Verwaltungsrecht

Behördliche Abmeldung eines Kfz

Aktenzeichen  M 23 E 17.2246

Datum:
26.10.2017
Rechtsgebiet:
Gerichtsart:
VG
Gerichtsort:
München
Rechtsweg:
Verwaltungsgerichtsbarkeit
Normen:
VwGO VwGO § 80 Abs. 5
KraftStG KraftStG § 14

 

Leitsatz

1 Die behördliche Abmeldung eines Kfz nach § 14 KraftStG dürfte nicht dem Anwendungsbereich des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unterfallen und die eingelegte Anfechtungsklage damit nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung entfalten. (Rn. 13) (redaktioneller Leitsatz)
2 Sichert die Behörde zu, von einer aufschiebenden Wirkung der Klage auszugehen und erst nach Bestandskraft des Bescheides zu vollstrecken, fehlt es an einem Rechtsschutzbedürfnis für eine Entscheidung im Eilrechtsschutz. (Rn. 14) (redaktioneller Leitsatz)

Tenor

I. Der Antrag wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens.
III. Der Streitwert wird auf 1.250,- EUR festgesetzt.

Gründe

I.
Die Antragstellerin begehrt einstweiligen Rechtsschutz anlässlich einer behördlichen Abmeldung ihres Kfz nach § 14 KraftStG.
Durch Bescheid vom 20. März 2017, zugestellt am 22. März 2017, wurde die Zulassung des Kfz der Antragstellerin vom 25. Oktober 2016 widerrufen und diese verpflichtet, die Zulassungsbescheinigung Teil I (Fahrzeugschein) sowie die Kennzeichenschilder der Kfz-Zulassungsbehörde vorzulegen (Ziffer 1 des Bescheids). In Ziffer 2 wurde die Antragstellerin aufgefordert, die Kennzeichenschilder des o.g. Fahrzeugs sowie die Zulassungsbescheinigung Teil I (Fahrzeugschein) unverzüglich, spätestens bis zum Ablauf des fünften Werktages nach Unanfechtbarkeit, der Kfz-Zulassungsbehörde zur Entstempelung vorzulegen. Für den Fall des erfolglosen Ablaufs der Frist aus Ziffer 2 wurde der Widerruf der Zulassung des Fahrzeugs „im Wege der Ersatzvornahme“ durch die Vollstreckungsstelle der für die Ausübung der Verwaltung einer Kfz Steuer zuständigen Behörde (Finanzamt) durch Einziehung der Zulassungsbescheinigung Teil I (Fahrzeugschein) und Entstempelung der Kennzeichenschilder angedroht (Ziffer 3).
Durch Schriftsatz vom Montag, den 24. April 2017, eingegangen per Telefax am selben Tag, erhob die Antragstellerin Klage (M 23 K 17.1777) und beantragte zugleich „im Wege der einstweiligen Anordnung“:
Es wird festgestellt, dass die Zwangsvollstreckung aus dem Bescheid der LHSt München vom 20. März 2017 unzulässig ist,
hilfsweise:
die Zwangsvollstreckung aus dem Bescheid der LHSt München vom 20. März 2017 wird eingestellt.
Zur Begründung wurde ausgeführt, dass die Antragsgegnerin die aufschiebende Wirkung der o.g. Anfechtungsklage missachte und das Finanzamt München mit der Vollstreckung beauftragt habe; dazu verwies sie auf ein Schreiben des Finanzamts München vom 11. Mai 2017.
Die Antragsgegnerin beantragte mit Schriftsatz vom 16. Mai 2017, den Antrag abzulehnen Der Bescheid vom 20. März 2017 sei bestandskräftig; die Klagefrist nach § 74 Abs. 1 Satz 2 VwGO sei am 22. April 2017 abgelaufen. Zudem liege hier ein Fall der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Steuern i.S.d. § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO vor.
Durch Beschluss vom 20. September 2017 wurde der Rechtstreit gemäß § 6 Abs. 1 VwGO auf den Einzelrichter übertragen.
