Verwaltungsrecht

Bedeutung des UNHCR-Flüchtlingsausweises und Verfolgung in Äthiopien

Aktenzeichen  B 7 K 16.31771

Datum:
18.6.2018
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2018, 24076
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Bayreuth
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
AsylG § 3 Abs. 3, § 28 Abs. 1a, § 77 Abs. 1
AufenthG § 60 Abs. 5, Abs.7
RL 2011/95/EG Art. 4 Abs. 4
EMRK Art. 3

 

Leitsatz

1 Aus der bloßen Registrierung als Mandatsflüchtling durch den UNHCR und einem entsprechenden Flüchtlingsausweis ergibt sich nicht zwangsläufig die Anerkennung als Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention. Ihr kommt keine Bindungswirkung, aber eine Indizwirkung für das Asylverfahren in Deutschland zu. (Rn. 38) (redaktioneller Leitsatz)
2 Bei einer Rückkehr nach Äthiopien müssen nur Asylsuchende mit Verfolgung rechnen, die sich in  Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen. (Rn. 47) (redaktioneller Leitsatz)
3 Die äthiopische Regierung beobachtet die Aktivitäten der Exilorganisationen genau; sie weiß deshalb aber auch, dass viele Äthiopier sich – auch in Führungsfunktionen – nur im Hinblick auf das Asylverfahren in Deutschland politisch betätigten. (Rn. 42 und 48) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des gerichtskostenfreien Verfahrens.
3. Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.
Das Gericht konnte über die Klage verhandeln und entscheiden, ohne dass die Beklagte an der mündlichen Verhandlung am 13.06.2018 teilgenommen hat. Auf den Umstand, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann, wurden die Beteiligten bei der Ladung ausdrücklich hingewiesen (§ 102 Abs. 2 VwGO).
II.
Die zulässige Klage bleibt ohne Erfolg. Der Kläger hat im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung (§ 77 Abs. 1 AsylG) weder einen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG noch einen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter. Die Zuerkennung des subsidiären Schutzes nach § 4 AsylG scheidet ebenfalls aus. Es liegen auch keine Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG vor. Die Abschiebungsandrohung sowie die Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbotes sind nicht zu beanstanden. Der angefochtene Bescheid ist somit rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1, Abs. 5 Satz 1 VwGO).
1. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 Abs. 1 AsylG liegen nicht vor.
Nach § 3 Abs. 4 i.V.m. Abs. 1 AsylG besteht ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft dann, wenn sich der Ausländer aus begründeter Furcht vor Verfolgung wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe außerhalb des Landes (Herkunftsland) befindet, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder dessen Schutz er nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Furcht nicht in Anspruch nehmen will und er keine Ausschlusstatbestände erfüllt. Eine solche Verfolgung kann nicht nur vom Staat ausgehen (§ 3c Nr. 1 AsylG), sondern auch von Parteien oder Organisationen, die den Staat oder einen wesentlichen Teil des Staatsgebiets beherrschen (§ 3c Nr. 2 AsylG) oder nicht staatlichen Akteuren, sofern die in Nrn. 1 und 2 genannten Akteure einschl. internationaler Organisationen erwiesenermaßen nicht in der Lage sind oder nicht willens sind, im Sinne des § 3d AsylG Schutz vor Verfolgung zu bieten, und dies unabhängig davon, ob in dem Land eine staatliche Herrschaftsmacht vorhanden ist oder nicht (§ 3c Nr. 3 AsylG). Allerdings wird dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft nicht zuerkannt, wenn er in einem Teil seines Herkunftslandes keine begründete Furcht vor Verfolgung oder Zugang zu Schutz vor Verfolgung nach § 3d AsylG hat und sicher und legal in diesen Landesteil reisen kann, dort aufgenommen wird und vernünftigerweise erwartet werden kann, dass er sich dort niederlässt (§ 3e Abs. 1 AsylG).
Für die richterliche Überzeugungsbildung im Sinne von § 108 Abs. 1 VwGO gilt Folgendes:
Das Gericht muss sich die volle Überzeugung von der Wahrheit des behaupteten Verfolgungsschicksals und der Wahrscheinlichkeit der Verfolgungsgefahr bilden. Eine bloße Glaubhaftmachung in der Gestalt, dass der Vortrag lediglich wahrscheinlich sein muss ist nicht ausreichend (vgl. grundlegend BVerwG, U.v. 16.4.1985 – 9 C 109.84 – juris). Es ist vielmehr der asylrechtliche Prognosemaßstab der beachtlichen Wahrscheinlichkeit zu Grunde zu legen. Der Wahrscheinlichkeitsmaßstab setzt voraus, dass bei einer zusammenfassenden Würdigung des zur Prüfung gestellten Lebenssachverhaltes die für eine Verfolgung sprechenden Umstände ein größeres Gewicht besitzen und deshalb gegenüber den dagegen sprechenden Tatsachen überwiegen. Dabei ist eine „qualifizierende“ Betrachtungsweise im Sinne einer Gewichtung und Abwägung aller festgestellten Umstände und ihrer Bedeutung anzulegen. Hierbei darf das Gericht jedoch hinsichtlich der Vorgänge im Verfolgerland, die zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft oder der Feststellung eines Abschiebungsverbotes führen sollen, keine unerfüllbaren Beweisanforderungen stellen, sondern muss sich in tatsächlich zweifelhaften Fragen mit einem für das praktische Leben brauchbaren Grad von Gewissheit begnügen, auch wenn Zweifel nicht völlig auszuschließen sind (BVerwG, U.v. 16.4.1985 a.a.O.). Es kommt darauf an, ob in Anbetracht dieser Umstände bei einem vernünftig denkenden, besonnenen Menschen in der Lage des Betroffenen Furcht vor Verfolgung hervorgerufen werden kann (vgl. BVerwG, U.v. 20.2.2013 – 10 C 23/12 – juris; VG Augsburg, U.v. 11.7.2016 – Au 5 K 16.30604 – juris).
Nach Art. 4 Abs. 4 der Richtlinie 2011/95/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 ist hierbei die Tatsache, dass ein Kläger bereits verfolgt wurde oder einen sonstigen ernsthaften Schaden erlitten hat bzw. von solcher Verfolgung oder einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, ein ernsthafter Hinweise darauf, dass die Furcht des Klägers vor Verfolgung begründet ist bzw. dass er tatsächlich Gefahr läuft, ernsthaften Schaden zu erleiden, es sei denn, stichhaltige Gründe sprechen dagegen, dass der Kläger erneut von solcher Verfolgung und einem solchen Schaden bedroht wird. Diese Regelung privilegiert den von ihr erfassten Personenkreis bei einer Vorverfolgung durch eine Beweiserleichterung, nicht aber durch einen herabgestuften Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Die Vorschrift begründet für die von ihr begünstigten Kläger eine widerlegbare Vermutung dafür, dass sie erneut von einem ernsthaften Schaden bei einer Rückkehr in ihr Heimatland bedroht werden. Dadurch wird der Kläger, der bereits einen ernsthaften Schaden erlitten hat oder von einem solchen Schaden unmittelbar bedroht war, von der Notwendigkeit entlastet, stichhaltige Gründe dafür darzulegen, dass sich die einen solchen Schaden begründenden Umstände bei Rückkehr in sein Herkunftsland erneut realisieren werden.
