Verwaltungsrecht

Behinderung, Beurteilungszeitraum, Dienstherr, Besoldungsgruppe, Justizvollzugsanstalt, Leistungen, Bescheid, Beamte, Beurteilung, Arbeitsleistung, Beamten, Widerspruchsbescheid, Gesamturteil, Beamtenrecht, dienstliche Beurteilung, periodische dienstliche Beurteilung, Grad der Behinderung

Aktenzeichen  AN 1 K 19.01571

Datum:
30.9.2020
Rechtsgebiet:
Fundstelle:
BeckRS – 2020, 40001
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
Ansbach
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
Art. 54 ff. LlbG;
Art. 59 Abs. 2 LlbG;
Art. 60 Abs. 1 Satz 1 LlbG;
Art. 60 Abs. 2 LlbG;

 

Leitsatz

Tenor

1.    Die Klage wird abgewiesen.
2.    Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens. Das Urteil ist insoweit vorläufig vollstreckbar.
3.    Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe der festgesetzten Kosten abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet.
Der Kläger hat keinen Rechtsanspruch auf die beantragte Aufhebung der dienstlichen Beurteilung, verbunden mit dem Ausspruch, den Beklagten zu verpflichten, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu beurteilen (§ 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO in entsprechender Anwendung). Denn die periodische dienstliche Beurteilung vom 25. Oktober 2017 in der Fassung der Überprüfungsentscheidung vom 26. Juli 2019 für den Beurteilungszeitraum vom 1. Januar 2014 bis zum 31. Dezember 2016 ist nicht rechtswidrig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
1. Dienstliche Beurteilungen sind – ihrem Wesen als persönlichkeitsbedingte Werturteile entsprechend – von den Verwaltungsgerichten nur eingeschränkt überprüfbar. Allein der Dienstherr bzw. der für ihn handelnde Vorgesetzte soll nach dem erkennbaren Sinn der Regelungen über die dienstliche Beurteilung (Art. 54 ff. LlbG) ein persönliches Werturteil darüber abgeben, ob und inwieweit der Beamte den ebenfalls grundsätzlich vom Dienstherrn zu bestimmenden fachlichen und persönlichen Anforderungen seines Amtes und seiner Laufbahn entspricht. Die verwaltungsgerichtliche Rechtmäßigkeitskontrolle hat sich gegenüber dieser der gesetzlichen Regelung immanenten Beurteilungsermächtigung darauf zu beschränken, ob der Dienstherr den anzuwendenden Begriff oder den gesetzlichen Rahmen, in dem er sich frei bewegen kann, verkannt hat, ob er von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen ist, allgemein gültige Wertmaßstäbe nicht beachtet, sachfremde Erwägungen angestellt oder gegen Verfahrensvorschriften verstoßen hat. Soweit der Dienstherr Richtlinien für die Abfassung der dienstlichen Beurteilung erlassen hat, ist vom Gericht auch zu prüfen, ob diese – den Dienstherrn gegenüber dem Beamten vermittels Art. 3 Abs. 1 GG rechtlich bindenden – Richtlinien eingehalten sind und ob sie selbst mit den gesetzlichen Regelungen, speziell denen des Leistungslaufbahngesetzes über die dienstliche Beurteilung, und auch sonst mit gesetzlichen Vorschriften im Einklang stehen (vgl. BVerwG, U.v. 11.12.2008 – 2 A 7.07 – juris; U.v. 21.3.2007 – 2 C 2/06 – juris; U.v. 19.12.2002 – 2 C 31.01 – juris; U.v. 30.4.1981 – 2 C 8/79 – juris).
Die verwaltungsgerichtliche Kontrolle kann dagegen nicht dazu führen, dass das Gericht die fachliche oder persönliche Beurteilung des Beamten durch den Dienstherrn in vollem Umfange nachvollzieht oder diese gar durch eine eigene Beurteilung ersetzt (vgl. BVerwG, U.v. 17.9.2015 – 2 C 27/14 – juris; U.v. 26.6.1980 – 2 C 8/78 – juris; BayVGH, B.v. 29.1.1997 – 3 B 95.1662 – juris; U.v. 22.5.1985 – 3 B 94 A.1993 – juris).
