist von einem weiten prüfungsspezifischen Beurteilungsspielraum geprägt, der der gerichtlichen Kontrolle nur eingeschränkt unterliegt. Gegenstände dieses Beurteilungsspielraums sind etwa auch die Punktevergabe und Notengebung, die Einordnung des Schwierigkeitsgrades einer Aufgabenstellung, die Gewichtung verschiedener Prüfungsteile zueinander, die Würdigung der Qualität der Darstellung und die Gewichtung von Stärken und Schwächen der Bearbeitung (BayVGH, B.v. 11.6.2018 – 6 B 17.2131 – juris Rn. 36; VGH BW, B.v. 3.7.2012 – 9 S 2189/11 – juris Rn. 9). In diesen Beurteilungs- und Bewertungsspielraum dürfen die Gerichte grundsätzlich nicht eindringen (vgl. BVerwG, B.v. 16.8.2011 – 6 B 18.11 – juris Rn. 16; BayVGH, B.v. 3.2.2014 – 7 ZB 13.2221 – juris Rn. 8; B.v. 11.6.2018 – 6 B 17.2131 – juris Rn. 36).
Demgemäß entzieht sich der gerichtlichen Kontrolle, ob der Schwierigkeitsgrad der dem Antragsteller gestellten Aufgabe bei der „Bürgeranfragesimulation“ höher war, als bei den anderen Bewerbern. Auch die Punktevergabe ist gerichtlich nicht überprüfbar. Arithmetische Fehler ergeben sich aus den Gesamtvoten nicht. Auch die fachliche Befähigung der Beurteiler, das Auswahlverfahren zur Besetzung der streitgegenständlichen Stelle durchzuführen, steht nicht ernsthaft in Zweifel. Grundsätzlich liegt es in der Organisationsgewalt der Antragsgegnerin, zu bestimmen, durch wen Personalentscheidungen im Einzelfall getroffen werden. Neben der speziell geschulten Sachbearbeiterin des Referats „Personalgewinnung“ waren vorliegend auch die Leiterin des Referats „Öffentlichkeitsarbeit“ sowie zwei Verfahrensbeobachter am Assessment-Center beteiligt. Soweit der Antragsteller in Frage stellt, ob die Sachbearbeiterin aufgrund ihrer Ausbildung und Eingruppierung fachlich in der Lage gewesen sei, Personalentscheidungen für den höheren Dienst zu treffen, ist dies zum einen ein pauschaler und nicht weiter substantiierter Einwand. Zum anderen geht er jedenfalls deshalb ins Leere, weil die Sachbearbeiterin die Beobachtungen und Bewertungen im Rahmen des Assessment-Centers nicht alleine traf, sondern gemeinsam mit der Leiterin des Referats „Öffentlichkeitsarbeit“. Einen Erfahrungssatz, wonach sachgerechte Personalentscheidungen nur unter Beteiligung eines Beamten des Fachbereichs „Arbeits- und Organisationspsychologie“ getroffen werden können, gibt es nicht.
Substantiierte Zweifel an der grundsätzlichen Eignung und konkreten Durchführung des Assessment-Centers an sich hat der Antragsteller ebenfalls weder vorgebracht, noch sind solche ersichtlich. Das Assessment-Center erscheint generell geeignet, die in der Stellenausschreibung angeführten Kompetenzen, namentlich kommunikative Fähigkeiten, gute schriftliche Ausdrucksfähigkeit, konzeptionelles und selbstständiges Arbeiten und Verhandlungsgeschick, zu eruieren. Die gestellten Aufgaben sind an der Praxis des ausgeschriebenen Amtes orientiert (insbesondere der zu fertigende Vermerk), testen die Fähigkeiten in Wort und Schrift, Kreativität und Strukturiertheit. Durch die Kombination aus horizontaler und vertikaler Bewertung der Kompetenzen einer- und der einzelnen Aufgabentypen andererseits ergeben sich ein differenziertes Bild jedes Bewerbers und eine hohe Aussagekraft der Durchschnittsnote. Die Vergleichbarkeit der Bewerber wurde durch den identischen Prüfungsaufbau bei allen Teilnehmern im ersten und zweiten Termin gewährleistet. Mit der Beigeladenen lag auch im zweiten Termin eine unmittelbare Vergleichsbewerberin vor, deren gezeigte Leistung mit derjenigen des Antragstellers ins Verhältnis gesetzt wurde. Dass im Nachholtermin inhaltlich andere, aber gleichgeartete Aufgaben als im Ersttermin gestellt wurden, war sachgerecht und notwendig, da die vorherigen Prüfungsaufgaben der Beigeladenen als Teilnehmerin im Ersttermin und dem Antragsteller aufgrund der gewährten Akteneinsicht bekannt waren. Ein merklicher Vorteil der Beigeladenen deshalb, weil sie das Assessment-Center bereits einmal absolviert hatte, ist bereits deshalb nicht anzunehmen, weil ihre Durchschnittsnote im Wiederholungstermin mit 2,06 sogar etwas schlechter ausfiel als im Ersttermin, wo sie 1,69 Punkte erzielte.