Als vorverfolgt gilt ein Schutzsuchender dann, wenn er aus einer durch eine eingetretene oder unmittelbar bevorstehende politische Verfolgung hervorgerufenen ausweglosen Lage geflohen ist. Die Ausreise muss das objektive äußere Erscheinungsbild einer unter dem Druck dieser Verfolgung stattfindenden Flucht aufweisen. Das auf dem Zufluchtsgedanken beruhende Asyl- und Flüchtlingsrecht setzt daher grundsätzlich einen nahen zeitlichen (Kausal-) Zusammenhang zwischen der Verfolgung und der Ausreise voraus. Es obliegt aber dem Schutzsuchenden, sein Verfolgungsschicksal glaubhaft zur Überzeugung des Gerichts darzulegen. Er muss daher die in seine Sphäre fallenden Ereignisse, insbesondere seine persönlichen Erlebnisse, in einer Art und Weise schildern, die geeignet ist, seinen geltend gemachten Anspruch lückenlos zu tragen. Dazu bedarf es – unter Angabe genauer Einzelheiten – einer stimmigen Schilderung des Sachverhalts. Daran fehlt es in der Regel, wenn der Schutzsuchende im Lauf des Verfahrens unterschiedliche Angaben macht und sein Vorbringen nicht auflösbare Widersprüche enthält, wenn seine Darstellungen nach der Lebenserfahrung oder auf Grund der Kenntnis entsprechender vergleichbarer Geschehensabläufe nicht nachvollziehbar erscheinen, und auch dann, wenn er sein Vorbringen im Laufe des Verfahrens steigert, insbesondere wenn er Tatsachen, die er für sein Begehren als maßgeblich bezeichnet, ohne vernünftige Erklärung erst sehr spät in das Verfahren einführt (VGH BW, U.v. 27.8.2013 – A 12 S 2023/11 – juris; HessVGH, U.v. 4.9.2014 – 8 A 2434/11.A – juris).
Gemessen an diesen Maßstäben hat der Kläger eine an den Merkmalen des § 3 Abs. 1 AsylG ausgerichtete Verfolgung nicht glaubhaft gemacht. Das Gericht folgt diesbezüglich zunächst vollumfänglich den Ausführungen im angefochtenen Bescheid (§ 77 Abs. 2 AsylG).
Ergänzend ist Folgendes auszuführen:
Selbst unter Berücksichtigung der Schilderungen des Klägers im Klageverfahren besteht kein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft.
a) Der Kläger hat sein Herkunftsland nicht vorverfolgt verlassen.
Die Ausführungen des Klägers sind in den entscheidenden Punkten vage, detailarm und darüber hinaus sogar widersprüchlich. Das Gericht schenkt daher der Fluchtgeschichte des Klägers keinen Glauben.
aa) Allgemein ist festzustellen, dass es dem Kläger auch in der mündlichen Verhandlung nicht gelungen ist, einen schlüssigen, zusammenhängenden und nachvollziehbaren Sachvortrag abzuliefern. An den entscheidenden Punkten musste das Gericht mehrmals nachfragen. Die Antworten kamen – außerhalb des vom Kläger offensichtlich auswendig Einstudierten – nur äußerst zögerlich und regelmäßig nur auf (teils wiederholter) Nachfrage des Gerichts.
bb) Daneben sind die Ausführungen des Klägers zu den Geschehnissen bzw. seinen Tätigkeiten zwischen seiner Freilassung nach der ersten Verhaftung im Jahr 1993 des äthiopischen Kalenders und seiner zweiten Verhaftung im Jahr 1996/1997 des äthiopischen Kalenders von massiven Widersprüchen geprägt.
Der Kläger erklärte gegenüber dem Gericht in der mündlichen Verhandlung, nach seiner ersten Freilassung sei ihm nichts Konkretes passiert, er habe aber einmal wöchentlich bei den Behörden vorsprechen und dort erklären müssen, dass er nicht mehr politisch aktiv sei. Von einer derartigen behördlichen Kontrolle im Zeitraum zwischen der ersten Freilassung des Klägers und seiner zweiten Inhaftierung war jedoch beim Bundesamt keine Rede. Der Kläger gab bei der Anhörung am 29.02.2015 beim Bundesamt lediglich an, dass er sich nach seiner zweiten Freilassung im Jahr 1997 des äthiopischen Kalenders regelmäßig bei den Behörden hat melden müssen. In diesem Zusammenhang war zudem nicht die Rede von einer wöchentlichen Vorsprache, sondern von einer täglichen Meldepflicht, wobei eine tägliche Meldepflicht nach der Freilassung aus dem Gefängnis dem Gericht schon wenig glaubhaft erscheint.
Höchstwidersprüchlich und unglaubwürdig sind die klägerischen Aussagen zu seiner politischen Aktivität im Zeitraum nach der ersten Freilassung bis zu seiner erneuten Festnahme. Gegenüber dem Bundesamt erklärte der Kläger, er habe sich nach der ersten Haft nicht mehr politisch betätigt. Dem Gericht erklärte der Kläger hingegen zunächst, er sei in diesem Zeitraum zwar nicht offiziell politisch tätig gewesen, habe aber im Versteckten politisch agiert. Auf Vorhalt des Gerichts suchte der Kläger lediglich Ausflüchte und Rechtfertigungsgründe, die das Gericht nicht überzeugen. Der Kläger erklärte beispielsweise, er sei beim Bundesamt bezüglich einer politischen Betätigung nach der ersten Haft gar nicht gefragt worden, sodass seine Aussagen auch nicht widersprüchlich sein könnten. Ausweislich des Anhörungsprotokolls (Bl. 44 der Bundesamtsakte) wurde der Kläger gleichwohl beim Bundesamt mit dieser Fragestellung konfrontiert.