Vorliegend ist auf die zum Beurteilungsstichtag (BVerwG, U.v. 2.3.2000 – 2 C 7/99 – NVwZ-RR 2000, 621 unter Hinweis auf BVerwG, B.v. 14.2.1990 – 1 WB 181/88 – BVerwGE 86, 240; BayVGH, B.v. 27.2.2020 – 3 ZB 18.137 – juris Rn. 6; VG München, U.v. 4.8.2020 – M 5 K 18.2063 – juris Rn. 21) gültigen Beurteilungsrichtlinien (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz über die Beurteilung und Leistungsfeststellung für die Beamten und Beamtinnen im Geschäftsbereich des Bayerischen Staatsministeriums der Justiz mit Ausnahme der Staatsanwälte und Staatsanwältinnen – Beurteilungsbekanntmachung Justiz, JuBeurteilBek – vom 25. September 2013 Az.: A4 – 2012 – V – 7710/11, zuletzt geändert durch Bekanntmachung vom 27. Oktober 2016 (JMBl S. 121)) sowie die allgemein für die dienstliche Beurteilung von Beamten des Freistaats Bayern geltenden Bestimmungen der Art. 54 ff. LlbG und des Abschnitts 3 der Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht (Bekanntmachung des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen über die Verwaltungsvorschriften zum Beamtenrecht vom 13. Juli 2009 (FMBl. S. 190, StAnz. Nr. 35) in der Fassung vom 22.7.2015 – 21 – P 1003/1 – 023 – 19 952/09 – VV-BeamtR) abzustellen. Eine weitere Konkretisierung speziell für den streitgegenständlichen Beurteilungszeitraum erfolgte durch das Schreiben des Bayerische Staatsministerium der Justiz vom 25. November 2016 – Gz.: F1 – 2012-VII a-12088/16.
Hiervon ausgehend hält die angefochtene dienstliche Beurteilung der verwaltungsgerichtlichen Prüfung stand. Sie begegnet weder in verfahrensrechtlicher Hinsicht rechtlichen Bedenken noch ist sie unter materiell-rechtlichen Gesichtspunkten rechtswidrig. Sie steht im Einklang mit der oben bezeichneten Beurteilungsrichtlinie, die mit höherrangigem Recht vereinbar ist.
2. Die angefochtene Beurteilung ist formell rechtmäßig.
a) Sie wurde durch den Leiter der JVA … als dem gemäß Art. 60 Abs. 1 Satz 1 LlbG, zuständigen Beurteiler aufgrund eines Beurteilungsentwurfes des unmittelbaren Vorgesetzten (Abschnitt 3 Ziff. 11.1 VV-BeamtR, Ziff. 3.6.1 JuBeurtBek) erstellt.
Für die Rechtmäßigkeit der Beurteilung ist es dabei nicht erforderlich, dass der Beurteiler die Leistungsbewertung auf seine eigene Anschauung stützen kann. Es kommt nur darauf an, dass sich der Beurteiler die notwendigen Kenntnisse für die Eignung und Leistung des zu Beurteilenden verschafft hat. Hierfür kommen vorrangig, aber nicht ausschließlich, Beiträge der früher für die Beurteilung Zuständigen sowie Personen in Betracht, die die Dienstausübung des Beamten aus eigener Anschauung kennen (BayVGH, B.v. 10.2.2017 – 3 CE 16.2288 – juris Rn. 27 unter Verweis auf BVerwG, U.v. 28.1.2016 – 2 A 1/14 – juris Rn. 22). Stützt der Beurteiler sich hierbei auf Beurteilungsbeiträge, müssen diese entweder hinreichende textliche Ausführungen für die Vergabe der Einzelbewertungen enthalten oder die Einzelbewertungen selbst vornehmen (sei es durch Ankreuzen der entsprechenden Beurteilungsstufe oder durch Vergabe der entsprechenden Punktzahl, vgl. BVerwG, U.v. 27.11.2014 – 2 A 10/13 – juris Rn. 25).
Vorliegend beruht die Beurteilung des Klägers auf einem Beurteilungsentwurf des unmittelbar vorgesetzten Werkdienstleiters. Entsprechend war es gerade nicht erforderlich, dass sich der Leiter der JVA im Wege einer Hospitation bzw. Überprüfung der Leistungen am Arbeitsplatz ein eigenes Bild von den Leistungen des Klägers verschaffen musste. Allerdings dürfte der Leiter der JVA aufgrund der durch den Kläger vorgetragenen Vielzahl an Gesprächen mit dem Leiter der JVA durchaus auch ein eigenes Bild von den Leistungen des Klägers gehabt haben und auch haben.