Widersprüche oder Inkohärenzen sind aus den Unterlagen zum Assessment-Center nicht ersichtlich. Die Notizen aus den Beobachtungsbögen und dem Interviewleitfaden zu den Antworten und dem Verhalten der Bewerber ergeben ein stimmiges Bild mit den zugehörigen Bewertungsbögen. Die darin enthaltenen Bewertungen können anhand der Anmerkungen in den Beobachtungsbögen nachvollzogen werden, sie erfolgten mittels konkreter Beispiele für eine durchschnittliche, über- und unterdurchschnittliche Leistung in den Bewertungsbögen und stellen einen Bezug zur erteilten Note her. Den Bewertungsbögen lassen sich alle Einzelnoten für die durchgeführten Aufgaben in den maßgeblichen Kompetenzen entnehmen. So schlägt die Aufteilung in zueinander gehörige Beobachtungs- und Bewertungsbögen die Brücke von den Inhalten und Leistungen der jeweiligen Prüfungsteile über deren Einordnung bis zur Notenübersicht im Gesamtvotum. Überraschende Brüche, Abweichungen oder sachfremde Erwägungen sind nicht erkennbar.
2. Als unterliegender Beteiligter hat der Antragsteller die Kosten des Verfahrens nach § 154 Abs. 1 VwGO zu tragen. Es entspricht der Billigkeit, dass die Beigeladene, die sich mangels eigener Antragstellung keinem Kostenrisiko ausgesetzt hat (§ 154 Abs. 3 Satz 1 VwGO), ihre außergerichtlichen Kosten selbst trägt (§ 162 Abs. 3 VwGO).
3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 53 Abs. 2 Nr. 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) sowie § 52 Abs. 1 i.V.m. Abs. 6 Satz 1 Nr. 1, Sätze 2 bis 4 GKG. Auch für das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes hinsichtlich der Dienstpostenvergabe ist der Streitwert unter Rückgriff auf § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG wie für eine Hauptsacheklage auf Verpflichtung zur Neuverbescheidung des Beförderungsbegehrens zu bemessen und damit an die Bezüge des angestrebten Amtes zu koppeln; diese sind unter Zugrundelegung von Nr. 1.4 des Streitwertkatalogs 2013 (abgedruckt bei Eyermann, VwGO, 14. Aufl. 2014, Anhang) gegenüber dem sich aus § 52 Abs. 6 Satz 4 GKG ergebenden Wert hier nochmals zu halbieren (vgl. BayVGH, B.v. 24.10.2017 – 6 C 17.1429 – juris Rn. 10 ff.). Er beträgt also ein Viertel des nach § 52 Abs. 6 Sätze 2 und 4 GKG zu berechnenden Jahresbetrags. Mangels näherer Angaben der Beteiligten geht das Gericht von der Besoldungsstufe 8 als Endstufe der Besoldungsgruppe A 14 aus. Im maßgeblichen Zeitpunkt des Antragseingangs am 21.11.2019 (vgl. § 40 GKG) ergibt sich somit ein Grundgehalt von monatlich 5.983,34 EUR, dies führt zu einem Streitwert in Höhe von 17.950,02 EUR.


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