cc) Von Widersprüchlichkeiten sind ferner die klägerischen Angaben zur zweiten Verhaftung geprägt. Bei der Anhörung beim Bundesamt hat der Kläger noch angegeben, er sei im Jahr 1997 des äthiopischen Kalenders erneut in Haft gekommen und erst nach der Wahl wieder freigelassen worden. Dem Gericht erklärte er in der mündlichen Verhandlung, er sei „ca. im Jahr 1996 des äthiopischen Kalenders“ ein zweites Mal verhaftet worden. Auf Vorhalt des Gerichts zu den zeitlichen Widersprüchen erklärte der Kläger lediglich, im Jahr 1997 sei Wahl gewesen. Kurz vor der Wahl sei er erneut ins Gefängnis gekommen. Dies könne Ende 1996 bzw. Anfang 1997 gewesen sein. Selbst wenn die zweite Inhaftierung tatsächlich um die Jahreswende 1996/1997 gewesen sein sollte, ändert dies nichts an der Unglaubwürdigkeit des klägerischen Vortrages hinsichtlich seiner zweiten Inhaftierung. Der Kläger führte aus, er sei gewissermaßen präventiv in Haft genommen worden, damit er kein weiteres Mal vor einer Wahl politisch agiere. Andererseits konnte der Kläger dem Gericht nicht einmal ungefähr sagen, wann im Jahr 1997 die Wahl gewesen ist. Im Übrigen war es dem Kläger in der mündlichen Verhandlung nicht einmal möglich, die ungefähre Dauer seiner zweiten Verhaftung zu nennen. Trotz mehrmaliger Nachfragen erklärte der Kläger, er wisse nicht, wie lange er eingesperrt gewesen sei. Letztlich erklärte er lediglich, seine zweite Haft habe jedenfalls kein Jahr gedauert. In Anbetracht dieser vagen und völlig unsubstantiierten Angabe der Haftdauer schenkt das Gericht den klägerischen Ausführungen zur zweiten Inhaftierung schon im Ansatz keinen Glauben. Dies gilt insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Kläger die Dauer der ersten – und viel länger zurückliegenden – Haft im Jahr 1993 taggenau angeben konnte, während er zu den näheren Umständen seiner zweiten Inhaftierung keinerlei Angaben machen konnte, insbesondere nicht einmal ungefähr angeben konnte, wie lange er eingesperrt gewesen sein soll. Dieser Eindruck des Gerichts deckt sich auch mit den Erkenntnissen des Gerichts aus der Anhörung beim Bundesamt. Auch dort hat der Kläger keinerlei detaillierte Angaben zu seiner (zweiten) Inhaftierung machen können.
dd) Von unauflösbaren Widersprüchen sind ferner die klägerischen Ausführungen zum letztendlich maßgeblichen Fluchtgrund geprägt. Beim Bundesamt gab der Kläger an, nach seiner zweiten Freilassung gehört zu haben, dass nach ihm gesucht werde. Deswegen habe er alles liegen lassen und sei in den Sudan geflüchtet. Dem Gericht erklärte der Kläger hingegen in der mündlichen Verhandlung zunächst, nach seiner zweiten Freilassung eine sehr unruhige Zeit gewesen. Die Leute seien mit dem Wahlergebnis unzufrieden gewesen. Deswegen habe er Angst um sein Leben gehabt und sei geflohen. Auch bei einer weiteren Nachfrage des Gerichts nach einem konkreten Fluchtgrund blieben die klägerischen Ausführungen vage und unsubstantiiert. Er erklärte lediglich, er sei bereits zweimal im Gefängnis gewesen und habe dort viel erlebt. Deswegen sei er nach der zweiten Haft geflohen. Selbst nach weiterem Vorhalt des Gerichts, konnte der Kläger diesem keinen konkreten Fluchtgrund nennen. Er berief sich lediglich auf Freunde und Bekannte, die ins Gefängnis gekommen seien, weswegen er Angst gehabt habe, ebenfalls verhaftet zu werden. Im Übrigen hat er dem Gericht keinerlei detaillierte Informationen geben können, von wem er gehört haben will, dass nach ihm gesucht wird. Im Gegenteil, nach entsprechendem Vorhalt des Gerichts relativierte der Kläger wiederum seinen Vortrag und erklärte, er sei nicht direkt gesucht worden, sondern habe Angst gehabt, festgenommen zu werden, da andere Personen, die politisch tätig gewesen seien, ebenfalls ins Gefängnis gekommen seien. Die Befürchtung, wegen seiner politischen Tätigkeit erneut ins Gefängnis zu kommen, steht allerdings wiederum im Widerspruch zu den weiteren Ausführungen des Klägers in der mündlichen Verhandlung, wonach er nach der zweiten Inhaftierung keinen politischen Aktivitäten mehr nachgegangen sei. Wiederum konfrontiert durch das Gericht mit seinen früheren Aussagen erklärte der Kläger nunmehr, er habe Angst vor einer Verhaftung wegen seiner früheren politischen Tätigkeit gehabt. Diesen Zusammenhang konnte der Kläger jedoch nicht detailliert und plausibel darlegen, warum er nunmehr wegen seiner früheren politischen Tätigkeit Probleme bekommen solle, da er bereits im Gefängnis gesessen war und problemlos nach der Wahl wieder freigelassen wurde. Verstärkt werden die ohnehin schon massiven und nicht zu rechtfertigenden Widersprüche im Zusammenhang mit einem konkreten Fluchtgrund letztlich bei den Fragen des Gerichts zu einem politischen Engagement nach der zweiten Haftentlassung. Der Kläger erklärte einerseits, nach der zweiten Haftentlassung habe er sich nicht mehr politisch betätigt, insbesondere die Kinijit nicht mehr unterstützt. Im weiteren Verlauf der Verhandlung erklärte er hingegen, er habe die Kinijit von 1993 bis zu seiner Ausreise aktiv unterstützt. Auf entsprechenden Vorhalt des Gerichts hin suchte der Kläger wiederum nur Ausflüchte und erklärte, er habe nach seiner zweiten Inhaftierung Kinijit zwar unterstützen wollen, habe es aber tatsächlich nicht gemacht. Dieser Versuch einer Rechtfertigung ist – in Anbetracht der in anderem Zusammenhang eindeutig anders getätigten Aussagen – eine reine Schutzbehauptung, die sich in das Gesamtbild des von Widersprüchlichkeiten, Unstimmigkeiten und Steigerungen des klägerischen Vortrages einfügt.
ee) Neben der Tatsache, dass das Fluchtgeschehen schon völlig unglaubwürdig geschildert wurde, vermag das Gericht im Zeitpunkt der Ausreise auch keine konkret individuelle Verfolgungshandlung gegenüber dem Kläger im Sinne des § 3 a AsylG in Anknüpfung an einen Verfolgungsgrund des § 3 b AsylG erkennen. Selbst wenn der Kläger im Jahr 1993 des äthiopischen Kalenders tatsächlich in Haft gewesen sein sollte – wofür das beim Bundesamt vorgelegte und vom Kläger als „Haftentlassungsbescheinigung“ bezeichnete Schriftstück (Bl. 50 der Bundesamtsakte) sprechen könnte – fehlt des jedenfalls am zeitlichen Kausalzusammenhang zwischen der (ersten) Haft und der Ausreise des Klägers Ende 1998 des äthiopischen Kalenders. Eine flüchtlingsrechtlich relevante Verfolgung ist nach Auffassung des Gerichts – jedenfalls nach der Haftentlassung im Jahr 1993 – nicht (mehr) gegeben. Eine konkrete Verfolgungshandlung nach der Haftentlassung 1993 bis zur Ausreise hat der Kläger – wie bereits ausgeführt – schon im Ansatz nicht glaubwürdig darlegen können.