Entgegen der Auffassung des Klägers kann nicht vom Vorliegen einer – die Mitwirkung im Beurteilungsverfahren zwingend ausschließenden – Voreingenommenheit des Beurteilers bzw. des maßgeblich an der Erstellung der streitgegenständlichen Beurteilung beteiligten unmittelbaren Dienstvorgesetzten des Klägers ausgegangen werden. Zwar kann eine dienstliche Beurteilung fehlerhaft sein, wenn ein befangener oder voreingenommener Vorgesetzter beurteilt oder Feststellungen und Bewertungen eines befangenen oder voreingenommenen Vorgesetzten bzw. Mitarbeiters ungeprüft der Beurteilung zugrunde legt, statt sich mit der gebotenen Sorgfalt ein Bild davon zu machen, ob und inwieweit die Stellungnahme bzw. der Beurteilungsbeitrag zutrifft (BayVGH, B.v. 10.2.2017, a.a.O., Rn. 31 unter Verweis auf Schnellenbach, Konkurrenzen im öffentlichen Dienst, 2015, S. 215; Lorse, Die dienstliche Beurteilung, 6. Aufl. 2016, S. 233 unter Hinweis auf BVerwG, B.v 26.2.2004 – 2 B 41/03 – juris; Hess. VGH, B.v. 15.2.2013 – 1 B 1191/12 – juris Rn. 41; VG Bayreuth, U.v. 2.6.2020 – B 5 K 18.245 – juris Rn. 28), entscheidend ist hierfür aber nicht die aus der subjektiven Sicht des Beurteilten begründete Besorgnis der Befangenheit des Beurteilers. Maßgeblich ist nur die Voreingenommenheit, die aus der Sicht eines objektiven Dritten festzustellen ist. Die Voreingenommenheit kann sich aus der Beurteilung selbst, aber auch aus dem Verhalten des Beurteilers in Angelegenheiten des zu beurteilenden Beamten oder diesem gegenüber ergeben (vgl. BVerfG, B.v. 6.8.2002 – 2 BvR 2357/00 – juris Rn. 32). Ein unmittelbarer Vorgesetzter ist dann als voreingenommen anzusehen, wenn er nicht willens oder in der Lage ist, den Beamten sachlich oder gerecht zu beurteilen oder einen Beurteilungsentwurf zu erstellen. Insofern unterliegen Beurteilungsbeiträge im Rahmen ihrer Funktion als Erkenntnisquelle innerhalb der Gesamtbeurteilung im Grundsatz denselben Anforderungen wie die Beurteilung selbst (BVerwG, B.v. 26.2.2004 a.a.O.).
Der unmittelbare Vorgesetzte darf nicht schon deshalb als voreingenommen gelten, weil er die Arbeitsweise und/oder das sonstige dienstliche Verhalten des durch ihn Beurteilten kritisch einschätzt oder diesen zuvor auf Mängel bei der Wahrnehmung seiner dienstlichen Aufgaben hingewiesen hat. Ein Vorgesetzter ist auch nicht allein deshalb wegen Voreingenommenheit an der Beurteilung gehindert, weil es zwischen ihm und dem Beurteilten schon einmal Streitigkeiten gegeben hat, es sei denn, dass es hierdurch zu einer nachhaltigen, fortwirkenden Störung des zwischenmenschlichen Verhältnisses gekommen ist. Gründe für eine Voreingenommenheit können verifizierbare Aversionen oder ernstzunehmende unsachliche oder ehrverletzende Äußerungen des Beurteilers sein, sei es, dass sich diese in der dienstlichen Beurteilung finden, sei es, dass sie während des Beurteilungsverfahrens oder anderweitig gefallen sind (vgl. VG Bayreuth, U.v. 2.6.2020 – B 5 K 18.245 – juris Rn. 28).
Gemessen an diesen Maßgaben kann hier von einer Voreingenommenheit oder Befangenheit des Werkdienstleiters als unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers nicht ausgegangen werden. Zwar besteht nach übereinstimmenden Erklärungen des Klägers als auch des Beklagten ein „interpersoneller Konflikt“ zwischen dem Kläger und dem Werkdienstleiter als unmittelbarem Vorgesetzten, allerdings hat dieser nach Überzeugung des Gerichts den Werkdienstleiter nicht daran gehindert, einen von Sachlichkeit und Gerechtigkeit geprägten Beurteilungsentwurf zu erstellen. Dies zeigt sich schon daran, dass sich gegenüber der vorausgegangenen dienstlichen periodischen Beurteilung das Gesamtergebnis um einen Punkt und die Bewertung der Einzelkriterien in acht Kriterien verbessert haben, während eine Verschlechterung in drei Einzelkriterien erfolgt ist. Der Beurteiler und der Werkdienstleiter als unmittelbarer Dienstvorgesetzter sind demnach – wie rechtlich geboten – individuell auf die Stärken und Schwächen des Klägers und festgestellte Veränderungen des Leistungsbildes des Klägers im Vergleich zur Vorbeurteilung eingegangen.