Am 13. Oktober 2017 fand die mündliche Verhandlung vor dem Einzelrichter der 23. Kammer statt. Für die Antragstellerin erschien niemand. Die Antragsgegnerin teilte mit, das Kfz sei am 28. September 2017 außer Betrieb gesetzt bzw. abgemeldet worden. Nach entsprechendem Hinweis des Gerichts sicherte die Antragsgegnerin zu, von einer aufschiebenden Wirkung der Klage in dem Hauptsacheverfahren auszugehen und Vollstreckungsmaßnahmen erst nach Bestandskraft des Bescheids bzw. Rechtskraft der Entscheidung in dem Hauptsacheverfahren einzuleiten.
Auf ein gerichtliches Hinweisschreiben vom 17. Oktober 2017 an die Antragstellerin erfolgte keine Reaktion.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidung im Hauptsacheverfahren vom selben Tage, die Gerichtsakten in Eil- und Hauptsacheverfahren sowie die vorgelegte Behördenakte Bezug genommen.
II.
Nachdem die Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung zugesichert hat, von einer aufschiebenden Wirkung der Klage im Hauptsacheverfahren auszugehen und nicht vor Bestandskraft des Bescheids zu vollstrecken, ist der Antrag im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung in Ermangelung eines Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig respektive bereits unstatthaft.
Die Antragstellerin hat zwar am 24. April 2017 fristgerecht Anfechtungsklage gegen den Bescheid vom 20. März 2017 erhoben und damit den Eintritt der Bestandskraft verhindert; der 22. April 2017 war ein Samstag, so dass sich das Fristende auf Montag, den 24. April 2017, verlängerte (§ 57 Abs. 2 VwGO i.V.m. § 222 Abs. 2 ZPO).
Weiterhin neigt der Einzelrichter der Auffassung zu, dass die behördliche Abmeldung eines Kfz nach § 14 KraftStG nicht dem Anwendungsbereich des § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO unterfallen und die eingelegte Anfechtungsklage damit nach § 80 Abs. 1 VwGO aufschiebende Wirkung entfalten dürfte (vgl. OVG Lüneburg, B.v. 11. Juli 2011 – 12 ME 93/11 – juris Rn. 6). Die Abmeldung nach § 14 KraftStG mag zwar, wie die Antragsgegnerin nachvollziehbar ausgeführt hat, in gewisser Weise im Dienste der Erhebung der Kraftfahrzeugsteuer stehen. Dennoch dürfte sie von dieser zu trennen und schon dem Wortlaut nach nicht der Erhebung öffentlicher Abgaben und Kosten i.S.d. § 80 Abs. 2 Nr. 1 VwGO zuzuordnen sein, zumal auch Sinn und Zweck dieser Norm keine Erstreckung des Sofortvollzugs auf die behördliche Abmeldung, die sich als Konsequenz des Nichtentrichtens der Kfz-Steuer darstellt, erfordert. Die gilt umso mehr, als die Antragsgegnerin in Ziffer 2 des angegriffenen Bescheids selbst auf die Unanfechtbarkeit abgestellt hat.
Dennoch liegt hier im maßgeblichen Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung kein Fall des sog. faktischen Vollzugs vor, in dem Rechtsschutz analog § 80 Abs. 5 VwGO durch Feststellung der aufschiebenden Wirkung der Klage im Hauptsacheverfahren zu gewähren wäre. Die Antragsgegnerin hat in der mündlichen Verhandlung zugesichert, nunmehr von einer aufschiebenden Wirkung der Klage auszugehen und erst nach Bestandskraft des Bescheides zu vollstrecken. Damit fehlt es jedenfalls an einem Rechtsschutzbedürfnis für eine Entscheidung im Eilrechtsschutz.
Die Gelegenheit, das Verfahren durch Erledigungserklärung unstreitig mit einer Kostenentscheidung zugunsten der Antragstellerin zu erledigen, wurde nicht wahrgenommen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Festsetzung des Streitwerts ergibt sich aus § 53 Abs. 2, § 53 Abs. 1 GKG i.V.m. Ziffern 46.16 und 1.5 der Empfehlungen des Streitwertkatalogs.


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