ff) Der Überzeugung des Gerichts vom Fehlen einer individuellen Verfolgungshandlung gegenüber dem Kläger im Zeitpunkt der Ausreise steht auch nicht entgegen, dass dem Kläger – nach eigenen Angaben – vom UNHCR im Sudan Flüchtlingsschutz zuerkannt worden ist. Aus einem „UNHCR Refugee Certificate“ (UNHCR Flüchtlingsausweis) kann der Kläger – unabhängig von der Frage, ob es sich bei den Unterlagen auf Bl. 51 der Behördenakte überhaupt um einen solchen Ausweis für den Kläger handelt – jedenfalls keinen Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG ableiten. Selbst eine Registrierung des Klägers als Flüchtling durch den UNHCR führt nicht dazu, dass dieser außerhalb des Bundesgebietes als ausländischer Flüchtling nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt worden ist. Die bloße Registrierung des Klägers durch den UNHCR beinhaltet nicht die von Art. 28 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28.7.1951 i. V. m. dem Protokoll vom 31.1.1967 für die Wirksamkeit der Anerkennung erforderliche staatliche Entscheidung (VG Bayreuth, U.v. 2.5.2016 – B 3 K 15.30486 – juris; SächsOVG, U.v. 8.7.2010 – A 3 A 503/07 – juris; OVG Lüneburg, U.v. 7.12.2005 – 11 LB 193/04 – juris; OVG Münster, B.v. 27.9.2006 – 8 A 1363/05.A – juris). Der UNHCR-Flüchtlingsausweis dokumentiert lediglich die Anerkennung als Mandatsflüchtling, d.h. dass die Flüchtlinge unter dem Schutz des UNHCR stehen, und zwar ungeachtet dessen, ob sie sich in einem Land befinden, das Vertragspartei des Abkommens von 1951 und/oder des Protokolls von 1967 war und ungeachtet der Tatsache, ob sie von ihrem Gastland als Flüchtling im Sinne eines dieser Vertragswerke anerkannt worden sind. Es kann mithin eine Person gleichzeitig ein Mandatsflüchtling und auch ein Flüchtling im Sinne des Abkommens von 1951 oder des Protokolls von 1967 sein. Ebenso gut kann ein Flüchtling aber auch nur ein Mandatsflüchtling und nicht auch zugleich ein Flüchtling im Sinne des Abkommens von 1951/des Protokolls von 1967 sein. Schon aus der im UNHCR-Handbuch enthaltenen Definition des „Mandatsflüchtlings“ ergibt sich mithin, dass die bloße Registrierung als Mandats-Flüchtling nicht auch zwangsläufig die Rechtsstellung als Flüchtling im Sinne der Genfer Konvention beinhaltet. Die UNHCR-Mandats-Anerkennung beinhaltet damit keine Bindungswirkung für ein im Bundesgebiet betriebenes Asylverfahren, ihr kommt jedoch eine starke Indizwirkung zu (VG Bayreuth, U.v. 2.5.2016 – B 3 K 15.30486 – juris; SächsOVG, U.v. 8.7.2010 – A 3 A 503/07 – juris; OVG Lüneburg, U.v. 7.12.2005 – 11 LB 193/04 – juris; vgl. auch BVerwG, B.v. 26.10.2010 – 10 B 28.10 – juris und BVerwG, B.v. 3.11.2006 – 1 B 30.06 – juris).
Trotz der Indizwirkung des UNHCR-Flüchtlingsausweises liegen die Voraussetzungen für die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft nach § 3 AsylG in der Bundesrepublik Deutschland nicht vor. Der Kläger hat eine konkrete Verfolgungsgefahr nicht glaubhaft machen können, insbesondere leidet der klägerische Vortrag unter massiven Widersprüchen, sodass die durch den Flüchtlingsausweis geschaffenen Indizien nicht ausreichend und geeignet sind, das Gericht von einer konkret individuell erlittenen Vorverfolgung bzw. von der beachtlichen Wahrscheinlichkeit einer Verfolgung bei Rückkehr nach Äthiopien zu überzeugen.
gg) Lediglich ergänzend – und ohne dass es entscheidungserheblich darauf ankommt – ist noch auszuführen, dass § 3 Abs. 3 Satz 2 i.V.m. Satz 1 AsylG ebenfalls nicht zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft führt. In den Anwendungsbereich des § 3 Abs. 3 AsylG fallen nur Flüchtlinge, die den Schutz von UNRWA genießen, nicht jedoch Mandatsflüchtlinge mit UNHCR-Flüchtlingsausweis (Marx, AsylG, 9. Auflage 2017, § 3, Rn. 67 und 69; Keßler in Hofmann, Ausländerecht, 2. Aufl. 2016, § 3 AsylVfG, Rn. 16 m.w.N.). Im Übrigen wäre weder dargetan noch anderweitig ersichtlich, dass der Schutz des Klägers im Sudan nicht länger gewährleistet gewesen ist (vgl. OVG Saarland, U.v. 16.5.2018 – 1 A 679.17 – juris). Der Kläger hat den Sudan offensichtlich nur wegen besserer Bedingungen in Europa verlassen. Begründet hat er die Ausreise aus dem Sudan lediglich mit der Aussage, dass es für Christen im Sudan nicht einfach sei, zu leben.
b) Auf den Nachfluchtgrund der exilpolitischen Betätigung kann sich der Kläger ebenfalls nicht mit Erfolg berufen. Zwar ermöglicht § 28 Abs. 1a AsylG die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft auch dann, wenn die begründete Furcht vor Verfolgung im Sinn des § 3 Abs. 1 AsylG auf Ereignisse beruht, die eingetreten sind, nachdem der Ausländer sein Herkunftsland verlassen hat. Nach Überzeugung des Gerichts ist es aber auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht beachtlich wahrscheinlich, dass dem Kläger bei einer Rückkehr nach Äthiopien eine Verfolgung wegen exilpolitischer Betätigung in der Bundesrepublik Deutschland drohen würde.