Hinsichtlich der vom Kläger zitierten Äußerungen des Werkdienstleiters („Der Weg zu einer Beförderung ist mit dieser Beurteilung sehr lang“, „Soll ich dem Elektriker Punkte abziehen? Der macht mir keine Probleme mit seinem einen Gefangenen. Du schon.“, „Mit dieser Beurteilung gar nicht. Du hast Dich ja auch nicht beworben“) ist festzustellen, dass die Formulierungen – soweit sicher ist, dass diese in zitierter Form gefallen sind – tatsächlich unglücklich gewählt sind, letztlich aber mit saloppen bzw. flapsigen Worten die Bewertung erläutern bzw. die Beförderungssituation aufgrund der streitgegenständlichen Situation ausdrücken. Dabei erreichen sie aber noch nicht die Qualität von unsachlichen, beleidigenden oder ehrverletzenden Anmerkungen.
Im Übrigen hat der Kläger nur Veränderungen seines eigenen Verhaltens bzw. der Kommunikation mit seinem unmittelbaren Vorgesetzten vorgetragen, nicht aber ein ihn benachteiligendes Verhalten seines unmittelbaren Dienstvorgesetzten. Hinzukommt, dass – entsprechend der Einlassung des Leiters der JVA dem Ministerium gegenüber – dem Leiter der JVA der „interpersonelle Konflikt“ zwischen dem Kläger und dem Werkdienstleiter bekannt war, sodass er den Beurteilungsentwurf auch dementsprechend einer kritischen Betrachtung unterziehen konnte und wohl auch unterzogen hat.
Auch hätte durch das bei der JVA … praktizierte Verfahren, die Beurteilungsentwürfe einer vierköpfigen Beurteilungskommission vorzulegen, eine ggf. bestehende Voreingenommenheit eines an der Beurteilungserstellung Mitwirkenden erkannt und entsprechend im Rahmen des weiteren Entstehungsprozesses berücksichtigt werden können. Zwar handelt es sich bei dieser Kommission nicht um eine Beurteilungskommission im Sinne des Abschnitt 3 Nr. 11.3 VV-BeamtR, da gemäß Ziff. 3.6.1 Satz 5 JuBeurteilBek entsprechende Beurteilungskommissionen nicht eingerichtet werden, allerdings ermöglicht eine derartiges „Mehr“-Augen-Prinzip eine entsprechende Selbstkontrolle innerhalb des Entstehungsprozesses.
b) Auch das weitere Verfahren wurde eingehalten.
aa) Auch wurde die Vertrauensperson der schwerbehinderten Beschäftigten der JVA … gemäß Abschnitt 3 Ziff. 5 und Ziff. 1.3 JuBeurteilBek im erforderlichen Umfang bei der Erstellung und der Eröffnung der Beurteilung beteiligt. Insoweit wird auf die Ausführungen des Bayerischen Staatsministerium der Justiz im Überprüfungsschreiben vom 26. Juli 2019 verwiesen, denen sich das Gericht anschließt, § 117 Abs. 5 VwGO. Das Bayerische Staatsministerium der Justiz war auch gemäß Art. 60 Abs. 2 LlbG i.V.m. Ziff. 9.3 JuBeurteilBek für die Überprüfung der dienstlichen Beurteilung zuständig.
bb) Anhaltspunkte dafür, dass die Vergleichsgruppe nicht ordnungsgemäß gebildet wurde, sind nicht ersichtlich und wurden auch nicht vorgetragen.
