Verwaltungsrecht

Befreiung von der Maskenpflicht

Aktenzeichen  20 NE 21.620

Datum:
2.3.2021
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2021, 5352
Gerichtsart:
VGH
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
11. BayIfSMV § 1 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Hs. 2
VwGO § 47 Abs. 6

 

Leitsatz

Die Verpflichtung zur Glaubhaftmachung eines Befreiungstatbestands gilt ausschließlich gegenüber den für den Vollzug des Infektionsschutzrechts zuständigen Behörden. (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

Gründe

Der Antrag ist unzulässig und deshalb abzulehnen.
1. Soweit sich der Antragsteller ausdrücklich dagegen wendet, dass zum Nachweis der Befreiung von der Maskenpflicht der Befreiungsgrund und die zugrundeliegende medizinische Diagnose gegenüber jedermann – etwa auch privaten, nicht zur Verschwiegenheit verpflichteten Ladenbetreibern und sonstigen Privatpersonen – offenbart werden müsse, legt er weder eine mögliche Verletzung in eigenen Rechten (vgl. dazu Hoppe in Eyermann, VwGO, 15. Auflage 2019, § 47 Rn. 41) noch einen im einstweiligen Rechtsschutzverfahren abzuwehrenden „schweren Nachteil“ i. S. d. § 47 Abs. 6 VwGO schlüssig dar. Vielmehr verkennt er den Regelungsgehalt der angegriffenen Norm. Die Verpflichtung zur Glaubhaftmachung eines Befreiungstatbestands gilt ausschließlich gegenüber den für den Vollzug des Infektionsschutzrechts zuständigen Behörden. Die Betreiber von Einrichtungen, in denen für die Besucher, Kunden, Begleitpersonen, Gäste oder Nutzer eine (ggf. FFP2-) Maskenpflicht gilt, haben diesen gegenüber die Maskenpflicht weder durchzusetzen noch etwaige Verstöße zu sanktionieren. Die Berechtigung, das Betreten eines Ladens oder die Nutzung der Verkehrsmittel des Öffentlichen Personennahverkehrs von einem Nachweis oder der Glaubhaftmachung eines Befreiungstatbestandes abhängig zu machen, wäre allein im Rahmen einer zivilrechtlichen Auseinandersetzung zu klären (BayVGH, B.v. 1.2.2021 – 20 NE 21.172 – BeckRS 2021, 1835).
Unabhängig davon hat die vom Antragsteller angegriffene Norm des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 2 der Elften Bayerischen Infektionsschutzmaßnahmenverordnung vom 15. Dezember 2020 (11. BayIfSMV; BayMBl. 2020 Nr. 737) in der Fassung vom 24. Februar 2021 (BayMBl. 2021 Nr. 149) schon keine eigenständige Regelungswirkung, die sich zu Lasten des Antragstellers auswirken könnte. Wie der Senat bereits zu § 1 Abs. 2 Nr. 2 7. BayIfSMV – wortgleich mit § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Halbsatz 1 11. BayIfSMV – festgestellt hat, setzt die Glaubhaftmachung eines Befreiungstatbestands aus gesundheitlichen Gründen im Regelfall die Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung voraus, die nachvollziehbare Befundtatsachen sowie eine Diagnose enthält (BayVGH, B.v. 26.10.2020 – 20 CE 20.2185 – juris Rn. 18 f.; so auch OVG NRW, B.v. 24.9.2020 – 13 B 1368/20 – juris Rn. 11). Dies ergibt sich zum einen aus dem allgemeinen verwaltungsverfahrensrechtlichen Grundsatz, wonach die Darlegungslast für das Vorliegen eines Befreiungstatbestands denjenigen trifft, der sich auf den Befreiungstatbestand beruft und dessen Einflussbereich die darzulegenden Tatsachen unterliegen (vgl. Kallerhoff/Fellenberg in Stelkens/Bonk/Sachs, VwVfG, 9. Aufl. 2018, § 24 Rn. 54). Zum anderen muss wegen der spezifischen Zielsetzung der (ggf. FFP2-) Maskenpflicht – der Verhinderung bzw. Verlangsamung einer weiteren Ausbreitung von SARS-CoV-2-Infektionen in der Bevölkerung – gewährleistet sein, dass die mit der Kontrolle und Durchsetzung der Maskenpflicht befassten Behörden und Gerichte aufgrund konkreter und nachvollziehbarer Angaben in den ärztlichen Bescheinigungen das Vorliegen der jeweiligen Tatbestandsvoraussetzungen überprüfen können. Vor diesem Hintergrund hat die vom Antragsteller angegriffene Bestimmung keine eigenständige Regelungswirkung, sondern enthält nur einen deklaratorischen Hinweis auf die Rechtslage, zumal nach dem Wortlaut der Norm („insbesondere“) die Würdigung der zur Begründung eines Befreiungstatbestands geltend gemachten Tatsachen ausdrücklich dem Einzelfall vorbehalten bleibt.
2. Im Übrigen fehlt dem Antragsteller die Antragsbefugnis.
Nachdem der Antragsteller seinen Angaben zufolge von der Verpflichtung zum Tragen einer Maske aus gesundheitlichen Gründen befreit ist, belasten ihn die weiteren angegriffenen Regelungen (§§ 7 Abs. 1 Satz 3 1. Halbsatz, 24 Abs. 1 Nr. 1 11. BayIfSMV) nicht, soweit sie die Verpflichtung zum Tragen einer Maske begründen.
Dasselbe gilt, soweit sich der Antrag gegen § 2 11. BayIfSMV richtet. Der Antragsteller macht hierzu unter Berufung auf die Rechtsprechung des Senats (BayVGH, B.v. 28.4.2020 – 20 NE 20.849 – BeckRS 2020, 7227) geltend, es gebe derzeit auch unter Geltung der 11. BayIfSMV keine Ausgangsbeschränkung, weil alles, was nicht durch die Regelungen der 11. BayIfSMV ausdrücklich verboten sei, einen triftigen Grund zum Verlassen der Wohnung darstelle. Die Regelung entfalte daher keine Wirkung mehr und sei aufzuheben. Damit macht er nicht geltend, durch die Regelung belastet zu werden.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Festsetzung des Gegenstandswertes ergibt sich aus § 53 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. § 52 Abs. 1 GKG. Da die von dem Antragsteller angegriffene Verordnung bereits mit Ablauf des 7. März 2021 außer Kraft tritt (§ 29 11. BayIfSMV), zielt der Eilantrag inhaltlich auf eine Vorwegnahme der Hauptsache, weshalb eine Reduzierung des Gegenstandswertes für das Eilverfahren auf der Grundlage von Ziff. 1.5 des Streitwertkatalogs für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013 hier nicht angebracht ist.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.


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