In der äthiopischen exilpolitischen Szene gibt es zahlreiche Gruppierungen. Den verfahrensgegenständlichen Erkenntnisquellen ist zweifelsohne zu entnehmen, dass die äthiopische Regierung die Aktivitäten der äthiopischen Exilorganisationen genau beobachtet bzw. durch die Auslandsvertretungen beobachten lässt. Aufgrund der Auskunftslage, die auch die Entwicklungen während der Massenproteste 2015/2016, den Ausnahmezustand 2016 und die aktuelle politischen Entwicklungen im Frühjahr 2018 berücksichtigt, geht das Gericht jedoch weiterhin nicht davon aus, dass jede, wie auch immer geartete Form der Betätigung für eine der zahlreichen exilpolitischen Gruppen in der äthiopischen exilpolitischen Szene im Ausland bei einer Rückkehr nach Äthiopien zu einer beachtlichen Verfolgungsgefahr führt. Vielmehr kommt es – auch nach der aktuellen Lage – für die Feststellung des relevanten Gefährdungsgrades grundsätzlich darauf an, ob eine Organisation von den äthiopischen Stellen etwa als terroristisch eingestuft wird und in welcher Art und in welchem Umfang der oder die Betreffende sich im Einzelfall exilpolitisch tatsächlich und wahrnehmbar betätigt hat (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 – RO 2 K 16.30643 – juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 – AN 3 K 16.31836 – juris; VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017 – B 2 K 16.31139 – juris; vgl. auch VG Kassel, U.v. 22.2.2018 – 1 K 302/17.KS.A – juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017- 1 K 2320/17.KS.A – juris; a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017 – W 3 K 17.31180 – juris).
Dem Auswärtigen Amt liegen auch nach dem aktuellen Bericht über die asyl- und abschieberelevante Lage in Äthiopien vom 22.3.2018 keine Erkenntnisse darüber vor, dass allein die Betätigung für eine oppositionelle Partei im Ausland bei Rückkehr nach Äthiopien zu staatlichen Repressionen führt. Maßgeblich ist danach vielmehr der konkrete Einzelfall, also beispielsweise, ob eine Organisation von der äthiopischen Regierung als Terrororganisation angesehen wird oder um welche politische Tätigkeit es sich handelt (z.B. nachweisliche Mitgliedschaft, führende Position, Organisation gewaltsamer Aktionen). Von Bedeutung ist auch, ob und wie sich die zurückgeführte Person anschließend in Äthiopien politisch betätigt. Die bloße Asylantragstellung im Ausland bleibt – soweit bekannt – ohne Konsequenzen (AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 18; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GI.A – juris; VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018 – RO 2 K 16.30643 – juris). Der Lagebericht vom 22.3.2018 geht insbesondere auch auf die innenpolitischen Entwicklungen im Frühjahr 2018 und auf den am 16.2.2018 ausgerufen (neuerlichen) Ausnahmezustand ein (AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 6). Unter Berücksichtigung der aktuellen Entwicklungen hält das Auswärtige Amt hinsichtlich der Gefährdungseinschätzung bei Rückkehr von im Ausland exilpolitisch tätigen Äthiopiern an den Ausführungen im Lagebericht vom 6.3.2017 fest (vgl. AA, Lagebericht Äthiopien vom 6.3.2017, S. 16; AA, Lagebericht Äthiopien vom 22.3.2018, S. 18).*Im Übrigen wurde der im Februar 2018 für sechs Monate anberaumte Ausnahmezustand am 5.6.2018 wegen der „relativen Stabilität und Ruhe im Land“ vorzeitig wiederaufgehoben (vgl. http://www.sueddeutsche.de/politik/aethiopien-ausnahmezustand-beendet-1.4002896 und http://www.spiegel.de/politik/ausland/aethiopien-will-grenzstreit-mit-eritrea-beenden-a-1211409.html).
Die Auskunft des Leibniz-Instituts (GIGA an VG Gießen vom 30.1.2017 in der Sache 6 K 4787/15.GI.A) – zum Fall einer exilpolitischen Tätigkeit für die EPPFG – stellt ebenfalls nur fest, dass eine Verhaftung für den Fall der Rückkehr nicht ausgeschlossen werden könne. Diese Feststellung erreicht aber schon nicht den Maßstab der notwenigen beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit (VG Regensburg, U.v. 8.3.2018 – RO 2 K 16.30643 – juris).
G. S. geht in seiner Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen in der dortigen Streitsache 6 K 4787/15.GI.A davon aus, dass eine Verfolgungsprognose anhand bestimmter Merkmale nicht abgegeben werden könne, weil das Handeln der äthiopischen Sicherheits- und Justizbehörden gegenüber allen wirklichen und putativen Gegnern von einem hohen Maß an Willkürlichkeit geprägt sei. Unter diesem Gesichtspunkt sei generell die Unterscheidung zwischen unbedeutender und exponierter Stellung in einer Oppositionsorganisation als nicht relevant für die Beurteilung der Wahrscheinlichkeit einer Verfolgungsgefahr anzusehen. Dies gelte in besonderem Maß seit dem Erlass der Anti-Terrorismusgesetze und gerade auch unter dem Ausnahmezustand. Weiter führt er aus, dass mit „hoher Wahrscheinlichkeit“ eine längere Inhaftierung – verbunden mit intensiver Befragung – auch unter dem jetzigen Ausnahmezustand als Minimum anzunehmen sei. Es bleibt jedoch offen, wie S. trotz der Prognoseunsicherheit zu dieser Annahme kommt. So belegt er diese Annahme nicht mit konkreten Beispielen für ein Einschreiten äthiopischer Stellen gegen Rückkehrer, obwohl er angibt, dass diese häufig verhaftet würden (Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Dies dürfte dem Umstand geschuldet sein, dass kaum Abschiebungen nach Äthiopien stattfinden, was die Grundlage dieser Aussage allerdings fraglich erscheinen lässt. Das Gericht verkennt dabei nicht, dass es seit Mitte 2015 im Zusammenhang mit dem „Masterplan“ der Regierung vor allem in der Provinz Oromia zu Massenprotesten kam und es im Zusammenhang mit diesen Protesten und dem Einschreiten der Sicherheitskräfte zu Todesfällen und Verhaftungen gekommen ist. So sollen nach dem Gutachten von G. S. im Rahmen der Unruhen 2016 unter Geltung des Ausnahmezustandes über 11.000 Menschen verhaftet worden sein. Diese Verhaftungen fanden jedoch im Zusammenhang mit – zumindest teilweise – gewaltsamen Protesten in Äthiopien statt. Sie sind kein Beleg dafür, dass auch Rückkehrer alleine wegen ihrer exilpolitischen Betätigung nun einem beachtlichen Verfolgungsrisiko ausgesetzt sind. Dies belegen auch die Ausführungen in der Stellungnahme S.s nicht hinreichend. Dieser führt zwar nachvollziehbar aus, dass im Zusammenhang mit den Unruhen in Äthiopien selbst die äthiopische Diaspora – auch im Hinblick auf eine Strafbarkeit nach dem äthiopischen Anti-Terrorismusgesetz von 2009 – verstärkt überwacht wird (Rn. 134 der Stellungnahme vom 15.2.2017). Ein konkretes Beispiel für eine Verfolgung allein auf Grund einer exilpolitischen Tätigkeit unterbleibt jedoch. Auffällig ist hierbei auch, dass S. zum einen zwar deutliche Aussagen trifft (Bestrafung jedes Mitglieds einer exilpolitischen Gruppe, die mit einer als terroristisch eingestuften Gruppe zusammenarbeitet [Rn. 232 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; häufige Verhaftungen [Rn. 214 der Stellungnahme vom 15.2.2017]; längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumaner Haftbedingungen [Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017]), gleichzeitig aber äußert, dass sich angesichts der Willkürlichkeit die konkreten Verfolgungshandlungen im Einzelnen schwer vorhersagen ließen und er an anderer Stelle (Rn. 226 der Stellungnahme vom 15.2.2017) angibt, dass im heutigen Äthiopien, die eine staatliche Verfolgung auslösenden Momente in der Regel vielschichtig seien und sich nur selten auf ein bestimmtes Merkmal reduzieren ließen (vgl. ausführlich: VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.GI.A – juris).