Nach ständiger Rechtsprechung muss bei der Verwendung von Quoten und Richtwerten die Vergleichsgruppe rechtsfehlerfrei gebildet sein. Insbesondere muss die für den einzelnen Beurteiler überschaubare Gruppe hinreichend groß und hinreichend homogen sein. Dabei ist die Mindestgröße einer Vergleichsgruppe von den Gegebenheiten des konkreten Falles abhängig. Einfluss auf die erforderliche Mindestgröße der Vergleichsgruppe hat insbesondere das Beurteilungssystem. So liegt es nahe, dass bei kleinen Richtwerten (z.B. 5%) die Vergleichsgruppe größer sein muss als bei großen Richtwerten (z.B. 40%). Auch wird bei größerer Differenzierung der Notenskala (z.B. neun Notenstufen) die Vergleichsgruppe ggf. größer sein müssen als bei geringerer Differenzierung (z.B. vier Notenstufen) (BVerwG, B.v. 7.3.2017 – 2 B 25/16 – juris Rn. 8 ff.).
Unter Berücksichtigung der Ausführungen im Initialschreiben des Bayerische Staatsministerium der Justiz vom 25. November 2016 – Gz.: F1 – 2012-VII a-12088/16, dass es sich mit Ausnahme der Quote für den Punkterahmen „11 Punkte und mehr“ um Orientierungsrahmen handelt, daher – insbesondere bei kleinen Vergleichsgruppen – die Richtwerte zur Wahrung des Leistungsprinzips im Einzelfall über- und unterschritten werden können, und dass die festgelegten Richtwerte mindestens bei 10% (mit Ausnahme des Bereichs von 1 – 6 Punkten) liegen, ist eine Vergleichsgruppe von 18 Beamtinnen und Beamten, auch wenn die Vergleichsgruppe damit sicherlich am unteren Ende der möglichen Größe befindet, nicht zu beanstanden.
cc) Die dienstliche Beurteilung erweist sich auch nicht deshalb als rechtswidrig, weil der Kläger im Beurteilungszeitraum nicht auf mögliche Leistungsdefizite hingewiesen worden ist. Für die Beurteilung ist allein der tatsächlich im Beurteilungszeitraum vorhandene Leistungsstand maßgeblich, sodass unterbliebene Hinweise auf festgestellt Leistungsverschlechterungen ohne Auswirkung auf die Rechtmäßigkeit der dienstlichen Beurteilung bleiben (BVerwG, U.v. 13.11.1997 – 2 A 1/97 – juris Rn. 19). Es gibt keinen Rechtssatz dahingehend, dass eine dienstliche Beurteilung nicht schlechter als eine vormalige Regelbeurteilung ausfallen darf, selbst wenn der beurteilte Beamte den Nachweis führt, dass er von Vorgesetzten nicht, nicht frühzeitig oder nicht nachdrücklich genug diesbezüglich gewarnt worden sei (VG München, U.v. 22.7.2015 – M 21 K 14.3868 – juris Rn. 42 unter Hinweis auf BVerwG U.v. 17.4.1986 – 2 C 28.83 – juris, BVerwG U.v. 13.11.1997 – 2 A 1.97 – juris, BVerwG U.v. 11.11.1999 – 2 A 6.98 – juris).
3. Auch materiell-rechtlich unterliegt die angefochtene periodische dienstliche Beurteilung unter Berücksichtigung des oben dargestellten eingeschränkten Prüfrahmens des Verwaltungsgerichts keinen rechtlichen Bedenken.
a) Aufgrund der Qualifizierung der dienstlichen Beurteilung als Werturteil und des dem Dienstherrn bzw. dem Beurteiler zustehenden Beurteilungsspielraum steht es innerhalb des durch die gesetzlichen Vorschriften gezogenen Rahmens grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Dienstherrn, wie er verwertbare Aussagen zu den einzelnen Beurteilungsmerkmalen gestalten und begründen und worauf er im Einzelnen sein Gesamturteil stützen will (BVerwG, U.v. 17.12.1981 – 2 C 69.81 – BayVBl 1982, 348). Der Dienstherr kann einerseits einzelne Tatsachen oder Vorkommnisse im Beurteilungszeitraum aufgreifen und aus ihnen wertende Schlussfolgerungen ziehen, wenn er sie etwa zur Charakterisierung des Beamten für besonders typisch hält oder für eine überzeugende Aussage zu einzelnen Beurteilungsmerkmalen für wesentlich erachtet. Er kann sich andererseits aber auch auf die Angabe zusammenfassender Werturteile aufgrund einer unbestimmten Vielzahl nicht benannter Einzeleindrücke beschränken (BVerwG, U.v. 26.6.1980 – 2 C 8.78 – BVerwGE 60, 245/247).