Auch die Stellungnahme G. S.s vom 18.2.2018 in der Streitsache W 3 K 16.30383 an das VG Würzburg überzeugt das Gericht nicht von einer beachtlichen Verfolgungsgefahr für Rückkehrer alleine wegen jeder – wie auch immer gearteter – Form der exilpolitischen Betätigung. Zwar kommt G. S. zu dem Ergebnis, dass mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen sei, dass unter dem wiedereingeführten Ausnahmezustand exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt seien, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden (Rn. 83 der Stellungnahme vom 18.2.2018), während in der Stellungnahme vom 15.2.2017 an das VG Gießen noch ausgeführt wurde, angesichts der Willkürlichkeit im Handeln der Sicherheitsorgane und der mangelnden Rechtsstaatlichkeit in Äthiopien lasse sich im Einzelnen nicht vorhersagen, was Rückkehrer zu befürchten hätten. Eine längere Inhaftierung verbunden mit intensiver Befragung und mit hoher Wahrscheinlichkeit inhumanen Haftbedingungen sei jedoch als Minimum anzunehmen (Rn. 237 der Stellungnahme vom 15.2.2017; dieser Passus befindet sich im Übrigen auch noch unter Rn. 82 der Stellungnahme vom 18.2.2018). Anderseits führt S. in Rn. 17 der Stellungnahme vom 18.2.2018 aus, aufgrund es neuerlichen Ausnahmezustandes vom 16.2.2018 scheinen die gleichen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 zu gelten. Für das Gericht ist daher weder nachvollziehbar noch plausibel dargelegt, warum nunmehr (allein) aufgrund des Ausnahmezustand 2018 exilpolitisch tätige Äthiopier bei einer Rückführung einem sehr hohen Risiko ausgesetzt sein sollen, als Unterstützer einer „terroristischen Organisation“ verfolgt und äußerst bestraft zu werden, wenn keine anderen Bestimmungen wie beim Ausnahmezustand 2016 gelten. Weiterhin wurde – wie bereits ausgeführt – der Ausnahmezustand am 5.6.2018 vorzeitig beendet.
Bei einer Gesamtwürdigung der vorliegenden Auskunftslage nimmt das Gericht daher auch weiterhin nicht an, dass äthiopischen Asylbewerbern, die sich zu einer Exilorganisation bekennen und für diese Exilorganisation nur ein Mindestmaß an Aktivität vorweisen, für den Fall der Rückkehr nach Äthiopien bereits mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit eine Verfolgung im Sinne des § 3 Abs. 1 AsylG erwartet (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris; VG Regensburg U.v. 8.3.2018- RO 2 K 16.30643 – juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 – AN 3 K 16.31836 – juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 – B 7 K 17.32889 – juris; vgl. auch VG Bayreuth, U.v. 20.11.2017- B 2 K 16.31139 – juris; VG Gießen, U.v. 25.4.2018 – 6 K 116/17.GI.A – juris; VG Kassel, U.v. 5.9.2017 – 1 K 2320/17.KS.A – juris; VG Gießen, U.v. 11.7.2017 – 6 K 4787/15.Gl.A – juris, a.A. VG Würzburg, U.v. 15.9.2017- W 3 K 17.31180 – juris). Vielmehr müssen nach Überzeugung des Gerichts bei einer Rückkehr nach Äthiopien nur solche Personen mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen rechnen müssen, die sich in der Bundesrepublik Deutschland derart exponiert politisch betätigt haben, dass die äthiopischen Behörden sie als ernsthafte Oppositionsangehörige einstufen (VG Regensburg, U.v. 24.1.2018 – RO 2 K 16.32411 – juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 – AN 3 K 16.31836 – juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 – B 7 K 17.32889 – juris; vgl. auch BayVGH, B.v. 14.7.2015 – 21 B 15.30119 – juris; BayVGH, U.v. 25.2.2008 – 21 B 07.30363 und 21 B 05.31082 – juris). Erforderlich für einen beachtlichen Nachfluchtgrund aufgrund exilpolitischer Betätigung ist nämlich eine „beachtliche Wahrscheinlichkeit“ der Verfolgung im Falle einer Rückkehr. Nicht ausreichend ist hingegen, dass eine solche möglich ist oder nicht ausgeschlossen werden kann. Eine solche beachtliche Wahrscheinlichkeit im Falle einer nicht exponierten Stellung kann – wie bereits ausgeführt – auch den oben genannten aktuellen Stellungnahmen nicht entnommen werden. Die Kammer und der erkennende Einzelrichter gehen daher weiterhin davon aus, dass Asylbewerber, die sich vor allem im Hinblick auf einen positiven Ausgang des Asylverfahrens einer exilpolitischen Gruppe anschließen und sich dort nicht exponiert betätigen, im Falle einer Rückkehr nach Äthiopien nicht mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit mit politisch motivierten Verfolgungsmaßnahmen zu rechnen haben. Dem steht auch nicht der Beweisbeschluss des BayVGH vom 26.03.2018 zu den Folgen der exilpolitischen Tätigkeit in Deutschland entgegen, insbesondere war dem BayVGH zum Zeitpunkt des Beschlusses der aktuelle Lagebericht des Auswärtigen Amtes vom 22.03.2018 noch nicht bekannt. Gerade wegen der intensiven Beobachtung exilpolitischer Auslandsaktivitäten durch äthiopische Stellen muss davon ausgegangen werden, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, dass eine große Zahl äthiopischer Asylbewerber nicht wegen ihrer politischen Überzeugung an exilpolitischen Veranstaltungen teilnimmt, sondern weil sie sich davon Vorteile im Asylverfahren erwartet. Im Hinblick darauf ist es nicht wahrscheinlich, dass die äthiopischen Behörden derartige Personen als „gefährlich“ erachten.