Ausgehend davon, dass die Beurteilung ein Bild von der Leistung, Befähigung und der Persönlichkeit des Beamten im aktuellen Beurteilungszeitraum geben soll, braucht der Dienstherr Abweichungen in der Bewertung der Einzelmerkmale von einer früheren Beurteilung deshalb an sich auch nicht zu rechtfertigen (BayVGH, U.v. 22.12.1993 – 3 B 93.235 – juris Rn.20). Allerdings ist der Dienstherr verpflichtet, die gefundenen Bewertungsergebnisse zu plausibilisieren. Eine dienstliche Beurteilung als Werturteil darf keine formelhafte Behauptung bleiben, sondern muss für den Beamten und für außenstehende Dritte derart nachvollziehbar sein, dass die ausschlaggebenden Gründe und Argumente des Dienstherrn sichtbar werden. Diese Plausibilisierung kann auch noch im gerichtlichen Verfahren erfolgen (vgl. BVerwG, U.v. 17.9.2015 – 2 C 27/14 – juris Rn. 20; BayVGH, B.v. 27.5.2019 – 3 BV 17.69 – juris Rn. 18).
Folglich konnte eine Plausibilisierung der Einzelmerkmale erst recht im Überprüfungsverfahren durch das Bayerische Staatsministerium der Justiz mit Schreiben vom 26. Juli 2019 erfolgen.
Mit der dort nachgeschobenen Begründung für das Einzelmerkmal „Zusammenarbeit mit Vorgesetzten“ ist der Beklagte seiner Verpflichtung zur Plausibilisierung gerecht geworden, wenn er auf Schwächen in der Gesprächsführung mit Vorgesetzten und den Umgang mit ablehnenden Entscheidungen verweist und dabei auf die Einlassungen des Klägers in dessen schriftlicher Zusammenstellung vom 20. Oktober 2018 Bezug nimmt.
Auch wenn der Beklagte dabei zur Plausibilisierung auf tatsächliche Vorgänge Bezug genommen hat, so sollte diesen erkennbar kein selbständig prägendes Gewicht zukommen, sodass eine Beweiserhebung hinsichtlich der lediglich zur Erläuterung reiner Werturteile nur beispielhaft aufgeführten Vorkommnisse nicht in Betracht kommt (BayVGH, B.v. 2.12.2015 – 3 CE 15.2122 – juris Rn. 42). Soweit der Kläger einen darüber hinausgehenden Erläuterungsbedarf sieht, hätte es an ihm gelegen, Zweifel an der Nachvollziehbarkeit des gefundenen Ergebnisses darzulegen. Die beschriebene Verpflichtung zur Plausibilisierung der in einer dienstlichen Beurteilung enthaltenen Werturteile und die Darlegung solcher Zweifel an der Richtigkeit dieser Werturteile stehen auch in einer Wechselbeziehung zueinander. Hält der Beamte die dienstliche Beurteilung trotz einer Erläuterung durch den Dienstherrn für nicht hinreichend plausibel, liegt es an ihm, konkrete Punkte zu benennen, die er entweder für unklar oder für unzutreffend hält. Hat der Dienstherr seinen Standpunkt etwa in Gesprächen dargestellt, genügt es danach nicht mehr, Einzelbewertungen oder das Gesamturteil als nicht nachvollziehbar zu bezeichnen. In einer solchen Situation liegt es vielmehr am Beamten klarzustellen, hinsichtlich welchen Werturteils und aus welchem Grund er einen weiteren Erläuterungsbedarf sieht (BVerwG, U.v. 1.3.2018 – 2 A 10/17 – juris Rn. 37).
Allerdings verwies der Bevollmächtigte des Klägers lediglich darauf, dass eine nicht gerechtfertigte verbale Beschreibung vorliege, die berichtigt werden müsse, da sie eine weit unterdurchschnittliches Leistungs- und Verhaltensbeurteilung des Klägers im Beurteilungszeitraum enthalte. Dabei verkennt der Bevollmächtigte des Klägers jedoch, dass nach Abschnitt 3 Ziff. 3.2.2 VV-BeamtR drei bis sechs Punkte dann zu vergeben sind, wenn die Anforderungen des einzelnen Merkmals teilweise oder im Wesentlichen durchschnittlich erfüllt werden, sodass die Bewertung des Einzelmerkmals „Zusammenarbeit mit Vorgesetzten“ mit vier Punkten eine durchschnittliche Leistung mit Abstrichen zum Ausdruck bringt. Soweit der Bevollmächtigte des Klägers mit seinem Schriftsatz vom 4. März 2020 versucht dazuzulegen, dass die erwähnten Einzelvorgänge anders als vom Beklagten vorgenommen zu bewerten seien, so setzt er seine Einschätzung bzw. die Einschätzung seines Mandanten in unzulässiger Weise anstelle des Beurteilungsermessens des Beklagten.
b) Auch kann sich die Kammer nicht den Einwendungen des Klägers hinsichtlich einer fehlerhaften Berücksichtigung seiner Schwerbehinderteneigenschaft anschließen.
Die Beurteilung enthält unter Ziff. 3 – Ergänzende Bemerkungen den Hinweis, dass die Schwerbehinderung bei der Erstellung der Beurteilung entsprechend berücksichtigt worden ist. Auch wurde im Rahmen der „Beurteilungskommission“ in Anwesenheit der Schwerbehindertenvertretung durch den unmittelbaren Vorgesetzten des Klägers darauf hingewiesen, dass die Schwerbehinderung keine Auswirkungen auf die Arbeitsverwendungsfähigkeit habe.
Das Bayerische Staatsministerium der Justiz hat im Übrigen hinsichtlich des Einzelmerkmals „Belastbarkeit“ die Bewertung dahingehend plausibilisiert, dass von den im Beurteilungszeitraum angefallenen krankheitsbedingten Ausfallzeiten ausschließlich die Krankheitszeiten berücksichtigt worden seien, die nicht im Zusammenhang mit der Schwerbehinderung des Klägers stehen. Wenn demnach die verbleibenden Krankheitszeiten mit den durchschnittlichen Krankheitstagen der anderen Bediensteten innerhalb der Vergleichsgruppe verglichen wurden und daraus abgeleitet die Beurteilung des Einzelmerkmals vorgenommen worden ist, so ist dies nicht zu beanstanden. Unabhängig davon, ob die Bewertung mit sieben Punkten als wohlwollend zu bezeichnen ist oder nicht, so steht nach Auffassung der Kammer die Feststellung von überdurchschnittlich vielen krankheitsbedingten Fehltagen nicht im Widerspruch mit einer Bewertung, die für eine Leistung zu vergeben ist, die in jeder Hinsicht den Anforderungen genügt oder diese übersteigt, denn die vergebene Bewertung von sieben Punkten steht am unteren Ende der Punktespanne von sieben bis zehn Punkten. Jedenfalls zeigt die Bewertung mit sieben Punkten deutlich, dass die Schwerbehinderung berücksichtigt und nicht zu einer Benachteiligung des Klägers geführt hat.
Im Übrigen ist der Kläger auch hinsichtlich der gerügten Nichtberücksichtigung seiner Schwerbehinderung seiner Verpflichtung, klarzustellen, wo er weiteren Plausibilisierungsbedarf sehe (BVerwG, U.v. 1.3.2018, a.a.O.), nicht nachgekommen.
c) Darüber hinaus ist auch die Findung des Gesamturteils ausreichend begründet worden.
Art. 59 Abs. 2 LlbG i.V.m. Abschnitt 3 Ziff. 7.1 VV-BeamtR und Ziff. 2.5 JuBeurteilBek schreibt vor, dass bei der Bildung des Gesamturteils die bei den Einzelmerkmalen vergebenen Wertungen unter Berücksichtigung ihrer an den Erfordernissen des Amtes und der Funktion zu messenden Bedeutung in einer Gesamtschau zu bewerten und zu gewichten sind. Die für die Bildung des Gesamturteils wesentlichen Gründe sind in den ergänzenden Bemerkungen darzulegen. Dabei ist es Sache des Dienstherrn festzulegen, welches Gewicht er den einzelnen Merkmalen einer dienstlichen Beurteilung zumessen will. Das abschließende Gesamturteil darf sich nicht auf die Bildung des arithmetischen Mittels aus den einzelnen Leistungsmerkmalen beschränken. Vielmehr kommt im Gesamturteil die unterschiedliche Bedeutung der Einzelbewertungen durch ihre entsprechende Gewichtung zum Ausdruck. Das abschließende Gesamturteil ist danach durch eine Würdigung, Gewichtung und Abwägung der einzelnen bestenauswahlbezogenen Gesichtspunkte zu bilden. Dabei sind die Anforderungen an die Begründung für das Gesamturteil umso geringer, je einheitlicher das Leistungsbild bei den Einzelbeurteilungen ist. Gänzlich entbehrlich ist eine Begründung für das Gesamturteil jedoch nur dann, wenn im konkreten Fall eine andere Note nicht in Betracht kommt, weil sich die vergebene Note – vergleichbar einer Ermessensreduzierung auf Null – geradezu aufdrängt. In der Regel bedarf es einer gesonderten Begründung des Gesamturteils, um erkennbar zu machen, wie es aus den Einzelbewertungen hergeleitet wird. Nur so kann das Gesamturteil nachvollzogen und einer gerichtlichen Überprüfung zugeführt werden, insbesondere nachdem es im Ermessen des Dienstherrn steht, welches Gewicht er einzelnen Merkmalen beimessen will. Die Gewichtung bedarf schon deshalb in der Regel einer Begründung, weil nur so die Einhaltung gleicher Maßstäbe gewährleistet werden kann (BayVGH, U.v. 27.5.2019 – 3 BV 17.69 – juris Rn. 14 m.w.N.).