Dies gilt im Übrigen auch dann, wenn der betreffenden Person eine auf den ersten Blick exponiert erscheinende Position übertragen worden ist, ohne dass diese dann auch aktiv ausgefüllt wird. Im Hinblick auf die nach der Auskunftslage intensive Überwachung der äthiopischen exilpolitischen Szene im Bundesgebiet durch den äthiopischen Staat, führte das Gericht bereits mit Urteil vom 26.8.2013 (B 3 K 12.30096 – juris) aus, dass auch den äthiopischen Behörden klar ist, „dass die zuletzt immer mehr zu beobachtenden, inflationär entstehenden und wie Pilze aus dem Boden schießenden Vorstandsfunktionen für sich alleine betrachtet den jeweiligen Asylbewerber, wenn er sich ansonsten […] im Heimatland als unpolitisch erwiesen hat, nicht zu einem aus dem Kreis der bloßen Mitläufer herausragenden, ernsthaften und damit aus Sicht des äthiopischen Staates zu verfolgenden Oppositionellen machen. Vielmehr ist ausschlaggebend, ob der jeweilige Funktionsträger nicht nur durch das Innehaben eines Amtes, sondern durch sein davon unabhängiges politisches Engagement im Heimatland und im Bundesgebiet sich als eine von der Masse der äthiopischen Asylbewerber abhebende und nach außen erkennbar politisch interessierte und aktive Person darstellt.“ Diese Ausführungen gelten gegenwärtig (erst recht) uneingeschränkt fort.
Unter Heranziehung der vorstehenden Maßstäbe des Gerichts gehört der Kläger nicht zu dem gefährdeten Personenkreis, der im Falle der Abschiebung wegen exilpolitischer Tätigkeit im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von den äthiopischen Behörden in flüchtlingsrechtlich relevanter Weise belangt zu werden. Das Vorbringen des Klägers zu seiner exilpolitischen Betätigung in Deutschland ist derart verworren und widersprüchlich, dass das Gericht dem klägerischen Vortrag insoweit schon keinen Glauben schenkt. Bei der Anhörung beim Bundesamt am 29.12.2015 gab der Kläger an, er habe vereinzelt an Demonstrationen von Ginbot 7, EPPF und der EPCO teilgenommen. Er sei aber mehr an sozialen Arbeiten interessiert. Bescheinigungen für die exilpolitische Tätigkeit hat der Kläger schon beim Bundesamt nicht vorlegen können, da angeblich der Vorsitzende der EPCO verstorben sei. Dem Gericht erklärte er in der mündlichen Verhandlung, er sei in Deutschland seit 2015 Mitglied der Ginbot 7 und gegenwärtig bei dieser Gruppierung immer noch aktiv. Die letzte Veranstaltung der Ginbot 7 – eine Demonstration in Berlin – habe er am 22.02.2018 besucht. Ferner gab der Kläger gegenüber dem Gericht an, er sei in Deutschland bei keiner anderen Vereinigung aktiv gewesen, sondern nur bei der Ginbot 7. Auf Vorhalt des Gerichts, wonach er beim Bundesamt angegeben hat, auch für die EPPF tätig gewesen zu sein, erklärte der Kläger äußerst vage, er sei in Deutschland am Anfang bei einer anderen Vereinigung gewesen, wisse aber nicht, wie diese heiße. Seit 2015 sei er aber ausschließlich bei der Ginbot 7 als einfaches Mitglied tätig. Diese Einlassung ist verwunderlich und darüber hinaus mehr als widersprüchlich, da der Kläger dem Gericht in der mündlichen Verhandlung sodann eine – äußert schlecht kopierte bzw. eingescannte – Bestätigung der EPPF vorgelegt hat, wonach er seit 01.11.2015 Mitglied der EPPF in Deutschland ist, obwohl – mehr oder weniger im gleichen Atemzug – ausgeführt wurde, er sei bislang kein Mitglied in einer anderen Vereinigung gewesen und seit 2015 ausschließlich Mitglied bei der Ginbot 7. Konfrontiert mit den Unstimmigkeiten vermochte der Kläger dem Gericht keine plausible Erklärung zu liefern. Das Gericht hat vielmehr den Eindruck gewonnen, dass der Kläger von der exilpolitischen Tätigkeit und insbesondere von den Zielen bzw. Unterschieden der einzelnen Gruppierungen keinerlei Ahnung hat. Dieser Eindruck wird verfestigt durch einen weiteren Widerspruch, indem der Kläger nämlich dem Gericht erklärte, er habe am 22.02.2018 seine letzte Veranstaltung für die Ginbot 7 in Berlin besucht, er gleichzeitig aber dem Gericht eine Bescheinigung über die Teilnahme an einer Demonstration am 22.02.2018 vorlegt, die von der Ethiopian Democratic Forces Movement Support in Germany ausgestellt worden ist. Konfrontiert mit diesem eklatanten Widerspruch erklärte der Kläger wiederum nur, er sei bei der Ethiopian Democratic Forces Movement Support in Germany kein Mitglied. Die Vereinigung habe ihn aber auf der Demonstration in Berlin diese Bescheinigung ausgestellt. Hinsichtlich der Ginbot 7, für welche er nach anderweitiger Aussage seit 2015 ausschließlich tätig ist, konnte der Kläger hingegen weder eine Mitgliedsbescheinigung noch Bescheinigungen über Teilnahmen an exilpolitischen Veranstaltungen vorlegen. Darüber hinaus erklärte der Kläger selbst, er sei lediglich einfaches Mitglied bei der Ginbot 7 und habe keine besondere Funktion. Letztlich hatte der Kläger – befragt zur Ginbot 7 – auch keinerlei Ahnung über die Größe und den Aufbau der Gruppierung in Deutschland. Der Kläger konnte das Gericht daher weder davon überzeugen, dass er (einfaches) Mitglied der Ginbot 7 ist noch dass er – nennenswert und ernsthaft – exilpolitisch tätig ist. Das Gericht ist daher der Auffassung, dass der Kläger lediglich aus asyltaktischen Gründen die exilpolitische Tätigkeit ins Feld führt.
Im Übrigen – und ohne dass es noch entscheidungserheblich darauf ankommt – weist das Gericht auf Folgendes hin: Selbst wenn der Kläger tatsächlich Mitglied der EPPF und/oder der Ginbot 7 sein sollte bzw. er am 22.02.2018 eine Demonstration in Berlin besucht haben sollte, wäre der Kläger als bloßer Mitläufer zu qualifizierten. Er hat sich weder quantitativ noch qualitativ in einer Art und Weise exilpolitisch betätigt, die die äthiopischen Behörden auch nur annähernd dazu verlassen könnte, den Kläger als ernsthaften Oppositionellen einzustufen. Es ist für das Gericht schon im Ansatz nicht ersichtlich ist, dass der Kläger zum gefährdeten Personenkreis gehört, der im Falle der Abschiebung wegen exilpolitischer Tätigkeit im Ausland mit beachtlicher Wahrscheinlichkeit befürchten müsste, von den äthiopischen Behörden in flüchtlingsrechtlich relevanter Weise verfolgt zu werden.
c) Im Ergebnis bleibt festzustellen, dass dem Kläger unter keinem Gesichtspunkt ein Anspruch auf Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft zusteht.