Dies berücksichtigend war eine Begründung für das Gesamtergebnis nicht erforderlich. Soweit Ziff. 3 – Ergänzende Bemerkungen – der Beurteilung den Hinweis enthält, dass in der Gesamtschau aufgrund des im Wesentlichen einheitlichen Leistungsbildes des Beamten bei den Einzelbewertungen das Gesamturteil schlüssig und plausibel durch diese getragen werde, ergibt sich hieraus keine Gewichtung. Allerdings liegt das Gesamturteil von acht Punkten bereits aufgrund der durch den Dienstherrn festgelegten Superkriterien, denen nach dem Initialschreiben vom 25. November 2016 (unter Ziff. 2.6) ein besonderes Gewicht zukommt, in eindeutiger Weise nahe (BayVGH, U.v. 27.5.2019 – 3 BV 17.69 – juris Rn. 15). Die für die Beamten im Justizvollzugsdienst (ohne Führungsaufgaben) festgelegten Superkriterien „Arbeitseinsatz“, „Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen“, „Umgang mit Gefangenen“ und „Fachkenntnis“ wurden mit acht Punkten, sieben Punkten, und zweimal neun Punkten bewertet, sodass der Mittelwert bei 8,25 Punkten und damit nahe bei acht Punkten liegt. Nach der Festlegung des Dienstherrn sind die Superkriterien untereinander gleich zu gewichten; kein Superkriterium soll höher gewichtet werden als die anderen, sodass es nicht relevant ist, dass bei den Superkriterien eine Punktespanne von sieben bis neun Punkten vorliegt.
Hinzukommt, dass bei 20 Einzelkriterien einmal vier Punkte, einmal sechs Punkte, viermal sieben Punkte, neunmal acht Punkten und fünfmal neun Punkte vergeben worden sind. Hieraus ergibt sich zusätzlich zu der Wertung der Superkriterien ein Schwerpunkt bei acht Punkten. Dass der „Ausreißer“ mit vier Punkten nicht besonders ins Gewicht fallen sollte, legt nach Überzeugung der Kammer die Formulierung unter Ziff. 3 – Ergänzenden Bemerkung -, dass ein einheitliches Leistungsbild vorliege, nahe. Hätte nämlich der Bewertung mit vier Punkten gleiches oder höher Gewicht zukommen sollen, läge ein einheitliches Leistungsbild offensichtlich nicht mehr vor.
Mangels Notwendigkeit einer Begründung des Gesamtergebnisses und wegen einer fehlenden Aussage zu einer Gewichtung hinsichtlich des Gesamtergebnisses in der Überprüfungsentscheidung des Bayerischen Staatsministerium der Justiz vom 26. Juli 2019 ist es vorliegend nicht entscheidungsrelevant, ob ein Nachschieben der Begründung in der Überprüfungsentscheidung, die nach Art. 60 Abs. 2 Satz 1 LlbG zusammen mit der periodischen dienstlichen Beurteilung eine Einheit darstellt (BVerwG, U.v. 19.12.2020 – 2 C 31/01 – juris Rn. 21, Weiss/Niedermaier/Summer/Zängl, Beamtenrecht in Bayern, Erl.18 zu Art. 54 LlbG), zulässig wäre (verneint in: BayVGH, U.v. 27.5.2019, a.a.O., juris Rn. 18).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Gründe, die Berufung nach § 124a Abs. 1 VwGO zuzulassen, liegen nicht vor.


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