2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a GG, da nicht einmal die weitergefassten Voraussetzungen des § 3 AsylG einschlägig sind.
3. Dem Kläger steht kein Anspruch auf subsidiären Schutz gem. § 4 AsylG zu. Er kann sich weder auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und 2 AsylG noch auf § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG berufen.
a) Es gibt – insbesondere im Hinblick auf die obigen Ausführungen zum Flüchtlingsschutz – keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger bei einer Rückkehr in sein Herkunftsland ein ernsthafter Schaden (Todesstrafe, Folter, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Bestrafung) im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 und Nr. 2 AsylG droht.
b) Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf subsidiären Schutz nach § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3. Nach dieser Vorschrift gilt als ernsthafter Schaden im Sinne des § 4 Abs. 1 Satz 1 AsylG eine ernsthafte individuelle Bedrohung des Lebens oder der Unversehrtheit einer Zivilperson in Folge willkürlicher Gewalt im Rahmen eines internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konflikts. Der Begriff des internationalen oder innerstaatlichen bewaffneten Konfliktes in § 4 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 AsylG ist unter Berücksichtigung des humanitären Völkerrechts auszulegen (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 – 10 C 43/07 – juris). Danach müssen die Kampfhandlungen von einer Qualität sein, wie sie unter anderem für Bürgerkriegssituationen kennzeichnend sind und über innere Unruhen und Spannungen, wie Tumulte, vereinzelt auftretende Gewalttaten und ähnliche Handlungen, hinausgehen. Bei innerstaatlichen Krisen, die zwischen diesen beiden Erscheinungsformen liegen, scheidet die Annahme eines bewaffneten Konfliktes im Sinne des Art. 15 c QualRL nicht von vornherein aus. Der Konflikt muss aber jedenfalls ein bestimmtes Maß an Intensität und Dauerhaftigkeit aufweisen, wie sie typischerweise in Bürgerkriegsauseinandersetzungen und Guerillakämpfen zu finden sind. Ein solcher innerstaatlicher bewaffneter Konflikt kann landesweit oder regional bestehen und muss sich nicht auf das gesamte Staatsgebiet erstrecken (vgl. BVerwG, U.v. 24.6.2008 a.a.O.). Der Grad willkürlicher Gewalt, der vorliegen muss, kann aber umso geringer sein, je mehr der Schutzsuchende möglicherweise belegen kann, dass er aufgrund von in seiner persönlichen Situation liegenden Umständen spezifisch betroffen ist (vgl. EuGH, U.v. 17.2.2009 – C-465.7 – juris).
Ein innerstaatlicher Konflikt im obigen Sinne ist im Herkunftsland des Klägers nicht ersichtlich (vgl. nur VG Ansbach, U.v. 19.9.2017 – AN 3 K 16.30505 – juris; VG Ansbach, U.v. 14.2.2018 – AN 3 K 16.31836 – juris; VG Bayreuth, U.v. 6.3.2018 – B 7 K 17.32889 – juris).
4. Nationale Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 AufenthG oder § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG sind ebenfalls nicht gegeben. Insoweit wird zunächst auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 VwGO).
a) Hervorzuheben ist insbesondere, dass eine Abschiebung trotz schlechter humanitärer Verhältnisse nur in sehr außergewöhnlichen Einzelfällen als unmenschliche oder erniedrigende Behandlung bewertet werden kann und die Voraussetzung des § 60 Abs. 5 AufenthG i.V.m. Art. 3 EMRK erfüllt. Die derzeitigen humanitären Bedingungen in Äthiopien führen nicht zu der Annahme, dass bei einer Abschiebung des Klägers eine Verletzung des Art. 3 EMRK vorliegt. Der Kläger ist jung, gesund und erwerbsfähig. Der Kläger hat zudem die Schule in Äthiopien besucht und besitzt handwerkliche Fähigkeiten. Ihm ist es sogar gelungen, im Sudan (illegal) mehrere Jahre als selbständiger Schuhmacher zu arbeiten und damit seine Existenzgrundlage zu sichern. Darüber hinaus verfügt der Kläger über familiären Rückhalt in Äthiopien, sodass bei einer Rückkehr in Notsituationen von einer Unterstützung im Rahmen des Familienverbundes auszugehen ist. Die hohen Voraussetzungen für die Feststellung eines zielstaatsbezogenen Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG sind daher schon im Ansatz nicht erfüllt.
b) Dem Kläger droht auch keine individuelle Gefahr für Leib oder Leben, die zur Feststellung eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG führen würde. Anhaltspunkte für das Vorliegen einer erheblichen konkreten Gefahr aus gesundheitlichen Gründen sind nicht gegeben. Insbesondere ist nicht ersichtlich, dass der Kläger an einer lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankung leidet, die sich durch die Abschiebung alsbald wesentlich verschlechtern würde (§ 60 Abs. 7 Satz 2 AufentG). Der Kläger erklärte in der mündlichen Verhandlung lediglich, er habe einen Unfall am Rücken gehabt und deswegen gesundheitliche Probleme. Ein weiterer substantiierter Vortrag ist nicht erfolgt, insbesondere hat der Kläger keinerlei ärztliche Bescheinigungen über gesundheitliche Probleme vorlegen können (vgl. auch § 60a Abs. 2c AufenthG).
5. Es bestehen auch gegen die Rechtmäßigkeit der Abschiebungsandrohung einschl. der Zielstaatbestimmung im Hinblick auf § 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 AufenthG keine Bedenken. Zum Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, auf den gemäß § 77 Abs. 1 AsylG abzustellen ist, sind Gründe, die dem Erlass der Abschiebungsandrohung gegenüber dem Kläger entgegenstünden, nicht ersichtlich. Denn er ist, wie oben ausgeführt, nicht als Flüchtling bzw. Asylberechtigter anzuerkennen. Ihm steht auch kein subsidiärer Schutz oder ein zielstaatsbezogenes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG zu. Er besitzt zudem keine asylunabhängige Aufenthaltsgenehmigung (§ 34 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 59 Abs. 1 und 2 AufenthG).
6. Gründe, die gegen die Rechtmäßigkeit der von der Beklagten festgesetzten Befristung des Einreise- und Aufenthaltsverbots sprechen, liegen nicht vor.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Gerichtskosten werden gem. § 83b AsylG nicht erhoben. Der Gegenstandswert bestimmt sich nach § 30 RVG. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit stützt sich auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.


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